Die Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, welche Bedeutung Alphabetisierung und Grundbildung für funktionale Analphabeten in Deutschland haben und inwiefern ein Zusammenhang zwischen funktionalem Analphabetismus und Armut besteht. Im ersten Teil werden zunächst zentrale Begrifflichkeiten wie Alphabetisierung, Grundbildung und Armut definiert. Anschließend wird im zweiten Teil der Analphabetismus in Deutschland thematisiert, um eine theoretische Basis für die Arbeit zu schaffen. Dabei wird anhand der zweiten Leo-Studie 2018 die Größenordnung aufgezeigt, um anschließend auf die Lebenswelt von funktionalen Analphabeten einzugehen. Danach wird die Bedeutung von Alphabetisierung und Grundbildung für funktionale Analphabeten anhand verschiedener Faktoren untersucht. Schließlich wird der Zusammenhang von funktionalem Analphabetismus und Armut herausgegriffen.
Man könnte meinen, dass Deutschland, als ein wirtschaftliches, weiterentwickeltes Industrieland, im Bereich der Schrift und Sprache keine Probleme in der Gesellschaft aufweist. Beschäftigt man sich allerdings genauer mit Begriffen wie "funktionaler Analphabetismus", "Alphabetisierung" oder "Grundbildung", wird deutlich, dass auch hier eine Problematik der Kompetenzen in Schrift und Sprache herrscht. Durch Alphabetisierung und Grundbildung soll den Menschen, die Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben haben, eine Möglichkeit gegeben werden, ihre Kompetenzen in Schrift und Sprache zu verbessern. Inwiefern diese für sie notwendig und bedeutsam sind, wird in dieser Arbeit untersucht.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Begriffsklärungen
2.1 Alphabetisierung
2.2 Grundbildung
2.3 Armut
3. Analphabetismus in Deutschland
3.1 Größenordnung des Analphabetismus
3.2 Lebenswelt von funktionalen Analphabeten
4. Bedeutung von Alphabetisierung und Grundbildung für funktionale Analphabeten
4.1 Alphabetisierung als Menschenrecht
4.2 Teilhabe am gesellschaftlichen Leben
4.3 Kommunikationsmöglichkeit
4.4 Kultureller Kontext
5. Der Zusammenhang von Armut und funktionalem Analphabetismus
6. Reflektiertes Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Man könnte meinen, dass Deutschland, als ein wirtschaftliches, weiterentwickeltes Industrieland, im Bereich der Schrift und Sprache keine Probleme in der Gesellschaft aufweist. Beschäftigt man sich allerdings genauer mit Begriffen wie „funktionaler Analphabetismus“, „Alphabetisierung“ oder „Grundbildung“, wird deutlich, dass auch hier eine Problematik der Kompetenzen in Schrift und Sprache herrscht. Durch Alphabetisierung und Grundbildung, soll den Menschen, die Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben haben, eine Möglichkeit gegeben werden, ihre Kompetenzen in Schrift und Sprache zu verbessern. Inwiefern diese für sie notwendig und bedeutsam sind, soll in dieser Arbeit untersucht werden. Diese Arbeit beschäftigt sich demnach mit der Frage, welche Bedeutung Alphabetisierung und Grundbildung für funktionale Analphabeten in Deutschland haben und inwiefern ein Zusammenhang zwischen funktionalem Analphabetismus und Armut besteht. Im ersten Teil werden zunächst zentrale Begrifflichkeiten wie Alphabetisierung, Grundbildung und Armut definiert. Anschließend wird im zweiten Teil der Analphabetismus in Deutschland thematisiert, um eine theoretische Basis für die vorliegende Arbeit zu schaffen. Dabei wird anhand der zweiten Leo-Studie 2018 die Größenordnung aufgezeigt, um anschließend auf die Lebenswelt von funktionalen Analphabeten einzugehen. Danach wird die Bedeutung von Alphabetisierung und Grundbildung für funktionale Analphabeten anhand verschiedener Faktoren untersucht. Schließlich wird der Zusammenhang von funktionalem Analphabetismus und Armut herausgegriffen.
2. Begriffsklärungen
2.1 Alphabetisierung
Um zu wissen, was mit Alphabetisierung gemeint ist, muss auf den Begriff Analphabetismus eingegangen werden. Das Wort „Analphabet“ tritt in der deutschen Sprache das erste Mal zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf (vgl. Schlutz 1983, S. 261) und meint „[…] wortwörtlich eine erwachsene Person, die der Schrift unkundig ist“ (ebd.). In Deutschland wurde der Begriff aber erst in den 1970er Jahre öffentlich thematisiert, da er zuvor in den Industrieländern als Tabuthema galt (vgl. Tröster 2010, S. 16). Der Begriff Analphabetismus steht für einen Mangel an der Beherrschung der Schriftsprache. Dabei werden verschiedene Formen unterschieden, auf die im Folgenden eingegangen wird (vgl. Tippelt et al. 2018, S. 1300).
Totale Analphabeten kennen keinerlei Buchstaben. Dazu gehören Menschen, die wegen einer Behinderung nicht fähig sind, Schrift- und Sprachkenntnisse zu erwerben. Aber auch Ausländerinnern und Ausländer, die in ihrem Herkunftsland keinen Zugang zu Schulbildung hatten und nach Deutschland immigriert werden, zählen zu der Gruppe von totalen Analphabeten. Hat eine Person, aufgrund mangelnden Schulbesuchs nie lesen und schreiben gelernt, wird von primärem Analphabetismus gesprochen (vgl. Döbert und Hubertus 2000, S. 20).
„Als Referenzpunkt für die Frage, was Gegenstand und Ziel einer Alphabetisierung Erwachsener ist, gerät dabei zunehmend der Begriff des funktionalen Analphabetismus in den Fokus“ (Euringer 2015, S. 30). Er findet sich hauptsächlich in Industrieländern wieder. Funktionale Analphabeten haben zwar eine Schule besucht, weisen aber dennoch Mängel beim Lesen und Schreiben auf (vgl. ebd.). Der funktionale Analphabetismus „[…] betont das Unterschreiten gesellschaftlicher Mindestanforderungen in der Schriftsprache“ (Grotlüschen und Buddeberg 2019, S. 343). Allerdings machen nicht allein die individuellen Kompetenzen in Schrift und Sprache eine Person zu einem alphabetisierten Menschen. Entscheidend sind ebenso die Erwartungen von Schriftsprachlichkeit der jeweiligen Gesellschaft, in der die Person lebt (vgl. Motakef 2008, S. 188). Dies verdeutlicht die folgende Definition des funktionalen Analphabetismus:
„Funktionaler Analphabetismus ist gegeben, wenn die schriftsprachlichen Kompetenzen von Erwachsenen niedriger sind als diejenigen, die minimal erforderlich sind und als selbstverständlich vorausgesetzt werden, um den jeweiligen gesellschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden. Diese schriftsprachlichen Kompetenzen werden als notwendig erachtet, um gesellschaftliche Teilhabe und die Realisierung individueller Verwirklichungschancen zu eröffnen“ (Egloff et al. 2011, S. 14)
Die Leo Studie 2018 verweist darauf, dass der Begriff ´funktionaler Analphabetismus´ als „[…] stigmatisierend und als ungeeignet für die erwachsenenbildnerische Praxis [gilt, J.K.]“ (Anke Grotlüschen et al. 2019, S. 4) und sie daher den Begriff ´geringe Literalität´ bzw. ´gering literalisierte Erwachsene´ verwendet (vgl. ebd., S. 4f.).
Von sekundärem Analphabetismus ist die Rede, wenn eine Person in der Schule zwar Kompetenzen in Schrift und Sprache erworben hat, diese aber nach dem Verlassen der Schule nicht mehr genutzt und angewendet werden. Die einmal erworbenen Kenntnisse werden vergessen und gehen teilweise verloren (vgl. Döbert und Hubertus 2000, S. 23).
Der Begriff Literalität ist ebenfalls Teil des allgemeinen Sprachgebrauchs und meint die Fähigkeit des Lesens und Schreibens.
2.2 Grundbildung
Der Begriff Grundbildung lässt sich zwischen den Begriffen Alphabetisierung und Literalität einordnen (vgl. Euringer 2015). Er umfasst „[…] eine Vielzahl von Fertigkeiten, die für eine aktive Partizipation an der Gesellschaft notwendig sind […]“ (Hussain 2009, S. 21, Hervorhebung im Original). Das Lesen und Schreiben, als Teil der Grundbildung wird vorausgesetzt (vgl. ebd.). Allerdings ist dies nicht ausreichend, wenn man sich als Bürger kompetent beteiligen möchte. Soziale und personale Kompetenzen spielen dabei auch eine wichtige Rolle (vgl. Tröster 2000, S. 13). Das Konzept der Grundbildung impliziert abgesehen vom Lesen und Schreiben auch Kompetenzen im Bereich des Rechnens und im Umgang mit Medien, sowie das Konzept des lebenslangen Lernens (vgl. Egloff 2010, S. 205). Nach Birte Egloff (2014) beinhaltet Grundbildung:
„[…] all jene konkreten Anforderungen, die zur Teilhabe an einer Gesellschaft vorausgesetzt werden. Neben Lesen, Schreiben und Rechnen geht es dabei z. B. auch um grundlegende Kenntnisse im Bereich von Fremdsprachen (z. B. Englisch), von (digitalen) Informations- und Kommunikationstechnologien (informationstechnische Grundbildung bzw. digital literacy), von Gesundheit und Ernährung (health bzw. food literacy) sowie Finanzen und Ökonomie (financial literacy bzw. ökonomische Grundbildung)“ (Egloff 2014, S. 104).
2.3 Armut
„Armut wird dabei im Wesentlichen als Mangel an Mitteln und Möglichkeiten verstanden, das Leben so zu leben und zu gestalten, wie es in unserer Gesellschaft üblicherweise auf Basis des historisch erreichten Wohlstandsniveaus möglich ist“ (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2017, S. 8).
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