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Hausarbeit, 2019
19 Seiten, Note: 1,7
Geowissenschaften / Geographie - Bevölkerungsgeographie, Stadt- u. Raumplanung
1. Einleitung
2. Methoden der Bürgerbeteiligung
3. Projekt
3.1 Stadt Heilbronn – die Projektstadt
3.2 Ausgangssituation
3.3 Projekt Beschreibung
3.4 Ergebnisse
3.5 Reflexion des Projektes
4. Neue Methode
4.1 Anwendungsbereich
4.2 Zukunftswerkstatt
4.3 Ablauf der Methode mit Begründung
5. Reflexion zur Bürgerbeteiligung
6. Fazit
7. Literatur
„Partizipation ist ein ebenso beliebter wie umkämpfter Begriff in der Stadtentwicklung. Kaum ein anderes Thema beschäftigt etablierte Politik- und Verwaltungsstrukturen so stark wie die zunehmende Forderung nach mehr Beteiligung der Bürger“ (Meier 2017, S.217).
Unter dem Hintergrund des gesellschaftlichen Wertewandels zeigt die Bürgerschaft eine immer größer werdende Bereitschaft sich aktiv „einzubringen“ es besteht ein wachsender Wunsch nach Teilhabe und Mitwirkung an Entscheidungen, nach Partizipation anstelle von passiver Auslieferung an Fremdentscheidungen (Hill 2010, S.12).
Eine repräsentative Umfrage von 2003 zeigte, dass 70% der Befragten die Bereitschaft zur persönlichen Beteiligung z.B. im Bereich der Stadtplanung hätten, jedoch nur 6% erklärten auch faktisch einen Einfluss auf die Stadtentwicklungsplanung zu besitzen und so eine aktive Bürgerrolle wahrnehmen zu können (Hill 2010, S.13). Seit 2003 ist viel passiert große Bürgerproteste wie „Stuttgart 21“ oder „Fridays for Futur“ prägen das Beteiligungsbild und haben in den letzten Jahren stark an Aufmerksamkeit gewonnen. Politik und Verwaltung können sich nicht länger dem wachsenden Druck der Bürger entziehen. Die Relevanz sich mit Methoden zur Bürgerbeteiligung auseinander zu setzen und Verfahren zur Bürgerbeteiligung zu reflektieren ist somit sehr hoch.
In der vorliegenden Arbeit wird die Bürgerbeteiligung am „Landschaftsplan Heilbronn - Fortschreibung bis 2030“ dargestellt, untersucht und kritisch reflektiert. Anhand einer selbstgewählten Methode zur Bürgerbeteiligung werden Optionen gesucht, welche unter anderem auch für das Beispielprojekt zur Anwendung kommen könnte und die Beteiligung im besten Fall effizienter gestalten würde. Zum Abschluss kommt es noch zur allgemeinen Bewertung von Bürgerbeteiligung. Die Arbeit steht unter der Fragestellung, wie sind Methoden von Bürgerbeteiligungsprozessen zu bewerten und wie können sie besser gestaltet werden, am Beispiel der Heilbronner Bürgerbeteiligung?
Definitionen von Bürgerbeteiligungen gibt es vielzählige wie „Bürgerbeteiligung bedeutet die Möglichkeit aller betroffenen und interessierten Bürgerinnen und Bürger, ihre Interessen und Anliegen bei öffentlichen Vorhaben zu vertreten und einzubringen.“ (Amt der Vorarlberger Landesregierung 2010, S.10). Hierfür gibt es zahlreiche Möglichkeiten und Methoden Bürgerbeteiligung in den Planungsprozess einzubeziehen und erfolgreich umzusetzen.
Die Durchführung von Bürgerbeteiligung erfolgt in zwei Richtungen zum einen formell, so ist in Planungsprozessen die Beteiligung rechtlich verpflichtend, zum anderen informell, welche nicht gesetzlich geregelt ist. Formelle Bürgermitwirkung staffelt sich in: Informieren, anhören, einvernehmen und entscheiden. Die informelle Bürgermitwirkung in: Informieren ohne Einfluss auf das Projekt oder Entscheidungen, Konsultation z.B. durch Stellungnahmen oder Kooperation mit einer mitgestaltenden und einer mitverantwortlichen Komponente, welche stehts eine aktive Rolle besitzt. Die informelle Bürgerbeteiligung bezieht die Betroffenen deutlich mehr in den Prozess mit ein und ermöglicht auch eine stärke Rückkopplung zum Thema (Amt der Vorarlberger Landesregierung 2010, S.12). Die Art der Beteiligung kann stark variieren. Eine Formel für die passende Methode zu einzelnen Projekten gibt es nicht. Jede Beteiligung ist einzigartig und hängt stark von der Dynamik der Teilnehmenden und die Art des Projekts ab. So ist auch der Erfolg von Beteiligung stark heterogen. Grundsätzlich ist Beteiligung nur in Arbeitsschritten sinnvoll, in denen Fragen diskutiert werden, die noch verhandelbar sind.
Methoden gibt es viele zu unterschiedlichen Zwecken und Anwendungen. Da Bürgerbeteiligung (Partizipation) keine neue Erfindung ist, gibt es ältere erprobte Methoden und moderne, welche neue Ansätze verfolgen und versuchen neue Bedürfnisse zu berücksichtigen. Eine zielgerichtete Ansprache von verschiedenen Akteursgruppen spielt eine wichtige Rolle und sind von Verfahren zu Verfahren unterschiedlich. Teils müssen nicht alle Bürger beteiligt werden, die Betroffenen spielen eine zentrale Rolle. Die Bevölkerungsstruktur ist eine wichtige Bezugsgröße in den Planungsgebieten für die Inanspruchnahme bestimmter Angebote und Leistungen und somit auch für die Mitgestaltung dieser. Es ist zentral, auch verschiedene Altersgruppen in den Planungsprozess und somit in die Bürgerbeteiligung mit einzubeziehen (Stadt Heilbronn 2017, S.8).
Ausschlaggebend für Bürgerbeteiligungen und unterscheidbar sind sie hinsichtlich ihres Konfliktpotenzials. So gibt es Dialogprojekte mit niedrigem Konfliktpotenzial bei welchen es entweder um längerfristige, strategische oder soziale Themen geht, bei diesen entsteht kaum akute Betroffenheit. Bei Projekten mit hohem Konfliktpotenzial kommt es gehäuft zu akuter Betroffenheit einzelner Individuen oder Gruppen, die in Form von Gewinnern und Verlierern dargestellt werden können. Die Themen sind häufig politisch aufladbar und führen fast zwangsläufig zu unterschiedlich intensiven Konflikten. Beispiele hierfür sind oft mit Infrastrukturprojekten verbunden (Vetter & Eith 2015).
Um der Vielzahl von Einflüssen gerecht zu werden und um einen groben Rahmen mit einheitlichen Vorgehensweisen, sowie den Kommunen Hilfestellungen in Sachen Bürgerbeteiligung zu geben, entwickelte Heidelberg in einer Vorreiterrolle einen Leitfaden zur Bürgerbeteiligung. Laut dem Heidelberger Leitfaden zur Bürgerbeteiligung sollen „ Mitgestaltende Bürgerbeteiligung an kommunalen Planungs- und Entscheidungsprozessen […] dazu beitragen, Transparenz zu schaffen, Vertrauen zwischen Einwohnerinnen und Einwohnern, Verwaltung und Politik aufzubauen und eine Beteiligungskultur zu entwickeln.“ (Stadt Heidelberg 2012, S.3).
Seit dem Heidelberger Modell erkennen immer mehr Kommunen den Stellenwert öffentlicher Beteiligung an und verabschieden entsprechende Beteiligungskonzepte. Es scheint als etabliere sich Bürgerbeteiligung als ein neuer innovativer und auch fester Bestandteil in der neuen Planungskultur (Meier 2017, S.165). Wichtige Leitgedanken aus dem Leidfaden für eine effiziente Bürgerbeteiligung sind die Verwirklichung einer repräsentativen Demokratie und des Selbstbestimmungs- und Mitwirkungsbedürfnis der Bürgerschaft. Nutzbarmachung des Sachverstandes und der Interessenvielfalt. Schaffung einer Akzeptanz innerhalb der Bürgerschaft. Bewusster und verantwortungsvoller Umgang mit knappen Ressourcen z.B. Zeit und die Schaffung einer ausreichenden Informationsgrundlage und Organisation eines verlässlichen Verfahrens mit verbindlichen Regeln (Stadt Heidelberg 2012, S.3).
In dem ausgewählten Projekt geht es um das Bürgerbeteiligungsverfahren zur Fortschreibung des Landschaftsplans Heilbronn 2030.
Die Großstadt Heilbronn zählt zur Metropolregion Stuttgart und befindet sich am Neckar gelegen im Norden Baden-Württembergs. Heilbronn zählt mit positiver Bevölkerungsentwicklung 2017 ein Stand von rund 126000 Einwohnern (Stadt Heilbronn 2017, S.8). In Heilbronn verteilt sich die Bevölkerung auf rund 1/5(24.821) auf die 0-20-jährige; 3/5 (76.016) auf die 21-64-jährige und 1/5(25.720) auf die über 65-jährige (Stadt Heilbronn 2017, S.9). Die Stadt setzt sich aus neun Stadtteilen zusammen: Biberach, Böckingen, Frankenbach, Heilbronn (Kernstadt), Horkheim, Kirchhausen, Klingenberg, Neckargartach und Sontheim. Geographisch grenzt Heilbronn an die drei Naturräume Neckarbecken, Kraichgau und Schwäbisch-Fränkische Waldberge und zeigt somit eine große Heterogenität in der Naturlandschaft auf (LUBW 2010, S.30). Der Weinanbau hat in Heilbronn lange Tradition und ist zugleich ein erfolgreiches Merkmal der Stadt und Region.
Das Thema Bürgerbeteiligung nimmt in Heilbronn eine wesentliche Rolle ein, so wurden 2014 ebenfalls Leitlinien definiert. Welche den Rahmen für Bürgerbeteiligung in Heilbronn vorgeben, in welchem sie Regelungen für den Gemeinderat, die Stadtverwaltung und die Heilbronner Einwohnerschaft darlegen. Auch hier ist das Ziel, das Handeln der Verwaltung transparenter zu gestalten und frühzeitig über anstehende oder laufende Planungen und Projekte zu informieren. Im Oktober 2018 kam es zur Weiterentwicklung dieser, in welcher das Verfahren verschlankt und die Prozesse optimiert wurden. So wurde in den Leitlinien beispielsweise auch die Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit über eine Online-Plattform angeregt (Stadt Heidelberg 2018).
Der Landschaftsplan hat die Funktion, die vorangegangene und zukünftige Entwicklung des Stadtgebietes unter ökologischen Kriterien zu betrachten und unter Berücksichtigung der Nutzungsansprüche an den Raum ein Konzept zu entwickeln, welches den Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege angemessen ist. Somit liefert der Landschaftsplan einen querschnittsorientierten Beitrag zur gesamtstädtischen, ökologischen Stadtentwicklung im Rahmen der Bauleitplanung. Als Fachgutachten trägt er für die Belange von Naturschutz und Erholung zur Bauleitplanung bei. Das Bundesnaturschutzgesetz und das Naturschutzgesetz Baden-Württemberg sind die rechtlichen Grundlagen des Landschaftsplans. Die Themen und Sachinhalte der Landschaftsplanung sind als Kommunikationsanlässe zu gestalten (Stadt Heilbronn o.J.).
Allgemein sind „ Landschaftspläne […] gem. § 9 Abs. 4 BNatschG sowie §12 Abs. 1 NatschG BW fortzuschreiben. Die Fortschreibung sollte sich sinnvollerweise auf diejenigen Bereiche beschränken, die von den wesentlichen Veränderungen in der Landschaft betroffen sind. Sie sollte zudem dann geschehen, wenn der Flächennutzungsplan fortgeschrieben wird.“ Ein Landschaftsplan sollte jedoch spätestens nach 15 Jahren erneuert werden. Innerhalb der EU-Richtlinien für den Landschaftsplan hat der Gesetzgeber gemäß § 14 Absatz Umweltverwaltungsgesetz Baden-Württemberg eine Umweltprüfung vorgesehen. Hierbei zu berücksichtigen ist eine Beteiligung (formell) (LUBW o.J.). Im Fall von Heilbronn wurde diese jedoch auch durch eine informelle Beteiligung ergänzt.
Auslöser für die Erstellung des Landschaftsplanes war die Umsetzung der landschaftsplanerischen Ziele des Grünleitbildes und des Stadtentwicklungsplanes 2020. In dem vorliegenden Fall war der Flächennutzungsplan (Heilbronn 1982 mit Änderungen von 2003), nicht die Auslösung für eine Fortschreibung des Landschaftsplanes (Stadt Heilbronn 2016).
Zur Ausgangssituation in Heilbronn in einem Scopingtermin (1998) wurden die grundsätzlichen Inhalte der Landschaftsplan-Fortschreibung mit den Trägern öffentlicher Belange abgestimmt. Zum aktuellen Bearbeitungsstand kann festgehalten werden, dass die Bestandsanalyse weitestgehend vorliegt, ein Zielkonzept und Leitbild entworfen ist, Maßnahmen sollten durch den Partizipatonsprozess ergänzt werden. Im Frühsommer 2018 wurden die Bürgerinnen und Bürger in allen Stadtteilen beteiligt und informiert. Die Resultate wurden im Planwerk selbst, vor Ort und in verschiedenen textlichen Ausführungen eingebracht (Stadt Heilbronn 2016).
Informationen zum Prozess finden sich auf der Webseite für Bürgerbeteiligung der Stadt Heilbronn. Auf welchem Termine genannt, Projekte beschrieben und Ergebnisse eingesehen werden können, in der städtischen Zeitung wurde ebenfalls auf die stattfindende Beteiligung aufmerksam gemacht.
Das Beteiligungsprojekt wird von den Veranstaltern als „Bürgerinformation mit integrierter Bürgerbeteiligung (Abfrage von Ideen und Vorschlägen)“ betitelt. Die Methode läuft im Bereich der informellen Beteiligung (Stadt Heilbronn o.J.).
Betroffen ist Heilbronn als Gesamtstadt mit kommunalen politischen Gremien. Konkret die sektoralen Fachplanungen (Stadtplanung, Freiraumplanung, Landschaftsplanung, Landwirtschaft, Forst, Wasserwirtschaft, Lärmschutz, Klimaschutz, Verkehrsplanung, Ver- und Entsorgung, Denkmalschutz, Wirtschaftsförderung, Sozialplanung, Wohnungswesen etc.) aber natürlich wichtig auch die Bürgerschaft (Stadt Heilbronn o.J.).
Zum Ablauf: Beteiligt sind alle neun Stadtteile. Informiert wurde die Bürgerschaft durch die städtische Zeitung und Online auf der Homepage. Zusammen mit der Stabsstelle Partizipation und Integration wurde der Landschaftsplan den Bürgerinnen und Bürgern an den einzelnen Beteiligungsterminen vor Ort präsentiert. Anregungen der Teilnehmenden werden hier berücksichtigt und konnten noch in den weiteren Planungsprozess einfließen. Bei den einzelnen Terminen informierte das Grünflächenamt und stellte bei allen Veranstaltungen jeweils den aktuellen Stand vor. Informiert wurde insbesondere über die gutachterlichen Teile des Planwerkes wie die Analyse der Schutzgüter, oder die Nutzungen und ihre Auswirkungen auf den Naturhaushalt kommuniziert (Stadt Heilbronn o.J.). Der genaue Ablauf erfolgte in vier Schritten:
1. Fachinformationen: Erläuterung des Landschaftsplans 2030
2. Anregungsphase an den Metaplanwänden mit Expertengesprächen an den Plänen
3. Erneute Beantwortung von offen gebliebenen Fragen im Plenum (Anregungszettel- „falls jemandem danach noch etwas einfällt“)
4. Wie geht es weiter? - Ausblick
Die Ergebnisse der Bürgerveranstaltungen wurden in Form von Fotoprotokollen festgehalten. Je Veranstaltung wurden zwischen 30 und 50 Anregungen und Vorschläge zusammengetragen. Am Ende der Veranstaltungsreihe wurde ein Faktenblatt erstellt (Schumann 2019).
Die Termine verteilten sich wie folgt: 16.05.2018 Horkheim, 17.05.2018 Klingenberg, 13.06.2018 Kirchhausen, 14.06.2018 Biberach, 27.06.2018 Böckingen, 28.06.2018 Frankenbach, 12.07.2018 Kernstadt – Inselspitze, 18.07.2018 Sontheim, 19.07.2018 Neckargartach. Die Veranstaltungen wurden immer um 19 Uhr außer in Frankenbach 19:30 eröffnet. Insgesamt haben an den 9 Veranstaltungen rund 180 Personen teilgenommen. Die Anzahl der Teilnehmenden variierte zwischen 5 bis 30/40 Personen (Schumann 2019 &Stadt Heilbronn 2016).
Ziel der Bürgerbeteiligung war es, dass die Planer Anregungen aus der ortsansässigen Bürgerschaft zu einzelnen Themenfeldern, wie beispielsweise von der Erholung über die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes bis hin zu Einschätzungen zu Themen wie der Erosionsproblematik der Lößböden erhalten, um so ein Bild zu gewinnen, welches durch Erfahrung und Empfindungen von Beteiligten geprägt ist. Auch wurden Meinungen zu wichtigen Erholungswegen, fehlende Sitzgelegenheiten, aber auch die innerörtliche Aufenthaltsqualität eingeholt (Stadt Heilbronn 2016).
Die Anregungen der Bürgerinnen und Bürger zum Landschaftsplan 2030 aus der Bürgerbeteiligung w urden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Grünflächenamts vermerkt, um sie in den Landschaftsplan einzuarbeiten, oder die Anregungen an die zuständigen Stellen weiter zu leiten. Des Weiteren kam es auch zu Sofortmaßnahmen, welche in den Stadtteilen zeitnah umgesetzt wurden (Stadt Heilbronn 2016).
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