Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Beurteilung immaterieller Vermögenswerte durch einen angemessenen beizulegenden Zeitwert. Die thematische Grundlage bilden die Notwendigkeit einer Fair-Value-Bewertung sowie die Problematik eines fehlenden Marktes als Bewertungsmaßstab. Des Weiteren werden Bewertungsmethoden erläutert und diese an ausgewählten Vermögenswerten näher dargestellt. Eine kurze Zusammenfassung stellt den inhaltlichen Abschluss der Arbeit dar.
Inhaltsverzeichnis
1. Problemstellung
2. Konzeptionelle Grundlagen
2.1 Notwendigkeit einer Bewertungsmethode beim Unternehmenserwerb
2.2 Der Grundgedanke der Fair-Value-Bewertung
3. Methoden der Fair-Value-Bewertung
3.1 Marktpreisorientiertes Verfahren (market approach)
3.2 Kapitalwertorientiertes Verfahren (income approach)
3.2.1 Barwertorientiertes Verfahren
3.2.2 Discounted Cashflow Verfahren
3.2.3 Lizenzpreisanalogie
3.2.4 Mehrgewinnmethode
3.2.5 Residualwertmethode
3.3 Kostenorientiertes Verfahren (cost approach)
4. Die Bewertung ausgewählter Vermögenswerte
4.1 Marken
4.2 Technologien und Patente
4.3 Kundenbeziehungen
5. Zusammenfassung
Anhang
Literaturverzeichnis
1. Problemstellung
Immaterielle Vermögenswerte gewinnen heutzutage bei der Unternehmensbewertung stetig an Bedeutung. Begründet liegt dies in einem Wandel innerhalb der letzten Jahrzehnte, in welchen sich der industrielle Schwerpunkt hin zu einer von Dienstleistungen und Technologien geprägten Gesellschaft entwickelte. Infolgedessen definieren sich Unternehmen nicht mehr größtenteils durch materielle Faktoren wie Maschinen oder Grundstücke, sondern auch über immaterielle Werte wie Patente, Marken- und Warenzeichen, Lizenzen oder einen umfangreichen Kundenstamm.1 Allgemein definieren sich immaterielle Werte als „in Leistungserstellungsprozessen eingesetzte nicht finanzielle wirtschaftliche Güter, deren Substanz nicht körperlich wahrnehmbar ist, sondern beispielsweise als Recht, Beziehung, Wissen oder Information, Prozess, Verfahren oder Gedanke in Erscheinung tritt“.2
Bei einem Unternehmenszusammenschluss im Sinne des IFRS 3, im Rahmen dessen alle Vermögensgegenstände und Schulden des zu erwerbenden Unternehmens genau ermittelt werden müssen, stellt die Bewertung immaterieller Werte eine besondere Herausforderung dar. Aufgrund bestehender Aktivierungswahlrechte und Ansatzverbote besteht die Notwendigkeit, immaterielle Ressourcen erst einmal zu identifizieren und anschließend korrekt zu bewerten, da diese beim erworbenen Unternehmen nicht oder nur teilweise bilanziell erfasst waren.3
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Beurteilung immaterieller Vermögenswerte durch einen angemessenen beizulegenden Zeitwert. Die thematische Grundlage bilden die Notwendigkeit einer Fair-Value-Bewertung sowie die Problematik eines fehlenden Marktes als Bewertungsmaßstab. Des Weiteren werden Bewertungsmethoden erläutert und diese an ausgewählten Vermögenswerten näher dargestellt. Eine kurze Zusammenfassung stellt den inhaltlichen Abschluss der Arbeit dar.
2. Konzeptionelle Grundlagen
2.1 Notwendigkeit einer Bewertungsmethode beim Unternehmenserwerb
Im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses gehen zum Erwerbszeitpunkt Besitz, Gefahr, Nutzen und Lasten der erworbenen Vermögensgegenstände und Schulden auf den Erwerber über. Des Weiteren kann der vorherige Eigentümer vom Einwirken ausgeschlossen werden und ein Herausgabeanspruch unterliegt keinerlei wirtschaftlicher Bedeutung mehr.4 Der Erwerber stellt somit den neuen wirtschaftlichen Eigentümer sämtlicher Vermögenswerte und Schulden des erworbenen Unternehmens dar. Infolgedessen müssen diese laut dem deutschen Handelsrecht nach § 246 Abs. 1 S. 1 HGB in seinem Jahresabschluss aufgenommen und bei wirtschaftlicher Zurechenbarkeit bilanziert werden. Der anzuwendende Bewertungsmaßstab lässt sich aus § 255 HGB entnehmen. So heißt es in Abs. 4 S. 1, dass der beizulegende Zeitwert dem Marktpreis entspricht. Für Vermögenswerte und Schulden, mit beobachtbaren Markttransaktionen und -informationen, ist diese Form der Bewertung durchaus anwendbar. Jedoch gibt es Bewertungsobjekte, bei denen eine Bemessung an einem aktiven Markt nicht möglich ist, da weder Informationen noch Transaktionen zur Verfügung stehen. So heißt es weiter in Satz 2, dass, „der beizulegende Zeitwert mit Hilfe allgemein anerkannter Bewertungsmethoden zu bestimmen“ ist, sofern kein aktiver Markt besteht.
Es werden somit verlässliche Schätzungen zu aktuellen Marktbedingungen erforderlich, zu denen Vermögenswerte verkauft und Schulden übertragen werden können.5
2.2 Der Grundgedanke der Fair-Value-Bewertung
Die Bewertung des beizulegenden Zeitwerts, auch Fair-Value-Bewertung genannt, stellt eine nach HGB und IFRS zulässige Methode dar, um einen angemessenen Veräußerungswert zu erheben.6 Hierbei werden mit Hilfe beobachtbarer Marktpreise bzw. einem herangezogenen Verfahren verlässliche Werte und begründete Schätzungen ermittelt.7 Vermögenswerte können sowohl als einzelne Gegenstände in die Bewertung eingehen, sowie als zusammengefügte Einheiten. Die Bildung solcher Gruppen findet insbesondere im Rahmen von Kaufpreisallokationen für immateriellen Vermögenswerte sowie bei Impairment Tests Anwendung.8
Um eine einheitliche und vergleichbare Bewertungsgrundlage zu gewährleisten, enthält der IFRS 13 eine Bemessungshierarchie (Fair-Value-Hierarchie). Hierbei werden Bewertungstechniken aufgrund ihrer entsprechenden Inputfaktoren in drei Stufen unterteilt [Siehe auch Abb. 1: Fair-Value-Hierarchie im Anhang].9
- Level 1: Am Bewertungsstichtag besteht ein aktiver Markt, zu dem ein Zugang besteht. Dieser liefert beobachtbare Preise für identische Vermögenswerte bzw. Schulden. Aufgrund der Identität sind keine oder nur geringe Anpassungen der Bewertung erforderlich.
- Level 2: Am Markt mittelbar oder unmittelbar beobachtbare und ableitende Preise, die jedoch für die Bewertung noch Anpassungen benötigen. Der Grad der Objektivierbarkeit nimmt hierbei durch eine steigende subjektive Einschätzung ab.
- Level 3: Es besteht wenig oder keine Marktaktivität, weshalb die Bewertung aufgrund anwendbarer Inputfaktoren und Annahmen vorzunehmen ist. Dies ist unter anderem bei immateriellen Vermögenswerten der Fall.
Infolgedessen ist jenes Verfahren bei der Bewertung heranzuziehen, welches auf die meisten marktbasierten Inputfaktoren zurückzuführen ist, da diese somit als Kriterien der Verlässlichkeit dienen.10 Hieraus ergeben sich jedoch auch hohe Ermessenspielräume hinsichtlich einer validen Bewertung aufgrund wenig aktiver oder fehlender Märkte.11
3. Methoden der Fair-Value-Bewertung
Da immaterielle Vermögenswerte und Schulden sich häufig durch ihre Individualität auszeichnen, gibt es meist keine beobachtbaren Anhaltspunkte, die für deren Bewertung herangezogen werden können.12 Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, alternative Bewertungsmethoden heranzuziehen. Mit dem Ziel, einen möglichst verlässlichen und plausiblen Preis zu ermitteln.13 Zur Bewertung des beizulegenden Zeitwerts immaterieller Vermögenswerte kann grundsätzlich zwischen drei Bewertungsverfahren unterschieden werden:
3.1 Marktpreisorientiertes Verfahren (market approach)
Bei dieser Methode erfolgt eine Ableitung des Zeitwertes aufgrund vergleichbarer oder identischer Objekte durch beobachtbare Transaktionspreise an einem aktiven Markt.14 Definitionsgemäß handelt es sich um einen solchen, sobald eine Homogenität der gehandelten Güter vorliegt, vertragswillige Käufer und Verkäufer leicht auffindbar und alle Preise öffentlich bekannt sind.15 Im Rahmen des marktpreisorientierten Verfahrens werden häufig Marktmultiplikatoren angewendet, welche sich aus entsprechenden Vergleichswerten ableiten.
[...]
1 Vgl. Clauss (2012), S. 57; vgl. Müller (2006), S. 6.
2 IDW S 5, Rn. 3.
3 Vgl. Rogler/Schmidt/Tettenborn (2014), S. 577; vgl. Zülch/Stork (2015), S. 301.
4 Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele (2014), S. 180.
5 Vgl. IFRS 13; Rn. 2.
6 Vgl. IFRS 13, Rn. 9.
7 Vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg (2017), Rn. 30; vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg (2021), Rn. 80.
8 Vgl. IAS 36, Rn. 65ff.
9 Vgl. IFRS 13, Rn. 72.
10 Vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg (2017), Rn. 29-35.
11 Vgl. Velte (2008), S. 288.
12 Vgl. Castedello/Beyer (2009), S. 157.
13 Vgl. IFRS 13, Rn. 62.
14 Vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg (2017), Rn. 40.
15 Vgl. IDW S 5, Rn. 19-20.