Warum kommen aber so häufig Tiere und tiergestaltige Wesen im Märchen vor und warum ist das menschliche Schicksal so eng mit den Tieren verbunden? Diesen und weiteren Fragen widme ich mich in dieser Hausarbeit. Zunächst geht es um die Betrachtung der Tiermärchen bei den Brüdern Grimm und die Betrachtungsweise der Tiermärchen in der Märchenforschung. Im Mittelpunkt steht die Frage, was Mensch und Tier verbindet, welche Funktion und welchen Symbolgehalt die Tiere innehaben. In welchen Rollen treten Tiere im Märchen auf und welche typischen Märchentiere gibt es? Die bestimmten Eigenschaften, die sie vertreten werden an einigen Beispielen gezeigt. Wobei am Ende besonders auf die Märchen „Der Zaunkönig und der Bär“ und „Schneeweißchen und Rosenrot“ eingegangen wird. Zum Abschluss wird noch einmal zusammenfassend zur Hauptfragestellung zurückgekehrt.
Inhalt
1. Einleitung
2. Hauptteil
2.1 Tiermärchen bei den Brüdern Grimm
2.2 Märchenhafte Tiere als Funktionsträger
2.3 Typische Märchentiere und ihr Symbolgehalt
3 Abschluss
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Wenn wir an die uns bekannten Märchen denken, wie „Aschenputtel“, „Die Bremer Stadtmusikanten“, „Schneeweißchen und Rosenrot“ oder “Die Gänsemagd“ und uns nun vorstellen, dass Aschenputtel beim Auflesen der Erbsen keine Tauben geholfen hätten und die Bremer Stadtmusikanten keine Tiere wären oder den Schwestern Schneeweißchen und Rosenrot am Ende nicht der Bär vor dem bösen Zwerg retten würde, wie würde das unsere Sicht auf die Märchen verändern? Die Bedeutung dieser Märchen wäre auf jeden Fall eine andere. Denn so oft sind es doch die Tiere, wie in „Der Wolf und die sieben Geißlein“, die die Hauptfiguren sind. Die Tiere spielen in den Märchen eine tragende Rolle und sind aus ihnen nicht weg zu denken. Sie verleihen dem Märchen oft erst Charakter und stehen in enger Verbindung mit den im Märchen handelnden Menschen. Warum kommen aber so häufig Tiere und tiergestaltige Wesen im Märchen vor und warum ist das menschliche Schicksal so eng mit den Tieren verbunden? Diesen und weiteren Fragen widme ich mich in dieser Hausarbeit. Zunächst geht es um die Betrachtung der Tiermärchen bei den Brüdern Grimm und die Betrachtungsweise der Tiermärchen in der Märchenforschung. Im Mittelpunkt steht die Frage, was Mensch und Tier verbindet, welche Funktion und welchen Symbolgehalt die Tiere innehaben. In welchen Rollen treten Tiere im Märchen auf und welche typischen Märchentiere gibt es? Die bestimmten Eigenschaften, die sie vertreten werden an einigen Beispielen gezeigt. Wobei am Ende besonders auf die Märchen „Der Zaunkönig und der Bär“ und „Schneeweißchen und Rosenrot“ eingegangen wird. Zum Abschluss wird noch einmal zusammenfassend zur Hauptfragestellung zurückgekehrt.
2. Hauptteil
2.1 Tiermärchen bei den Brüdern Grimm
Die Brüder Grimm sprachen sich schon in der Vorrede zu ihrem ersten Band der Kinder- und Hausmärchen (KHM) von 1812 dazu aus, dass Märchen und darunter besonders Tiermärchen gesammelt werden sollen. Die Tiermärchen nahmen bei den Grimms einen besonderen Stellenwert ein und sie sahen diese als eine Untergruppe der Gattung Märchen an.1 Im Laufe der Zeit schien es sehr schwierig zu sein, die Gattung der Tiermärchen zu bestimmen. Märchenforscher haben zu diesem Thema eine geteilte Meinung. Einig ist man sich, dass die Tiermärchen eine gesonderte Betrachtung benötigen, diese jedoch bis heute ausblieb. Die Ergebnisse der Märchenforschung in Bezug auf die Merkmale, die den Tiermärchen zugeschrieben werden, scheinen sich eher aus Vergleichen mit anderen Gattungen zu ergeben, als aus einer eigenständigen Untersuchung. In der Abgrenzung zu Tierfabeln, werden sie als angenehm erzählte und aufhellende Geschichten beschrieben, in denen uns reale Tiere begegnen. Im Gegensatz dazu steht der Vergleich gegenüber den eigentlichen Märchen, wobei die Tiermärchen noch mit den Tierfabeln zusammengefasst wurden. Hier heißt es, es seien einfache Erzählungen mit Menschen in Gestalt eines Tieres, die der Lehre dienen.2 „Die Märchenforschung ist sich also nicht einig, wodurch Tiermärchen bestimmt sind und welche Erzählungen folglich zu ihnen gehören, ja ob es diese Gattung überhaupt gibt“.3 Die Brüder Grimm sprechen jedoch nachweislich von Tiermärchen und bezeichneten diese auch so, weshalb im Verlauf auch von der Gattung Grimms Tiermärchen gesprochen wird. Nicht alle Märchen der Brüder Grimm sind jedoch dieser Gattung zuzuordnen. Allein davon auszugehen, dass die Erzählungen den Tiermärchen zuzuordnen sind, in denen Tiere vorkommen, wäre nach einigen Meinungen zu grob gefasst. Denn dann wäre wohl eine Unterscheidung zu den Zaubermärchen nicht möglich. Auch hier gehen die Auffassungen auseinander. Aarne zählt alle Geschichten zu den Tiermärchen, in denen Tiere oder Tiere und Menschen Hauptakteure sind. Gernot richtet sich auch nach den Hauptgestalten. Beide bleiben ihrem Prinzip aber dennoch nicht treu. Lüthi dagegen stellt heraus, dass nur Erzählungen, in denen Tiere als Held oder Heldin agieren zu den Tiermärchen gezählt werden sollen.4 „Märchen von Tierkindern, die von ihrer Tiergestalt erlöst werden, gehören dagegen zu den Zaubermärchen“.5 Geht man nach diesem Merkmal, so finden sich unter den KHM 24 Tiermärchen. Wenn man diese nach Tierarten aufteilt kommt man auf folgendes Ergebnis. Tiere des Waldes: Fuchs (KHM 38, 72-75, 86, 132); Wolf (KHM 5); Hase und Igel (KHM 187). Haus- und Hoftiere: Hähnchen und Hühnchen (KHM 10, 41, 80, 190); Hund, Katze u.a. (KHM 27, 48); Maus (KHM 2, 23). Tiere der Luft: Sperling (KHM 58, 157); Zaunkönig (KHM 102, 171); Rohrdommel (KHM 173); Laus und Floh (KHM 30). Fische: Scholle (KHM 172). Bei dieser Sortierung fällt auf, dass der Fuchs in den meisten Erzählungen vorkommt, gleich in sieben Tiermärchen. Als Held tritt der Fuchs davon in fünf auf (KHM 38,72,73,74,132) und in zweien (KHM 75,86) als Antagonist des Helden. In den KHM 80 und 102 tritt der Fuchs im Verlauf der Erzählung in Erscheinung.6 Solms nimmt ebenfalls eine Einteilung nach Erzählformen vor. Zu den Tierschwänken zählt er die KHM 27, 38, 48,58,72-75, 86, 102, 132, 187. KHM 5, 10, 30, 41, 80 und 190 ordnet er den Kinder-Tiermärchen zu. Zu den Tier- und Ursprungssagen gehören die KHM 171, 172, 173, zu den Tierfabeln die KHM 2 und 23, sowie das KHM 157 zu den Gleichnissen zählt. Dabei ist auffällig, dass die meisten Märchen den Tierschwänken zugeordnet werden können, aufgrund ihres humorvollen Erzählstils. Die Kinder-Tiermärchen wirken durch die Kettentechnik, trotz ihres traurigen Inhalts schwankhaft. Deutlich wird dies bei „Der gescheite Hans“ (KHM 32), „Die kluge Else“ (KHM 34) und „Hans im Glück“ (KHM 83). Ebenfalls einen scherzhaften Charakter haben die Tier- und Ursprungssagen, durch die Ursachenerklärung, die nicht ernst gemeint ist. Beim „Zaunkönig“ (KHM 171) nennen die anderen Vögel ihn aus Hohn so. Die Tierfabeln unterscheiden sich jedoch aufgrund des negativen Endes von den Tierschwänken.7 Wird nun der Vergleich von Tierarten und Erzählformen zusammengefasst, dann kann festgestellt werden, dass in den Tierschwänken zu meist der Fuchs auftaucht, in den Kinder-Tiermärchen das Hähnchen und Hühnchen, in den Tierfabeln ist der tragische Held die Maus und in den Tier- und Ursprungssagen wird die Entstehung von Tierarten zum Beispiel der Scholle und des Zaunkönigs erläutert.8
Im Verlauf wird jedoch die Rolle der Tiere im Vordergrund stehen, in welcher Verbindung sie zum Menschen stehen und warum so häufig Tiere in den Märchen der Brüder Grimm vorkommen.
2.2 Märchenhafte Tiere als Funktionsträger
Meist vertreten die Tiere im Märchen eine bestimmte Funktion. Sie können als hilfreiche Tiere und als Tiergestaltige, die auf Erlösung warten oder als Vertreter moralischer und unmoralischer Eigenschafen auftreten.
[...]
1 Vgl. Wilhelm Solms: Tiere und Tiergestaltige im Märchen, S. 196, im Weiteren Solms (1991).
2 Vgl. Solms (1991), S. 196.
3 Ebd., S. 196.
4 Vgl. ebd., S. 197.
5 Ebd., S.197.
6 Vgl. ebd., S.198.
7 Vgl. ebd., S.199.
8 Vgl. ebd., S.199.