In der vorliegenden Arbeit soll nun der Frage nachgegangen werden, welchen Einfluss die Nutzung sozialer Netzwerke speziell auf die Identitätsentwicklung Jugendlicher hat.
Im folgenden Kapitel wird zunächst näher auf das Jugendalter eingegangen, anschließend erfolgt die Betrachtung verschiedener Ansätze und Theorien zur Identitätsentwicklung. Das dritte Kapitel setzt sich mit dem Einfluss sozialer Netzwerke auseinander. Im Einzelnen wird dabei genauer auf die sich bietenden Chancen und Vorteile sowie die aufkommenden Risiken und Gefahren im Netz eingegangen.
„Alles, was wir im Netz erleben, die Erfahrungen, die wir hier machen, wirken sich auch auf unsere Selbsteinschätzung und unser Selbstkonzept aus – unsere gesamte Identität also.“ (Sozialpsychologin Catarina Katzer, 2016)
Smartphone, Tablet und Laptop sind aus dem Leben der meisten Jugendlichen heutzutage nicht mehr wegzudenken und ihr alltägliches Handeln ist regelrecht von Medien durchdrungen. Hierbei stehen für die jungen Heranwachsenden soziale Netzwerke wie WhatsApp, Instagram, Snapchat und Facebook besonders im Vordergrund. Diese sich stetig weiterentwickelnde Mediennutzung Jugendlicher wird seit mehr als 20 Jahren von dem Medienpädagogischen Forschungsverband Südwest (mpfs) untersucht. Hierfür werden mit der JIM-Studie (Jugend, Information, Medien) jedes Jahr 1.200 Jugendliche im Alter von 12-19 Jahren telefonisch zu ihrem Internetnutzungsverhalten befragt (vgl. Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2018). Nach Angaben der JIM-Studie 2018 sind mit 97% beinahe alle Jugendlichen im Besitz eines Smartphones und 71% verfügen über einen eigenen Computer oder Laptop, somit hat nur ein sehr kleiner Teil der Jugendlichen keinen Zugang zum Internet. Auch bei der täglichen Mediennutzung wird ersichtlich, welch einen hohen Stellenwert das Smartphone (94%) und Internet (91%) im Leben der Jugendlichen haben (vgl. Abb.2). In Abbildung 3 zeigt sich, dass die Apps WhatsApp, Instagram und Snapchat für die 12-19-Jährigen zu den wichtigsten zählen. Mehrmals wöchentlich, teils sogar täglich, werden sie dazu genutzt, um über Textnachrichten, Fotos und Videos zu kommunizieren und sich auf dem Laufenden zu halten. Darin spiegelt sich erneut die feste Verankerung von Sozialen Netzwerkdiensten im Leben Jugendlicher wider.
Das Eingangszitat hebt bereits hervor, dass sich sämtliche Erfahrungen aus der Online-Welt auf die Selbstwahrnehmung und Persönlichkeit eines jeden Subjekts auswirken.
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung
2 Identitätsbildung als zentrale Entwicklungsaufgabe im Jugendalter
2. 1 Definition Jugendalter
2. 2 Theorien der Identitätsentwicklung
3 Einfluss der Sozialen Netzwerke
3.1 Soziale Medien
3.2. Chancen und Risiken
4 Fazit
5 Abbildungsverzeichnis
6 Literatur- und Quellenverzeichnis
1 Einführung
„Alles, was wir im Netz erleben, die Erfahrungen, die wir hier machen, wirken sich auch auf unsere Selbsteinschätzung und unser Selbstkonzept aus – unsere gesamte Identität also.“ (Sozialpsychologin Catarina Katzer, 2016)
Smartphone, Tablet und Laptop sind aus dem Leben der meisten Jugendlichen heutzutage nicht mehr wegzudenken und ihr alltägliches Handeln ist regelrecht von Medien durchdrungen. Hierbei stehen für die jungen Heranwachsenden soziale Netzwerke wie WhatsApp, Instagram, Snapchat und Facebook besonders im Vordergrund. Diese sich stetig weiterentwickelnde Mediennutzung Jugendlicher wird seit mehr als 20 Jahren von dem Medienpädagogischen Forschungsverband Südwest (mpfs) untersucht. Hierfür werden mit der JIM-Studie (Jugend, Information, Medien) jedes Jahr 1.200 Jugendliche im Alter von 12-19 Jahren telefonisch zu ihrem Internetnutzungsverhalten befragt (vgl. Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2018, S.3). Nach Angaben der JIM-Studie 2018 sind mit 97% beinahe alle Jugendlichen im Besitz eines Smartphones und 71% verfügen über einen eigenen Computer oder Laptop (vgl. Abb.1), somit hat nur ein sehr kleiner Teil der Jugendlichen keinen Zugang zum Internet. Auch bei der täglichen Mediennutzung wird ersichtlich, welch einen hohen Stellenwert das Smartphone (94%) und Internet (91%) im Leben der Jugendlichen haben (vgl. Abb.2). In Abbildung 3 zeigt sich, dass die Apps WhatsApp, Instagram und Snapchat für die 12-19-Jährigen zu den wichtigsten zählen. Mehrmals wöchentlich, teils sogar täglich, werden sie dazu genutzt, um über Textnachrichten, Fotos und Videos zu kommunizieren und sich auf dem Laufenden zu halten. Darin spiegelt sich erneut die feste Verankerung von Sozialen Netzwerkdiensten im Leben Jugendlicher wider.
Das Eingangszitat hebt bereits hervor, dass sich sämtliche Erfahrungen aus der Online-Welt auf die Selbstwahrnehmung und Persönlichkeit eines jeden Subjekts auswirken. In der vorliegenden Arbeit soll nun der Frage nachgegangen werden, welchen Einfluss die Nutzung sozialer Netzwerke speziell auf die Identitätsentwicklung Jugendlicher hat.
Im folgenden Kapitel wird zunächst näher auf das Jugendalter eingegangen, anschließend erfolgt die Betrachtung verschiedener Ansätze und Theorien zur Identitätsentwicklung. Das dritte Kapitel setzt sich mit dem Einfluss sozialer Netzwerke auseinander. Im Einzelnen wird dabei genauer auf die sich bietenden Chancen und Vorteile sowie die aufkommenden Risiken und Gefahren im Netz eingegangen. Abschließend werden im Fazit die gewonnenen Erkenntnisse zusammengefasst.
2 Identitätsbildung als zentrale Entwicklungsaufgabe im Jugendalter
Im folgenden Teil erfolgt zuerst eine Einordnung des Begriffs des Jugendalters, um anschließend auf dieser Grundlage wichtige Aspekte verschiedener Identitätstheorien zu beleuchten und herauszuarbeiten.
2. 1 Definition Jugendalter
Die demografische Entwicklung, die kulturellen und wirtschaftlichen Veränderungen sowie die wachsende Individualisierung der Lebensgestaltung haben seit dem beginnenden 20. Jahrhundert zu einer Neustrukturierung der Lebensphasen geführt, wodurch sich insbesondere die Jugendphase ausdifferenziert hat. Diese dehnt sich seitdem immer mehr als eigenständige Phase im menschlichen Lebenslauf aus und gewinnt zunehmend an Bedeutung (vgl. Hurrelmann/Quenzel 2016, S. 14ff.).
Wenn in diesem Abschnitt vom Jugendalter die Rede ist, stellt sich die Frage, wie und ob dieser Lebensabschnitt überhaupt klar definierbar und einzugrenzen ist. Eine rechtlich sehr eindeutig formulierte Bestimmung des Jugendalters ist in §1 des Jugendschutzgesetzes zu finden: demnach „sind Jugendliche Personen, die 14, aber noch nicht 18 Jahre alt sind“ (§1 JuSchG). Allerdings sagen solch juristische Festlegungen eines Altersabschnitts noch nichts über die körperliche, emotionale und seelische Reife eines Jugendlichen aus, denn diese kann sehr stark zwischen jedem Einzelnen variieren (vgl. Göppel 2019, S. 27ff.). Ein Blick in die Literatur zeigt, dass das Jugendalter von verschiedenen Standpunkten aus betrachtet werden kann, darunter zum Beispiel entwicklungspsychologische, soziologische und pädagogische Ansätze. Jedoch wird recht schnell ersichtlich, dass Begriffe wie „Jugendalter“, „Adoleszenz“ oder „Pubertät“ nicht einheitlich verwendet werden und die jugendliche Altersspanne, auf die sich bezogen wird, unterschiedlich groß ist und verschiedene Einteilungen vorgenommen werden (ebd.). Der deutsche Sozial- und Bildungswissenschaftler Klaus Hurrelmann stellt fest, „dass eine Abgrenzung der Lebensphase Jugend von der vorausgegangenen Lebensphase Kindheit und der nachfolgenden Lebensphase Erwachsenenalter grundsätzlich möglich ist“ (Hurrelmann/Quenzel 2016, S. 44f.). Diese Abgrenzung erfolgt vor allem hinsichtlich der vielfältigen und unterschiedlichen Entwicklungsaufgaben, die in den jeweiligen Altersphasen auf das Individuum zukommen. Auch wenn jeder Lebensphase eine gewisse Eigenständigkeit zugesprochen wird, sind die Grenzziehungen zwischen ihnen doch sehr unscharf. Unter sozialisationstheoretischer Perspektive vertritt Hurrelmann daher den Standpunkt, „dass eine starre altersmäßige Festlegung […] nicht sinnvoll ist“ (ebd.). Disziplinübergreifend wird die biologische Veränderung und die Entwicklung der Geschlechtsreife als prägnantes Merkmal für den Übergang von der Kindheits- in die Jugendphase gesehen. Somit stellt der Eintritt in die Pubertät einen entscheidenden Wendepunkt dar, „der gleichzeitig den Beginn des Jugendalters definiert“ (Lohaus 2018, Vf.). Im Durchschnitt tritt bei deutschen Mädchen und Jungen die Geschlechtsreife mit zwölf bis dreizehn Jahren ein, wobei das Eintreten dieses Ereignisses je nach Geschlecht variiert (vgl. Hurrelmann/Quenzel 2016, S.44). Gleichzeitig bedingen die biologischen Veränderungen auch die psychologischen und sozialen Entwicklungen; untereinander beeinflussen sie sich wechselseitig (vgl. Konrad/König 2018, S.2f.). Das Ende des Jugendalters ist dagegen offen und unbestimmt, da hierfür viele potenzielle Markierungspunkte in Frage kommen. Eine starre altersspezifische Abgrenzung zwischen Jugend und Erwachsenenalter kann nicht getroffen werden, vielmehr ist der Übergang in das Erwachsenenalter fließend und ist neben den individuellen Faktoren auch von kulturellen und gesellschaftlichen Gegebenheiten abhängig (Lohaus 2018, Vf.).
Im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit soll, wenn von Jugendlichen die Rede ist, vor allem die Altersgruppe der 12-18-Jährigen betrachtet werden und im Mittelpunkt stehen.
2. 2 Theorien der Identitätsentwicklung
Um erklären zu können, wie sich Soziale Netzwerke auf die Identitätsentwicklung von Jugendlichen auswirken, bedarf es zunächst einer Betrachtung des Identitätsbegriffs und den dahinterstehenden Theorien und Ansätzen. Da es keine einheitlich verwendete Definition von Identität gibt, findet sich in der Literatur ein großes Spektrum an unterschiedlichen Begriffsbestimmungen. Ganz allgemein kann man unter dem Begriff der Identität „die einzigartige Kombination von persönlichen, unverwechselbaren Daten des Individuums wie Name, Alter, Geschlecht und Beruf“ (Oerter/Dreher 2002, S. 290) verstehen. Demnach wird Identität als Ausdruck besonderer Merkmale einer Person verstanden, „die das Individuum einerseits von anderen Individuen unterscheidbar machen, andererseits aber durchaus auch eine Zuordnung des Individuums zu gewissen sozialen Gruppen ausdrücken“ (Kneidinger-Müller 2017, S.63).
Besonders in der Jugendphase besteht nun die komplexe Aufgabe darin eine eigene Identität zu entwickeln und sich mit den FragenWer bin ich,Wer will ich sein?undWie werde ich gesehen?auseinanderzusetzen. Diese Verdichtung von biologischen und psychischen sowie konstitutiven gesellschaftlichen Anforderungen und Erwartungen, welche in der jeweiligen Lebensphase zu meistern sind, hat der amerikanische Erziehungswissenschaftler und Soziologe Robert J. Havighurst bereits 1948 mit seinem Konzept der Entwicklungsaufgaben definiert. Sein Konzept beschreibt den gesamten menschlichen Lebenslauf als eine Folge von Problemen, denen das Individuum gegenübersteht und die es zu überwinden gilt. Die Bewältigung der an das Lebensalter gebundenen Entwicklungsaufgaben in der entsprechenden Phase im Lebenszyklus wird durch verschiedene, aufeinander einwirkende Faktoren bestimmt – auf der einen Seite innerbiologische Faktoren und individuelle Wertvorstellungen, auf der anderen Seite sozio-kulturelle Einflüsse und gesellschaftliche Forderungen (vgl. Göppel 2019, S. 255f.; Oerter/Dreher 2002, S. 268ff.). Nach Havighurst kommt dem Jugendalter im menschlichen Lebenslauf eine besondere Rolle zu, denn diese Phase ist „maßgeblich von emotionalen und sozialen Herausforderungen geprägt“ (Hurrelmann/Quenzel 2016, S. 78). Im Zentrum steht hierbei die eigene Identitätsfindung in der Geschlechterrolle. Neben dieser Aufgabe schreibt Havighurst der Adoleszenz (12-18 Jahre) noch sieben weitere Entwicklungsaufgaben und Ziele zu, darunter Akzeptanz der eigenen körperlichen Erscheinung, Entwicklung einer Zukunftsperspektive, emotionale und materielle Autonomieerlangung (Loslösen von den Eltern) und der Aufbau eines Moral- und Wertesystems, um Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen. Bewältigt das Individuum die entstandene Entwicklungsaufgabe erfolgreich, so führt dies laut Havighurst „zu dessen Glück und zum Erfolg bei späteren Aufgaben (…), während ein Misslingen zu Unglücklichsein, zu Missbilligung durch die Gesellschaft und zu Schwierigkeiten mit späteren Aufgaben führt“ (Havighurst zit. nach Göppel 2019, S. 256). Folglich ist die Ausformung der eigenen Identitäts- und Persönlichkeitsmerkmale in der Jugend als Entwicklungsaufgabe zu sehen, die in einem gewissen Spannungsverhältnis „zwischen individuellen Bedürfnissen und gesellschaftlichen Anforderungen“ (Oerter/Dreher 2002, S. 269) steht.
Der deutsch-amerikanische Psychoanalytiker Erik H. Erikson rückt mit seiner Theorie der psychosozialen Entwicklung stärker die Prozesse innerhalb des Individuums in den Mittelpunkt. Seine Überlegungen rund um das „Schlüsselkonzept derIdentität“ (Göppel 2019, S. 109) gelten bis heute als eine der einflussreichsten und weitverbreitetsten. Eriksons Identitätstheorie liegt Freuds Phasenmodell der psychosexuellen Entwicklung und das „dynamische Strukturmodell der seelischen Instanzen“ (Es, Ich und Über-Ich) zugrunde (vgl. Schulz 1995, S. 22).
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