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Praktikumsbericht / -arbeit, 2014
42 Seiten, Note: 1,0
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
1 Institutionsporträt
1.1 Rahmenbedingungen auf Bundes- und Landesebene
1.1.1 Geschichtliches
1.1.2 Gegenwart
1.1.3 Bedeutung dieser Struktur
1.2 Rahmenbedingungen des Diakonischen Werkes XX mit Außenstelle D
1.2.1 Rahmenbedingungen Allgemein
1.2.2 Fachliche und arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen
1.2.3 Finanzielle Rahmenbedingungen
1.2.4 Materielle Rahmenbedingungen
2 Auswirkungen der Rahmenbedingungen auf die Kirchenkreissozialarbeit
2.1 Auswirkungen der materiellen Rahmenbedingungen
2.2 Auswirkungen durch finanzielle Rahmenbedingungen
2.3 Auswirkungen durch fachliche und arbeitsrechtliche Rahmenbedingungen
2.4 Auswirkungen durch die Landes- und Bundesebene
3 Praxisfeld Kirchenkreissozialarbeit
3.1 Begriffsbestimmung Kirchenkreissozialarbeit
3.2 Historische Aspekte
3.3 Adressat*innen der Kirchkreissozialarbeit
3.4 Methoden und Arbeitsweisen
3.5 Beschreibung meiner Tätigkeit
4 Ich habe die Aufgaben der Kirchkreissozialarbeit in der folgenden Umsetzung kennengelernt (s. 3 Praxisfeld Kirchenkreissozialarbeit)
5 Multiperspektivische Fallarbeit nach Burkard Müller
5.1 Fallbeschreibung
5.2 Fall von
5.3 Fall für
5.4 Fall mit
6 Schlussfolgerung
7 Literaturverzeichnis
8 Anlageverzeichnis
Anlage 1. Teilnahmebescheinigung: Übungen zur theoriegeleiteten Reflexion
Anlage 2. Übersicht DW XX
Anlage 3. Einwilligungserklärung
Anlage 4. Sozialdatenblatt
Anlage 5. Haushaltplan
Anlage 6. Angebote für Asylbewerber
Anhang 7. Infoblatt Pflegestufen und Elternunterhalt
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ich nutze diesen Praktikumsbericht, um eine Übersicht über große Verbandstrukturen zu bekommen. In diesem Praktikumsbericht mache ich dies exemplarisch an der Evangelischen Kirche und seinem Wohlfahrtsverband der Diakonie, da mein Praktikum in dieser in der Kirchenkreissozialarbeit stattfand. So will ich als Sozialarbeiterin, die im Privaten Atheistin ist, mit neutraler Sicht dieses Arbeitsgebiet beschreiben.
Hierzu gehört es auch einen geschichtlichen Abriss darzustellen, da ich vermute, dass viele Strukturen, in die die Soziale Arbeit eingebunden ist, über geschichtliche Prozesse entstanden sind (s. Kapitel1.1). Die Rahmenbedingungen an meinen Praktikumsplatz in D beschreibe ich weiter in Kapitel 1.2, um so in Kapitel 2 Resümee zu ziehen, wie sich die Rahmenbedingungen aller Ebenen auf die Kirchenkreissozialarbeit auswirken.
Des Weiteren will ich diesen Praktikumsbericht nutzen, um das Feld in dem ich mein Praktikum gemacht habe und meine Tätigkeiten in diesem zu reflektieren.
So beschreibe ich zum Beispiel durch den Bezug auf die Begriffsbestimmung und historischen Aspekte im Praxisfeld der Kirchenkreissozialarbeit (s. Kapitel 3.1 und 3.2) in Kapitel 3 Adressat*innen und Methoden/Arbeitsweisen vor Ort (s. Kapitel 3.3 und 3.4), sowie meine Tätigkeit (s. Kapitel 4).
Aus dieser kommt der in Kapitel 5 beschriebene und nach Burkard Müllers multiperspektivischer Methode reflektierte Fall, den ich gewählt habe, da die Personen, die im Beratungsgespräch saßen zur Mittelschicht gehören und nicht die Hilfesuchenden waren, die ich sonst kennengelernt hatte und eher der Unterschicht zuzuordnen.
Um von der bipolaren Geschlechteraufteilung, die in unserer Gesellschaft stattfindet, wegzukommen, nutze ich den Gender Gap. Mit einem Unterstrich (ein*e gut ausgebildete*r Akademiker*in) will ich weitere neben dem weiblichen und männlichen Geschlecht existierende Geschlechter sichtbar machen.
Mein Praktikum machte ich in der Außenstelle D des Diakonischen Werkes XX e. V., das über seine übergeordnete Ebene der Landeskirche XY in eine riesige Verbandsstruktur eingebunden ist. Diese möchte ich in Kapitel 1 kurz von der obersten Ebene bis nach XX erläutern.
Am 6.11.1975 beschloss die Synode der „Evangelischen Kirche in Deutschland“1 die Einrichtung des „Diakonische Werkes2 der EKD“, aus der bis dahin mehr als hundert Jahre bestehenden Einrichtung der „Inneren Mission“ und dem „Hilfswerk des EKD“ (bestehend seit 1945) entstehen zu lassen. Die Innere Mission und das Hilfswerk arbeiteten bis dahin mit christlichen Werten, aber unabhängig von der Kirche. Das DW der EKD ist ab 1975 auch Teil der EKD (vgl. Falterbaum, 2000: 54ff., 59). „Damit wurde die kirchenrechtliche Einheit von verfasster Kirche und institutioneller Diakonie rechtlich hergestellt.“ (Falterbaum, 2000:58- 59)
Die seit 1848 bestehende Eigenständigkeit der Kirchen trifft somit auch auf die Diakonie zu. Heute ist es umgesetzt in Art. 140 GG. Als Selbstbestimmungsrecht der Kirchen betont dies die eigenverantwortliche Verwaltung und Organisation von Religionsgemeinschaften und ihren Körperschaften. Bemerkbar wird dies vor allem im kirchlichen Arbeitsrecht (vgl. Falterbaum, 2000: 24-25). Die Diakonie fällt unter dieses Selbstbestimmungsrecht, da sie von der Kirche als verkündungsnahe Institution eingestuft wurde, also das Evangelium in Wort und Tat umsetzt (Diakonie, o.J.: o. S.).
Die eingeräumte Freiheit im DW ist über die Jahrzehnte zu einem zuverlässigen Gegengewicht gegenüber dem Staat geworden, um in dessen Interesse und zu dessen Geldern, langfristig und zuverlässig die sozialen Aufgaben der Gesellschaft zu sichern, denn so darf nicht vergessen werden, dass die kirchlichen Träger gemeinnützlich arbeiten. Im Gegensatz zu den vielen gewerblichen Anbietern im sozialen Bereich, denen gegenüber sich der Staat durch das Subsidiaritätsprinzip auch verpflichtet hat. Die Sozialleistungspflicht lässt sich flächendeckend nur durch dieses Prinzip organisatorisch und finanziell bewältigen (vgl. Falterbaum, 2000: 112- 114). Somit benötigen sich die staatliche und nichtstaatliche Seite gegenseitig.
Im Oktober 2012 ist das DW des EKD mit dem Evangelischen Entwicklungsdienst fusioniert. Es entstand das „Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung“ als Rechtform eines eingetragenen Vereins nach §§ 55 ff. BGB, mit Sitz in Berlin Mitte (vgl. Evangelische Kirche in Deutschland A, o. J.: o. S.). Es wurde in die Arbeitsbereiche „Diakonie Deutschland - Evangelischer Bundesverband“ und „Brot für die Welt - Evangelischer Entwicklungsdienst“ aufgeteilt. Die Diakonie Deutschland als der Wohlfahrtsverband der EKD hat neben vielen weiteren Mitgliedern allein 71 Fachverbände und 20 evangelische Landeskirchen als Mitglied. Eine Landeskirche davon ist die Evangelisch-lutherische Landeskirche XY e. V.3, zu der das DW XX e. V. gehört mit einer Außenstelle in D.
Die Größe des Wohlfahrtverbands Diakonie lässt sich einfacher an mehr als 450.000 hauptamtliche Mitarbeiter und 700.000 Freiwillige, die Anfang 2010 beschäftigt waren, aufzeigen (vgl. Evangelische Kirche in Deutschland B, o. J.: o. S.). Diese Größe bringt mit sich, dass es der Diakonie möglich ist, an staatlicher Gesetzgebung mitzuwirken. Die übergeordneten Ebenen verschaffenen den vielen kleinen Mitgliedern eine Lobby (vgl. Falterbaum, 2000: 60,116). So zumindest das theoretische Verständnis, in der Praxis bleibt die Integration von z. B. Selbsthilfegruppen oder Gruppen, Personen in individuellen Notsituationen, schwierig, da die Einflechtung in die staatlich starren Strukturen nicht möglich ist (vgl. Falterbaum, 2000:11, 131). So lässt sich behaupten, dass die Diakonie in ihrer Größe auch schon vollends in starren Strukturen angekommen ist.
Als eingetragener Verein (e. V.) ist bei der Diakonie eine staatliche Anerkennung der Vereinsatzung vorhanden. Dieses hat einen Schutzmechanismus vor Missbrauchs- und Einwirkungsversuchen von außen (vgl. Falterbaum, 2000: 95-96). So werden Qualitätsstandards festgelegt und Kontrollen durch Externe, die außerhalb des Wohlfahrtverbandes Diakonie stehen, verlangt. So z. B. die Überprüfung durch das „Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen“ auf die Verwendung von Spendengeldern (Falterbaum, 2000: 118-119). Zusätzlich gibt es durch die Mitgliedschaft in einer kirchlichen Verbandstruktur auch von dieser Seite Zuwendungen (vgl. Falterbaum, 2000: 98; Landeskirche Niedersachen, o. J.: o. S.).
Durch ihre Eigenverantwortlichkeit kann schneller und flexibler auf gesellschaftliche Veränderungen reagiert werden als es in staatlichen Einrichtungen möglich ist (vgl. Falterbaum, 2000:116- 117).
Zur Erläuterung des nächsten Abschnittes hilft auch der Anhang 2. Das diakonische Werk XX wird getragen vom evangelisch lutherischen Kirchenkreisverband XX. Dieser Verband besteht seit 2012 und ist entstanden aus einem Zusammenschluss der Kirchenkreise XXer Land A und XX B (Evangelisches MedienServiceZentrum A, o. J.: o. S, Evlka, Landeskirchenamt, o. J.: o.S.). Im Zuge dieser Veränderung ist in XX auch eine neue Hauptgeschäftsstelle des DW mit Beratungsangebot entstanden. Im Kirchenkreis verteilen sich zur Beratung in C, B, A und D Außenstellen.
Das Beratungsangebot im DW in D umfasst neben der Kirchenkreissozialarbeit, in der ich Praktikum gemacht habe, die Schwangeren und Schwangerschaftskonfliktberatung nach §218/ 219 StGB (Strafgesetzbuch) von montags bis donnerstags mit täglicher Terminvereinbarung. Diese*r Berater*in ist hauptberuflich tätig in D in einer halben Stelle, in den restlichen Stunden werden zusätzlich sexualpädagogische Gruppenarbeiten angeboten, die durch das diakonische Werk gezahlt werden. Ein spezielles Angebot ist die Babybedenkzeit, in der Jugendliche mittels Simulatoren ein Elternpraktikum machen können. So wird ihre Stelle zu 80% vom Land Niedersachsen und zu 20% durch das Kirchenamt finanziert.
Die Kirchenkreissozialarbeit im DW D arbeitet mit einer offenen Sprechstunde und ist so meist die erste Anlaufstelle für Hilfebedürftige. Ihr Hauptbestandteil ist die allgemeine Sozialberatung. Zusätzlich können hier Termine nach Absprache von montags bis donnerstags vereinbart werden. Dies übernimmt eine hauptamtliche Mitarbeiterin durch ihre Halbtagsstelle. Die Stelle wird durch das Kirchenamt gezahlt.
Eine wöchentlich durch das DW finanzierte Beratung findet in der Mutter/Vater- Kind-Kurberatung statt. Diese*r Berater*in ist hauptberuflich an einem anderen Standort eingestellt und kommt einmal die Woche nach D.
Weitere Angebote sind die diakonisch finanzierte Schuldnerberatung und eingemietet haben sich die Suchtberatung der Caritas, die einmal wöchentlich in einer offenen Sprechstunde vor Ort ist, sowie nach Vereinbarung und die Erziehungsberatung des Landkreises, Wildrose gegen sexuelle Gewalt e. V. monatlich in einer offenen Sprechstunde, einmal im Monat Asyl e.V. und zweimal im Monat der psychosoziale Beratungsdienst der Stadt XX.
Grundlegend ist das Fachpersonal in D staatlich ausgebildet und auch anerkannt. Einen christlichen Schwerpunkt, um christliche Werte auch fachlich vermitteln zu können, hat es während der sozialarbeiterischen Ausbildung nicht gegeben.
Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen, unter die auch die Außenstelle der Diakonie XX fällt, macht eigene arbeitsrechtliche Bestimmungen möglich (s. a.1.1.1Geschichtliches). So entscheidet die Kirche „inwieweit für die berufliche Mitarbeit die Zugehörigkeit zur Kirche Voraussetzung für Einstellung oder die Übernahme“ ist. Die Mitarbeiter*innen sind angehalten Mitglied in einer christlich anerkannten Kirche zu sein, wie es die evangelische, katholische oder auch die freien Kirchen sind. Der Austritt aus der Kirche während eines Arbeitsverhältnisses mit dem DW wäre gerichtlich bestätigter Kündigungsgrund (vgl. Diakonie, o.J.: o. S.). Alle christlichen Glaubensrichtungen sind auch in der Außenstelle D in Persona vorhanden.
Die sonst nicht fassbaren gesellschaftlichen Zusammenhänge bekommen durch diese arbeitsrechtlichen Regelungen eine Konkretheit und somit eine Vergleichbarkeit. Eine Bewerbung mit einer anderen Glaubensrichtung wäre im DW nicht möglich, obwohl so die Wahrscheinlichkeit höher wäre, Mitarbeiter*innen zu finden, die bilingual aufgewachsen sind. Bei nicht-kirchlichen Trägern und staatlichen Einrichtungen wird auf erhöhte Sprachkompetenz als Zusatzqualifikation Wert gelegt und so die Konfession außen vor gelassen.
Als weiteres zeigt das Arbeitsrecht z. B. wie autonom nicht-kirchliche und kirchlichen Arbeitnehmer*innen in sozialen Einrichtungen agieren können, denn neben der Voraussetzung Kirchenmitglied zu sein, sind die Mitarbeiter*innen angehalten nicht zu streiken. Dies entspräche nicht dem „kirchlichen Verständnis von friedlicher Konfliktlösung“ (Diakonie, o.J.: o. S.). Als Lösungsweg bietet die Kirche den „dritten Weg“ an, indem Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen gemeinsam Verantwortung in Verhandlungen für Konflikte übernehmen (vgl. Diakonie, o.J.: o. S.; Falterbaum, 2000: 67). Wobei für mich hier ein Druckmittel auf Seite der Mitarbeiter*innen des DWs fehlt, während die Arbeitgeber*innen die geldlichen Ressourcen als Druckmittel in ihrer Hand haben.
Ein nichtstaatlicher Träger wie das DW ist frei in der Entscheidung wem gegenüber es Leistungen erbringt, obwohl die Mittel, die dem DW zur Verfügung stehen, auch aus Steuern bestehen (vgl. Falterbaum, 2000: 5). Die spezifische Motivation des DW ist, gekennzeichnet durch das Leitbild, in gemeinsamer Verantwortung zu handeln und Problemlagen zu erkennen und diese zu bekämpfen (Diakonie XY, o. J.: o. S.). Die Umsetzung zeigt sich auch in der Zuwendungsfinanzierung, denn grundlegend kann im Vorhinein nicht beziffert werden wie hoch die Nachfrage nach den verschiedenen Beratungsangeboten ist. Trotzdem finanziert das DW z. B. die Kirchenkreissozialarbeit komplett, um so ein Angebot liefern zu können.
Die Bundeskirche finanziert sich durch Kirchensteuern und Steuern und gibt die Gelder nach dem Finanzausgleichgesetz an die Landeskirchen weiter, das heißt, finanzstärkere Landeskirchen unterstützen finanzschwächere Landeskirchen. Die Landeskirche XY verteilt nach dem gleichen Prinzip Gelder an die Kirchenkreise. Hauptaugenmerk der Verteilung liegt hierbei auf der Anzahl der Kirchenmitglieder. Dies nimmt 70% der Gesamtzuweisung von Geldern ein. Da Städte hier bevorteilt wären, werden aber auch Anzahl der Predigtstätten zu 20 % und besondere regionale Faktoren berücksichtigt (10%). Im Faktor der Predigtstätten werden nur die berücksichtigt, die auch eine bestimmte Größe haben (vgl. Evangelische Kirche in Deutschland C, o.J.: o.S; Landeskirche Niedersachen B, o. J.: o. S.). Der Kirchkreis XX hat vor allem viele kleine verteilte Predigtstätten auf dem Land, die durch den demografischen Wandel und hohe Arbeitslosigkeit und den dadurch bedingten Wegzug, unter Mitgliederschwund leiden. Dies bedeutet weniger Geldzufluss durch die Landeskirchen an das DW XX.
So werden immer mehr Predigtstätten zusammengeschlossen (Landeskirchenamt in Vertretung Dr. Krämer, o. J.: o. S.). Es entstanden z. B. im Kirchenkreis XX 2011 der Evangelisch-lutherische Kirchengemeindeverband C-Eime und Evangelisch-lutherische St.-Andreas-und-St.-Urbani-Kirchengemeinde in A. Eingebunden in den Zusammenschluss ist, dass innerhalb eines Verbandes Stellen wie Küster*innen, Diakon*in oder Sekretär*innen gestrichen werden können (Sprengel XX Göttingen, o. J.: o. S.).
Insgesamt hat der Kirchenkreisverband XX durch seine erhaltenden Gelder aber die Möglichkeit, ca. 450.000€ im Jahr an das DW XX weiterzugeben, die Landeskirche gibt zusätzlich ca. 85.000€. Der weitere Bedarf wird gedeckt durch 120.000€ Landesmittel, ca. 71.000€ Spenden und durch Stadt und Land mit ca. 35.000€ (Diakonisches Werk XX, 2013: 28- 29).
Alle Beratungsangebote der Diakonie in D finden in angemieteten Räumen im ersten Stock des Hauses der Diakonie statt. Im Hochparterre hat der Vermieter die Diakonie Station XXer Land gGmbH seine Räume.
Es stehen der Beratungsstelle in der ersten Etage drei Büroräume zur Verfügung, die mit Schreibtisch, PC mit eigenem Konto für verschiedene Nutzer und Telefonanlage ausgestattet sind, sowie einer Beratungsecke, die die Mitarbeiter*innen mit etwas Deckoration, wie Kerzen und Blumen geschmückt haben. Zusätzlich verfügen alle Räume über abschließbare Schränke, die nur den zwei hauptamtlichen Mitarbeitern*innen zugänglich sind, und schalldichte Türen. Die Räume werden nacheinander von unterschiedlichen Berater*innen genutzt. Ein multifunktionaler Kopierer mit Scanner- und Fax-Funktion steht für alle im Flur zur Verfügung. Genauso teilen sich die Berater*innen das Wartezimmer, Küche und die Toilette.
Für mich sind die Räume in D architektonisch hell und freundlich gestaltet und durch die Dekoration der Mitarbeiter*innen bekommt die Beratung in der Kirchenkreissozialarbeit eine angenehme Atmosphäre.
Die staatlich anerkannte Sozialarbeiterin, die die Kirchenkreissozialarbeit durchführt, muss ihre gesetzlich vorgegebene Schweigepflicht gemäß 203 StGB gewährleisten können, was besonders brisant ist, wenn sich Berater*innen Räume teilen. Dadurch, dass die hauptberufliche Mitarbeiterin ihre Schränke abschließen kann und jeder Hilfsbedürftige eine Einwilligungserklärung für die andere hauptberufliche Mitarbeiterin unterschreibt (s. Anhang 3), genauso dadurch, dass Berater*innen, die Räume angemietet haben und eigene Kontos auf den PCs besitzen bzw. Laptops benutzen, gab es in D keinen Zeitpunkt, indem ich das Gefühl hatte, Sozialdaten wären durch Andere einsehbar.
Die Lage in der ersten Etage bringt für die Kirchenkreissozialarbeit Probleme mit sich, denn manche Hilfebedürftige sind nicht oder nur schwer in der Lage, in die erste Etage zu kommen. Eine Ausweichmöglichkeit besteht nur durch Hausbesuche, die zeitintensiv sind. Hierbei fallen auch Vorteile wie Internetzugang, aktuelle Literatur oder Kollegen mit weiteren Kenntnissen, weg.
Die Mitarbeiterin, die stark von den kirchlichen Zuwendungen abhängig ist, hat durch ihre arbeitsrechtlichen Bestimmungen kein Druckmittel, um z. B. mit anderen Kirchenkreissozialarbeitern*innen auf Überbelastung am Arbeitsplatz aufmerksam zu machen.
Zusätzlich wird durch die neu gebildeten Kirchengemeindeverbände auch die Zusammenarbeit mit den Gemeinden schwieriger, da Ansprechpartner*innen wegfallen. So wären für die Kirchenkreissozialarbeiterin besonders die einzelnen Diakone*innen, Pastoren*innen und Sekretäre*innen von besonderer Wichtigkeit, da diese vor Ort mit Hilfsbedürftigen direkte Kontakte hätten. Genauso wären diese Ansprechpartner*in für Spendengelder, die in Kirchen direkt für diakonische Zwecke gesammelt werden (Evangelische Kirche in Deutschland D, o.J.: o. S.). Dies wäre ein wichtiger Faktor, da gemäß dem Leitbild Diakonie Problemlagen vor Ort erkannt werden sollen. In gemeinsamer Verantwortung mit den Gemeinden vor Ort wäre dies wahrscheinlicher. Blieben noch als Ansprechpartner*in die Pastoren*innen, die aber durch die Zusammenschlüsse der Gemeinden und so mehr Predigtstätten Probleme haben, diese zu koordinieren.
Die Mitarbeiterin der Kirchenkreissozialarbeit ist eine staatlich anerkannte Sozialarbeiterin und hat neben ihrer ehemaligen Tätigkeit als Diakonin, eine Fortbildung im Bereich der systemischen Familienberatung, sowie eine zweijährige Fortbildung neben der beruflichen Tätigkeit zum Thema SGB II gemacht. Letzteres fällt besonders ins Gewicht, da in der offenen Sprechstunde immer wieder Anfragen zu diesem Thema kamen. Auch in der Nutzung von aktueller Literatur zu unterschiedlichen Themen zeigt sich, dass ein Wille zur ständigen Fortbildung vorhanden ist. Als ausgebildete Diakonin und Person, die sich im Privaten in der Kirche engagiert, habe ich die Mitarbeiterin als „Insider“ im Bereich Kirche wahrgenommen, was die Arbeit erleichterte, um z.B. allein den Termini der Pastoren*innen folgenden zu können.
Eine arbeitsrechtliche Dimension (s. Kapitel1.2.2) macht sich für mich in der Beratungsstelle selber nicht bemerkbar. Außerhalb der Beratungsstelle z. B. in Arbeitskreisen um die Kirchenkreissozialarbeit, wie das Treffen der Kirchkreissozialarbeiter*innen oder im Diakonieausschuss, wurde die Grundlage des christlichen Glaubens für mich sichtbar durch eine Andacht oder Gebete.
Das breite Beratungsangebot in D bietet sich für die allgemeine Sozialberatung als eine gute Grundlage an, um auf die institutionelle Beratungen vor Ort zu verweisen, falls die allg. Sozialberatung nicht helfen kann.
Besonders in der Kirchenkreissozialarbeit sind die Veränderungen, die in den Strukturen des Landes- und Bundesverbandes geschehen sind, zu spüren (siehe Kapitel1.1). Die Verbandsstruktur ist durch Zusammenschlüsse näher zusammengerückt, was auf Ebene der Landeskirche genutzt wird, um alte Konzepte, wie die Rahmenkonzeption der Kirchenkreissozialarbeit zu ändern. So wird in einen unveröffentlichten Entwurf der Landeskirche XY die Rahmenkonzeption bereits in der Einführung von ehrenamtlichen Beteiligten gesprochen. In der Konzeption von 2001 hingegen war von konkreten Funktionsträgern zu lesen, wie „Superintendenten und Superintendentinnen, Kirchenkreisamtsleiter und Kirchenkreisamtsleiterinnen, Beauftragte für Öffentlichkeitsarbeit, Diakoniebeauftragte, der Diakonieausschuss, Geschäftsführer und Geschäftsführerinnen eines Diakonieverbandes etc.“ (Diakonisches Werk: S. 6.)
Dies veranlasste das Diakonische Werk XX, auch ein Konzept zum Bereich der Diakonie in den Kirchengemeinden zu erarbeiten, das noch nicht vollendet ist und auch nicht veröffentlicht. Die Kirchengemeinden arbeiten nun mit Diakoniebeauftragen, meist ist dies in kleineren Gemeinden ein ehrenamtliche Mitarbeiter*innen, die zum Teil Diakone*innen ersetzen. Nach diesem Konzept werden die Kirchengemeinden in Räumen zusammengefasst und so durch jeweils einen Sprecher im Diakonieausschuss vertreten. Dies soll eine bessere Zusammenarbeit organsiert mit Diakonie, Pastoren, Verbandvorstand usw. bewirken und würde so der Kirchenkreissozialarbeiterin des DW D helfen, in den regelmäßigen Treffen Ansprechpartner*innen zu finden, denn sie begleitet den Diakonieausschuss im Raum Börde, der vor allem Gemeinden um D zusammenfasst.
Geregelt ist dieses Konzept des DW XX durch das Kirchengesetz über die Ordnung der diakonischen Arbeit (Diakoniegesetz) von 1978 ergänzt durch die Ordnung für einen Diakonieausschuss des Kirchenverbandes XX. Diese Ordnung ist noch so aktuell, dass sie auch nur als Entwurf zur Verfügung steht. Die ehrenamtlichen Gemeindediakoniebeauftragen sollen vor Ort unter anderem die Aufgabe übernehmen, regionale soziale Problemlagen zu erkennen und die Angebote zu strukturieren (Defizite erkennen bzw. vernetzen). Dies zeigt natürlich auch die Flexibilität durch Eigenverantwortlichkeit, die das DW XX inne hat, im Gegensatz zu staatlichen Einrichtungen. So können sie auf gesellschaftliche Veränderungen schneller reagieren als staatliche Einrichtungen (s. Kapitel1.1.3).
Die Kirchenkreissozialarbeit im Diakonischen Werk XX hat 2011 an den Standorten XX, A, D, C und B bei 1598 Beratungsgespräche 617 Personen bzw. Familien beraten (Diakonisches Werk XX, 2013: 8-9) und ist so eine der wichtigsten Anlaufstellen. Aus den bisherigen Kapiteln ergeben sich so Herausforderungen und ihre Folgerungen, denen sich Kirchenkreissozialarbeit auf der Makro-, Meso und Mikroebene stellen sollte.
Nach § 1 Abs. 1 des Diakoniegesetzes ist es Aufgabe der Kirchenkreise der Landeskirchen, die diakonische Verantwortung zu übernehmen. Hierzu hat 2006 der Vorstand und das Präsidium der Landeskirche XY der Rahmenkonzeption „Kirchenkreissozialarbeit in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche XY“ zugestimmt, um insbesondere das kirchlich finanzierte Arbeitsfeld der Kirchenkreissozialarbeit als Gegenpol zu staatlichen finanzierten Arbeitsfeldern zu festigen (vgl. Diakonisches Werk, 2001: S. 12). Diese Konzeption bezieht ihre Berechtigung unter anderem aus dem § 5 des Diakoniegesetzes. Mit Bekanntmachung vom 3. Januar 2012 ist dieser Paragraf aber entfallen. Es gibt einen neuen Entwurf zur Rahmenkonzeption (s.2.4Auswirkungen durch die Landes- und Bundesebene) der Kirchenkreissozialarbeit, der aber unveröffentlicht ist und auf den ich wegen seiner Unvollständigkeit und nicht vorhanden Beschlussfähigkeit nicht näher eingehen kann, weswegen sich meine folgenden Ausführungen auf die Konzeption 2006 beziehen werde.
Aufgabe der Kirchenkreissozialarbeit ist hiernach, soziale Missstände festzustellen und regionale Schwerpunkte und Konzeptionen zu entwickeln, eine adäquate Organisationsstruktur zu schaffen; sowie ein angemessenes, am Bedarf orientiertes Angebot herzustellen, es sollen adäquate Rahmenbedingungen für Ehrenamtliche geschaffen werden, auch soll die Zusammenarbeit mit Kirchengemeinden, Kirchenkreis und diakonischen Einrichtungen sichergestellt werden. Auf der Mesoebene ist es die Aufgabe, mit dem DW und der Landeskirche XY zusammenzuarbeiten, ein sozialpolitisches Meinungsbild wiedergeben zu können und den Wohlfahrtverband zu vertreten (vgl. Diakonisches Werk, 2001: S. 13-15).
In der Kirchenkreissozialarbeit als Teil der Sozialberatung haben sich durch Freisetzungs- und Bewältigungsprozess die Beratungsanlässe in den letzten Jahrzehnten verschoben. Zu den individuell entstanden sozialen Problemen kommen eine Reihe während der Moderne und Postmoderne strukturell geschaffene Probleme hinzu. In der Postmoderne ist dieses Problem durch die festen und vielfältig gebildeten Strukturen sogar zur Dauerkrise geworden und nicht mehr auflösbar (vgl. May, 2009: S. 53).
Hierzu gehört die Desintegration durch die Arbeitsteilung in der modernen Gesellschaft, die eine Freisetzung von Personen bedingt, die dann unter fehlender Sozial- und Systemintegration leiden. Dies wird von Teilen der Gesellschaft als fehlende Anpassung wahrgenommen oder als nicht vorhanden sein von Regeln bzw. als schwache Regeln ausgelegt. Es bildet sich schon ab, dass die Folgen von Integration und Desintegration sich am Einzelnen auswirken. Er ist frei, findet aber keine sozialen Orte, die Sicherheit bringen. Dieses Problem hat der Mensch selber zu bewältigen. Biografisch kann es sich ergeben, dass der Mensch psychosozial handlungsunfähig wird und einer neuen Orientierung bedarf, um neue soziale Bezüge aufzubauen (vgl. May, 2009: S. 53-55).
So bietet Sozialberatung einen Ort für den Einzelnen an dem Halt und Sicherheit gefunden werden kann, wo der Mensch seine Handlungsfähigkeit wiedererlangen kann und wo Soziales neu organisiert und gestaltet wird.
[...]
1 Evangelischen Kirche in Deutschland im Weiteren als EKD abgekürzt
2 Diakonisches Werk im Weiteren als DW abgekürzt
3 Evangelische - lutherische Landeskirche XY e. V. im Weiteren als Evlka