Angesichts eines Frauenanteils von 49,9% unter allen Studierenden im Wintersemester 2020, der weniger als 1% unter dem Anteil aller Frauen an der deutschen Gesamtbevölkerung lag , scheint die Gesellschaft Studieninteressierten des weiblichen Geschlechts heutzutage keine oder lediglich marginale Hürden aufzuerlegen. Diese erfreulichen Zahlen mögen darüber hinwegtäuschen, dass die Gleichberechtigung von Frau und Mann in Fragen des Hochschulzugangs ein Produkt der jüngsten Vergangenheit deutscher Geschichte ist und als solches erst seit einem vergleichsweise kurzen Zeitraum existiert. Dem subjektivem Empfinden nach kann es daher unwirklich erscheinen, dass sich das Frauenstudium erst zu Beginn des letzten Jahrhunderts zögerlich und unter teils großen Widerständen in der Gesellschaft etablierte. In besonderem Kontrast zur heutigen Bildungspolitik steht die Bildungspolitik während der Zeit des Nationalsozialismus (NS), die insbesondere in ihren Anfängen aktiv versuchte, die Fortentwicklung des Frauenstudiums zu hindern. Eben jene NS-Bildungspolitik (NS-BP) , die auf das Studium von Frauen Bezug nimmt, soll Gegenstand dieser Arbeit sein. Vorrangig gilt es daher die nachfolgende Forschungsfrage zu beantworten: Wie reagierten die Nationalsozialisten während der NS-Zeit auf die Beteiligung von Frauen an der höheren Bildung?
Um einen geordneten Gang der Untersuchung sicherzustellen und die Voraussetzungen für eine adäquate Beantwortung der Forschungsfrage zu schaffen, wird im Zuge der Arbeit zunächst geklärt, wie sich das Frauenstudium bis zum Beginn der Machtergreifung der Nationalsozialisten entwickelte und auf welchen daraus resultierenden Ist-Zustand die NS-Bildungspolitik reagierte. Die NS-BP wurde darüber hinaus maßgeblich durch die NS-Ideologie beeinflusst. Das ihr zugrundeliegende Frauenbild definierte die an Studentinnen adressierte Politik maßgeblich, weshalb auch dieses näher beleuchtet werden muss. Im Anschluss soll die NS-BP mit ihren gesetzten Zielen und den zur Zielerreichung getroffenen Maßnahmen betrachtet werden. Dabei müssen insbesondere die dynamische Veränderung über die Zeit und die für die
Veränderung ursächlichen Gründe analysiert werden. Schlussendlich gilt es auch Auswirkungen der NSBP unter Zuhilfenahme empirischer StudentInnen-Zahlen zu beurteilen, um so Rückschlüsse auf die Effektivität bildungspolitischer Maßnahmen ziehen zu können.
Inhaltsverzeichnis
- Hinführung zur Thematik
- Entwicklung des Frauenstudiums bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten
- Frauen und das Frauenstudium in der NS-Ideologie
- Die nationalsozialistische Bildungspolitik
- Die erste Phase der NS-Bildungspolitik
- Die zweite Phase der NS-Bildungspolitik
- Wirksamkeitsuntersuchung der NS-Bildungspolitik
- NS-Politik und Entwicklung der StudentInnen-Zahlen
- Alternative Erklärungsansätze
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Reaktion der Nationalsozialisten auf die Beteiligung von Frauen an der höheren Bildung während der NS-Zeit. Die Arbeit beleuchtet die Entwicklung des Frauenstudiums bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten, die NS-Ideologie und ihr Frauenbild, die Ziele und Maßnahmen der NS-Bildungspolitik sowie die Auswirkungen dieser Politik auf die StudentInnen-Zahlen.
- Entwicklung des Frauenstudiums bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten
- Das Frauenbild in der NS-Ideologie
- Ziele und Maßnahmen der NS-Bildungspolitik
- Auswirkungen der NS-Bildungspolitik auf die StudentInnen-Zahlen
- Alternative Erklärungsansätze für die Entwicklung der StudentInnen-Zahlen
Zusammenfassung der Kapitel
Hinführung zur Thematik
Die Arbeit untersucht die NS-Bildungspolitik im Hinblick auf das Frauenstudium. Die Forschungsfrage lautet: Wie reagierten die Nationalsozialisten während der NS-Zeit auf die Beteiligung von Frauen an der höheren Bildung? Die Arbeit analysiert die Entwicklung des Frauenstudiums bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten, die NS-Ideologie und ihr Frauenbild, die Ziele und Maßnahmen der NS-Bildungspolitik sowie die Auswirkungen dieser Politik auf die StudentInnen-Zahlen.
Entwicklung des Frauenstudiums bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten
Das Kapitel skizziert die Entwicklung des Frauenstudiums in Deutschland bis zum Ende der Weimarer Republik. Es zeigt, dass das Frauenstudium sich im Laufe der Zeit etablierte, jedoch unter großen Widerständen in der Gesellschaft. Die Frauenquote an allen Hochschulen stieg bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs auf 5,8%. Der Krieg führte zu einem sprunghaften Anstieg der Frauenquote, da viele Männer zum Kriegsdienst eingezogen wurden. Nach Kriegsende stiegen die Studierendenzahlen wieder stark an.
Frauen und das Frauenstudium in der NS-Ideologie
Dieses Kapitel beleuchtet die NS-Ideologie und ihr Frauenbild, das die Bildungspolitik maßgeblich beeinflusste. Die Nationalsozialisten betrachteten Frauen als Mütter und Hausfrauen, deren Aufgabe es sei, Kinder zu gebären und zu erziehen. Die Bildung von Frauen wurde als eine Gefahr für die traditionelle Geschlechterordnung angesehen. Die NS-Ideologie propagierte die Trennung der Geschlechter in unterschiedliche Lebensbereiche und die Beschränkung der Bildungsmöglichkeiten für Frauen.
Die nationalsozialistische Bildungspolitik
Das Kapitel behandelt die NS-Bildungspolitik in ihren beiden Phasen: die erste Phase, die von einer restriktiven Politik gegenüber dem Frauenstudium geprägt war, und die zweite Phase, die eine gewisse Liberalisierung der Bildungspolitik für Frauen einleitete. Die NS-Bildungspolitik verfolgte das Ziel, die Geschlechterrollen zu festigen und Frauen auf ihre Rolle als Hausfrau und Mutter vorzubereiten. Sie setzte dazu verschiedene Maßnahmen um, wie z.B. die Einführung von numerus clausus-Regelungen für das Studium bestimmter Fächer für Frauen.
Wirksamkeitsuntersuchung der NS-Bildungspolitik
Dieses Kapitel analysiert die Auswirkungen der NS-Bildungspolitik auf die StudentInnen-Zahlen. Die Zahlen zeigen, dass die NS-Bildungspolitik zu einem Rückgang der StudentInnen-Zahlen führte, insbesondere in den ersten Jahren nach der Machtergreifung. Das Kapitel untersucht auch alternative Erklärungsansätze für die Entwicklung der StudentInnen-Zahlen, z.B. die wirtschaftliche Situation und die Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt Themen wie Frauenstudium, NS-Bildungspolitik, NS-Ideologie, Frauenbild, StudentInnen-Zahlen, numerus clausus, Geschlechterrollen, traditionelle Familienordnung, wissenschaftliche Karrieren, liberale Bildungspolitik.
- Quote paper
- Sebastian Hellwig (Author), 2022, Das Frauenstudium im Angesicht der nationalsozialistischen Bildungspolitik, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1225109