Über keine andere psychische Störung, betreffend das Kindes- und Jugendalter, wird in den Medien so häufig debattiert wie über die Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Im Volksmund bekannt als das Zappelphilipp-Syndrom. Über solche kontroversen Diskussionen und provokanten Schlagzeilen über ADHS und der inklusiven Infragestellung der Existenz dessen verfügen diverse Internetplattformen in vielfältigen Variationen und in Richtung unterschiedlicher Verschwörungstheorien. Allerdings behaupten zahlreiche Schätzungen und epidemiologische Zahlen, die Saul somit widersprechen, dass derzeit ca. 4,9% aller Kinder und Jugendlichen in der Bundesrepublik Deutschland ein diagnostiziertes Hyperaktivitätsproblem vorweisen. Zusätzlich wird ADHS als einer der häufigsten Störungen des Kindes und Jugendalter deklariert.
Ergänzend zu der Prävalenz rückte ebenfalls die medikamentöse Behandlung zunehmend in das Blickfeld der kritischen und zugleich laienhaft aufgeklärten Öffentlichkeit, weshalb einerseits diese abwertende Haltung zu der hyperkinetischen Störung entstand. Andererseits ist längst allgemein bekannt, dass ADHS zu oft - zusätzlich auch fälschlicherweise - diagnostiziert und im Anschluss unmittelbar, wie bereits betont, mit Medikamenten behandelt wird. Die für die ADHS charakteristischen psychischen Auffälligkeiten zählen in Erziehungsberatungsstellen, kinderpsychotherapeutischen Kliniken oder Praxen zu den häufigsten Vorstellungsanlässen. Gewöhnlich verschärfen sich die Symptome im Verlauf der ADHS mit zunehmendem Altem kontinuierlich. Das mündet in der Regel in Arbeitsplatzverlusten, mehreren Partnerschaftskrisen, gehäuften finanziellen Problemen, einer vermehrten Rückkehr ins Elternhaus, häufigen Suizidversuchen, wiederholenden Vorstrafen, wiederkehrenden Krankenhausaufenthalten und oft in seelischen Krisenzuständen. Welche Mittel und wissenschaftlich fundierten Methoden können solche Auswirkungen vorbeugen?
I. Inhaltsverzeichnis
I. INHALTSVERZEICHNIS
II. ABBILDUNGSVERZEICHNIS
III. TABELLENVERZEICHNIS
1 EINLEITUNG
1.1 Ausgangssituation und Problemstellung
1.2 Zielsetzungder Arbeit
1.3 Aufbau der Arbeit
2 THEORETISCHER BEZUGSRAHMEN
2.1 Die Aufmerksamkeitsdefizit- /Hyperaktivitätsstörung (ADHS)
2.2 Definition: Aufmerksamkeit
2.3 Definition: Kardinalsymptome
2.4 Biopsychosoziales Erklärungsmodell
2.5 Einleitung in die Pharmakotherapie
2.5.1 Psychostimulanzien
2.5.2 Methylphenidat
3 ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK UNTER BERÜCKSICHTIGUNG DER RISIKEN VON METHYLPHENIDAT
IV. LITERATURVERZEICHNIS
V. ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
VI. ANHANG
II. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Kardinalsymptome
Abbildung 2 Dopaminerge Synapse ohne und unter Methylphenidat Einfluss (Huss, 2002, S. 54 f.)
III. Tabellenverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Ausgangssituation und Problemstellung
„<Ob der Phillip heute still wohl bei Tische sitzen willl?> Also sprach in ernstem Ton der Papa zu seinem Sohn, und die Mutter blickte stumm auf dem ganzen Tisch herum. Doch der Phillip hörte nicht, was zu ihm der Vater spricht. Er gaukelt und schaukelt, er trappelt und zappelt auf dem Stuhle hin und her. <Phillip, dass mißfällt [missfällt] mir sehr!>“ (Hoffmann, 1845, zitiert nach Wittchen und Hoyer, 2006, S. 607).
Über keine andere psychische Störung, betreffend das Kindes- und Jugendalter, wird in den Medien so häufig debattiert wie über die Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Im Volksmund bekannt als das Zappelphilipp-Syndrom. „Eine Modekrankheit des 21 Jahrhunderts! ADHS gibt es nicht“ (Saul, 2016, zitiert nach Thies, 2016). Über solche kontroversen Diskussionen und provokanten Schlagzeilen über ADHS und der inklusiven Infragestellung der Existenz dessen verfügen diverse Internetplattformen in vielfältigen Variationen und in Richtung unterschiedlicher Verschwörungstheorien. Allerdings behaupten zahlreiche Schätzungen und epidemiologische Zahlen, die Saul somit widersprechen, dass derzeit ca. 4,9% aller Kinder und Jugendlichen in der Bundesrepublik Deutschland ein diagnostiziertes Hyperaktivtätsproblem vorweisen (Schlack et al., 2007, zitiert nach Henke und Wendler, 2012). Zusätzlich wird ADHS als einer der häufigsten Störungen des Kindes und Jugendalter deklariert (Wittchen und Hoyer, 2011, S. 586). Ergänzend zu der Prävalenz rückte ebenfalls die medikamentöse Behandlung zunehmend in das Blickfeld der kritischen und zugleich laienhaft aufgeklärten Öffentlichkeit, weshalb einerseits diese abwertende Haltung zu der hyperkinetischen Störung entstand. Andererseits ist längst allgemein bekannt, dass ADHS zu oft - zusätzlich auch fälschlicherweise - diagnostiziert und im Anschluss unmittelbar, wie bereits betont, mit Medikamenten behandelt wird. Die für die ADHS charakteristischen psychischen Auffälligkeiten zählen in Erziehungsberatungsstellen, kinderpsychotherapeutischen Kliniken oder Praxen zu den häufigsten Vorstellungsanlässen (Döpfner und Lehmkuhl, 2002, S. 67). Gewöhnlich verschärfen sich die Symptome im Verlauf der ADHS mit zunehmendem Altem kontinuierlich. Das mündet in der Regel in Arbeitsplatzverlusten, mehreren Partnerschaftskrisen, gehäuften finanziellen Problemen, einer vermehrten Rückkehr ins Elternhaus, häufigen Suizidversuchen, wiederholenden Vorstrafen, wiederkehrenden Krankenhausaufenthalten und oft in seelischen Krisenzuständen (Kloep, 2020). Welche Mittel und wissenschaftlich fundierten Methoden können solche Auswirkungen vorbeugen?
1.2 ZielsetzungderArbeit
Damit die psychologischen Psychotherapeuten im besten Fall durch die in der Hausarbeit vermittelten Kenntnisse über die vorhandenen wissenschaftlichen Definitionen objektive, nicht beeinflussbare und ggf. auch auf testpsychologischer Grundlage basierende Indikationsentscheidungen liefern können, nimmt sich diese Hausarbeit zum Ziel, informative Belege sicherzustellen. Um diesen entsprechenden Schritt einzuleiten und eine möglichst vorurteilsfreie und weitgehend zutreffende Einschätzung bezüglich ADHS und Pharmakotherapie sowie deren Vor- und Nachteile zu gewährleisten, bedarf es einer intensiven Aufarbeitung der wissenschaftlichen Grundlagen. Bei hyperkinetischen Störungen ist in der Regel eine multimodale Behandlung, bestehend aus Medikamenten sowie zusätzlich kind- und elternzentrierten Therapiebestandteilen, indiziert (Lohaus und Vierhaus, S. 773, 2019). Diese Hausarbeit befasst sich allerdings vornehmlich und ausschließlich mit der medikamentösen Behandlung. Zusammenfassend nimmt sich die Hausarbeit zum Ziel, eine Antwort auf die wissenschaftliche Fragestellung zu finden, inwiefern die Behandlung mit dem Medikament ,Methylphenidat‘ (Ritalin) bei Kindern und Jugendlichen mit ADHS wirkt und welche Nebenwirkungen bzw. Risiken mit der Gabe von Stimulanzien verbunden sind. „Seit 1994 hat sich der Verbrauch dieser Substanz (Methylphenidat) mehr als verzehnfacht; allein im Jahr 2000 hat er sich gegenüber dem Vorjahr verdoppelt“ (Döpfer und Lehmkuhl, 2002, S. 67). Zudem sprechen aktuelle Zahlen von 80 Millionen Kindern, die weltweit mit Stimulanzien behandelt werden. In Deutschland gehen Schätzungen von 400.000 Fällen mit einer dauerhaften Ritalin-Zufuhr aus (Leuzinger-Bohleber, 2006, S. 11). Wie ist diese Entwicklung nun zu bewerten?
1.3 AufbauderArbeit
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich einleitend mit dem theoretischen Teil. Hierbei wird sich zuerst auf die einzelnen Definitionen bzw. Operationalisierungen konzentriert, die auf einer kurzen Eingrenzung der Störung ,ADHS ‘ und darauffolgend einer Begriffserläuterung der Aufmerksamkeit und Auflistung der Kardinalsymptome beruhen. Anschließend löst dies eine kurze Erläuterung des biopsychosozialen Erklärungsmodells ab. Im Folgenden wird der Begriff Psychostimulanzien beleuchtet, woraufhin die Überleitung zu Methylphenidat (Ritalin) ihren Anschluss findet. Zuletzt werden die Ergebnisse zusammengefasst und ein Fazit im Hinblick auf die Risiken und Nebenwirkungen von Ritalin gezogen.
2 Theoretischer Bezugsrahmen
Insbesondere mit dem Schuleintritt dürfte die Unfähigkeit zur selektiven und kontinuierlichen Aufmerksamkeit und Tendenzen zur Ablenkbarkeit in Erscheinung treten (Barkley, 1998, zitiert nach Henke und Wendler, 2012). Denn bereits in dem schulischen Kontext fordern Lehrpersonen Kompetenzen zur Kontrolle und bewussten Führung der eigenen Aufmerksamkeit der Kinder und Jugendlichen. Daher stellt Aufmerksamkeit eine Voraussetzung für kognitive Leistungen dar und geht somit mit einer vorteilhaften Benotung einher. Bewiesen ist zusätzlich, dass ein Kind mit einer ermittelten hyperkinetischen Störung die Schule seltener mit einem gleichwertigen Abschluss wie ein vergleichbar intelligentes, allerdings unauffälliges Kind absolviert (siehe Anhang 1) und bedauerlicherweise häufig auch keinen Schulabschluss vorweisen kann (Harpin, 2005, zitiert nach Henke und Wendler, 2012).
2.1 DieAufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS)
Die geläufigen Auffälligkeiten im Kindes- und Jugendalter im Rahmen der Störung belaufen sich auf Probleme in derAufmerksamkeit, einer mangelnden Impulskontrolle und motorische Aktivitäten. „Kinder mit ADHS sind unaufmerksam, impulsiv und hyperaktiv, was zu Lern- und Leistungsstörungen sowie zu Schwierigkeiten im Umgang mit Eltern, Lehrern und Gleichaltrigen führt“ (Gawrilow, Schmitt und Rauch, 2011).
2.2 Definition: Aufmerksamkeit
Der Begriff Aufmerksamkeit kombiniert die Fähigkeiten, Eindrücke aus der Umwelt aufzunehmen und aussortieren zu können. Dadurch wird das Individuum befähigt, entsprechend gezielte und auch effektive geistige Verarbeitungen zu ermöglichen. Die Regulation von Aufmerksamkeit und auch die Reaktion auf einen Reiz erfolgen durch eine Verknüpfung verschiedenartiger neuronaler Netzwerke, die hauptsächlich durch dopaminerge und noradrenerge Bahnen kontrolliert und moduliert werden (Banaschewski, Roessner, Uebel & Rothenberger, 2004). Somit handelt es sich bei derAufmerksamkeit um einen komplexen Mechanismus (Neuhaus, 2012).
„Überall dort, wo wir es nicht mit Routinehandlungen zu tun haben, ist Konzentration und eine kontinuierliche Kontrolle unseres Handelns erforderlich“ (Porjalali, 2020). Neuhaus (2012) zufolge umschließt die Aufmerksamkeit folgende diverse, verschiedenartige Aspekte. Zur Aufmerksamkeit gehört erstens ein Grad der allgemeinen Wachheit (Vigilanz). Von der Vigilanz hängt entscheidend ab, wie lange und wie gleichmäßig das Gehirn Reize aufnehmen und verarbeiten kann. Nach Neuhaus (201) muss die Aufmerksamkeit stetig aktivierbar sein und wird verglichen mit einer kontinuierlichen Bereitschaft, auf etwas zu reagieren. Zudem umrahmt dies auch die Fähigkeit zur selektiven Aufmerksamkeit, d.h. aktiv das Wichtige aus der Vielfalt der angebotenen Reize auszuwählen. Das entwickelt sich i.d.R. automatisch, damit das Individuum schnell und zuverlässig eine Reaktion auf Relevantes zeigen und gleichzeitig Unwesentliches ausblenden oder Störreize ignorieren kann (Neuhaus, 2012). Hierzu zählt zusätzlich, an einer Aufgabe bis zu ihrem vollständigen Abschluss festzuhalten. Ergänzend dazu ist das Halten und Verarbeiten von sequentiell mehreren Einzelheiten im Arbeitsgedächtnis von Bedeutung (Neuhaus, 2020). Mit all diesen Faktoren derAufmerksamkeit haben Betroffene von hyperkinetischen Störungen Schwierigkeiten (Neuhaus, 2012).
Resultierend daraus richten sich Aufmerksamkeitsprozesse einerseits auf externe (d.s. Beobachtungen) und andererseits auf interne Abläufe (d.s. Handlungsplanung, Problemlosen) (Porjalali, 2020).
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