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Hausarbeit, 2018
15 Seiten, Note: 2,0
1. Einleitung
2. Pflegeausbildung im Wandel
2.1 Entwicklung zur Profession
2.2 Akademisierung der Pflegeberufe
3. Theoretische Ansätze
3.1 Professionalisierung
3.2 Profession
3.3 Professionalität
4. Fazit
Literaturverzeichnis
Onlinequellen
Die Situation in den Pflegeberufen wird häufig mit dem Wort „Krise“ beschrieben. In der Öffentlichkeit herrscht ein negatives Bild: „Unübersehbar ist heute die Krise der Pflege, der größten Berufsgruppe im Gesundheitswesen, die integraler Bestandteil aller Felder der Krankenversorgung ist [...j“.1 Es gibt viele unterbesetzte Stellen, sodass aktuell ein Programm gegen Personalmangel in der Pflege von der Bundesregierung erarbeitet wird.2 Der Pflegenotstand ist insofern relevant, weil die pflegerische Versorgung im Alter nicht im vollen Umfang gewährleistet ist.
Die anhaltende Krise der Pflegeberufe kann auf fehlende Fort-, Weiter- und Ausbildungsbereiche zurückgeführt werden. Der Beruf wird traditionell mit frauenspezifischen Tätigkeiten und hohen Belastungen verbunden, sodass eine Reform notwendig wäre. Andere Faktoren wie die Zunahme von chronischen Krankheiten, steigende Versorgungsansprüche, Rückgang von familiären bzw. Laien-Pflegekräften führen zu einem erhöhten Bedarf an Pflegekräften. Die Ausweitung von pflegerischen Aufgaben, wie die Prävention oder die Beratung, sowie technische und pflegewissenschaftliche Innovationen führen zu neuen Anforderungen im Berufsfeld.3 In den letzten Jahren haben Pflegeberufe an gesellschaftlicher Relevanz gewonnen, dennoch gibt es Diskussionen für eine anerkannte Profession. An den Merkmalen der klassischen Profession gemessen wird den Pflegeberufen meist der Status eines voll professionalisierten Berufes aberkannt. Die Reformbestrebungen werden seit Beginn der 90er Jahre mit der einhergehenden Akademisierung und dem Begriff der „Professionalisierung“ konfrontiert.
Aus diesem Grund beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit der Frage: Pflegeberufe im Wandel - Entwicklung zur Profession?
Zu Beginn wird die veränderte Pflegeausbildung beschrieben. Es wird dabei unter anderem auf die Akteure, insbesondere auf die Professionsentwicklung des Pflegeberufes eingegangen. Zusätzlich wird die Akademisierung der Pflege betrachtet. Im Anschluss werden theoretische Ansätze der Professionalisierung, Profession und der Professionalität miteinbezogen. Dies soll die vielschichtigen Bedeutungen und unterschiedliche Ansätze, wie auch Definitionsansätze aufzeigen. Das abschließende Fazit stellt alle Argumente zusammenfassend dar und gibt eine Antwort auf die anfangs gestellte Frage.
Das folgende Kapitel befasst sich mit der veränderten Pflegeausbildung. Es wird dabei zunächst auf die Entwicklung zur Profession eingegangen. Diese Perspektive beschäftigt sich mit den Akteuren und zeigt sowohl veränderte Arbeitsaufgaben, als auch den Stand der Professionalisierung. Der zweite Teilbereich beschäftigt sich mit der Akademisierung. Hier werden beispielsweise Reformen der Studiengänge beschrieben, was Rückschlüsse auf den Stand der Professionalisierung gibt.
Es gibt Unstimmigkeiten über die Zuordnung der Pflege zur Profession. Die Pflege wird oft als „Semiprofession“ bezeichnet. Sie beansprucht für sich den Begriff der „Profession“, wird aber in der Öffentlichkeit nicht als Profession wahrgenommen. In der Literatur ist der Professionalisierungsgrad umstritten, was mit der unzureichenden Eindeutigkeit des Begriffs der „Professionalisierung“, verschiedener Interessen und Professionalisierungskonzepten einhergeht.4 Die fehlende Definition des Begriffs erschwert die Suche nach grundlegenden Untersuchungen, die als Beitrag zur Professionalisierungsforschung genutzt werden. Hampel geht beispielsweise davon aus, dass Untersuchungen in der Krankenpflege nicht beliebt sind und demnach nicht berücksichtigt werden „weil der Krankenpflegeberuf immer hinter dem Beruf des Arztes erst an zweiter Stelle gesehen wird“.5
In der Pflege wird mit dem Begriff der Professionalisierung eine Aufwertung der Qualifikationen, höherwertige Professionalität und eine ansteigende Autonomie in der Praxis verstanden. Ziel der Pflege ist, dass der Beruf der Fremdbestimmung durch die ärztliche Profession entzogen wird. Sie wollen sich als autonome Dienstleister und dementsprechend als Profession etablieren.6 Pflege muss sich einerseits gegen die Profession der Medizin und andererseits gegen andere Berufe behaupten, die nach Moers „in das angestammte Feld der Pflege hineindrängen. Etwa der Sozialdienst im Krankenhaus, der die pflegerische Überleitung wahrnimmt, der Psychologe, der Angehörigengespräche führt und der Ergotherapeut, der bei Wohnraumanpassung und Pflegehilfsmitteln berät“.7
Das unterstützt zudem die These von Abbott, dass Professionalisierung Konkurrenz und Kampf um Zuständigkeiten ist.8
Die Pflegeberufe befinden sich im Wandel, sodass die Institutionen, gesundheitliche Versorgungseinrichtungen und alle Gesundheitsberufe einem Veränderungs- und Innovationsdruck ausgesetzt sind. Das Konzept der Professionalisierung wird für die Gesundheitsberufe immer wichtiger, da sich die Aufgaben des Personals verändern. Zu nennen sind hier Zunahmen von chronischen Erkrankungen, die mit veränderten Lebensstilen bzw. Lebensgewohnheiten zu neuen Herausforderungen beitragen. Die kulturelle Veränderung der Bevölkerung bewirkt, dass sich das Gesundheitssystem auf einen erhöhten Bevölkerungsanteil von Menschen mit Migrationshintergrund einstellen muss. Die Schwierigkeit besteht hierbei in den kulturell veränderten Versorgungsbedürfnissen, was einerseits auf die Sprachbarrieren und andererseits auf kulturelle Regeln zurückschließen lässt. Menschen fremder Kulturen leben nach anderen Regeln, was die Pflege der Patienten erschweren kann. Das Pflegepersonal muss die Regeln akzeptieren und respektieren, da das Wohlergehen des Patienten im Vordergrund steht. Eine Lösung könnten Pflegekräfte mit Migrationshintergrund sein, da sie die Regeln und Gesetze kennen und gleichzeitig keine Sprachbarrieren haben.
Das Pflegepersonal hingegen, welches in leitenden Positionen eingesetzt ist, muss sich beispielsweise verstärkt mit Fragen zur Kosteneffektivität und Qualitätssicherung auseinandersetzen. Dies bewirkt, dass sie mehr betriebswissenschaftliche Verantwortung übernehmen. Gleichzeitig müssen Kunden- und Qualitätsorientierung in der Pflege und im Pflegemanagement miteinbezogen werden.9 Das Krankenpflegegesetz von 2004 erkennt der Pflege mehr eigenverantwortliches Handeln und Selbstständigkeit an. Die neuen Aufgaben umfassen „präventive, rehabilitative und palliative“ Maßnahmen. Die medizin-technische Entwicklung führt zum Assistenzpersonal des Arztes, wobei der Arzt nach wie vor die Aufgaben am Patienten festlegt. Das Pflegepersonal übernimmt in diesem Fall wieder die ausführende Tätigkeit der Genesung des Patienten.
Die veränderten Aufgaben verdeutlichen, dass die Pflegeberufe vielfältige Arbeitsbereiche bewältigen müssen. Sie erfordern mehr Selbstständigkeit, wobei der entscheidende Schritt nach mehr Autonomie noch nicht erreicht wurde. Es entstehen vielmehr Schnittstellen in Bezug auf andere Berufe im Gesundheitswesen und höhere Qualitätsansprüche an den Pflegeberuf. Es ist daher wichtig, die Vernetzung von Gesundheit, Bildung und Sozialem zu berücksichtigen und die einzelnen Handlungsfelder beispielsweise nach Akteuren, Aufgaben, Zielgruppen und Qualität zu analysieren. So kann der Pflegeberuf einen spezifischen Handlungsraum für sich definieren, was wiederum die Entwicklung zur Profession positiv beeinflusst.
Neben den veränderten Aufgabenfeldern ist der Qualifikationsbedarf in den Gesundheitsberufen gestiegen. Das lässt sich nicht nur auf das veränderte Gesundheitswesen, sondern auch auf die neuen theoretischen Erkenntnisse zurückführen.10 Eine Ausbildung ist nötig, die wissenschafts-, theorie- und evidenzbasierte Vorgehensweisen berücksichtigen. Es muss ein Kompetenzprofil der Akteure entstehen, das reflektiertes und wissenschaftliches Handeln vereint. Das setzt jedoch voraus, dass die Kernkompetenzen in dem jeweiligen Berufsfeld feststehen. Die Akteure müssen wissen, was der originäre Gegenstand des Berufes ist, welche berufliche Identität entsteht und wo mögliche Gemeinsamkeiten mit anderen Berufen sind. Diese Fragen beschäftigen auch die Berufspädagogen, da viele pädagogische Berufe Schwierigkeiten mit spezifisch definierten Handlungsaufgaben und Handlungskompetenzen haben und sich daher nicht zu einer anerkannten Profession etablieren können.
Ein weiterer Aspekt in Bezug auf die Qualifikationsanforderungen ist die Akademisierung. Sie zeigt Professionalisierungsfortschritte, die im nachfolgenden Kapitel erläutert werden. Festzuhalten ist jedoch, dass die Zuordnung der Pflegeberufe zu einer Profession weiterhin zu Diskussionen führt.
Akademisierung ist ein komplexer Prozess. Die zu akademisierten Fächer müssen sich als wissenschaftliche Disziplin etablieren und sich gegenüber der Fachhochschulausbildung legitimieren. Der Prozess wirft die Frage nach dem Mehrwert des Hochschulstudiums auf. Der Aufbau der ersten Pflegestudiengänge erfolgte durch viel Engagement der Wissenschaftler. Die ersten Studierenden mussten mit Kritik aus berufspolitischen und gesellschaftspolitischen Bereichen umgehen und leisteten gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zur internationalen Entwicklung der Studiengänge.
Auf internationaler Ebene ist im Zuge der Akademisierung die Etablierung von Bachelor- und Masterstudiengängen zu nennen. In den USA wird über einen möglichen PhD- Abschluss nachgedacht, der als Einstiegsqualifikation angesehen wird und eine qualitativ hochwertige Arbeit am Patienten verspricht. Dennoch muss die Akademisierung mit den einhergehenden akademischen Abschlüssen kritisch analysiert werden. Die Gesundheitsund Bildungssysteme können nicht immer verglichen werden, sodass systematische Betrachtungen und Bewertungen wichtig sind. Oft wird das Argument der internationalen Entwicklung genannt, wobei die Differenzierung fehlt. Auf politischer Ebene wird das deutsche System wenig kritisiert, da das deutsche Berufsbildungssystem als sehr gut gilt. Es wird jedoch vergessen, dass die Gesundheitsberufe nicht dem öffentlichen beruflichen Bildungssystem angehören. Sie sind durch Ausbildungsstrukturen gekennzeichnet, die mit besonderen Rahmenbedingungen einhergehen.11
Seit den 90er Jahren lassen sich auf nationaler Ebene Akademisierungsentwicklungen verzeichnen. Die Anfänge wurden durch die Veränderungen im Gesundheitswesen hervorgerufen. Die Möglichkeiten einen akademischen Abschluss zu erlangen, erst von Berufsfachschulen, danach von Hochschulen, zeigt unterschiedliche Anrechnungsmodelle. Es gibt etwa 30-50 Studiengänge. Die Anzahl kann nicht genau definiert werden, da die Gründung von privaten Hochschulen zu einer unüberschaubaren Entwicklung führte.12 Es zeigt sich jedoch, dass nur wenige Hochschulen die neu qualifizierenden Studiengänge unterstützen. Es mangelt den Hochschulen einerseits an Ressourcen, damit die Studiengänge aufgebaut werden können und andererseits an Kooperationspartnern, die eine gemeinsame Studiengangentwicklung beabsichtigen.
Neben der internationalen und nationalen Sichtweise zeigt die Ausbildungs- und Studiensituation, dass es noch unklar ist, wie die Akademisierungsentwicklungen die Berufsfachschulen beeinflussen. Die Verantwortlichen nehmen trotz Verunsicherung mit großen Interesse an der Akademisierung teil. Sie sind gewillt, den Bereich der Wissenschaft und Forschung auszubauen, weil sie erkannt haben, dass dies Auswirkungen auf die Qualitätssicherung in Bezug auf die ausführenden Handlungen und Arbeitsplätze hat.
Ziel der Hochschule ist es die Absolventen für den Patientenkontakt vorzubereiten und nicht in erster Linie auf bevorstehende Aufgaben im Gesundheitsmanagement. Von den akademischen Absolventen wird jedoch erwartet, dass sie durch erworbene Kompetenzen und reflektives Handeln qualifizierter arbeiten. Im Studium haben die Absolventen gelernt, eigenständig zu handeln, wissenschaftliche Erkenntnisse zu deuten und eingesetzte Methoden kritisch zu reflektieren. Das ist ein wichtiger Mehrwert in der Hochschulausbildung.
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1 Vgl. Moers (1994), Seite 160
2 Unbekannter Autor (2018)
3 Vgl. Stemmer (2003), Seite 15ff
4 Vgl. Albert (1998), Seite 72ff
5 Hampel (1983), Seite 139
6 Vgl. Voges (2002), Seite 147
7 Vgl. Moers (2002), Seite 260
8 Vgl. Abbott (1998)
9 Vgl. Baartmans (2003), Seite 8f
10 Bourgeault et al. (2008)
11 Vgl. Walkenhorst (2011), Seite 4
12 Vgl. Walkenhorst (2011), Seite 5f