Die Seminararbeit beschäftigt sich mit der Kriminologischen Deliktsanalyse (KDA) am Beispiel des Delikts „Bankraub“ und soll somit die Wichtigkeit der KDA für die polizeiliche Arbeit innerhalb der Kriminologie verdeutlichen. Mit Hilfe der Deliktsanalyse können Brennpunkte der Kriminalität erkannt und mit kriminalistischen Maßnahmen bekämpft werden. Die gewonnenen Erkenntnisse können also dabei helfen, Verbrechen zu verstehen und deren Aufklärung zu erleichtern. Die KDA soll sich darüber hinaus nicht mit einem einzelnen speziellen Fall beschäftigen, sondern sie „befasst sich vielmehr mit dem Deliktsfeld, dem Phänomen und dem Blick auf die Gesamtheit“. Aufgrund der Komplexität der KDA soll nur eine phänomenologische Untersuchung des Delikts stattfinden, diese jedoch sowohl auf Bundes- als auch Landesebene. Um diese detailliert vornehmen zu können, werden die Bereiche der Ätiologie und Kriminalitätskontrolle außen vorgelassen, auch wenn diese in der Gesamtanalyse unverzichtbar sind. Das ausgewählte Delikt eignet sich darüber hinaus besonders gut für diese Analyse, da die (PKS) nur das sogenannte Hellfeld widerspiegeln kann und das Dunkelfeld der Raubüberfälle auf Geldinstitute, Postfilialen und -agenturen sehr gering eingeschätzt wird.
Diese Arbeit soll einleitend eine grobe Einordnung der KDA innerhalb der Kriminologie geben und die Methodik der Deliktsanalyse einführen. Im nächsten Schritt muss zunächst einmal das Delikt als solches eingeordnet werden: Zu welcher Kriminalität gehört der Bankraub? Der Begriff und der Tatbestand des Delikts sollen anhand des Strafgesetzbuches eingeordnet werden. Zu Beginn der phänomenologischen Untersuchung im vierten Kapitel werden allgemeine Angaben zum Delikt getätigt: Wie ist die aktuelle Lage in Deutschland und NRW, was zeigt die statistische Entwicklung und wie hoch ist beispielsweise die Aufklärungsquote? Im Anschluss werden Tatzeit, Tatort, Tatopfer, Tatobjekt/Tatbeute, Tatmittel, Tathergang und Täter anhand der vorhandenen Daten begutachtet. Das Fazit stellt einen zusammenfassenden Überblick des Phänomens „Bankraub“ im Hinblick auf seine phänomenologischen Faktoren und deren Zusammenhänge her.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Begriffsbestimmung Kriminologische Deliktsanalyse
3. Das Delikt des Bankraubes
4. Phänomenologische Faktoren am Beispiel des Bankraubes
4.1. Allgemeine Angaben zum Delikt
4.2. Tatzeit
4.3. Tatort
4.4. Tatopfer
4.5. Tatobjekt und Tatbeute
4.6. Tatmittel
4.7. Tathergang
4.8. Täter
5. Zusammenfassung
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die Seminararbeit innerhalb des Seminars „Die Kriminologische Deliktanalyse“ beschäftigt sich mit der Kriminologischen Deliktsanalyse (KDA) am Beispiel des Delikts „Bankraub“ (Raubüberfälle auf Geldinstitute, Postfilialen und -agenturen) und soll somit die Wichtigkeit der KDA für die polizeiliche Arbeit innerhalb der Kriminologie verdeutlichen. Zur sprachlichen Vereinfachung wird in dieser Arbeit der vereinfachte Begriff „Bankraub“ genutzt. Mit Hilfe der Deliktsanalyse können laut Weihmann und Schuch Brennpunkte der Kriminalität erkannt und mit kriminalistischen Maßnahmen bekämpft werden.1 Die gewonnenen Erkenntnisse können also dabei helfen, Verbrechen zu verstehen und deren Aufklärung zu erleichtern. Die KDA soll sich darüber hinaus nicht mit einem einzelnen speziellen Fall beschäftigen, sondern sie „befasst sich vielmehr mit dem Deliktsfeld, dem Phänomen und dem Blick auf die Gesamtheit“2. Aufgrund der Komplexität der KDA soll nur eine phänomenologische Untersuchung des Delikts stattfinden, diese jedoch sowohl auf Bundes- als auch Landesebene. Um diese detailliert vornehmen zu können, werden die Bereiche der Ätiologie und Kriminalitätskontrolle außen vorgelassen, auch wenn diese in der Gesamtanalyse unverzichtbar sind. Auch wenn das Delikt „Bankraub“ in Deutschland verhältnismäßig selten auftaucht (die Anzahl erfasster Fälle des ausgewählten Delikts in der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2020 lag bei 80 Fällen3 und die Anzahl der erfassten Fälle in NRW im selben Jahr lag bei nur 11 Fällen4 ), ist es aufgrund der Schwere der Kriminalität ein für die phänomenologische Untersuchung interessanter Fall. Das ausgewählte Delikt eignet sich darüber hinaus besonders gut für diese Analyse, da die Polizeikriminalstatistik (PKS) nur das sogenannte Hellfeld widerspiegeln kann und das Dunkelfeld der Raubüberfälle auf Geldinstitute, Postfilialen und -agenturen sehr gering eingeschätzt wird.5
Diese Arbeit soll einleitend eine grobe Einordnung der KDA innerhalb der Kriminologie geben und die Methodik der Deliktsanalyse einführen. Im nächsten Schritt muss zunächst einmal das Delikt als solches eingeordnet werden: Zu welcher Kriminalität gehört der Bankraub? Der Begriff und der Tatbestand des Delikts sollen anhand des Strafgesetzbuches eingeordnet werden. Zu Beginn der phänomenologischen Untersuchung im vierten Kapitel werden allgemeine Angaben zum Delikt getätigt: Wie ist die aktuelle Lage in Deutschland und NRW, was zeigt die statistische Entwicklung und wie hoch ist beispielsweise die Aufklärungsquote? Im Anschluss werden Tatzeit, Tatort, Tatopfer, Tatobjekt/Tatbeute, Tatmittel, Tathergang und Täter anhand der vorhandenen Daten begutachtet. Das Fazit stellt einen zusammenfassenden Überblick des Phänomens „Bankraub“ im Hinblick auf seine phänomenologischen Faktoren und deren Zusammenhänge her.
2. Begriffsbestimmung Kriminologische Deliktsanalyse
Ihren Ursprung findet die Kriminologische Deliktsanalyse in der 1979 vom Leiter des Fachbereichs Kriminologie der Polizeiführungsakademie in Münster-Hiltrup, Joachim Jäger, entworfenen und später weiterentwickelten „Kriminalistischen Deliktsanalyse“.6 Die jetzige Kriminologische Deliktsanalyse ist ein hilfreiches und beobachtendes Instrument innerhalb der Kriminologie und grenzt sich von der kriminologischen und der kriminalistischen Fallanalyse ab. Laut Clages und Zeitner kann somit die aktuelle Lage oder die Entwicklung des jeweiligen Delikts dargestellt und allgemeine Erklärungsansätze für die Ursachen geboten werden.7 Weihmann und Schuch ergänzen, dass die KDA zu einem sinnvollen Vergleich der Erscheinungsformen verschiedener Delikte führen und gleiche Maßstäbe bei der Bekämpfung dieser Kriminalität sichern könne.8 Die Kriminologische Deliktsanalyse schafft somit eine Datengrundlage, anhand dessen das Delikt „Bankraub“ im Gesamtzusammenhang verstanden werden kann. Dies ist ein unterstützendes Hilfsmittel, um nicht nur vergangene Bankraube lückenlos aufzuklären, sondern mögliche Straftaten in diesem Zusammenhang präventiv vorzubeugen. Die KDA „erhebt [...] diejenigen Daten, die zur Erklärung der Prozesse und zur Analyse der einzelnen Bedingungsfelder in sich und in der Beziehung untereinander von Bedeutung sind“9. Das Besondere an der KDA sei laut Pientka und Zerbin die Kombination der Betrachtung des Einzelfalls mit gleichzeitiger Betrachtung des Allgemeinen.10 Gibt es einen mehrheitlichen Tathergang, in den sich der Einzelfall einreiht oder weist dieser beispielsweise Besonderheiten auf?
Die Methodik der Deliktsanalyse gibt acht verschiedene phänomenologische Faktoren vor, die mit Hilfe von Statistiken dargestellt werden können: Allgemeine Angaben zum Delikt, Tatzeit, Tatort, Tatopfer, Tatobjekt/Tatbeute, Tatmittel, Tathergang und Täter. Die Phänomenologie ist ein Teilbereich der kriminologischen Deliktsanalyse und stellt „die Lehre von den Erscheinungsformen des Verbrechens“11 dar. Pientka und Zerbin fassen diesen Teilbereich wie folgt zusammen:
In der Phänomenologie werden einzelne Delikte oder Deliktsbereiche oder die Gesamtkriminalität in einem Gebiet betrachtet. Schwerpunkt ist jeweils die Fragestellung, was genau das Delikt/den Deliktsbereich/die Gesamtkriminalität ausmacht, wie sie sich gestaltet, zusammensetzt, beschreiben lässt.12
In der vollständigen KDA wird die Phänomenologie normalerweise im Anschluss durch die Ätiologie und die Kriminalitätskontrolle/Bekämpfungsansätze ergänzt. Der phänomenologische Bereich kann somit als Grundlage für die darauffolgenden Untersuchungen und Maßnahmen dienen. Eine erfolgreiche kriminologische Deliktsanalyse ist abhängig von der vorherigen Erfassung von Kriminalität und einer ausreichenden Datensammlung. Pientka und Zerbin fassen zusammen, dass die Informationsgewinnung und -verarbeitung unabdingbare Voraussetzungen für erfolgreiche kriminalistische Arbeit seien.13 Innerhalb der KDA kann dafür auf die Berichte des Bundeskriminalamtes und des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen zurückgegriffen werden. Hierfür eignet sich die PKS, anhand derer die phänomenologischen Faktoren entnommen werden können. Im Mittelpunkt dieser Seminararbeit steht die 2019 und 2020 (mit kurzem Blick auf den 10-Jahres-Vergleich, wenn vergleichbare Daten vorhanden) erhobene Polizeiliche Kriminalstatistik des LKAs sowie des BKAs: durch Hinzunahme beider Statistiken soll das auszuwertende Material erhöht und die phänomenologischen Faktoren auf zwei verschiedenen Ebenen beleuchtet werden. Da es lediglich in den Jahren 2007 und 2008 ein vom LKA veröffentlichtes Lagebild zum Delikt Bankraub gab, sind diese ergänzend zur PKS für diese Arbeit nicht relevant.
3. Das Delikt des Bankraubes
Raubüberfälle auf Geldinstitute nehmen unter den Straftatbeständen des deutschen Strafgesetzbuches laut Büchler und Leineweber - trotz relativer Seltenheit dieses Delikts - eine besondere Stellung ein, da der Tatverlauf und Tatausgang im Wesentlichen von der vorhandenen Sicherungstechnik in den Banken und von der Interaktionen der beteiligten Personen abhänge.14 Der Raub als Tatbestand ist im besonderen Teil des Strafgesetzbuches (StGB) in § 249 zu finden:
Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderem in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit einer Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.
Im Fokus steht hier also vor allem der Einsatz von Gewalt oder die Androhung dieser und die gegenwärtige Lebensgefahr des Opfers. Die Prüfung der Tatbestände Diebstahl (§ 242) und Nötigung (§ 240) erübrigt sich, da § 249 ein eigenständiges Delikt darstellt.15 Laut Büchler und Leineweber werden bei einem Überfall häufig unterschiedliche Begehungsformen gleichzeitig ausgeübt, sodass das Delikt Raub beispielsweise durch erpresserischem Menschenraub (§ 239 a StGB) oder Geiselnahme (§ 239b StGB) ergänzt wird.16 Der Raub als Delikt kann unterschiedliche Formen der Qualifizierung aufweisen: „So wird die Strafandrohung deutlich höher, wenn der Täter eine Schusswaffe bei der Tat mit sich führt, eine Waffe einsetzt oder den Tod des Opfers verursacht“17. Die phänomenologische Untersuchung des Bankraubes innerhalb dieser Arbeit konzentriert sich jedoch nur an dem Tatbestand des reinen Raubes nach § 249 und wie dieser sich in den Daten der PKS wiederfindet.
Das ausgewählte Delikt Raubüberfälle auf Geldinstitute, Postfilialen und -agenturen ist im Straftatenkatalog der PKS 2020 des BKAs unter dem Straftatenschlüsselzahl 211000 zu finden. Kriminologisch wird das Delikt des Raubes hier zur Gewaltkriminalität gezählt, welche unter dem übergeordneten Summenschlüssel 892000 im Straftatenkatalog geführt wird.18
4. Phänomenologische Faktoren am Beispiel des Bankraubes
Innerhalb der vorliegenden KDA können nur solche phänomenologischen Faktoren beleuchtet werden, die in der jeweiligen PKS erfasst wurden. Somit kann es möglich sein, dass nicht alle der acht zu untersuchenden Unterpunkte berücksichtigt werden können, da diese in den Daten nicht erfasst wurden. Hinzu kommt, dass das Delikt „Bankraub“ in dem PKS Jahresbericht 2020 des LKAs NRW nur einmal innerhalb der allgemeinen Raubdelikte genannt wird.
[...]
1 Vgl. Weihmann und Schuch, Kriminalistik, 697.
2 Pientka und Wolf, Kriminalwissenschaften, 109.
3 Vg. BKA, PKS 2020.
4 Vg. Ebd.
5 Vgl. Clages und Zeitner, Kriminologie, 197.
6 Vgl. Weihmann und Schuch, Kriminalistik, 697.
7 Vgl. Clages und Zeitner, Kriminologie, 194.
8 Vgl. Weihmann und Schuch, Kriminalistik, 698.
9 Pientka und Wolf, Kriminalwissenschaften, 109.
10 Vgl. Pientka und Zerbin, Kriminalwissenschaften, 158.
11 Pientka und Zerbin, Kriminalwissenschaften, 160.
12 Ebd.
13 Vgl. ebd., 151.
14 Vgl. Büchler und Leineweber, Bankraub, 11.
15 Vgl. Eisele und Heinrich, Strafrecht, 401.
16 Vgl. Büchler und Leinenweber, Bankraub, 14.
17 Mohr und Nagel, Raubdelikte, 13.
18 Vgl. BKA, PKS Straftatenkatalog 2020.