Die vorliegende Arbeit greift den Übergangsprozess von einer braunen Wirtschaft hin zu einer grünen Wirtschaft auf und beantwortet die Frage, ob an den globalen Aktienmärkten eine Prämie für nachhaltige Unternehmen gezahlt wird, das heißt, ob nachhaltige Unternehmen eine bessere Performance erzielen als nichtnachhaltige Unternehmen.
Der erste Teil der Arbeit behandelt die theoretischen Grundlagen des Kohlenstoffdioxid-Risikos und des sogenannten Kohlenstoffdioxid-Betas. Des Weiteren werden die theoretischen Grundlagen des Risikomanagements vorgestellt, wobei hier insbesondere der Fokus auf risikoadjustierte Performancemaße gelegt wird. Ob an den Märkten eine Prämie für nachhaltige Unternehmen existiert, wird mittels einer Performanceanalyse verschiedener Musterportfolios untersucht. Diese kritische Analyse aus Investorenperspektive ist Gegenstand des Hauptteils dieser Arbeit.
Abschließend sollen Implikationen des Carbon Beta für verschiedene Faktormodelle und Investitionsentscheidungsprozesse gezogen werden. Des Weiteren werden die Limitationen der Arbeit aufgezeigt sowie
Handlungsempfehlungen für einen Investor abgeleitet. Das Ziel dieser Arbeit ist es, der lesenden Person einen Überblick über die Themen „Carbon Risk“ und „Carbon Beta“ zu vermitteln, damit die gewonnenen Erkenntnisse in den Investitionsentscheidungsprozess eines Investors implementiert werden, sodass hiermit einerseits das Risiko aus einem
Transitionsprozess von einer braunen Wirtschaft hin zu einer grünen Wirtschaft gemindert werden kann und andererseits damit der Investor das Portfolio dementsprechend ausrichten kann, um von einem solchen Transitionsprozess profitieren zu können.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkurzungen
1. Einleitung
2. Theoretische Grundlagen des Carbon Risk und der Performanceanalyse
2.1 Vorstellung Carbon Risk und Carbon Beta
2.2 Theoretische Grundlagen des Risikomanagements und der Performancemessung
2.3 Risikoadjustierte PerformancemaBe als Grundlage der Performanceanalyse
3. Kritische Analyse des Carbon Beta aus Investorenperspektive
3.1 Vorstellung der auszuwertenden Musterportfolios
3.2 Durchfuhrung der Performanceanalyse
3.3 Vorstellung der Ergebnisse der Performanceanalyse
4. Kritische Wurdigung
4.1 Implikationen des Carbon Beta fur Faktormodelle und Investitionsentscheidungsprozesse
4.2 Limitationen der Arbeit
4.3 Ableitung von Handlungsempfehlungen
5. Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1 Kumulierte Renditen des BMG und der long-/ shortPortfolios
Abb. 2 Wertentwicklung der Musterportfolios im Vergleich
Abb. 3 Annualisierte Wertentwicklung der Musterportfolios
Abb. 4 Performancevergleich zwischen dem MSCI World und dem DJ Sustainability World Index
Abb. 5 Signifikanztest fur die Aussagekraft von verschiedenen Faktormodellen
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Musterportfolios fur die Performancemessung
Tab. 2: Risikokennzahlen der Musterportfolios
Abkurzungen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
„Es ist fast so, als hatten wir ein Feuer entfacht, um uns zu warmen, und dabei ubersehen, dass auch das Mobiliar verbrennt"1
Dieses Eingangszitat von James Lovelock bezieht sich auf ein globales Problem, welches nicht mehr ignoriert werden kann. Die Rede ist hierbei vom Klimawandel, welcher in allgemeiner Verwendung als die anthropogen verursachte Veranderung des Klimas auf der Erde zu bezeichnen ist.2 Dieser Uberlegung liegt die Annahme zugrunde, dass der AusstoB von Treibhausgasen zu einer Erhohung der Jahresdurchschnittstemperaturen fuhrt.3 Die globalen Treibhausgasemissionen waren im Jahr 2019 um 50% hoher als im Jahr 2000.4
Das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) hat bereits 2014 prognostiziert, dass die Risiken von extremen Wetterereignissen mit einem Anstieg der globalen Temperatur zunehmen.5 Viele Studien kommen ebenfalls zu dem Entschluss, dass sich die beobachtbare Frequenz, die Intensitat sowie die Dauer von solchen extremen Wetterereignissen mit zunehmender globaler Erwarmung verandert haben.6
Die Gefahren des Klimawandels werden zunehmend prasenter und fuhren zu Initiativen und Demonstrationen7, mit dem Ziel, die Emission von Treibhausgasen zu reduzieren und somit den Prozess des Klimawandels zu verlangsamen. Eine der weitreichendsten Initiativen stellt hierbei das „Pariser Abkommen“ dar, welches von 195 Nationen unterzeichnet wurde, mit dem Ziel, die globale Erwarmung unter 2 °Celsius zu halten (Vereinte Nationen, 2015).
Die Welt befindet sich daher aktuell in einem Ubergangsprozess von einer „braunen“ Wirtschaft, mit einem hohem KohlenstoffdioxidausstoB, hin zu einer „grunen“8 Wirtschaft, mit einem geringen KohlenstoffdioxidausstoB.9
Die Motivation fur diese Forschungsarbeit entspringt aus der stetig wachsenden Bedeutung der oben skizzierten Problematik. Um diesem Prozess und den damit verbundenen Folgen entgegenzuwirken, ist es wichtig, dass dieser Thematik eine groBere Aufmerksamkeit geschenkt wird.
Die vorliegende Arbeit greift den Ubergangsprozess von einer braunen Wirtschaft hin zu einer grunen Wirtschaft auf und beantwortet die Frage, ob an den globalen Aktienmarkten10 eine Pramie fur nachhaltige Unternehmen gezahlt wird, das heiBt, ob nachhaltige Unternehmen eine bessere Performance erzielen als nicht- nachhaltige Unternehmen.
Der erste Teil der Arbeit behandelt die theoretischen Grundlagen des Kohlenstoffdioxid-Risikos und des sogenannten Kohlenstoffdioxid-Betas.11 Des Weiteren werden die theoretischen Grundlagen des Risikomanagements vorgestellt, wobei hier insbesondere der Fokus auf risikoadjustierte PerformancemaBe gelegt wird.
Ob an den Markten eine Pramie fur nachhaltige Unternehmen existiert, wird mittels einer Performanceanalyse verschiedener Musterportfolios untersucht. Diese kritische Analyse aus Investorenperspektive ist Gegenstand des Hauptteils dieser Arbeit.
AbschlieBend sollen Implikationen des Carbon Beta fur verschiedene Faktormodelle und Investitionsentscheidungsprozesse gezogen werden. Des Weiteren werden die Limitationen der Arbeit aufgezeigt sowie Handlungsempfehlungen fur einen Investor12 abgeleitet.
Das Ziel dieser Arbeit ist es, der lesenden Person einen Uberblick uber die Themen „Carbon Risk“ und „Carbon Beta“ zu vermitteln, damit die gewonnenen Erkenntnisse in den Investitionsentscheidungsprozess eines Investors implementiert werden, sodass hiermit einerseits das Risiko aus einem Transitionsprozess von einer braunen Wirtschaft hin zu einer grunen Wirtschaft gemindert werden kann und andererseits damit der Investor das Portfolio dementsprechend ausrichten kann, um von einem solchen Transitionsprozess profitieren zu konnen.
2. Theoretische Grundlagen des Carbon Risk und der Performanceanalyse
2.1 Vorstellung Carbon Risk und Carbon Beta
Die Risiken aus der Einleitung dieser Arbeit sind langfristige Risiken und konnen, anders als das unsystematische Risiko des Capital Asset Pricing Models (CAPM)13, nicht mittels Diversifikation bereinigt werden. Diese Risiken und die daraus resultierenden Unsicherheiten betreffen sowohl braune Unternehmen mit einem hohen KohlenstoffdioxidausstoB als auch grune Unternehmen mit einem geringen KohlenstoffdioxidausstoB. Zusammenfassend werden diese Risiken im weiteren Verlauf dieser Arbeit als „Carbon Risks“ bezeichnet.14
Der Risikofaktor „Carbon Risk“ kann mittels eines konstruierten Portfolios modelliert werden.15 Ein solches Portfolio wurde 2017 von Maximilian Gorgen und Kollegen konstruiert und als „Brown-Minus-Green“-Portfolio (BMG) bezeichnet. Bei diesem BMG-Portfolio werden Long-Positionen16 bei braunen Unternehmen eingegangen, welche voraussichtlich negativ betroffen sind, sollte ein unerwarteter Wechsel hin zu einer „low-carbon“-Wirtschaft (geringer KohlenstoffdioxidausstoB) stattfinden. AuBerdem werden im BMG-Portfolio Short-Positionen auf grune Unternehmen eingegangen, welche voraussichtlich positiv betroffen sind, sollte ein unerwarteter Wechsel zu einer low-carbon-Wirtschaft stattfinden. Die Unternehmensbewertungen von grunen Unternehmen werden bei einem unterwarteten Wechsel zu einer low-carbon-Wirtschaft voraussichtlich steigen, wohingegen die Bewertungen von braunen Unternehmen bei einem solchen Wechsel voraussichtlich fallen werden.17
Fur die Kategorisierung von braunen- und grunen Unternehmen wurde von den genannten Forschern ein „Brown-Green-Score“ (BGS)18 entwickelt. Der BGS umfasst die Sensitivitat gegenuber „Carbon Risk" von drei Indikatoren: Der Wertschopfungskette (Emissionen) eines Unternehmens, der offentlichen Wahrnehmung eines Unternehmens sowie der Anpassungsfahigkeit eines Unternehmens.19 Der BGS einer Firma i zum Zeitpunkt t wird folgendermaBen bestimmt20: BGS /,t = (0,7 Wertsch6pfungskette ,.f + 0,3 offentliche Wahrnehmung ,f ) - (0,7 Wertsch6pfungskette ,.f + 0,3 offentliche WahrnehmungJ * l-Anpassungsfahigkeit i,t
Der Indikator „Wertschopfungskette“ ist aufgrund seiner Bedeutung mit 70% relativ ubergewichtet. Um den Indikator „Anpassungsfahigkeit“ zu berucksichtigen, werden bis zu 1/3 der Summe der vorherigen Werte abgezogen, je nachdem, wie anpassungsfahig das Unternehmen ist. Ein Wert des Indikators „Anpassungsfahigkeit“ von 0 bedeutet, dass das Unternehmen eine sehr gute Anpassungsfahigkeit besitzt.21
Der BGS kann somit Werte zwischen 0 und 1 annehmen, wobei 0 ein grunes Unternehmen bezeichnet und 1 ein braunes Unternehmen bezeichnet.
Nach Bestimmung des BGS fur jedes zu analysierende Unternehmen kann nun das BMG-Portfolio gebildet werden, um das „Carbon Risk“ als Faktor zu modellieren.
Die Konstruktion des BMG-Portfolios ist ahnlich zu der des „Fama-French- Dreifaktorenmodells“ (1992).22 Die Portfolios werden anhand der Kriterien Marktwert (size factor)23 und des BGS gebildet. Somit ergeben sich vier Portfolios: kleine Unternehmen (bezogen auf den Marktwert) mit hohem BGS (SH), groBe Unternehmen mit hohem BGS (BH), kleine Unternehmen mit kleinem BGS (SL) und groBe Unternehmen mit kleinem BGS (BL). Der BMG t ist der Ertrag zum Zeitpunkt t von einem Portfolio, welches long Positionen auf braune Unternehmen und short Positionen auf grune Unternehmen eingegangen ist und ergibt sich folgendermaBen24:
BMG t = 0,5 (SH t + BH t ) - 0,5 (SL t + BL t )
Die Forscher Gorgen und Kollegen haben eine Untersuchung dieser Portfolios fur den Zeitraum von Januar 2010 bis Dezember 2016 durchgefuhrt und dabei herausgefunden, dass grune Unternehmen eine Outperformance gegenuber braunen Unternehmen erzielen konnten. Diese Outperformance ist in Abbildung 1 grafisch dargestellt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Gorgen et. al (2017), S.31
Abb. 1: Kumulierte Renditen des BMG und der long-/ short-Portfolios
In Abbildung 1 ist zu erkennen, dass grune Unternehmen mit einem niedrigen BGS (SL und BL) zum Ende des Betrachtungszeitraumes in 2016 eine Outperformance gegenuber braunen Unternehmen, mit einem hohen BGS (SH und BH) in Hohe von circa 20% erzielen konnten.
2.2 Theoretische Grundlagen des Risikomanagements und der Performancemessung
Der folgende Abschnitt behandelt die theoretischen Grundlagen, welche im weiteren Verlauf dieser Arbeit als Fundament der Performancemessung dienen. Prof. Dr. Dr. h. c. Perridon und Kollegen stellten fest, dass die Performancemessung in erster Linie einer sachgerechten Anlageerfolgskontrolle der im Asset-Prozess getroffenen Entscheidungen dient und eine Ruckkopplung auf die vorgelagerten Ebenen des Anlageentscheidungsprozesses ermoglicht.25 Im Rahmen der Performancemessung ist zwischen ein- und zweidimensionalen Performancemessungen zu unterscheiden. Im Rahmen der eindimensionalen Performancemessung erfolgt ein Vergleich der erzielten Portfoliorendite mit einer Benchmark-Rendite. Bei der zweidimensionalen Performancemessung wird neben der erzielten Portfoliorendite auch das eingegangene Risiko der Investition gewurdigt.26
Das grundlegende Fundament der Performancemessung bildet das untrennbare Paar aus Rendite und Risiko.27
Die Rendite (bzw. Rentabilitat als Synonym28) einer finanzwirtschaftlichen MaBnahme, zum Beispiel einer Investition, ergibt sich aus ihrem Ergebnis (Gewinn, Zahlungsuberschuss u.a.) im Verhaltnis zum eingesetzten Kapital.29
Bei der Ermittlung einer Rentabilitatskennzahl wird folglich eine ErgebnisgroBe (z.B. Gewinn) zu einer mit diesem Ergebnis maBgebend in Zusammenhang stehenden BezugsgroBe (z.B. Kapitaleinsatz) gesetzt.30
In dieser Arbeit ist Risiko definiert als die Gefahr einer negativen Abweichung des tatsachlich erreichten Ergebniswertes vom erwarteten Ergebniswert.31 Auf eine Diskussion der unterschiedlichen Risikoauffassungen wird an dieser Stelle verzichtet.32 In diesem Zusammenhang ist allerdings noch zwischen Risiko und Ungewissheit zu unterscheiden. Nach Frank H. Knight kann Risiko gemessen und abgesichert werden, Ungewissheit allerdings nicht, da keine Wahrscheinlichkeitsverteilung zugrunde gelegt werden kann.33
Um Risiken effizient zu steuern, mussen diese zunachst identifiziert und gemessen werden. Holscher lieferte 1999 bereits diverse Methoden zur Risikoidentifikation, die im weiteren Verlauf dieser Arbeit nicht weiter thematisiert werden.34
Bei der Risikomessung ist zunachst zu klaren, welcher Bereich der Risikodimension betrachtet wird. Hierbei kann sowohl das Gesamtrisiko als auch lediglich das „Downside-Risiko“ betrachtet werden. Als RisikomaBe fur das Gesamtrisiko werden im weiteren Verlauf dieser Arbeit die Volatilitat, gemessen als Standardabweichung und die Varianz expliziter thematisiert.
Als RisikomaB fur das Downside-Risiko betrachten wir in dieser Arbeit den „Value at Risk" einer Investition. Zunachst werden die RisikomaBe vorgestellt, welche das Gesamtrisiko einer Investition betrachten, beginnend mit der Varianz.
[...]
1 Lovelock (2005)
2 Siehe hierzu www.wirtschaftslexikon.gabler.de (Stand 14.02.2018)
3 Vgl. IPCC (2014)
4 Vgl. Friedlingstein et. al (2019)
5 Vgl. IPCC (2014), S.12
6 Vgl. Committee on Extreme Weather Events and Climate Change Attribution et al. 2016, S.2
7 Zum Beispiel die „Fridays for Future“-Demonstrationen von der Grunderin Greta Thunberg oder diverse
regulatorischen Anderungen, wie zum Beispiel dem „Greenhouse Gas Protocol Corporate Accounting and Reporting Standards“
8 In der vorliegenden Arbeit werden die Begriffe „braun“ und „grun“ verwendet, um den CO2-Ausstoli zu
beschreiben.
9 Vgl. Gorgen et. Al. (2017), S. 3
10 Nachfolgend als „Markt“ bezeichnet
11 Nachfolgend als „Carbon Risk“ und „Carbon Beta“ bezeichnet
12 Der Begriff „Investor“ wird in dieser Arbeit geschlechtsneutral verwendet und soll die Geschlechter „mannlich, weiblich und divers“ gleichermaBen ansprechen.
13 Vgl. Schierenbeck u. Wohle, 2016, S. 469
14 Vgl. Gorgen et. al. 2017, S. 3
15 Vgl. Gorgen et. al. 2017, S. 3
16 Siehe hierzu www.wirtschaftslexikon.gabler.de (Stand 19.02.2018)
17 Vgl. Gorgen et. al (2017), S. 3
18 Siehe hierzu https://carima-project.de/en/
19 Vgl. Gorgen et. al (2017), S.4 u. S.8
20 Vgl. Gorgen et. al (2017), S.9
21 Vgl. Gorgen et. al (2017) S.9
22 Vgl. Fama u. French (1992)
23 Vgl. Fama u. French (1992)
24 Vgl. Gorgen et. Al (2017), S.10
25 Vgl. Perridon et. al (2017), S.328
26 Vgl. Kill (2020); www.wirtschaftslexikon.gabler.de (Stand 06.04.2020).
27 Vgl. Markowitz (1952)
28 Vgl. Schmidt u. Terberger (1997), S. 147
29 Vgl. Perridon et. al (2017), S.15
30 Vgl. Schierenbeck u. Wohle (2016), S.796
31 Vgl. Brakensiek (1991); Holscher (1987); Lister (1997); Mulhaupt (1980)
32 Vgl. Streitferdt (1973)
33 Vgl. Knight (1921)
34 Vgl. Holscher (1999)
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