Nifedipin gehört zur Gruppe der Calciumkanalblocker; durch Reduktion des intrazellulären Calciumspiegels führt es über Relaxation der glatten Gefäßmuskulatur zu Vasodilatation und Blutdrucksenkung. Entsprechend ist Nifedipin (z. B. Adalat®) zur Behandlung der arteriellen Hypertonie, beim hypertensiven Notfall sowie bei verschiedenen Formen der Angina pectoris indiziert. Grundsätzlich wäre daher auch der Einsatz von Nifedipin im Rahmen der antihypertensiven Therapie des Schwangerschaftshochdrucks möglich. Allerdings stellt sich hier die Frage der pränataltoxikologischen Sicherheit. In der vorliegenden Arbeit wird diese Fragestellung insbesondere vor dem Hintergrund des therapeutischen Nutzens der Nifedipin-Anwendung in der Schwangerschaft untersucht. Im Vordergrund steht dabei die Einordnung von Nifedipin in die leitliniengerechte Therapie des Schwangerschafshochdrucks. Ein weiterer Nebenaspekt ist die Sicherheit der off-label-Anwendung von Nifedipin als Tokolytikum.
Nifedipin gehört zur Gruppe der Calciumkanalblocker; durch Reduktion des intrazellulären Calciumspiegels führt es über Relaxation der glatten Gefäßmuskulatur zu Vasodilatation und Blutdrucksenkung. Entsprechend ist Nifedipin (z. B. Adalat®) zur Behandlung der arteriellen Hypertonie, beim hypertensiven Notfall sowie bei verschiedenen Formen der Angina pectoris indiziert. Grundsätzlich wäre daher auch der Einsatz von Nifedipin im Rahmen der antihypertensiven Therapie des Schwangerschaftshochdrucks möglich. Allerdings stellt sich hier die Frage der pränataltoxikologischen Sicherheit. In der vorliegenden Arbeit wird diese Fragestellung insbesondere vor dem Hintergrund des therapeutischen Nutzens der Nifedipin-Anwendung in der Schwangerschaft untersucht. Im Vordergrund steht dabei die Einordnung von Nifedipin in die leitliniengerechte Therapie des Schwangerschafshochdrucks. Ein weiterer Nebenaspekt ist die Sicherheit der off-label- Anwendung von Nifedipin als Tokolytikum.
1. Pharmakologische Grundlagen
Im Inneren der Zellen ist die Konzentration an freien Calcium-Ionen (Ca2+), bezogen auf den Extrazellularraum, um den Faktor 10.000 reduziert. Die intrazelluläre Ca2+-Konzentration wird über transmembranäre Calciumkanäle, Calciumtransporter sowie intrazelluläre Speicherung bzw. Entspeicherung von Ca2+ reguliert. Bewirkt ein adäquater physiologischer Reiz wie neuronale Aktionspotenziale oder Catecholamine die Öffnung der Calciumkanäle, kommt es entsprechend des Gradienten zum Ca2+-Influx. Die Calcium-Ionen aktivieren intrazelluläre Ca2+-bindende Proteine wie das Calmodulin, welche dann die eigentliche Reaktion auslösen (z. B. Muskelkontraktion). Sämtliche therapeutisch eingesetzte Calciumkanalblocker binden an die a1c-Untereinheit des L-Typ-Calciumkanals, wodurch der Einstrom von Calcium-Ionen reduziert wird. Hinsichtlich der pränataltoxikologischen Beurteilung von Calciumkanalblockern ist besonders bedeutsam, dass über den intrazellulären Calciumspiegel nicht allein akute Vorgänge wie die Muskelkontraktion reguliert werden; auch an embryologisch so zentralen Prozessen wie der Regulation von Zellwachstum und Proliferation ist die zelluläre Ca2+-Konzentration entscheidend beteiligt.
Hinsichtlich ihrer pharmakologischen Eigenschaften werden die Calciumkanalblocker in die drei Klassen Nifedipin-Typ, Verapamil-Typ und Diltiazem-Typ unterschieden. Durch Angriff am Herzen und an der glatten Gefäßmuskulatur führen Calciumkanalblocker sowohl zur direkten Verringerung der Herzarbeit (negativ inotroper Effekt) als auch zur indirekten kardialen Entlastung durch Reduktion von Nachlast und – deutlich schwächer – Vorlast. Im Rahmen der Angina pectoris-Behandlung steht der koronarspasmolytische Effekt im Vordergrund. Starke Unterschiede zwischen den verschiedenen Stoffgruppen der Calciumkanalblocker existieren bezüglich ihres Effekts auf die kardiale Erregungsbildung und -leitung: Wirkstoffe vom Nifedipin-Typ sind – anders als die übrigen Calciumkanalblocker – überwiegend vasoselektiv (Vasodilatation) und wirken weder negativ chronotrop noch negativ dromotrop. Nach Gabe von Nifedipin (und Gruppenanaloga) kann es daher nach der primären Vasodilatation über reaktive Sympathikusaktivierung zu Reflextachykardie und Antagonisierung des negativ inotropen Effekts kommen.
2. Pränataltoxikologie von Nifedipin
Die Food and Drug Administration (FDA) ordnet Nifedipin in die Schwangerschaftskategorie „C“ ein, was der Definition „Studien am Tier zeigen teratogene oder embryozide Wirkungen und es liegen keine adäquaten kontrollierten Studien bei schwangeren Frauen vor“ entspricht. Im Tierversuch zeigten Nifedipin und andere Calciumkanalblocker reproduzierbar teratogene und embryoletale Effekte, die sich speziesabhängig vor allem in kardiovaskulären sowie Finger- und Zehendefekten manifestieren [Ghanem & Movahed 2008]. Die teratogene Wirkung von Nifedipin lässt sich auf den Wirkmechanismus als Calciumkanalblocker zurückführen: Ca2+ ist ein zentraler Mediator verschiedenster Prozesse in der Embryogenese, was insbesondere die Entwicklung der Sinnesorgane und die Ausbildung der Extremitäten betrifft [Slusarski & Pelegri, 2007]. Pharmakologische Beeinflussung der Calciumkanäle stört das hochsensible Calciumsystem erheblich. Weiterhin wird diskutiert, ob Calciumkanalblocker stärker als andere Antihypertensiva den utero-plazentaren Durchfluss beeinflussen.
Geeignete klinische Studien zur Sicherheit der Nifedipin-Anwendung in Schwangerschaft und Stillzeit liegen nicht vor. In einer retrospektiven Studie fand sich bei Frauen, die während der Schwangerschaft Calciumkanalblocker einnahmen, im Vergleich zur Kontrollgruppe kein erhöhtes Fehlbildungsrisiko [Sørensen et al., 2001]. Das gleiche Ergebnis lieferte auch eine kleinere prospektive Studie (n = 78) mit Schwangeren, die während des 1. Trimenons gegenüber Calciumkanalblockern exponiert waren [Magee et al., 1996]. Die im Vergleich mit den übrigen Calciumkanalblockern umfangreichsten Daten liegen für Nifedipin vor; so wurden in mehreren kleineren, prospektiven Studien unterschiedliche Therapieregime (Indikationen: Schwangerschafts-hochdruck, chronische Hypertonie, Präeklampsie) mit einem follow-up von bis zu 18 Monaten post partum getestet [Mari et al., 1989; Jayawardana & Lekamge 1994; Bortolus et al., 2000]. Dabei ergaben sich in keinem Fall Hinweise auf ein erhöhtes fetales Risiko.
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- Arbeit zitieren
- Dr. rer. nat. Martin Smollich (Autor:in), 2009, Nifedipin bei Schwangerschaftshochdruck - Indikation und pränataltoxikologische Sicherheit, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/120969