Kann es in der Welt, wie wir sie kennen, überhaupt ein allmächtiges Wesen geben und wenn ja, muss die Macht eingeschränkt sein oder können wir sie uns tatsächlich allumfassend vorstellen?
Im Folgenden wird zuerst der Begriff der Allmacht geklärt und diskutiert. Dies geschieht mit Hilfe von bekannten Paradoxien der Debatte. Anschließend wird das Problem der Zeit diskutiert und geklärt, wie sich Gottes Allmacht zu unserer Willensfreiheit verhält.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Der Begriff der Allmacht
III. Notwendigkeit und Unmöglichkeit
IV. Power vs. Ability
V. Paradoxie der Allmacht
VI. Allmacht und Zeit
VII. Allmacht und Willensfreiheit
VIII. Fazit12
IX. Literaturverzeichnis.
I. Einleitung
Dem klassischen Theismus zufolge gibt es einen Gott. Dieser Akteur sei das größte existierende Wesen und habe gewisse Fähigkeiten, die ihn und nur ihn auszeichnen und ihn somit zu genau diesem Wesen machen. Darunter lassen sich zum Beispiel die Eigenschaften Allmacht, Allwissenheit und moralische Perfektion nennen. Besonders bekannt und aus historischer Sicht tief verankert ist dabei vor allem die Eigenschaft der Allmacht, die auch in kirchlichen Kontexten noch immer aktuell ist und nicht bloß Bestandteil der Bibel ist. Geläufig ist dort etwa das Glaubensbekenntnis „Ich glaube an Gott, (den Vater), den Allmächtigen.“1
Bei näherer Betrachtung fällt auf, dass sich die als Gott auszeichnenden Eigenschaften gegenseitig widersprechen und konträr zueinander sein können. Kann ein Akteur wirklich in allen möglich Fällen allmächtig und zugleich moralisch gut sein? Kritiker werfen oft ein, dass es kein allmächtiges Wesen geben kann, da es zugleich so viel Krieg, Mord und Leid in der Welt gibt. Somit scheint es unvorstellbar, dass es jemanden gibt, der all das beenden könnte, es aber nicht tut. Dies wird als das Theodizee Problem bezeichnet, also das Problem wie es Schlechtes in der Welt geben kann, wenn Gott allmächtig sowie allgütig ist.
Und wie sieht es mit der Allmacht und der Allwissenheit aus? Wenn Gott den kompletten Verlauf der weiteren Geschichte und Zukunft bereits kennt und über alles Bescheid weiß, kann er dann etwas ändern, d.h. kann er überhaupt handeln, wenn alles schon feststeht? Noch viel spannender scheint hier das Eingreifen in die Vergangenheit, weil diese gewiss ist: wenn Gott weiß, dass und wann Hitler an die Macht kam, könnte er dieses Ereignis verändern? Könnte er damit korrespondierende Ereignisse ungeschehen machen oder gar dafür sorgen, dass Hitler niemals geboren wird? Und wenn ja, warum ließ er es überhaupt erst geschehen? Offensichtlich hängen mit dem Begriff der Allmacht spannende Fragen zusammen. Dabei ergibt sich jedoch, dass nicht nur andere Eigenschaften Gottes mit der Allmacht konfligieren, sondern dass es Probleme mit der Allmacht an sich gibt, oder vielleicht mit dem Begriff und damit wie wir ihn verstehen und definieren. Im Folgenden wird zuerst der Begriff der Allmacht geklärt und diskutiert. Dies geschieht mit Hilfe von bekannten Paradoxien der Debatte. Anschließend wird das Problem der Zeit diskutiert und geklärt, wie sich Gottes Allmacht zu unserer Willensfreiheit verhält. Anders formuliert geht es in dieser Hausarbeit um die Frage: kann es in der Welt, wie wir sie kennen, überhaupt ein allmächtiges Wesen geben und wenn ja, muss die Macht eingeschränkt sein oder können wir sie uns tatsächlich allumfassend vorstellen?
II. Der Begriff der Allmacht
Laut monotheistischen Überlieferungen ist Gott ein Wesen, das in allen Hinsichten perfekt ist. Und das erscheint einleuchtend: ein Wesen, das die Welt und all ihr Leben geschaffen haben soll, ist verständlicherweise ein großartiges. Demnach wir auch angenommen, dass das Wesen allmächtig sein müsste, weil es sonst in einer Hinsicht nicht perfekt wäre. Doch was bedeutet eigentlich Allmacht oder wie sollten wir Allmacht plausiblerweise verstehen?
Wie der Ausdruck „Allmacht“ erstmal suggeriert, könnten wir ein allmächtiges Wesen als eins verstehen, das eine vollständige oder gesamte Macht hat, also jedes Ding und jeden Sachverhalt (er)schaffen kann, das oder den wir uns vorstellen könnten. Wenn Gott allmächtig ist, dann kann er also auch eine komplette Welt neu erschaffen. Sobald wir über die Möglichkeiten von Allmacht nachdenken, zeigt sich allerdings auch schnell, dass es Grenzen der Allmacht zu geben scheint. Wie ist es etwa mit mathematischen Wahrheiten oder geometrischen Figuren? Kann Gott erschaffen, dass 2+2=5 ergibt? Oder dass ein Viereck rund ist? Die Möglichkeit erscheint uns absurd, da wir es uns gar nicht erst vorstellen können, doch trotzdem wird Gott eine Allmacht zugewiesen. Wie passt das zusammen?
Das eben erwähnte Verständnis von Allmacht, also dass Gott alles erschaffen kann, wurde von Descartes in seinen Meditationen vertreten. Von Aquin widersprach dem in Summa Theologiae zu Recht, da es nicht möglich ist etwas Unmögliches zu erschaffen.2 Es ist unmöglich, dass 2+2=5 ergibt oder ein Viereck rund ist, da 2+2 immer 4 ergeben wird und ein Viereck per definitionem schon nicht rund sein kann. Dies gilt für alle möglichen Welten, da somit ansonsten den logischen Gesetzen widersprochen würde. Denn dadurch gäbe es die Möglichkeit, dass etwas Unmögliches möglich ist. Doch das ist klarerweise ein sich widersprechender Satz und kann nicht wahr sein. Demnach müssen wir von einem allmächtigen Wesen wie Gott nicht erwarten, dass es Unmögliches erschafft, da Unmögliches nicht existieren kann.3 Der Begriff der Allmacht lässt sich damit auf das Mögliche reduzieren. Die eben diskutierten Beispiele fallen aus dem Skopus der Allmacht also schlicht heraus und können somit nicht als Gegenbeispiel für ein allmächtiges Wesen angebracht werden.
III. Unmöglichkeit und Notwendigkeit
Was ebenfalls aus dem Skopus heraus fällt, damit wir den Begriff der Allmacht verstehen können, wird von Hoffman und Rosenkrantz als notwendige Tatsachen bezeichnet. Ein Akteur ist nur in der Lage einen notwendigen Sachverhalt zu erschaffen, wenn gilt:
1. Sexistiert
2. Shätte nicht existiert, wenn A nicht gehandelt hätte.4
Wenn ein Sachverhalt oder eine Tatsache als notwendig gilt, dann existiert sie jedoch notwendigerweise, also nicht kontingenterweise, und existiert auch dann, wenn kein Akteur handelt. Dies lässt sich leicht exemplifizieren:
1. Es gibt rechteckige Rechtecke und 2. hätte es diese nicht geben können, wenn A sie nicht rechteckig gemacht hätte. Dies ist allerdings falsch, da Rechtecke notwendigerweise rechteckig sind und dies unabhängig davon der Fall ist, ob ein (bestimmter) Akteur handelt oder nicht. Demnach ist der zweite Satz falsifiziert und es ist nicht möglich, dass ein allmächtiges Wesen etwas notwendiges erschafft, da es auch ohne das Wesen und sein korrespondierendes Handeln existiert. Das können wir bereits an den semantischen Gründen festmachen. Daraus ergibt sich also, dass ein allmächtiges Wesen keine unmöglichen oder notwendigen Dinge bzw. Tatsachen erschaffen muss.5 Ein Wesen kann auch dann allmächtig sein, wenn es weder unmögliche Dinge, wie runde Rechtecke, noch notwendige Dinge, wie rechteckige Rechtecke, schaffen kann. Philosoph:innen, die solche oder ähnliche Beispiele anbringen, um zu zeigen, dass es keine Allmacht geben kann, scheinen einen Fehler in ihren Annahmen zu begehen. Dies ist der Fall, da wir den Begriff der Allmacht nicht so verstehen müssen, dass er alles umfasst, was wir uns vorstellen können. Es scheint nämlich, als wäre der Begriff der „All“macht schlicht irreführend und wir müssten ihn anders verstehen. Wie oben exemplifiziert, macht es keinen Sinn, dass wir uns ein Wesen vorstellen, das rechteckige Kreise schaffen kann und es ist unklar, wie das überhaupt aussehen sollte. Demnach haben wir das Definiendum also bloß eingeschränkt und damit verknüpfte semantische Fragen zu klären versucht.
[...]
1 Bauke-Ruegg (1998, 5)
2 Vgl. Rosenkrantz, Gary ; Hoffman, Joshua (2008, 243ff.)
3 Vgl. Ebd.
4 Vgl. Ebd.
5 Vgl. Ebd.