Die folgende, sich am US-amerikanischen Strafsystem sowie an den ihm innewohnenden Innocence Projects orientierende, komparative Analyse dient dem selbstgesetzten Ziel der Wissenserweiterung um die Ausgestaltung anderer Strafsysteme, dem reziproken Lernen hieraus sowie der distanzierten Betrachtung der eigenen Verhältnisse und ihrer Problematiken sowie der Ausarbeitung möglicher Lösungsansätze hierfür.
Die folgenden Ausführungen befassen sich mit dem gängigen Verfahren des trial cases, in welchem über Verbrechen (felonies) verhandelt wird, lassen sich jedoch ebenso auf Verfahren über Vergehen (misdemeanours) übertragen. Die Unterscheidung zwischen den beiden Deliktstypen erfolgt dabei aufgrund derselben Dichotomie wie in § 12 StGB, wonach die Einordnung des beschuldigten Tatbegehens schlussendlich die Höhe der Mindeststrafe bestimmt.
Beginnend mit dem Ermittlungsverfahren, welches vorrangig durch die örtliche Kriminalpolizei gemäß des Opportunitätsprinzips und hierbei weisungsunabhängig von der Staatsanwaltschaft geführt wird, folgt auf den Erlass eines Vollstreckungsbefehls (warrant), welcher das Bestehen einer gewissen Wahrscheinlichkeit der Tatbegehung (probable cause) voraussetzt, die Verhaftung (arrest). Sodann wird der Angeklagte im Anklageeröffnungsverfahren (arraignment) vor dem zuständigen Richter mit dem festgelegten Klagegegenstand konfrontiert und über seine Rechte belehrt – er hat die Möglichkeit der Stellungnahme (pleas) und kann sich hierbei als schuldig (guilty) oder nicht schuldig (not guilty) bekennen – zumeist zu seinem Nachteil. Statistisch gesehen enden an diesem Punkt ein Großteil aller Verfahren im Wege des sog. plea bargaining, mithin eines vonseiten des Angeklagten geäußerten Schuldeingeständnisses, da es mit Ausspruch eines guilty pleas des, die Hauptverhandlung bestimmenden, Konfliktes fehlt.
Wird ein solches nicht ausgesprochen, beginnt der Richter im Rahmen der ersten Anhörung (preliminary hearing) die, der Anklage zugrundeliegenden, Beweise zu prüfen und insoweit ein ausreichender Anlass für eine Klageerhebung besteht, verkündet er einen Eröffnungsbeschluss (holding order) mit einem Verweis an das zuständige Gericht.
Inhaltsverzeichnis
- Die Freiheitsstrafe als Ultima Ratio des Staates gegenüber seinen Bürgern und die hiermit einhergehende Notwendigkeit der kritischen, komparativen Analyse eines Strafsystems
- Die Vereinigten Staaten von Amerika als straffreudigstes Land der Welt?
- Das US-amerikanische Strafverfahren im Wandel der Zeit
- Aufbau und Ablauf des trial cases
- Das adversatorische Strafverfahren oder: Die Wahrheitsherstellung als Ziel der Hauptverhandlung
- Die Signifikanz des plea bargaining
- Die richterliche Strafzumessung - ein politisiertes Instrument?
- Das indeterminate sentencing als Ausdruck eines Resozialisierungs-Ideals
- Die Federal Sentencing Guidelines ein berüchtigtes Richtlinienmodell
- Die Verschärfung der Strafzumessung im Rahmen der „get-tough“-Bewegung
- Masseninkarnation oder: Eine Optimierung des Strafvollzugs
- Historische Entwicklung der US-amerikanischen Inhaftierungsraten
- Prison Privatization als Zukunft des Strafvollzugs?
- Das deutsche Strafsystem als direkte Komparation
- Aufbau und Ablauf des deutschen Strafverfahrens
- Das inquisitorische Verfahrensmodell
- Das Schöffengericht
- Der historische Wandel der Absprache im deutschen Strafverfahren
- Die Wiederaufnahme nach § 359 StPO - ein hoffnungsloser Fall?
- Die richterliche Strafzumessung als lokal-traditionelle Sanktionspraxis
- Der Strafvollzug als Resozialisierungs-Ideal
- Innocence Projects und Law Clinic Post-Conviction – Die Notwendigkeit privater Initiativen im In- und Ausland
- Die Innocence-Bewegung als Bürgerrechtsbewegung des 21. Jahrhunderts
- Die Centurion Ministries Organisation - Unschuldsvermutung ohne Handbuch
- Das Innocence-Project – mehr als eine BBC-Serie
- Law Clinic Post-Conviction oder: Wo bleibt der deutsche Aufschrei nach Unschuld?
- Die stiefmütterliche Verwertung von genetischen Analysen vor Gericht
- Das Ausbleiben staatlich organisierter Urteilskontrollen
- Die Law Clinic Post-Conviction als privat-initiierter Aufschrei
- Vergleich des Strafverfahrens in den USA und Deutschland
- Untersuchung der Strafzumessung in beiden Ländern
- Analyse des Strafvollzugs und seiner Entwicklung
- Bewertung der Rolle von „Innocence Projects“ in der Rechtsprechung
- Bewertung der Eignung des „Innocence Projects“ als Modell für Deutschland
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit befasst sich mit der komparativen Analyse des „Innocence Projects“ in den Vereinigten Staaten von Amerika und dessen Eignung als Modell für entsprechende Projekte in Deutschland. Die Arbeit untersucht die Freiheitsstrafe als Ultima Ratio des Staates und die Notwendigkeit der kritischen Analyse von Strafsystemen.
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beschäftigt sich mit der Freiheitsstrafe als Ultima Ratio des Staates gegenüber seinen Bürgern und der Notwendigkeit einer kritischen Analyse von Strafsystemen. Kapitel zwei analysiert das US-amerikanische Strafverfahren und dessen Entwicklung im Wandel der Zeit. Dabei werden das adversatorische Strafverfahren, die Bedeutung des plea bargaining und die richterliche Strafzumessung beleuchtet. Das dritte Kapitel konzentriert sich auf das deutsche Strafsystem im Vergleich zum amerikanischen System. Es werden der Aufbau und Ablauf des deutschen Strafverfahrens, die richterliche Strafzumessung und der Strafvollzug im Fokus betrachtet. Im vierten Kapitel wird die Bedeutung von „Innocence Projects“ und der Law Clinic Post-Conviction als private Initiativen im Kampf für Unschuld und fehlerfreie Rechtsprechung untersucht.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die folgenden Schlüsselbegriffe: Strafverfahren, Strafzumessung, Strafvollzug, Innocence Projects, Law Clinic Post-Conviction, Fehlurteile, Wiederaufnahmeverfahren, USA, Deutschland, Vergleichende Rechtswissenschaft.
- Arbeit zitieren
- Felix Drechsler (Autor:in), 2022, Das "Innocence Project" in den Vereinigten Staaten von Amerika. Ist es ein Modell für entsprechende Projekte in Deutschland?, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/1183700