Diese Arbeit untersucht die ethischen Dimensionen der folgenden Fragen: Warum genau hat Fleisch überhaupt einen so hohen Stellenwert in unserer westlichen Gesellschaft? Und warum wäre es vielleicht aus ethischen Gründen besser, dessen Konsum einzuschränken oder gar komplett darauf zu verzichten? Oder gibt es vielleicht sogar einen ethisch vertretbaren Weg der Fleischproduktion?
Durch den menschlich verursachten Treibhauseffekt und infolge des immer größeren Ausstoßes von Kohlenstoffdioxid, erwärmen sich die Meere und Landmassen immer mehr. Die Folgen davon werden durch die Ausbreitung von Dürren und die Zunahme von Umweltkatastrophen immer spürbarer. Ursachen davon sind besondere menschliche Aktivitäten, die die Menge klimawirksamer Gase erhöhen und dadurch deutlich zur Erderwärmung beitragen. Insbesondere die Verbrennung fossiler Energieträger, die veränderte Landnutzung und die intensivierte Land- und Viehwirtschaft, führen zu einem dramatischen Anstieg der atmosphärischen CO₂-Konzentration. Aber auch unsere täglichen Entscheidungen und Gewohnheiten haben einen nicht zu unterschätzenden Einfluss darauf, wie es mit unserer Erde weiter geht. Ein Faktor, der heute eine immer größere Aufmerksamkeit bekommt, ist unsere Ernährung. Denn tierische Lebensmittel fallen bei der persönlichen Klimabilanz deutlich spürbarer ins Gewicht als beispielsweise Obst und Gemüse.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Hauptteil
2.1 Die Geschichte des Fleischkonsums
2.2 Was sind die negativen Folgen des Fleischkonsums?
3 Schluss
4 Quellen
4.1 Literatur
4.2 Internetquellen
1 Einleitung
„Im Nordosten Brasiliens sind am Sonntag zwei Dämme gebrochen. Die Region leidet seit Wochen unter Unwettern. Fast 20.000 Menschen haben seitdem ihre Unterkunft verloren. Es gab mehrere Tote.“
So lautete eine Schlagzeile der Nachrichtensendung „Tagesschau“ am 27.12.2021. Nach langen, starken Regenfällen waren im brasilianischen Bundesstaat Bahia zu diesem Zeitpunkt rund 60 Orte von Überschwemmungen betroffen. Die Regierung des Bundessstaats teilte mit, dass seit Anfang November aufgrund der Unwetter über 18 Menschen ums Leben gekommen seien, mehr als 16.000 Menschen seien obdachlos geworden und 19.500 seien von der Flut vertrieben worden1.
Laut einem UN-Bericht habe sich seit dem Jahr 2000 die Zahl der Naturkatastrophen, wie Stürme, Dürren oder Überschwemmungen fast verdoppelt. Grund dafür sei vor allem der Klimawandel, wie auch die Professorin Debarati Guha-Sapir vom Katastrophenforschungszentrum der Universität Löwen in Belgien bestätigt:“ Die Zahl der Ereignisse durch extreme Temperaturen ist dramatisch gestiegen.“2. Durch den menschlich verursachten Treibhauseffekt und infolge des immer größeren Ausstoßes von Kohlenstoffdioxid, erwärmen sich die Meere und Landmassen immer mehr. Die Folgen davon werden durch die Ausbreitung von Dürren und die Zunahme von Umweltkatastrophen immer spürbarer3. Ursachen davon sind besondere menschliche Aktivitäten die die Menge klimawirksamer Gase erhöhen und dadurch deutlich zur Erderwärmung beitragen. Insbesondere die Verbrennung fossiler Energieträger, die veränderte Landnutzung und die intensivierte Land- und Viehwirtschaft, führen zu einem dramatischen Anstieg der atmosphärischen CO2-Konzentration4. Aber auch unsere täglichen Entscheidungen und Gewohnheiten haben einen nicht zu unterschätzenden Einfluss darauf, wie es mit unserer Erde weiter geht. Ein Faktor der heute eine immer größere Aufmerksamkeit bekommt, ist unsere Ernährung5. Denn tierische Lebensmittel fallen bei der persönlichen Klimabilanz deutlich spürbarer ins Gewicht als beispielsweise Obst und Gemüse. Aber warum genau hat Fleisch überhaupt einen so hohen Stellenwert in unserer westlichen Gesellschaft? Und warum wäre es vielleicht aus ethischen Gründen besser, dessen Konsum einzuschränken oder gar komplett darauf zu verzichten? Oder gibt es vielleicht sogar einen ethisch vertretbaren Weg der Fleischproduktion?
2 Hauptteil
2.1 Die Geschichte des Fleischkonsums
„Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.“ Sagte bereits Berthold Brecht 1928 in dem von ihm geschriebenen Theaterstück „Die Dreigroschenoper“.
In den vergangenen Jahrzehnten hat der weltweite Verzehr von Fleisch drastisch zugenommen. Für viele Menschen ist dessen Konsum der höchste aller Genüsse. Obwohl fleischliche Produkte heutzutage nahezu jeder Zeit zu niedrigen Preisen erhältlich sind, behalten sie nach wie vor einen alleinstehenden Wert unter den Lebensmitteln. Dieser hohe Stellenwert, lässt sich durch einen Blick in die Vergangenheit und durch eine Betrachtung der Entwicklung des menschlichen Fleischkonsums erklären. Dieser lässt sich grob in drei Epochen unterteilen, welche sich stark in der Verfügbarkeit des Fleisches und der damit verbundenen Form und Menge unterscheiden: Die Steinzeit, die erste Agrargesellschaft und die moderne Industriegesellschaft6.
In der Wissenschaft ist man sich unsicher, wann die Urform des Menschen sich Fleisch als regelmäßiges Nahrungsmittel aneignete7. Viele Merkmale deuten jedoch daraufhin, dass die etwaige Verdopplung der Gehirnmasse vor circa 2,5 bis 1,9 Jahren in direktem Zusammenhang mit dem Beginn der Vergrößerung des Fleischanteils in der Nahrung steht8. Der Körperbau und physiologische Funktionen der Urform des Menschen belegen, dass dieser nicht als Karnivore, also Fleischfresser angelegt war. Signifikate körperliche Merkmale ähnelten vielmehr den auf dem Land lebenden Herbivoren, also Pflanzenfressern. Da die Urform des Menschen sich jedoch nicht von einer Vielzahl von Pflanzen ernähren konnten, verzehrten Menschen zunächst Blättern und Zweigen und griffen auf leicht verfügbare Proteinquellen, wie Insekten, Aas oder kleine Reptilien zurück. Fleisch war also zunächst eine gute Nahrungsquelle, um an notwendige Nährstoffe zu gelangen. In der Ära des Homo Sapiens wurden schließlich Werkzeuge und die damit verbundenen Jagdmethoden weiterentwickelt, um gezielt Großwild zu töten9.
Nachdem die Bestände vieler Wildtiere nach der Eiszeit vor 10.000 Jahren zurück gingen und sich durch den Klimawandel die Lebensbedingungen des Menschen veränderten, fingen unsere Vorfahren damit an sesshaft zu werden, die Nahrungsmittelproduktion zu kontrollieren und Wildtiere als Nutztiere zu domestizieren. Durch diese neue Beziehung zu den Tieren, ging insgesamt der Verzehr fleischlicher Nahrung etwas zurück und wurde teilweise durch pflanzliche Kost ersetzt, wodurch sich auch dessen Wert veränderte10. So war Fleisch zu Zeiten der alten Agrargesellschaft einerseits ein hochwertiges Nahrungsmittel, das nährstoffreich ist und lange sättigt und andererseits ein Prestigeobjekt, welches den sozialen Status markierte11.
„Hier liegt der eigentliche Grund für die Beharrung auf Fleischspeisen jenseits aller ethischer, ökologischer und diätischer Überlegungen.12 “
Aus diesen Gründen und auch, da Fleisch in religiöser Hinsicht mehr an Bedeutung gewann, war dessen Konsum lange Zeit nur der Oberschicht und Königshäusern vorbehalten. Diese Bedingungen änderten sich erst im Mittelalter und in der frühen Neuzeit, wo durch neue Mastmethoden die Tierhaltung intensiviert werden konnte und der Vieh- und Fleischhandel ausgebaut wurde. Dadurch wurde Fleisch plötzlich für fast alle Bevölkerungsgruppen zu einem leistbaren Nahrungsmittel. Dies war jedoch nicht dauerhaft, so gab es immer wieder Perioden der Völlerei, welche allerdings auch regelmäßig durch Kriege und Hungersnöte unterbrochen wurde13. „Der hohe Wert des Fleisches als greifbares Statussymbol beruht nicht nur darauf, dass der Mensch die Kontrolle über die Natur ausübt, sondern auch andere Menschen beherrschte.14 “
Im 18. Jahrhundert gab es durch die einhergehende Industrialisierung in Europa entscheidende Fortschritte, wodurch sich die „traditionelle agrarkulturelle Nutztierhaltung“ drastisch veränderte. Holz wurde als universaler Bau- und Brennstoff durch Kohle und Eisen ersetzt, wodurch eine erhebliche Steigerung der Produktivität einherging und der Fleischkonsum drastisch in die Höhe ging. So kann dessen ansteigender Konsum als Index für den wachsenden Lebensstandard angesehen werden. Durch landwirtschaftliche Weiterentwicklungen ergab sich eine bessere Nutzung der Fläche für Tiere und zur Produktion von Futtermitteln. Außerdem wurde die Arbeitskraft von Tieren zunehmend von Maschinen ersetzt, wodurch diese ihres Fleisches wegen an Wert gewannen15. Einhergehend mit der Industrialisierung fand auch eine zunehmende Entfremdung zu dem Tier an sich statt. Fleisch wurde zunehmend nicht mehr mit dem Wesen an sich in Zusammenhang gebracht das es mal war, sondern vielmehr als ein anonymes Produkt16. Außerdem fand durch die Einrichtung von Schlachthöfen außerhalb der Stadt eine Distanzierung vom Prozess des Züchtens, Mästens und Schlachtens statt, wodurch das Thema immer mehr tabuisiert wurde und die Gesellschaft zunehmend den Bezug vom lebenden Tier zum Fleisch auf dem Teller verlor. „Die meisten negativen Folgen des Fleischkonsums basieren auf dieser Entwicklung.17 “
Einige Einbrüche des Verzehrs lassen sich auf bestimmte Ereignisse, wie Kriege, Epidemien oder starken Bevölkerungszuwachs zurückführen. So sank beispielsweise der jährliche Fleischkonsum pro Kopf im Ersten Weltkrieg von 53,5 kg im Jahr 1914 auf 10,25 kg im Jahr 191818. Ab den 1960er Jahren begann in Deutschland schließlich das „Wirtschaftswunder“, wobei zuvor regional bedingte Ressourcen wie Futtermittel oder auch das Fleisch selbst nun teilweise importiert wurde. Die zunehmende Modernisierung der Agrarindustrie und Rationalisierung der Agrarbetriebe führte schließlich zu einer raschen Effizienzsteigerung. Die Landwirtschaft wurde ein Teil der Industriegesellschaft und im Zuge dessen zu einer Hochertragslandwirtschaft. So wurde Fleisch in Deutschland allmählich zu einer Massenware und von einer kostbaren Mahlzeit zum täglichen Konsumgut19.
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1 Deutschlandfunk (2021): Brasilien-Überschwemmungen in Bahia, URL: https://www.tagesschau.de/ausland/brasilien-ueberschwemmung-105.html (Abrufdatum: 14.1.22)
2 Zeit Online (2020): Mehr Naturkatastrophen durch den Klimawandel, in: Zeit Online-UN-Bericht,URL: https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2020-10/un-naturkatastrophen-klimawandel-bericht?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F (Abrufdatum: 14.1.22)
3 Bpb (kein Datum angegeben): Dossier-Klimawandel, in: bpb: Bundeszentrale für politische Bildung, URL: https://www.bpb.de/gesellschaft/umwelt/klimawandel/ (Abrufdatum: 14.1.22)
4 Klima Kollekte (kein Datum angegeben): Ursachen des Klimawandels, in: Klima Kollekte-Kirchlicher Kompensationsfond, URL: https://klima-kollekte.de/vermeiden-reduzieren/ursachen-des-klimawandels (Abrufdatum: 14.1.22)
5 Enera (2020): Wie beeinflusst Fleischkonsum den Klimawandel?, in: enera, URL: https://projekt-enera.de/blog/wie-beeinflusst-fleischkonsum-den-klimawandel/ (Abrufdatum: 14.1.22)
6 Aurelia Moniak (2015): Fleischkonsum in Deutschland-Entwicklung und Nachhaltigkeits-Perspektiven (Bachelorarbeit), Ort: Hochschule für angewandte Wissenschaften-Hamburg Fakultät Life Science
7 Mellinger N. (2003): Fleisch Ursprung und Wandel einer Lust., Frankfurt/Main, Campus Verlag GmbH
8 Junker T. (2009): Die Evolution des Menschen, C.H. Beck
9 Ali S. M. (2013): Fleisch: aus der Perspektive der Welternährung., Hamburg, Books on Demand
10 Mellinger N. (2003): Fleisch Ursprung und Wandel einer Lust., Frankfurt/Main, Campus Verlag GmbH
11 Teuteberg. H. J. (2003): Das Geschlecht der Esser, in: R. Walter, Geschichte des Konsums (S. 409-415), Greifwald, Franz Steiner Verlag
12 Trummer M. (2015): Die kulturellen Schranken des Gewissens, in: G. Hirschfelder, A. Ploeger, J. Rückert-John und G. Schönberger, Was der Mensch essen darf (S. 63-79), Wiesbaden, Springer VS
13 Hirschfelder G. und Lahoda K. (2012): Wenn Menschen Tiere essen. Bemerkungen zu Geschichte, Struktur und Kultur der Mensch-Tier-Beziehung und des Fleischkonsums, in: J. Buchner-Fuhs und L. Rose, Tierische Sozialarbeit (S. 147-167), Wiesbaden, Springer VS
14 Frei A., Groß T. (2011): Es geht um die Wurst. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft tierischer Kost, in: A. Ploeger, G. Hirschfelder und G. Schönberger, Die Zukunft auf dem Tisch-Analysen, Trends und Perspektiven der Ernährung von morgen (S. 57-77), Wiesbaden, VS Verlag
15 Mellinger N. (2003): Fleisch Ursprung und Wandel einer Lust., Frankfurt/Main, Campus Verlag GmbH
16 Hirschfelder G. und Lahoda K. (2012): Wenn Menschen Tiere essen. Bemerkungen zu Geschichte, Struktur und Kultur der Mensch-Tier-Beziehung und des Fleischkonsums, in: J. Buchner-Fuhs und L. Rose, Tierische Sozialarbeit (S. 147-167), Wiesbaden, Springer VS
17 Mellinger N. (2003): Fleisch Ursprung und Wandel einer Lust., Frankfurt/Main, Campus Verlag GmbH
18 Frei A., Groß T. (2011): Es geht um die Wurst. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft tierischer Kost, in: A. Ploeger, G. Hirschfelder und G. Schönberger, Die Zukunft auf dem Tisch-Analysen, Trends und Perspektiven der Ernährung von morgen (S. 57-77), Wiesbaden, VS Verlag
19 Mellinger N. (2003): Fleisch Ursprung und Wandel einer Lust., Frankfurt/Main, Campus Verlag GmbH