Im Essay wird das Aktienrückkaufprogramm näher erläutert. Der Fokus liegt hierbei besonders auf dem geschichtlichen und wirtschaftlichen Hintergrund, den Rahmenbedingungen und den Verfahren und Motive für den Erwerb eigener Aktien. Neben einem Praxisbeispiel der Adidas Group wird ein kurzer Bezug zur Corona Krise und den damit verbundenen Auswirkungen auf die Aktienrückkäufe hergestellt.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Historischer Überblick von Aktienrückkäufen in Deutschland
3 Aktuelle Rechtliche Grundlage
4 Rückkaufverfahren
4.1 Erwerb über die Börse
4.2 Öffentliches Angebot
4.2.1 Festpreisangebot
4.2.2 Auktionsverfahren
4.3 Individuell ausgehandelter Rückkauf
5 Motive für den Rückkauf von Aktien
5.1 Akquisitionswährung
5.2 Unterbewertung
5.3 Mitarbeiterbeteiligungsprogramme
6 Aktienrückkäufe in der Praxis am Beispiel der Adidas Group unter Berücksichtigung der Corona Krise
7 Kritische Würdigung
7.1 Gedruckte Quellen
7.2 Internetquellen
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Gründe für Aktienrückkäufe in Deutschland im Jahr 2010
1 Einleitung
Aktienrückkaufprogramme sind längst nicht mehr nur ein Thema in den USA. Seit der Einführung des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KontraG) im Jahr 1998 und den damit verbundenen Erleichterungen bezüglich des Aktienrückkaufs greifen auch immer mehr Deutsche Aktiengesellschaften auf diesen Verfahren zurück. 2008 hatte der Aktienrückkauf von DAX- und MDAX-Konzernen sein Rekordhoch in Deutschland mit einer Summe von 16,8 Milliarden Euro.1 Der Erwerb eigener Aktien bietet für viele Unternehmen eine wichtige Möglichkeit um finanzwirtschaftliche Ziele zu erreichen.2
Im Folgenden wird das Aktienrückkaufprogramm näher erläutert. Der Fokus liegt hierbei besonders auf dem geschichtlichen und wirtschaftlichen Hintergrund, den Rahmenbedingungen und den Verfahren und Motive für den Erwerb eigener Aktien. Der Theoretische Teil wird am Ende des Essays mit einem Praxisbeispiel der Adidas Group erläutert. Ebenso wird ein kurzer Bezug zur Corona Krise und den damit verbundenen Auswirkungen auf die Aktienrückkäufe hergestellt.
2 Historischer Überblick von Aktienrückkäufen in Deutschland
Die Rechtsform der Aktiengesellschaft wurde erstmals 1807 mit dem Code de Commerce als solche anerkannt.3 Das damals bestehende Gesetz enthielt noch keine Bestimmungen über den Erwerb eigener Aktien, obwohl die Aktienrückkäufe auch damals bereits eine Rolle spielten.4 Mit dem Bundesgesetz von 1870 wurde der Erwerb eigener Aktien erstmals verboten, darunter zählten auch der Erwerb durch Erbe, Schenkung oder Zwangsvollstreckung.5 Auch die Depotgeschäfte der Banken in eigene Aktien war zu diesem Zeitpunkt unzulässig.6
Die 1870 eingeführten Verbote konnten durch inpfandnahme eigner Aktien leicht umgangen werden, da dies nicht explizit im Gesetz ausgeschlossen wurde.7 Diese Umgehbarkeit wurde 1884 durch das Reichsgesetz beseitig.8
1897 wurde der im Reichsgesetzt genannte Artikel zum Verbot des Erwerbs eigener Aktien ins HGB übernommen und der Begriff „im geschäftlichen Betrieb“ durch „im regelmäßigen Geschäftsbetrieb“ ersetzt.9 Dies hatte zur Folge, dass Aktienrückkäufe nahezu uneingeschränkt wieder möglich waren, da der Erwerb eigener Aktien so gut wie nie zum regelmäßigen Geschäftsbetrieb gehören.10
1931 wurde der Erwerb der eigenen Aktien durch eine Notverordnung wieder eingeschränkt und der noch heute geltende Maximalbetrag von 10 % eigener Anteile am Grundkapital erstmals eingeführt.11 Grund der Einführung der Notverordnung waren die Erfahrungen der Weltwirtschaftskrise um 1920 und dem Verdacht auf verdeckte Einlagenrückgewähr.12
1998 wurde das KontraG eingeführt, welches zu einer Änderung des Aktiengesetztes geführt hat, welche noch heute ihre Gültigkeit hat. Seitdem sind die Möglichkeiten für deutsche Unternehmen Aktien zurückzukaufen deutlich ausgeweitet wurden.13 Besonders die in §71 Nr. 8 AktG eingefügte Änderung bietet den Unternehmen einen großen Spielraum zum Erwerb eigener Aktien.
3 Aktuelle Rechtliche Grundlage
Unter bestimmten Voraussetzungen gestattet der § 71 AktG den deutschen Aktiengesellschaften den Erwerb eigener Aktien. In § 71 I AktG finden sich unter anderem die Ausnahmetatbestände zum Erwerb eigener Aktien aufgrund von Schadensabwehr nach §71 I Nr. 1 AktG, Abfindung der Aktionäre nach §71 I Nr. 3 AktG, unentgeltlichen Erwerbs nach §71 I Nr. 4 AktG, Wertpapierhandels nach §71 I Nr. 7 AktG. Den bedeutsamsten Ausnahmetatbestand stellt allerdings § 71 I Nr. 8 AktG dar, da dieser in der Praxis den Regelfall bildet.14
§71 I Nr. 8 AktG besagt, dass der Erwerb eigener Aktien erlaubt ist, wenn ein Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung vorliegt und die Summe des Rückkaufes weniger als 10 % des Grundkapitals ausmachen. Dieser Ermächtigungsbeschluss ist innerhalb von 5 Jahren auszuüben, was eine deutliche Lockerung gegenüber der bis September 2009 geltenden Rechtsvorschrift ist, welche besagte, dass der Ermächtigungsbeschluss innerhalb von 18 Monaten auszuüben ist.15 Außerdem kann die Hauptversammlung den Vorstand bemächtigen weitere eigene Aktien zu kaufen ohne, dass ein weiterer Beschluss der Hauptversammlung vorliegen muss. Beim Erwerb und bei der späteren Veräußerung der Aktien nach §71 I Nr. 8 AktG ist zwingend § 53a AktG, also der Gleichbehandlungsgrundsatz der Aktionäre, anzuwenden. Zusätzlich zu den in § 71 I Nr. 8 AktG genannten Voraussetzungen müssen die Aktien zum Zeitpunkt des Rückkaufes gem. § 71 II S. 3 AktG voll eingezahlt sein. In den §71a-e AktG finden sich weitere Schranken für den Erwerb eigener Aktien. So werden unter anderem Umgehungsgeschäfte, der Erwerb eigener Aktien durch Dritte und die Inpfandnahme eigener Aktien verhindert.
4 Rückkaufverfahren
Das Rückkaufverfahren richtet sich immer nach dem vom Vorstand verfolgten Ziel.16 Zum Erwerb eigener Aktien sind heute vier verschiedene Rückkaufverfahren bekannt, die sich in Bezug auf die Auswirkungen auf den Kapitalmarkt, die Aktionärsgruppen und die Kaufpreishöhe unterscheiden.17
4.1 Erwerb über die Börse
Der Erwerb über die Börse zählt zu den häufigsten Erwerbmethoden eigener Aktien. Beim anonymisierten Börsenerwerb, auch Open market repurchase genannt, erwirbt das Unternehmen die Aktien zum aktuellen Kurs, wodurch die von der Aktiengesellschaft zu
[...]
1 Vgl. Reuter, T., Flossbach von Storch Unternehmensangaben, 2020 zitiert nach Statista, Volumen Aktienrückkäufe, 2020, o. S.
2 Vgl. Becker, H. P., Investition und Finanzierung, 2010, S. 167
3 Vgl. Seifert, U., Aktienrückkauf, 2006, S. 9
4 Vgl. Ebd., S. 9
5 Vgl. Ebd., S. 10
6 Vgl. Ebd., S. 10
7 Vgl. Seifert, U., Aktienrückkauf, 2006, S. 10
8 Vgl. Ebd., S. 11
9 Vgl. Ebd., S. 11
10 Vgl. Ebd., S. 11
11 Vgl. Ebd., S. 13
12 Vgl. Pape, U., Grundlagen, 2018, S. 132
13 Vgl. Ebd., S. 132
14 Vgl. Schremper, R., Kapitalmarkt, 2002, S. 17
15 Vgl. Oechsler in MüKo, AktG, § 71 Rn. 211; Vgl. Oechsler in MüKo, AktG, § 71 Rn. 43
16 Vgl. Oechsler in MüKo, AktG, § 71 Rn. 13
17 Vgl. Becker, H. P., Investition und Finanzierung, 2010, S. 170