Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit der Selbstregulation von Kindern und der Einfluss der Familie. Berücksichtigt werden Kinder vom Säugling- bis ins Vorschulalter.
Beginnend wird die Fähigkeit zur Selbstregulation und ihre Bedeutung im Kindesalter explizit beschrieben. Daraufhin wird der sozioökonomische Status der Familie und dessen Wirkung dargestellt sowie ihre Zusammensetzung und Konstellation. Darüber hinaus wird besonders auf die Eltern-Kind-Beziehung geachtet und die Kernelemente der einflussreichen Faktoren werden herausgearbeitet. Es wird klar, welche Anzeichen eine intakte und auch eine gestörte Beziehung haben und wie sie Einfluss auf die Entwicklung der Kinder nehmen. Des Weiteren wird die Notwendigkeit der Unterstützung und Förderung der kindlichen Selbstregulation erörtert. Es können familienintern Hilfestellungen gegeben werden, als auch darüber hinaus, zum Beispiel in der Kita. Zum Schluss wird der Elternfragebogen "IMMA 1-6" veranschaulicht, der die kindliche Selbst- und die elterliche Ko-Regulation parallel erfasst. Seine Anwendungsmöglichkeiten werden vorgestellt und diskutiert.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Selbstregulation
2.1. Dimensionen der Selbstregulation
2.2. Bedeutung der Selbstregulation im Kindesalter
3. Einflussfaktor Familie
3.1. Familienkonstellation
3.2. Sozioökonomischer Status der Familie
3.3. Rolle von Geschwistern bei der Selbstregulation von Kindern
3.4. Bedeutung Eltern-Kind-Beziehung
3.4.1. Charakteristika des intuitiven elterlichen Kommunikationsvermögen...
3.4.2. Symptome einer gestörten Eltern-Kind-Interaktion
4. Unterstützung und Förderung der Selbstregulation von Kindern
4.1. Elterliche Ko-Regulation
4.2. Regulationshilfen im Kitaalltag durch die pädagogische Fachkraft
5. IMMA 1-6: IMpuls- MAnagement nach Pauen, Strodthoff und Bechtel (2019)
6. Diskussion und Ausblick
7. Fazit
8. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Den inneren Schweinehund überwinden, auf heißen Kohlen sitzen, vor Wut kochen, vor Freude tanzen oder sich wie ein Kind freuen. Metaphern, die unser alltägliches Handeln unterschreiben und unsere Emotionsempfindungen illustrieren. Hinter denen wir glauben, dass sie zweifellos und konform seien, verbirgt sich ein umfangreicher Entwicklungsprozess, der sich von Mensch zu Mensch unterschiedlich ausprägen kann und sich verschiedenartig beeinflussen lässt. Neben den internalen biologischen Einflüssen, können auch äußere Faktoren Einfluss auf die Selbstregulation haben. Im Allgemeinen beschreibt die Fähigkeit der Selbstregulation, sich und sein Verhalten lotsen und kontrollieren zu können. Durch die Beschleunigung der Gesellschaft und die Modernisierung der Spätmoderne, wird der Erziehungsfunktion der Eltern oder der Bezugsperson und der Entwicklung der Kinder viel abverlangt. Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit der Selbstregulation von Kindern und der Einfluss der Familie. Berücksichtigt werden Kinder vom Säugling- bis ins Vorschulalter. Beginnend wird die Fähigkeit zur Selbstregulation und ihre Bedeutung im Kindesalter explizit beschrieben. Daraufhin wird der sozioökonomische Status der Familie und dessen Wirkung dargestellt, sowie ihre Zusammensetzung und Konstellation. Darüber hinaus wird besonders auf die ElternKind-Beziehung geachtet und die Kernelemente der einflussreichen Faktoren werden herausgearbeitet. Es wird klar, welche Anzeichen eine intakte und auch eine gestörte Beziehung haben und wie sie Einfluss auf die Entwicklung der Kinder nehmen. Des Weiteren wird die Notwendigkeit der Unterstützung und Förderung der kindlichen Selbstregulation erörtert. Es können familienintern Hilfestellungen gegeben werden, als auch darüber hinaus, zum Beispiel in der Kita. Zum Schluss wird der Elternfragebogen „IMMA 1-6“ veranschaulicht, der die kindliche Selbst- und die elterliche Ko-Regulation parallel erfasst. Seine Anwendungsmöglichkeiten werden vorgestellt und diskutiert.
2. Selbstregulation
Schon ab dem Zeitpunkt der Geburt werden wir ständig Momente erleben, in denen wir uns selbst regulieren müssen. Vom Säuglings- bis ins Erwachsenenalter wird Selbstregulation ein alltäglicher Begleiter unserer Handlung und Entscheidungsprozesse sein. Im Folgenden werden die wesentlichen Strukturen und Bereiche der Selbstregulation erläutert. Grundlegend kann gesagt werden, es ist ein Prozess, bei dem von einem Istwert ausgegangen wird und ein Sollwert erreicht werden will. Diese Werte beziehen sich auf menschliche Anpassungs- und Regulierungsprozesse der Emotionen, Gedanken, Motive und Handlungen. Die Voraussetzungen für Intentionales Handeln sind nach Kanfer (2012), die Selbstbeobachtung, die es ermöglicht seinen eigenen Standpunkt zu erkennen und die eigenen Handlungen einordnen zu können. Um sich von einer unerwünschten oder unbefriedigten Position, dem Istwert, zu lösen, bedingt es der Bewertung seines selbst. Der angebrachte Standard, beziehungsweise andere Positionen, werden mit den eigenen Handlungsoptionen verglichen, um Diskrepanzen oder Ähnlichkeiten zu erkennen und wahrzunehmen. Die Selbstverstärkung benötigt es, um nachfolgend eine positive oder auch negative Konklusion zu realisieren, also eine Veränderung vorzunehmen. Diese Verfahrensweise kann so oft durchlaufen werden, bis der gewünschter Zustand eintritt. Auch ist die Selbstregulation einzuordnen, als „eine zielgerichtete mentale Aktivität, die dazu dient, laufende kognitive, emotionale oder motivationale Zielprozesse zu verändern, um sich an eine bestimmte Situation anzupassen.“ (Pauen, 2016, S.5). Fundamental für den Vorgang von Selbstregulierungsprozessen sind die exekutiven Funktionen. Sie setzen sich aus verschiedensten Funktionen und Fähigkeiten der Selbstregulation, Metakognition und der kognitiven Kontrolle zusammen. Sie sind dabei abhängig von der Reifung des Präfrontalkortex, welche erst im frühen Erwachsenenalter, als vollständig abgeschlossen gilt (vgl. Kubesch, 2016). Zusammenfassend hat man sich auf drei Kernfunktionen, ausgehend von den exekutiven Funktionen, geeinigt. „Inhibition“ kann als innere Hemmung verstanden werden, welche die Funktion schildert, eine Handlung, trotz eines Reizes oder Impuls, nicht vorzunehmen und zu unterdrücken. Somit wird ein Entscheidungsfreiraum für weitere zielführende Handlungsmöglichkeiten geschaffen (vgl. St Clair-Thompson, 2006). Zur ständigen Überwachung und Aktualisierung des eigenen Standpunktes, dient die zweite Funktion „Updating“. Als „Shifting“ wird die Fähigkeit bezeichnet, sich neuen, noch unbekannten Anforderungen zu stellen und auch abseits von habituellen Handlungsmuster agieren zu können. Probleme und Hindernisse können aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden. Dieser Zugang dient als Basis für soziales und emphatisches Handeln (vgl. Deffner. C, 2016).
In der Pädagogik strebt man mit dem Begriff der Selbstregulation der Idee nach, dass Kinder einem inneren Fahrplan folgen und sich selbstständig zu einem gesellschaftsfähigen Individuum entwickeln. Durch Regulierung und Anpassung soll sich das Kind autark zurechtfinden. Durch ein passendes Umfeld, korrekte Unterstützung und emotionaler Zuwendung der Bezugspersonen, kann eine ungestörte Entwicklung, ausschlaggebender Funktionen zur Selbstregulation, stattfinden. Im Laufe des Entwicklungsprozesses ist das Ziel die Zunahme an Selbstregulationsstrategien und die Abnahme der Fremdregulation. Einflüsse auf die Entwicklung der Selbstregulation können bedingt durch Krankheiten, Frühgeburten, Elternverhalten, Familienumstände, sein.
2.1. Dimensionen der Selbstregulation
Was muss reguliert werden? Im Bereich der Selbstregulation wird in zwei konkrete Dimensionen unterschieden. Differiert wird zwischen der Emotionsregulation und der Verhaltensregulation.
Wichtig ist es, den Begriff „Emotion“ genau einzuordnen. Hierzu stellt Myers (2014. S. 496) die Definition auf, dass Emotion eine Reaktion des gesamten Organismus ist, die 1. physiologische Erregung, 2. Ausdrucksverhalten und 3. bewusste Erfahrung beinhaltet.“ Sie tritt also als Respons auf ein Objekt auf, welches das Individuum als bedeutsam wahrgenommen hat (vgl. Zimbardo, 1995). Entscheidend für ein gesellschaftliches Miteinander und zwischenmenschliche Beziehungen ist das Verhalten, welches von Emotionen geprägt ist. Sie gut regulieren zu können, bedeutet sich gut anzupassen und intentional handeln zu können. Der Prozess der Emotionsregulation durchkreuzt also Prinzipien der Prüfung, der Einschätzung und der Umwandlung subjektiver Emotionen, was sich in der Qualität, Intensität und der Beeinflussung des Emotionsverlauf wiederspiegelt (vgl. Stahl-von Zabern, 2015). Zu Beginn, also schon im Säuglingsalter, entwickelt der Mensch die Primären- oder auch Basisemotionen. Zu ihnen zählen Freude, Traurigkeit, Angst, Überraschung oder Interesse. In erster Linie dienen sie als eine Art Verständigung, um auf die eigenen Bedürfnisse aufmerksam zu machen. Der Säugling kann vertraute Stimmen erkennen und erste Bindungen durch Lächeln oder Fremdeln herstellen oder unterbinden. Eine Ko-Regulation ist daher noch stark erforderlich, da der Säugling auf Unterstützung angewiesen ist, um das eigene Überleben zu wahren. Solch ein Ausdruck der Emotionen ist nicht automatisch ab der Geburt vorhanden, sondern muss erlernt werden und ist abhängig von der Gesamtentwicklung und dem Umfeld. Spätere Entwicklungsschritte zeigen ein umfassenderes Verständnis der Emotionen in Ausdruck und Arten der Regulation. Ab dem ca. zweiten Lebensjahr ist es dem Kleinkind möglich positiv oder negativ gestimmte Gesichtsausdrücke wahrzunehmen. Die Emotion kann als interner Zustand erkannt werden, und erstes Wissen über die Ursache der Emotion entwickelt sich. Des Weiteren kommen Fähigkeiten der sekundären Emotionen zum Verständnis des Kindes hinzu. Es kann zum Beispiel mit Scham, Neid oder Schuld als Antwort auf einen Reiz reagiert werden (vgl. Stahl-von Zabern, 2015). Mit der Zeit entwickelt sich das Können, die eigenen Emotionen zielführend einzusetzen, beziehungsweise ist Emotionsregulation immer an ein Ziel gebunden. So soll das Weinen des Kindes Aufmerksamkeit bei der Bezugsperson erzeugen und das Saugen am Daumen dient zur Selbstberuhigung (vgl. Stahl-von Zabern, 2015). Der Zusammenhang zwischen Verständnis, Ausdruck und Regulierungsstrategien wächst stetig im Laufe des Entwicklungsprozesses von Kindern. Sie lernen Emotionen manipulativ einzusetzen und können erste Perspektivenwechsel durchführen, um Emotionen anderer zu verstehen und sogar Mitleid zu empfinden (vgl. Frech, V. 2008). In dieser Lebensphase lernen Kinder Emotionen mit Bewegung und körperlichem Ausagieren zu regulieren. Besonders wichtig ist, dass das Verständnis über Emotionen immer abhängig von der Sprachentwicklung ist. Die Emotionen anderer stehen immer öfter im Vordergrund, wodurch ein sozialer und emphatischer Umgang mit Mitmenschen gestattet werden kann (vgl. Frech, V. 2008). In der Periode vom sechsten und siebten Lebensjahr lernt das Kind seine Emotionsausdrücke an die äußeren Umstände anzupassen, welche auch strategisch eingesetzt werden können. Zudem werden die sekundären Emotionen weiter ausgebaut und es kann, als Beispiel, mit Stolz als Folge eines Lobs oder Anerkennung, reagiert werden. Mittlerweile kann das Kind seine Emotionen selbstständig einschätzen, hat ein großes Wissen über Selbstregulation und kann zwischen Strategien wechseln, wodurch die Selbstständigkeit des Kindes enorm wächst (vgl. Frech, V. 2008).
Bei der Emotionsregulation wird unterschieden ob die Regulation internal vom Individuum umgesetzt wird oder external von einer außenstehenden Person (z.B. Eltern, Bezugspersonen) realisiert wird. Man spricht hier von Intrapsychischer und Interpsychischer Regulation (vgl. Stahl-von Zabern, 2015).
Ziel der Entwicklung der Emotionsregulation ist es emotionale Kompetenzen zu erwerben. Darunter versteht man das Potential mit den eigenen Emotionen und deren Anderer vollkommen und korrekt umzugehen.
Nicht nur interne Gefühle und Emotionen müssen reguliert werden. Auch Handlungsimpulse, welche sich als deutlich sichtbares Verhalten erkennbar machen, gilt es zu erlernen, zu erkennen und zu regulieren. Die Verhaltensreaktion ist ganz klar an die Emotionsregulation gekoppelt, bezieht sich aber abgrenzend davon auf die Befähigung, angebrachte Verhaltensweisen zu erzeugen und fortzuwähren, gleichzeitig aber auch unerwünschte Verhaltensweisen zu unterbinden, um ein gesetztes Ziel oder einen Wunschzustand zu erreichen. Dabei übernehmen die exekutiven Funktionen eine ausschlaggebende Rolle, denn sie sind Befehlsgeber bei der Handlungsplanung und Handlungsausführung (vgl. Lohaus, Glüer, 2016). Exemplarisch haben einige Kinder Schwierigkeiten ihre Aufmerksamkeit oder Motivation für eine gewisse Zeit aufrecht zu erhalten, was oft mit Konflikten im Schulunterricht einhergehen kann. Auch die Fähigkeit der Impulskontrolle, also Versuchungen widerstehen zu können, wird unter Verhaltensregulation verstanden. Das Verständnis über eigene Handlungskompetenzen und die Vorstellung, Situationen gewissermaßen kontrollieren und steuern zu können, kann positiven Einfluss auf die Verhaltensregulation haben (vgl. Lohaus, Glüer, 2016).
[...]