Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Placebo-induzierten kognitiven und physischen Leistungssteigerung. Dabei werden Studien über kognitive und physische Leistungssteigerung durch psychoaktive und verschreibungspflichtige Substanzen mit Studien über Placebo-induzierte Leistungssteigerung in Beziehung gesetzt.
Darüber hinaus wird dieser so vielschichtige Effekt genauer betrachtet und erläutert, welche Faktoren den Placeboeffekt beeinflussen. Dabei spielen bereits Farbe, Form und Name eine die Wirkung von Medikamenten beeinflussende Rolle. Sogar Ärzte verschreiben "nicht wirksame" Pillen, und die Bundesärztekammer empfiehlt dieses vielschichtige "Medikament" für diverse Behandlungen. Das Thema ist nicht nur aufgrund seiner Aktualität durch den vermehren Missbrauch von Stimulanzien so brisant, sondern auch wegen der Auswirkungen in so vielen Bereichen wie beispielsweise Medizin, Bildung und Sport. Daher beschäftigt sich diese Arbeit mit der Fragestellung: "Kann der Placeboeffekt eine kognitive und/oder physische Leistungssteigerung erwirken?".
Inhaltsverzeichnis
Abstract
1. Einleitung
2. Theoretischer und empirischer Hintergrund
2.1 Definitionen und thematische Einordnung
2.2 Der Placeboeffekt
2.2.1 Der Noceboeffekt
2.2.2 Neuroenhancement
2.3 Empirischer Hintergrund
2.3.1 Placebo-induzierte kognitive Leistungssteigerung
2.3.2 Placebo-induzierte physische Leistungssteigerung
2.4 Fragestellung
3. Diskussion
3.1 Zusammenfassung
3.2 Limitation
3.3 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abstract
This paper deals with placebo induced cognitive and physical enhancement manly focusing on the question: “Is the placebo effect capable of cognitive and physical performance enhancement?”. In addition, this complex effect is examined in more detail and the various effects influencing it are presented. Therefore, multiple studies are analyzed and set in relation.
1. Einleitung
Der Missbrauch von verschreibungspflichtigen Stimulanzien zur kognitiven Leistungssteigerung unter Studenten nimmt weiter zu (Cropsey et al., 2017). Angesichts des steigenden Leistungsdrucks und des zunehmenden Trends der Selbstoptimierung ist dies nicht verwunderlich (Kratzer, 2020). Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Placebo-induzierten kognitiven und physischen Leistungssteigerung. Dabei werden Studien über kognitive und physische Leistungssteigerung durch psychoaktive und verschreibungspflichtige Substanzen mit Studien über Placebo-induzierte Leistungssteigerung in Beziehung gesetzt.
Darüber hinaus wird dieser so vielschichtige Effekt genauer betrachtet und erläutert, welche Faktoren den Placeboeffekt beeinflussen. Dabei spielen bereits Farbe, Form und Name eine die Wirkung von Medikamenten beeinflussende Rolle (Urner, 2016). Sogar Ärzte verschreiben „nicht wirksame“ Pillen, und die Bundesärztekammer empfiehlt dieses vielschichtige „Medikament“ für diverse Behandlungen (Schmitt-Roschmann, 2018). Das Thema ist nicht nur aufgrund seiner Aktualität durch den vermehren Missbrauch von Stimulanzien so brisant (Cropsey et al., 2017), sondern auch wegen der Auswirkungen in so vielen Bereichen wie beispielsweise Medizin, Bildung und Sport. Daher beschäftigt sich diese Arbeit mit der Fragestellung:„Kann der Placeboeffekt eine kognitive und/oder physische Leistungssteigerung erwirken?“.
2. Theoretischer und empirischer Hintergrund
Im Folgenden wird der theoretische und empirische Hintergrund dieser Fragestellung erarbeitet. Dazu werden Begriffe zum besseren Verständnis definiert und Studien zum Forschungsstand aufgezeigt.
2.1 Definitionen und thematische Einordnung
In diesem Abschnitt werden die drei zentralsten Begriffe definiert, voneinander abgegrenzt und ihre Bedeutung für die Leistungssteigerung erörtert.
2.2 Der Placeboeffekt
Unter dem Placeboeffekt versteht man die positive Auswirkung der Erwartungshaltung von Menschen, dass eine den eigenen Körper positiv beeinflussende Behandlung stattgefunden hat, beispielsweise durch die Einnahme eines Scheinmedikaments (Beedie & Foad, 2009; Popkirov, 2020). Dabei wird der Placeboeffekt nicht nur über die Erwartungshaltung determiniert. Studien zeigen, dass neben der Erwartungshaltung auch noch weitere Faktoren, wie die Klassische Konditionierung und soziales Lernen eine Rolle spielen (Colloca & Benedetti, 2009, zitiert nach Schäfer, 2019; Louhiala, 2020). In dieser Arbeit wird jedoch nicht auf alle, sondern nur auf die in Studien am häufigsten angesprochenen Einflüsse eingegangen. Das Einnehmen eines vermeintlich schmerzlindernden Medikaments geht zum einen mit der Erwartungshaltung einher, dass der Schmerz nachlässt, also einer Beeinflussung der subjektiven Schmerzbeurteilung auf kognitiver Ebene, aber zum anderen auch mit einer physiologisch konditionierten körpereigenen Reaktion auf die Einnahme von Analgetika (Popkirov, 2020). Die physiologische Reaktion führt dazu, dass endogene Opioide ausgeschüttet werden, welche eine messbare Reaktion/Verbesserung des Gesundheitszustandes mit sich bringen (Popkirov, 2020). Eine Studie der American Medical Association konnte beispielsweise bei Parkinson-Patienten eine stark erhöhte Ausschüttung von Dopamin feststellen, welche durch ein Placebo induziert wurde (Lidstone et al., 2010).
Levine et al. (1978) veröffentlichten Ende der siebziger Jahre eine bahnbrechende Studie, in welcher nachgewiesen werden konnte, dass der Opioid-Antagonist Naloxon (Naloxon ist ein Medikament, welches bei akuten Vergiftungen eingesetzt wird (Freye, 2002) die schmerzstillende Wirkung eines „wirkungslosen“ Placebos hemmt. Naloxon hemmt die Wirkung von endogenen wie auch exogenen Opioiden (Freye, 2002). Levine et al. (1978) gingen in ihrer Studie so vor, dass Patienten nach einer Entfernung eines Backenzahns intravenös Morphium zur Schmerzreduktion erhielten. Ohne das Wissen der Patienten wurde das Morphium gegen herkömmliche Kochsalzlösung getauscht. Die Patienten gaben an, weiterhin keine Schmerzen zu verspüren, obwohl die Wirkung des Morphiums nachgelassen hatte. Wurde der Kochsalzlösung jedoch Naloxon zugeführt, so gaben die Patienten an, wieder Schmerzen zu verspüren. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Naloxon die körpereigenen Opioide ebenso unterdrückt wie Endorphin, (welches aufgrund der Kochsalzlösung – dem Placebo – vermehrt ausgeschüttet wurde), und dass die Patienten deshalb wieder Schmerzen verspürten (Levine et al., 1978).
Besonders im klinisch-medizinischen Alltag spielt der Placeboeffekt heute eine bedeutende Rolle bei der Arzt-Patienten-Kommunikation. Die Art und Weise, wie eine Therapie vermittelt wird, sowie der soziale Umgang können die Wirksamkeit der Therapie beeinflussen (Benedetti, 2013).
2.2.1 Der Noceboeffekt
Der Vollständigkeit halber muss hier noch eine Abgrenzung zu dem Noceboeffekt erfolgen. Als Noceboeffekt bezeichnet man die Wirkung von einer negativen Erwartungshaltung und Konditionierung, welche zu körperlichen Beeinträchtigungen und zur Reduktion des Wohlbefindens führen (Hansen et al., 2020). Der Noceboeffekt gilt als Gegenspieler des Placeboeffekts (Hansen et al., 2020). Dieser ist besonders relevant für die Arzt-Patienten-Kommunikation, wenn es um Nebenwirkungen von Medikamenten geht.
In einer Untersuchung über Betablocker wurden Erektionsstörungen bei 3% der behandelten Männer beobachtet, allerdings nur, wenn man lediglich von einem „Medikament für ihr Herz“ gesprochen hatte. Wurde die Tablette als „Betablocker“ angekündigt, waren es 16%. Wurde zusätzlich über Erektionsstörungen als mögliche Nebenwirkung der Medikation aufgeklärt, stieg die Zahl auf 31 %, d. h., das Risiko war 10-mal höher als ohne Aufklärung. (Hansen et al., 2020, S. 692).
Der daraus resultierende ethische Konflikt über die Aufklärung von potenziellen Nebenwirkungen kann im Rahmen dieser Arbeit allerdings nicht weiter vertieft werden.
2.2.2 Neuroenhancement
Heyden et al. (2018) sowie Losch und Schulze (2019) definieren Neuroenhancement als Konsum von (verschreibungspflichtigen) Medikamenten oder anderer psychoaktiver Substanzen (wie beispielsweise Kaffee) ohne medizinische Notwendigkeit mit dem Ziel, die kognitive Leistungsfähigkeit zu steigern, eine Verbesserung des psychischen Wohlbefindens zu erzielen oder um Angst beziehungsweise Nervosität zu verringern. Die dafür verwendeten Substanzen lassen sich grob in drei Gruppen einordnen, und zwar in verschreibungspflichtige Medikamente, welche ohne ärztliche Verordnung oder anders als eigentlich vorgesehen eingenommen werden (Heyden et al., 2018), betäubungsmittelrechtliche Stimulanzien und schließlich frei erhältliche Substanzen wie zum Beispiel Alkohol (Heyden et al., 2018). Dabei bezeichnet man die Einnahme jeglicher verschreibungspflichtiger Medikamente oder illegaler Substanzen als pharmakologisches Neuroenhancement (PNE) (Losch & Schulze, 2019). Bei der Einnahme von PNE gibt es interindividuelle Unterschiede, ab welcher Konzentration das beste „Resultat“ erzielt wird (Losch & Schulze, 2019). Es wird jedoch allgemein angenommen, dass sich Effekt und Konzentration als Funktion wie ein umgedrehtes U verhalten (de Jongh et al., 2008, zitiert nach Heyden et al., 2018; Losch & Schulze, 2019).
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