Im Folgenden werden verschiedene Begriffe von Kritik, ihre epistemologischen Berührungspunkte mit der professionellen Soziologie sowie die fachinternen Auseinandersetzungen um ihre adäquate Einbeziehung in soziologische Forschung und Theoriebildung vorgestellt. Als Leitthemen werden dabei zum einen die Versuche, Kritik theoretisch zu begründen und zum anderen das Verhältnis von (professioneller) Soziologie und Öffentlichkeit identifiziert. Dabei wird deutlich, wie das Programm einer dezidiert "kritischen Soziologie" zugunsten einer "Soziologie der Kritik" ins Hintertreffen geraten ist (Kapitel 2).
Auch aktuelle Bezüge zur kritischen Theorie leiden spürbar unter den inneren Blockaden, Verwirrungen und Unschärfen, die der Werturteilsstreit im Feld der Soziologie hinterlassen hat. Um sich aus dieser festgefahrenen Situation zu lösen, versucht Stephan Lessenich (2014) kritische Soziologie und Soziologie der Kritik zu versöhnen. Das Forschungsprogramm einer solchen "kritischen Soziologie der Kritik" ist jedoch bislang unzureichend bestimmt und ihr Potenzial unerschlossen (Kapitel 3). Wenngleich in dieser Arbeit diese Defizite nicht behoben werden können, werden doch erste konzeptionelle Eckpfeiler identifiziert. So soll versucht werden, kritische Theorie und Soziologie der Kritik gemeinsam in eine wissenssoziologische Diskurstheorie einzubetten. Im Fazit wird für die Erschließung soziologischen Erkenntnispotenzials im Sinne einer "Wissenssoziologie sozialer Probleme" (Schetsche 2000) plädiert.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Gesellschaftskritik als Aufgabe der Soziologie?
- Die kritische Soziologie (in) der Krise
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit widmet sich der kritischen Reflexion des Potenzials soziologischen Denkens und Forschens in Zeiten tiefgreifender gesellschaftlicher Krisen. Sie untersucht die Rolle der Soziologie als „Krisenwissenschaft“ und beleuchtet die Herausforderungen, denen sich die Disziplin im Kontext der zunehmenden gesellschaftlichen Ungleichheit, ökologischen Bedrohungen und politischen Instabilität gegenübersieht.
- Die historische Entwicklung der Gesellschaftskritik in der Soziologie
- Das Verhältnis von (professioneller) Soziologie und Öffentlichkeit
- Die Kritik an den Grundannahmen und Methoden der Soziologie
- Die Bedeutung der kritischen Theorie für die Soziologie
- Die Herausforderungen für eine „kritische Soziologie der Kritik“
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung führt in die Problematik einer vermeintlich „zahnlosen“ Soziologie ein und stellt die aktuelle gesellschaftliche Lage im Kontext der globalen Krisen und Herausforderungen dar.
- Gesellschaftskritik als Aufgabe der Soziologie?: Dieses Kapitel beleuchtet die historische Entwicklung der Soziologie und deren Anspruch, eine „reine“ und gleichzeitig „engagierte“ Wissenschaft zu sein. Die Diskussion um die Rolle der Soziologie in der Gesellschaftskritik wird anhand von zentralen Denkern wie Comte, Marx und der Kritischen Theorie aufgezeigt.
- Die kritische Soziologie (in) der Krise: Dieses Kapitel analysiert die Herausforderungen, denen die kritische Soziologie heute gegenüber steht. Es untersucht, wie sich die Soziologie im Laufe der Zeit von einer „kritischen“ zu einer „beschreibenden“ Disziplin entwickelt hat.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit zentralen Begriffen wie Gesellschaftskritik, kritische Theorie, Wissenssoziologie, Soziologie der Kritik, soziale Probleme, professionelle Soziologie, Öffentlichkeit und Kontingenz. Sie analysiert die Herausforderungen und das Potenzial der Soziologie im Kontext globaler Krisen und gesellschaftlicher Umbrüche.
- Quote paper
- Valentin Müller (Author), 2022, Gesellschaftskritik in der Soziologie. Eine zahnlose Wissenschaft?, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1255724