Diese Hausarbeit soll dazu dienen, das Kerkersystem, wie bei Foucault beschrieben, mit einem offenen Vollzug, mit Bastøy als Vertreter, zu vergleichen und zu analysieren, wie und ob die Resozialisierung im jeweiligen System erfolgt und welches näher an das Ziel der niedrigen Rückfallquote kommt. Darüber hinaus wird die Frage behandelt, ob ein offener Vollzug von Experten zu Recht als die, im Bezug auf die Resozialisierung, am besten funktionierende und effektivste Vollzugsform ist. Dafür werden mehrere Aspekte behandelt: Wie läuft das Leben der Insassen auf Bastøy ab? Welche Rolle spielen die Wärter? Wie sehen die Resozialisierungsmaßnahmen aus? Welche Grundsätze haben das Gefängnis und die norwegische Justiz? Auf der Gegenseite wird auch Mettray hinsichtlich seines Aufbaus sowie seiner Grundsätze und Methoden untersucht und erforscht, ob auch dieses System zu einer erfolgreichen Resozialisierung führen kann.
Inhaltsangabe
1. Einleitung
2. Begriffsklarung
2.1. Offener Strafvollzug
2.2. Resozialisierung
3. Uberwachen und Strafen
3.1. Zusammenfassung
3.2. Resozialisierung im Kerkersystem
4. Haftanstalt Bast0y
4.1. Arbeitsmoglichkeiten
4.2.Betreuung, Behandlung und Freizeitangebot
4.3. Resozialisierung in Bast0y
5.skussion
6. Konklusion
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Laut Michel Foucault lasst sich das von ihm als „die Geburt des Kerkerszstems“ bezeichnete Ereignis auf den 22. Januar 1840 zuruckfuhren (Vgl. Foucault, 1994, S. 262). An diesem Tag wird das „Rettungshaus“ von Mettray eroffnet (ebd.).
Obwohl Menschen nach wie vor fur die von ihnen begangenen Straftaten buBen mussen, hat sich seit dem einiges geandert. Mit der Geburt des modernen Gefangnisses ruckte die Rolle der Spezialpravention bei den Bestrafungen immer weiter in den Vordergrund (ebd.). Das „Rettungshaus“ von Mettray war allerdings „[die] intensivste[...] Zuchtform [...], in der sich alle Technologien des Verhaltenszwanges kombinieren und konzentrieren“ (Foucault, 1994, S. 262).
Offener Strafvollzug scheint hingegen ein guter Weg zu sein, jedoch bringt er einige Risiken mit sich (Vgl. Gartner/Slania, 2013). Dies fuhrt zu vielen kritischen und skeptischen Stimmen in der Gesellschaft (Vgl. Prator, 2017, S. 7-8). Jedoch distanziert sich die Menschheit nicht ohne Grund immer weiter von den alten Zuchtmethoden. Was ist nun erfolgsbringender mit Blick auf die Resozialisierung der Straftater und die Zahlen der wieder kriminell gewordenen Ex-Haftlinge?
Diese Hausarbeit soll dazu dienen, das Kerkersystem, wie bei Foucault beschrieben, mit einem offenen Vollzug, mit Bast0y als Vertreter, zu vergleichen und zu analysieren, wie und ob die Resozialisierung im jeweiligen System erfolgt und welches naher an das Ziel der niedrigen Ruckfallquote kommt. Daruberhinaus wird die Frage behandelt, ob ein offener Vollzug von Experten zu Recht als die, im Bezug auf die Resozialisierung, am besten funktionierende und effektivste Vollzugsform ist. Dafur werden mehrere Aspekte behandelt: Wie lauft das Leben der Insassen auf Bast0y ab? Welche Rolle spielen die Warter? Wie sehen die ResozialisierungsmaBnahmen aus? Welche Grundsatze haben das Gefangnis und die norwegische Justiz? Auf der Gegenseite wird auch Mettray hinsichtlich seines Aufbaus, sowie seiner Grundsatze und Methoden untersucht und erforscht, ob auch dieses System zu einer erfolgreichen Resozialisierung fuhren kann.
2. Begriffsklarung
Im folgenden Teil werden zunachst die Begrifflichkeiten erklart, um eine feste Forschungsgrundlage zu haben und die Forschungsarbeit zu erleichtern. Zu den wichtigsten Begriffen gehoren offener Strafvollzug, da die Haftanstalt Bast0y in diese Kategorie fallt, und die Resozialisierung, da diese im Mittelpunkt dieser Hausarbeit steht (Vgl. Bast0y Fengsel, 2012; Vgl. Kriminalomsorgen, 2019).
2.1 Offener Strafvollzug
Der offene Vollzug ist in der Regel ein Zwischenschritt zwischen dem geschlossenen Vollzug und der Freiheit, jedoch kann in einigen Landern und unter bestimmten Voraussetzungen eine Direktzuweisung erfolgen (Vgl. Die Leiterin der Justizvollzugsanstalt Remscheid, 2019; Vgl. Prator, 2017, S. 1-2). Um von dem geschlossenen in den offenen Vollzug zu wechseln, mussen Gefangene ihre Sozialkompetenzen, Selbststandigkeit, Bereitschaft zur Besserung und Resozialisierung nachweisen (ebd.). Ferner muss sichergestellt werden, dass keine Hinweise auf Flucht- und Missbrauchsgefahr zu erkennen sind (ebd.). Des Weiteren ist in einigen Bundeslandern eine Direktzuweisung fur bestimmte Straftater, wie z. B. die, die aufgrund eines Sexual- oder Totungsdeliktes bestraft wurden, ausgeschlossen (ebd.).
„Im offenen Vollzug soll nur so viel Freiheit entzogen werden, dass normale Lebensumstande und der Kontakt zur Gesellschaft ermoglicht wird.“ (Die Leiterin der Justizvollzugsanstalt Remscheid, 2019). Das Leben soll so nah wie moglich den Lebensverhaltnissen in der Freiheit gestaltet werden um die Gefangenen auf die Zeit nach dem Strafvollzug vorzubereiten (Vgl. Laubenthal, 2011, S. 200). So sind nicht nur die Kommunikationsmoglichkeiten innerhalb und auBerhalb der Anstalt erweitert, sondern es fehlen sogar meistens Fenstergitter und die Turen sind nicht immer richtig abgeschlossen (ebd.). AuBerdem wird auBerhalb der Justizvollzugsanstalt geregelten Tatigkeiten, wie zum Beispiel der Arbeit, nachgegangen (Vgl. Ministerium der Justiz Nordrein-Westfalen, 2019).
2.2 Resozialisierung
Bei der Resozialisierung geht es um Hilfe zur Reintegration in die Gesellschaft (Vgl. Graber-SeiBinger, 2010, S. 389).
„Im Vollzug der Freiheitsstrafe soil der Gefangene fahig werden, kunftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu fuhren (Vollzugsziel)“ (Strafvollzugsgesetz - StVollzG, § 2 Aufgaben des Vollzuges). Wie man sieht, ist der Begriff der Resozialisierung im Strafvollzugsgesetz verankert. Damit wird ein Zeichen dafur gesetzt, dass neben der Spezialpravention die Resozialisierung des Taters das wichtigste Ziel des deutschen Strafsystems ist.
Die Resozialisierung der Straftater in die Gemeinschaft kann mithilfe vieler MaBnahmen erfolgen (Vgl. Bohnke, 2018). Schauspielunterricht, Anti-Gewalt-Trainings und Therapien sind nur wenige davon (ebd.).
3. Uberwachen und Strafen
3.1 Zusammenfassung
Im Michel Foucaults Hauptwerk Uberwachen und Strafen. Die Geburt des Gefangnisses wird die Entstehung des Gefangnisses, des dazugehorigen Strafsystems und des gesamtgesellschaftlichen Disziplinarsystems behandelt (Vgl. Foucault, 1994). Foucaults Werk ist in vier groBe Kapitel, Marter, Bestrafung, Disziplin und Gefangnis, unterteilt (ebd.).
Die Geschichte der Bestrafung vom Spatmittelalter bis zur Neuzeit wird thematisiert und analysiert, wobei die Entwicklung der Strafen in Frankreich in den Jahren 1750 bis 1850 als historischer Fokus gewahlt wird, da in dieser Zeitspanne die Korperstrafen durch die Haftstrafen abgelost wurden (ebd.). Der geheime Charakter der Gerichtsverfahren uberging auf die Bestrafungen und die Offentlichkeit der Bestrafungen uberging auf die Gerichtsverfahren (ebd.). Spezialpravention als Zweck des Strafens ruckte mehr und mehr in den Vordergrund (ebd.). Dafur wird ein Disziplinarsystem, welches dem des Militar oder dem der Schule ahnelt, erschaffen, sodass jeder Haftling mittels Klassifizi erung, Ubung und Uberwachung zu einem (funktionierenden und aktiven) Teil nicht nur des Gefangnissystems, sondern auch der ganzen Gesellschaft erzogen wird (ebd). Nach und nach ist der Freiheitsentzug zur haufigsten Strafart geworden (ebd. S. 99), wodurch die Strafvollzieher eine groBere Rolle im Strafsystem bekamen, da die Justiz auf das von ihnen Beobachtete mehr und mehr angewiesen war (ebd.). Spater entsteht ein groBeres und globales Kerkersystem, welches sich auf viele weitere Bereiche der Gesellschaft ausbreitet, denn auch Wissenschaftler, Arzte und Padagogen bekommen die Macht uber die Normalitat zu urteilen (ebd. 266-274). Dies fuhrt schlussendlich zum Bedeutungsverlust der Gefangnisse (ebd.).
3.2 Resozialisierung im Kerkersystem
Im dritten und letzten Teil des letzten Kapitels Gefangnis wird die Entstehung des Kerkersystems festgelegt. Das Kerkersystem soll der Besserung der Gefangenen bzw. der Inhaftierten dienen und diese auf die „freie“ Gesellschaft vorbereiten.
Dies wird durch die sogenannte Disziplinarmacht erreicht, denn laut Foucault seien Repression und Uberwachung nicht bloB unterdruckend, sondern konnen auch produktiv sein (ebd.). Mithilfe der Macht werden Individuen aufgebaut und anschlieBend wird aus ihnen eine funktionierende Gesellschaft gebildet - es findet eine Art Resozialisierung statt. Dabei gibt es nach Foucault drei groBe Machttechniken (ebd. S. 262). Zuerst werden die Individuen von der AuBenwelt abgeschottet, wobei jeder Austausch von Gutern oder Individuen streng kontrolliert wird (ebd.). Im Anschluss daran findet eine sogenannte Parzellierung statt (ebd.). Jedem Subjekt wird ein fester bestimmter Platz mit einer damit verbundenen festen bestimmten Funktion zugeordnet, was die Uberwachung, die Kontrolle und die Messung der erbrachten Leistungen vereinfachter und effektiver gestaltet (ebd. S. 262ff). SchlieBlich findet eine Hierarchisierung, welche zu einer Anpassung fuhrt, statt (ebd. S. 262). Hierbei wird nach Rang und Status kategorisiert, wodurch ein Abstand zu Anderen entsteht und die Einhaltung der Norm, die dem jeweiligen Rang und Status entspricht, angestrebt wird (ebd.).
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