Das Thema dieses Vortrags ist die innerdeutsche Konvergenz. Im Allgemeinen geht es bei der Konvergenz um die Schlüsselfrage, ob ärmere Volkswirtschaften (beispielsweise Länder, Regionen, ...) schneller wachsen als reiche und so zu diesen aufschließen können. Konvergenz spielt eine wichtige Rolle für den sozialen Zusammenhalt einer Gesellschaft; ein kontinuierliches Auseinanderklaffen von Einkommen – also eine Divergenz – führt hingegen oftmals zu Konflikten und Spannungen.
Das Ziel dieser empirischen Analyse ist festzustellen, ob innerdeutsche Konvergenzprozesse zu beobachten sind und falls ja, welche Konvergenzgeschwindigkeit sich zeigt. In Bezug auf Deutschland ist insbesondere relevant, wie der wirtschaftliche Aufholprozess ostdeutscher Regionen nach der Wiedervereinigung verlief, weshalb hierauf ein besonderes Augenmerk gerichtet wird.
Das Thema dieses Vortrags ist die innerdeutsche Konvergenz. Im allgemeinen geht es bei der Konvergenz um die Schlüsselfrage, ob ärmere Volkswirtschaften (bspw. Länder, Regionen, ...) schneller wachsen als reiche und so zu diesen aufschließen können. Grundsätzlich wird also analysiert, ob es irgendwelche Kräfte gibt, die dazu führen, dass die Streuung der Einkommensverteilung verschiedener Regionen im Zeitablauf abnimmt. Konvergenz spielt eine wichtige Rolle für den sozialen Zusammenhalt einer Gesellschaft; ein kontinuierliches Auseinanderklaffen von Einkommen - also eine Divergenz - führt hingegen oftmals zu Konflikten und Spannungen.
Das Ziel meiner empirischen Analyse is festzustellen, ob innderdeutsche Konvergenzprozesse zu beobachten sind und falls ja, welche Konvergenzgeschwindigkeit sich zeigt. Im Bezug auf Deutschland ist insbesonderere relevant, wie der Aufholprozess ostdeutscher Regionen nach der Wiedervereinigung verlief, weshalb hierauf ein besonderes Augenmerk gerichtet wird.
Bevor wir uns den Daten und der Methodik zuwenden, beleuchten wir zunächst den theoretischem Hintergrund der Konvergenzanalyse. Ausgangspunkt meiner Arbeit ist das neoklassische Wachstumsmodell von Solow. Gleichung (1) zeigt das Herzstück des Modells, welches die Kapitalstockveränderung (pro Kopf) im Zeitablauf darstellt:
k (t) = sf(k(t)) — (n + 5)k(t)
Man sieht, dass sich die Veränderung des Kapitalstocks aus der Differenz von Bruttoinvestment und benötigten Break-even Investment für das gegebene Level an Kapital pro Kopf ergibt. Durch dividieren beider Seiten mit k(t) erhält man die Wachstumsrate des Kapitalstocks (pro Kopf):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wenn man nun die Ableitung dieser Wachstumsrate bildet, dann sieht man, dass diese kleiner als null sein muss:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Je mehr Kapital eine Volkswirtschaft besitzt - das heißt je reicher sie ist - desto geringer die Wachstumsrate des Kapitalstocks pro Kopf und folglich desto geringer die Output-Wachstumsrate.
Das Ganze ist in der folgenden Abbildung 1 einmal grafisch dargestellt. Die horizontale Gerade stellt das Break-even Investment dar; die fallend verlaufende Kurve stellt das Bruttoinvestment dar. Es werden eine reiche Volkswirtschaft (mit k = kR) und eine arme Volkswirtschaft (k = kA) miteinander verglichen, wobei angenommen wird, dass beide ein identisches Steady-state (k = k*) anstreben. In diesem einfachen Modell folgt, dass die Wachstumsrate ärmerer Länder (gegeben als Differenz aus Brutto- und Break-even Investment) größer sein muss als jene ärmerer Volkswirtschaften, da sich die Kapitalalkkumulation in ärmeren Volkswirtschaften entsprechend schneller vollzieht. Die Folge ist eine Konvergenz der Einkommenslevel.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Konvergenz im Solow-Modell
Die hier vorgestellte theoretische Analyse ist natürlich stark vereinfachend, da beispielsweise von gleichen und konstanten Sparquoten sowie einem einheitlichen Steady-state ausgegangen wird. Grundsätzlich jedoch, ist die Konvergenz ein entscheidendes Ergebnis des Solow-Modells. Und gemäß Romer (1994)1 waren die ursprünglichen Schwierigkeiten diese Konvergenz empirisch zu finden ein Antrieb zur Entwicklung der Neuen Wachstumtstheorie. Das heißt, die Konvergenzdebatte ist nicht nur aus den angeführten sozialen Gründen relevant, sondern zusätzlich aufgrund der Debatte über alternative Wachtumstheorien.
Es gilt nun, diese theoretische Idee der Konvergenz messbar zu machen. Es finden sich dabei viele unterschiedliche Interpretationen der Konvergenzidee in der Literatur. Wie man dem Title dieses Vortrags entnehmen kann, habe ich mich auf die ß- und ^-Konvergenz fokussiert.
Hinter der ß-Konvergenz steht die Idee, dass eine negative Beziehung zwischen der Einkommenswachstumsrate und dem Ausgangseinkommen vorliegen muss, damit ärmere Volkswirtschaften (hohe Wachstumsrate) überhaupt eine Chance haben zu reicheren (niedrige Wachstumsrate) aufzuschließen. Die ß-Konvergenz lässt sich folglich als notwendige Bedingung für eine Abnahme der Einkommensstreuung verstehen und knüpft von der Intuition an obiges Solow-Modell an. Zur Schätzung dieser (absoluten) ß-Konvergenz verwende ich Fixed Effects (FE) Panel Modelle, welche mir erlauben, Heterogenitäten zwischen Ländern über die Zeit konstant zu halten. Speziell, zeigt Gleichung (4) ein standard FE Modell, welches mit OLS geschätzt werden kann; Gleichung (5) zeigt ein dynamischen Panel Modell, welches mit GMM geschätzt wird. In beiden Fällen liegt Konvergenz vor, wenn der Koeffizient ß negativ ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wobei yit die Output-Wachstumsrate von Region i zum Zeitpunkt t ist, yi,t—1 das Einkommen der Vorperiode von Region i gibt, Xit eine Matrix mit drei Kontrollvariablen ist, welche für das Bevölkerungswachstum, die Kapitalakkumulation sowie die Humankapitalakkumulation kontrollieren und ni den jeweiligen Regionenspezifischen Effekt von Region i auf die Outputwachstumsrate misst.
Die Idee hinter der a-Konvergenz ist es, direkt auf die Einkommensverteilung zu schauen, wobei a-Konvergenz vorliegt, wenn die Streuung der Einkommensverteilung im Zeitverlauf abnimmt. Ein häufig verwendeter Schätzer für die Streuung einer Wahrscheinlichkeitsverteilung ist die Standardabweichung (hier des Pro-Kopf Einkommens), welche für jede Period berechnet werden kann:
Ein alternativer und in diesem Zusammenhang attraktiver Ansatz, sieht die Schätzung eines Gini-Koeffizienten für jede Periode vor:
Der wesentliche Unterschied beider Schätzer liegt in der Gewichtung von Abweichungen: durch die Quadrierung der Standardabweichung fallen Ausreißer stärker ins Gewicht; beim Gini-Koeffizienten hingegen wird der absolute Wert verwendet, weshalb dieser Schätzer robuster ist.
Die in der empirischen Analyse verwendeten Daten stammen alle vom statistischen Bundesamt (GENESIS Datenbank). Insbesondere, habe ich Einkommensdaten für 401 deutsche Regionen (NUTS 3) betrachtet , wobei die ursprünglich nominalen Einkommen mit Hilfe von Inflationsraten auf Länderebene in reale Einkommensdaten überführt wurden. Sämtliche Kontrollvariablen basieren ebenfalls auf Kreisebene. Der Betrachtungszeitraum beginnt - kurz nach der deutschen Wiedervereinigung -
in 1992 und endet in 2019.
Kommen wir zu den Ergebnissen der Analyse, zunächst jenen für die ß-Konvergenz. Abbildung 2 zeigt ein Streudiagramm, wobei das ursprüngliche BIP pro Kopf auf der X-Achse abgetragen ist und die durchschnittliche reale Wachstumsrate im Zeitraum 1992 bis 2019 auf der Y-Achse. Betrachten wir zunächst die Randverteilungen. Man sieht klar, dass die ostdeutschen Bundesländer deutlich ärmer waren als die westdeutschen, zeitgleich jedoch deutliche höhere Wachstumsraten aufwiesen. Dies lässt sich auch im Streudiagramm selbsts erkennen, in dem die Trendgeraden einen eindeutig negativen Zusammenhang zwischen Ausgangseinkommen und durchschnittlicher Wachstumsrate zeigen und somit ein erstes Indiz für die Existenz von ß-Kovergenz geben.
ß-Konvergenz
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: ß-Konvergenz
i-ca—i •
Betrachten wir nun die Regressionsergebnisse. Wie oben bereits beschrieben, bedeutet ein negativer ß Koeffizient, dass geringere Einkommen zu höheren Wachstumsraten in der darauf folgenden Periode führen. Dies ist in zwei der drei folgenden Spezifikationen in Tabelle 1 gegeben:
Tabelle 1: Regressionsergebnisse
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Halbwertszeit. n = 401, T = 27. * p < 0.10, ** p < 0.05, *** p < 0.01
Wie in Tabelle 1 aufgeführt, lässt sich aus den geschätzten ß Werten die Konvergenzrate A berechnen, welche hier zwischen 0.7 und 3.2 Prozent liegt und damit vergleichbar ist mit mit den Ergebnissen anderer nationaler Analysen. Aus dieser Konvergenzrate lässt sich wiederum die Halbwertszeit Ti bestimmen. Diese ist die 2
Zeitspanne, nach der die urpsrüngliche Streuung der Einkommen zur Hälfte abgenommen hat. Zeitlich werden hier Werte zwischen 22 und 99 Jahren geschätzt, was zeigt, dass Konvergenz - selbst wenn sie vorliegt - ein sehr langwieriger Prozess ist.
Kommen wir nun zu den Ergebnissen der cr-Konvergenz. Die verwendeten Schätzer sind die Standardabweichung der Einkommen und der Gini-Koeffizient, berechnet für jede Periode. Konvergenz liegt vor, wenn die Streuung der Einkommen im Zeitablauf abnimmt, was einem fallendem Verlauf beider Schätzer entspricht. Die Ergebnisse sind in Abbildung 3 dargestellt.
Der Gini-Koeffizient nimmt kontinuierlich über den gesamten Zeitraum ab. Bei der Standardabweichung sind die Ergebnisse gemischter: zunächst lässt sich eine deutliche Abnahme beobachten, seit 1995 hat sich der Wert dann jedoch nicht mehr nennenswert reduziert.
Dieses Ergebnis bringt mich auf den Einfluss von Asureißern zurück. Unter diesem Link findet sich eine dynamische Grafik der Einkommensverteilung deutscher
o-Konvergenz
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Regionen. Es lässt sich erkennen, das drei Kreise während eines Großteils der betrachteten Periode deutlich höhere Einkommenslevel aufweisen als alle anderen deutschen Regionen. Entfernt man diese Kreise auf der Stichprobe und berechnet man dann beide Streuungsmaße über die verbleibenden Beobachtungen erneut, so findet man, dass auch die Standardabweichung kontinuierlich abnimmt. Dies ist in Abbildung 4 dargestellt.
Dieses Ergebnis eröffnet weitere interessante Fragen, welche als Anknüpfpunkte künftiger Analysen verwendent werden können: welche Faktoren führten in diesen Kreise zu so hohen Einkommen? Sind diese Faktoren auf andere Kreise übertragbar?
o-Kovergenz (ohne Ausreißer)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Als Ergebnis dieser empirischen Untersuchung lässt sich festhalten, dass innerdeutsche Konvergenzprozesse zu beobachten sind. Die Frage ist nun, ob diese auf eine erfolgreiche deutsche Kohärenzpolitik zurückzuführen sind oder aber auf einer Naturkraft beruhen, wie vom Solow-Modell beschrieben. Dies einzuschätzen geht über das Ziel dieses Vortrags hinaus; hier wäre eher eine Meta-Analyse verschiedener lokaler und internationaler Konvergenzstudien notwendig.
Festhalten lässt sich dennoch, dass - selbst wenn sich die Konvergenz als reine Naturkraft herausstellen sollte - es immer noch wichtig ist ähliche strukturelle Rahmenbedingungen in den einzelnen Regionen zu schaffen, sodass diese überhaupt gegen ein einheitliches Steady-state konvergieren. Im Falle unterschiedlicher struktureller Potenziale, ist eine vollkommende Angleichung von Einkommenslevel unerreichbar.
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1 Romer, Paul ”The origins of endogenous growth.” Journal of Economic Perspective 9.1 (1994): 3-22
- Arbeit zitieren
- Niklas Humann (Autor:in), 2021, Beta- und Sigma-Konvergenz. Eine empirische Analyse deutscher Regionen, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1190303