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Hausarbeit, 2021
23 Seiten, Note: 1,7
1 Einleitung
2 Nationalsozialismus
3 Erziehung
4 Johanna Haarer
4.1 Biografie
4.2 Tochter Gertrud Haarer
5 „Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“
5.1 Entstehung und Verlag
5.2 Einband
5.3 Inhalt
5.4 Auswirkung
6 Schwarze Pädagogik
6.1 Definition
6.2 Folgen
6.3 Parallelen zu „Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“
7 Familie Blank
8 Einfluss nach dem Nationalsozialismus
9 Fazit
Quellen
Die Zeit des Nationalsozialismus von 1933 bis 1945 war das dunkelste Kapitel von Deutschland. Millionen Menschen verloren durch den Krieg und den Holocaust ihr Leben. Kinder zu dieser Zeit wurden zu Disziplin und Gehorsam erzogen, um gute Soldaten oder Hausfrauen und Mütter zu werden. Mit dem Thema Säuglingspflege und Kindererziehung beschäftige sich die Autorin Johanna Haarer. Auf diesem Gebiet war sie die erfolgreichste Autorin des Nationalsozialismus. (Berger, 2020).
Um den Einfluss von Johanna Haarer auf die kindliche Erziehung während des Nationalsozialismus zu erkennen, wird in dieser Hausarbeit ihr Buch „Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“ fokussiert.
Vorerst soll eine thematische Grundlage zum Nationalsozialismus und zum Begriff Erziehung geschaffen werden. Dazu werden auch die Aspekte der nationalsozialistischen Erziehung aufgegriffen.
Danach wird die Kindheit und der Werdegang von Johanna Haarer erklärt, um zu verstehen, wie sie dazu gekommen ist nationalsozialistische Erziehungsratgeber zu schreiben. Anschließend wird die Biografie ihrer Tochter Gertrud Haarer beschrieben, sodass ersichtlich wird, wie Johanna Haarer ihre eigenen Kinder erzogen hat und welche Auswirkungen das hatte.
Johanna Haarers bekanntester und meistverkaufter Ratgeber „Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“ wird als einziges ihrer Bücher analysiert und beschrieben. Dabei wird auf die Entstehung und den J.F. Lehmanns Verlag eingegangen. Zudem wird eine Bildanalyse des Einbands vorgenommen, der bereits einiges über das Buch aussagt. Darauf aufbauend wird auf den Inhalt des Buches eingegangen. Des Weiteren ist die Auswirkung, die dieses Buch erzielte für die Beantwortung der Frage, welchen Einfluss es hatte, entscheidend.
Die Pflege- und Erziehungsmethoden in Haarers Ratgeber werden heutzutage als schwarze Pädagogik eingestuft. Daher wird dies zunächst definiert und dann aufgezeigt, welche Folgen durch schwarze Pädagogik entstehen können. Dann werden einzelne Ratschläge von Johanna Haarers Buch mit schwarzer Pädagogik verglichen.
Ein deutliches Beispiel für die Auswirkung von Johanna Haarers Ratgebern auf die Menschen, die ihre Bücher gelesen haben, ist die Familie Blank aus dem Buch „Die vergessene Generation – Die Kriegskinder brechen ihr Schweigen“ von Sabine Bode aus dem Jahr 2020. Ein besonderes Augenmerk wird hierbei auf die Erlebnisse und Wahrnehmungen der Kinder gelegt, dessen Geschichte in dieser Hausarbeit als praktisches Beispiel beleuchtet wird.
Johanna Haarers Bücher waren auch nach dem Nationalsozialismus auf dem Markt. Somit wird in dieser Hausarbeit ebenfalls aufgegriffen, welchen Einfluss sie nach dem Jahr 1945 hatte.
Schlussendlich im Fazit zusammengefasst, welchen Einfluss Johanna Haarer auf die kindliche Erziehung zur Zeit des Nationalsozialismus hatte.
Die Zeit des Nationalsozialismus begann im Jahre 1933. Adolf Hitler wurde vom Reichspräsidenten Paul von Hindenburg am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler ernannt. Mit seiner Partei, der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) erlangte er durch verschiedenste Gesetze immer mehr Macht im Reichstag und somit in ganz Deutschland. Durch Propaganda wurde die nationalsozialistische Ideologie den Deutschen nähergebracht. Wer sich der neuen Ordnung nicht unterwerfen wollte, der wurde ermordet oder in eines der vielen Konzentrationslager gebracht, so wie beispielsweise Juden oder die politischen Gegner. Kinder in dieser Zeit wurden mit Macht und Gleichschaltung zu Gehorsam erzogen. Schon in frühen Jahren waren die Kinder Mitglieder/innen in den Kinder- und Jugendorganisationen, wie den Pimpfen, Jungmädeln, Hitlerjugend oder dem Bund Deutscher Mädel. Dadurch wurde schon früh die Bindung der Kinder zu ihren Eltern durchbrochen. Erziehungsratgeber, wie von Johanna Haarer, förderten diese Bindungslosigkeit bereits nach der Geburt des Säuglings und trugen dazu bei, dass den Kindern Gehorsam und Strenge beigebracht wurde. So wurden die Jungs zu treuen Soldaten erzogen, die sich gegenüber den feindlich gesehenen Juden übergeordnet fühlten und die Mädchen zu Hausfrauen und Mütter. Von 1939 bis 1945 war der Zweite Weltkrieg, in dem viele dieser treuen Soldaten ihr Leben gelassen haben. Die Überlebenden des Krieges waren bis an ihr Lebensende traumatisiert.
Erziehung ist laut Richard Münchmeier „das Insgesamt von Handlungen zwischen Erwachsenen und Unerwachsenen, die die kompetente Beteiligung am gesellschaftlichen Lebenszusammenhang zum Ziel haben“ (Adam-Lauer & et al., 2017). Erziehung ist sehr vielfältig, da alle Eltern unterschiedliche Werte haben, die sie vermitteln wollen und die Art und Weise, wie sie selbst erzogen wurden, in die Erziehung der eigenen Kinder miteinbeziehen. In dieser Hausarbeit wird die Erziehung thematisiert, die Eltern bei ihren Kindern zur Zeit des Nationalsozialismus angewandt haben.
Adolf Hitler beschreibt bereits im Jahre 1924 in seinem Buch „Mein Kampf“ seine Gedanken zur Erziehung der Kinder und Jugendlichen. Ihm war ein gesunder Körper der Kinder wichtiger als das diese Wissen erlangen. „Die Stärkung von Entschlussfreudigkeit und Willenskraft, Disziplin, Wagemut, Angriffsgeist, Zähigkeit und Durchhaltevermögen war nach Hitler für eine Volksgemeinschaft wertvoller als die Ausbildung „geistreicher Schwächlinge““ (Hohmann, 2005).
Der starke Körper sollte den Jugendlichen auch das Gefühl geben anderen überlegen zu sein. Für Hitler war wichtig, dass „Rassesinn und Rassegefühl“ (Hohmann, 2005) in der Erziehung den Kindern vermittelt wird. Nicht nur in den Elternhäusern, auch in Kindergärten und Schulen, wurde den Kindern und Jugendlichen nach Machtübernahme der Nationalsozialisten der Antisemitismus und die Wehrerziehung nähergebracht. Vor allem in Schulen gab es eine starke Umstrukturierung. Die Lehrpläne wurden im Sinne des Nationalsozialismus verändert, beispielsweise wurde „Rassenkunde“ in Biologie unterrichtet und im Matheunterricht wurden hauptsächlich Sachaufgaben mit Kriegshintergrund gestellt (Hohmann, 2005).
Sport wurde zum wichtigsten Schulfach und am häufigsten in der Woche unterrichtet. Ab dem Jahr 1939 wurde die Schulzeit um zwei Jahre verkürzt und durch zwei Offiziersjahrgänge ersetzt. Die Jugendorganisationen der Nationalsozialisten wie die Pimpfe, Jungmädel, Hitlerjugend oder Bund Deutscher Mädel gaben den Kindern und Jugendlichen ein Gemeinschaftsgefühl und gaben ihnen die Möglichkeit selbstständiger zu handeln, als es ihnen im Elternhaus möglich war. In diesen Organisationen wurde den Jungs das Soldatenleben nähergebracht und sie wurden auf den Krieg vorbereitet. Die Mädchen haben bei den Jungmädeln und dem Bund Deutscher Mädel gelernt, wie man eine gute Hausfrau und Mutter wird. Ihre Aufgabe war es dem Führer, Adolf Hitler, gesunde Kinder zu gebären, um die arische Rasse, im Sinne des Nationalsozialismus, zu erhalten. Ab dem Jahr 1936 wurde es für die Jungs Pflicht der Hitlerjugend beizutreten. Die Jugendorganisationen boten auch attraktive Freizeitangebote, sodass Kinder und Jugendliche, die sowieso bereits eine schlechte Bindung zu ihren Eltern hatten, noch weiter von diesen weggetrieben wurden. Grund dafür ist, dass Jugendliche ohne feste Bindung sich leichter beeinflussen lassen. In der Endphase des Zweiten Weltkrieges wurden auch die noch jungen Mitglieder der Hitlerjugend als Soldaten in den Krieg geschickt. (Winter, 2020)
Johanna Barsch wurde am 03. Oktober 1900 als jüngste von 3 Kindern im ehemaligen Böhmen geboren. Ihr älterer Bruder starb als er 10 Jahre alt war an Meningitis (Gehirnhautentzündung). Ihre Mutter, Anna Barsch, musste sich um Haushalt und Kinder allein kümmern, da der Vater von Johanna, Alois Barsch, Alkoholiker und Antisemit war und Anna nicht unterstützte (Berger, 2020).
Antisemitismus war offensichtlich ein Teil von Johannas Kindheit und Erziehung. Dies könnte erklären, warum sie sich zum Nationalsozialismus hingezogen fühlte.
Das Verhältnis von Johanna zu ihren Eltern, besonders zu ihrem Vater, war sehr gut. Alois ermöglichte ihr eine gute Ausbildung, obwohl Familie Barsch unter finanziellen Schwierigkeiten litt. Mit 16 Jahren studierte Johanna Medizin. Hierbei ist unklar, wie dies möglich sei, da sie kein Abitur hatte. Sie besuchte zunächst die „Dürerschule“ in Hochwaldhausen, wechselte dann aber zum „Deutschen Landerziehungsheim“ auf Wunsch ihres Vaters, da auf der „Dürerschule“ viele Lehrer und Schüler Juden waren (Berger, 2020).
Da die Quelle nicht aussagt, dass Johanna den Schulwechsel selbst wollte, lässt darauf schließen, dass ihr Vater für sie eine große Vorbildfunktion hatte und er sie in die Richtung des Nationalsozialismus geführt hat.
Auf dem „Deutschen Landerziehungsheim“ war Johanna das einzige Mädchen unter 90 Jungs (Berger, 2020). Das kann für ein Mädchen in ihrem Alter sehr kompliziert sein, da das Gefühl eine Außenseiterin zu sein, verstärkt vorkommen kann. Im Jahre 1920 legte Johanna die Reifeprüfung ab und begann mit ihrem Medizinstudium. Insgesamt studierte sie 10 Semester an den Universitäten in Heidelberg, Göttingen und München. Als sie 1925 ihr medizinisches Staatsexamen ablegte und ihre Doktorwürde in der gesamten Medizin erwarb, war sie bereits seit einem Jahr mit dem „I.G. Farben“ Forscher cand. med. Helmut Weese verheiratet. Als die Ehe durch seine Untreue in die Brüche ging, zog sie um und arbeitete als Assistenzärztin für Lungenkrankheiten (Berger, 2020).
Bereits drei Jahre nach der Scheidung heiratete Johanna Weese im Jahre 1932 den Oberarzt Otto Friedrich Haarer mit dem sie fünf Kinder bekam, vier Mädchen und ein Junge. Sie bekam das Mutterkreuz in Bronze verliehe, welches Mütter zu dieser Zeit ab dem vierten Kind bekamen. Sie kündigte ihren Job und schlug im Jahre 1933 den Weg als Schriftstellerin ein. Mit ihren Büchern war sie sehr erfolgreich, vor allem dadurch, dass sie in ihren Ratgeber realistische und schwierige Situationen mit Kindern beschreibt und der Mutter praktisch umsetzbare Ratschläge gibt. Ab 1936 war Johanna Haarer ehrenamtliche Mitarbeiterin bei der NSDAP und übernahm das Referat der „Gausachbearbeiterin für rassenpolitische Fragen in der NS-Frauenschaft“. Als diese setzte sie sich gegen den vermeintlichen Verfall der Mutterschaft und der deutschen Familie ein. Zudem engagierte sie sich in der „Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt“, im „Hilfswerk Mutter und Kind“ und bei der „Münchener Mutterschule“. Erst 1937 wurde sie Mitglied in der NSDAP (Berger, 2020).
Inwieweit ihr Vater sie dahingehend beeinflusst hat, sich ehrenamtlich bei der NSDAP zu engagieren, ist nicht eindeutig. Jedoch lässt sich aufgrund ihres erst späteren Beitritts in die Partei vermuten, dass sie anfangs noch Bedenken hatte Parteimitglied zu werden.
In dem Jahr als Johanna Haarer der NSDAP beitrat, veröffentlichte sie zwei Bücher, die inhaltlich sehr an die nationalsozialistische Ideologie angelehnt waren, „Säuglingspflege für junge Mädchen. Unterrichtsbuch für Schulen“ und „Mutterschaft und Familienpflege im neuen Reich“. Im Schuljahr 1938/39 unterrichtete Haarer das Kindergärtnerinnen- und Hortnerinnen Seminar in München (Berger, 2020).
Die Beurteilung der Seminarleiterin Maria Urban vom 16.11.1939 lautete wie folgt:
„Dr. med. Johanna Haarer war eine vorzügliche Lehrkraft. Sie dozierte anregend und konnte die jungen Mädels sehr gut für ihr Fach Rassenkunde und Vererbungslehre (Gesundheitslehre und Hygiene) motivieren… Die Seminaristinnen lernten gesundheitliche Probleme der Kinder erkennen um dementsprechende Hilfsmaßnahmen einzuleiten… Entsprechend der künftigen Berufsaufgaben wurden mit den Schülerinnen die kindlichen Infektionskrankheiten und die Schutzimpfungen ausführlich besprochen… Zum besseren Verständnis der körperlichen Entwicklung des Kleinkindes wurde von Frau Dr. med. Johanna Haarer die Wichtigkeit der Vererbungslehre (Erbpflege) und der Rassenkunde (Rassenpflege) unterstrichen… Die politische Gesinnung der Lehrbeauftragten war vorbildhaft. Sie konnte einige Mädels für die Mitarbeit in der Nat. soz.-Frauenschaft oder der NSV. gewinnen“ (Berger, 2020, zitiert nach Reimann 1989, S. 17).
Bei dieser Beurteilung wird deutlich, dass Johanna Haarer mit Leidenschaft doziert hat und ihre Pflege- und Erziehungspraktiken weitergeben wollte. Fraglich ist, warum eine Schule eine Dozentin für diesen Fachbereich einstellt, die eigentlich im Bereich der Lungenkrankheiten praktizierte und keinerlei pädagogische Ausbildung oder ein pädagogisches Studium absolvierte.
Die Anhängerin von Adolf Hitler schrieb 1939 das Lesebuch „Mutter erzähl von Adolf Hitler“, in dem sie viele Aspekte der nationalsozialistischen Propaganda mit einfließen lässt (Bode, 2020).
Nach dem Zusammenbruch der NS-Diktatur wurde Johanna Haarer verhaftet und war 15 Monate in amerikanischen Internierungslagern als Ärztin tätig. Ihr Ehemann Otto Haarer beging Selbstmord, in dem er von einer Brücke in den Fluss Isar sprang, weil er die Internierung von Johanna nicht verkraftete (Berger, 2020).
Nachdem man Johanna Haarer aus der Internierungshaft entlassen hatte, wurde sie entnazifiziert und musste sich als alleinerziehende Mutter nicht nur um ihre Kinder, sondern auch um ihre Eltern kümmern. Es wurde ihr nicht erlaubt ihre eigene Praxis zu eröffnen, deswegen arbeitete sie bis zu ihrer Pensionierung als Lungenfachärztin im öffentlichen Dienst bei den Oberbayrischen Gesundheitsämtern und verdiente nebenbei Geld als Schriftstellerin, sodass drei ihrer Kinder studieren gehen konnten. Werke von Johanna Haarer nach 1945 waren zum Beispiel „Unsere Schulkinder“ (1949) und „Frausein und gesund bleiben“ (1962).
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