Ob auf Wirtschaft, Politik oder Gesellschaft – die Weltwirtschaftskrise 1929 hatte massive Auswirkungen auf die gesamtgesellschaftliche Lage der Weimarer Republik.
Im Rahmen dieser Seminararbeit soll daher der Frage nachgegangen werden, wie sinnvoll und erfolgreich die wirtschaftspolitischen Maßnahmen als Reaktion auf die Weltwirtschaftskrise waren und inwieweit deren Auswirkungen zum Ende der Weimarer Republik beitrugen. Veranschaulicht werden die Auswirkungen vor allem anhand der Region Berlin mit besonderem Blick auf die S&H AG. Es wird darauf abgezielt, zu ermitteln, welche Maßnahmen damals getroffen wurden und inwiefern diese eine Verbesserung der Wirtschaftslage förderten oder ob ihre Kontraproduktivität sogar Radikalisierungsprozesse verstärkte und somit den gesamtgesellschaftlichen Zusammenbruch des demokratischen Systems begünstigte.
Besonders die Beantwortung der umstrittenen Frage der Sinnhaftigkeit Brünings Deflationspolitik, welche auch heutzutage noch von Wirtschaftswissenschaftlern diskutiert wird, und als entscheidend für den weiteren Verlauf der deutschen Geschichte gilt, steht im Vordergrund. Zudem sollen damalige potenzielle Handlungsalternativen aufgezeigt und die Frage der vermeintlichen Alternativlosigkeit geklärt werden. Aufgrund dieser Kontroverse wird auf eine qualitative Forschung abgezielt, in welcher die Meinungen von Ökonomen und Historiker verglichen und analysiert werden sollen, um die Leitfrage anhand differenzierter Argumentationen zu beantworten. Auch nach heutigem Forschungsstand ist die damalige Alternativlosigkeit umstritten. Während Borchardt meint, Brünings Reaktion sei die einzig mögliche auf das gravierende Schuldenproblem der Weimarer Republik gewesen, entgegnen Experten wie Holtfrerich oder Büttner, dass Alternativen, wie die Abwertung der Reichsmark (=RM) durch das Beenden des Goldstandards, möglich gewesen seien, deren höheres Erfolgspotenzial größtenteils unbestritten ist.
Zu Beginn dieser Arbeit werden neben Ursachen auch Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise auf Deutschland betrachtet. Es folgt die Reaktion durch die große Koalition, das Kabinett Brüning und die Kabinette Papen und Schleicher, wobei auf die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen der darauffolgenden wirtschaftspolitischen Maßnahmen eingegangen wird. Nach einer differenzierten Auswertung von Brünings wirtschaftspolitischen Maßnahmen anhand neuer Erkenntnisse aus qualitativer Forschung soll die Leitfrage im Fazit beantwortet werden.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Ursachen der Weltwirtschaftskrise und deren Auswirkungen auf Deutschland
3 Reaktion der großen Koalition
3. 1 Wirtschaftspolitische Maßnahmen
3. 2 Auswirkungen auf Wirtschaft, Politik und Gesellschaft
4 Reaktion durch das Kabinett Brüning
4. 1 Wirtschaftspolitische Maßnahmen
4. 2 Auswirkungen auf Wirtschaft, Politik und Gesellschaft
5 Reaktion der Kabinette Papen und Schleicher
5. 1 Wirtschaftspolitische Maßnahmen
5. 2 Auswirkungen auf Wirtschaft, Politik und Gesellschaft
6 Wertung und mögliche Alternativen der Deflationspolitik Brünings
7 Fazit
8 Anhang
8. 1 Statistiken
9 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Ob auf Wirtschaft, Politik oder Gesellschaft – die Weltwirtschaftskrise 1929 hatte massive Auswirkungen auf die gesamtgesellschaftliche Lage der Weimarer Republik.
Im Rahmen dieser Seminararbeit soll daher der Frage nachgegangen werden, wie sinnvoll und erfolgreich die wirtschaftspolitischen Maßnahmen als Reaktion auf die Weltwirtschaftskrise waren und inwieweit deren Auswirkungen zum Ende der Weimarer Republik beitrugen. Veranschaulicht werden die Auswirkungen vor allem anhand der Region Berlin mit besonderem Blick auf die Siemens und Halske Aktiengesellschaft.
Es wird darauf abgezielt, zu ermitteln, welche Maßnahmen damals getroffen wurden und inwiefern diese eine Verbesserung der Wirtschaftslage förderten oder ob ihre Kontraproduktivität sogar Radikalisierungsprozesse verstärkte und somit den gesamtgesellschaftlichen Zusammenbruch des demokratischen Systems begünstigte.
Besonders die Beantwortung der umstrittenen Frage der Sinnhaftigkeit Brünings Deflationspolitik, welche auch heutzutage noch von Wirtschaftswissenschaftlern diskutiert wird, und als entscheidend für den weiteren Verlauf der deutschen Geschichte gilt, steht im Vordergrund. Zudem sollen damalige potenzielle Handlungsalternativen aufgezeigt und die Frage der vermeintlichen Alternativlosigkeit geklärt werden. Aufgrund dieser Kontroverse wird auf eine qualitative Forschung abgezielt, in welcher die Meinungen von Ökonomen und Historiker verglichen und analysiert werden sollen, um die Leitfrage anhand differenzierter Argumentationen zu beantworten.
Auch nach heutigem Forschungsstand ist die damalige Alternativlosigkeit umstritten. Während Borchardt meint, Brünings Reaktion sei die einzig mögliche auf das gravierende Schuldenproblem der Weimarer Republik gewesen, entgegnen Experten wie Holtfrerich oder Büttner, dass Alternativen, wie die Abwertung der Reichsmark (=RM) durch das Beenden des Goldstandards, möglich gewesen seien, deren höheres Erfolgspotenzial größtenteils unbestritten ist (vgl. Ritschl 2002: 234-244).
Zu Beginn dieser Arbeit werden neben Ursachen auch Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise auf Deutschland betrachtet. Es folgt die Reaktion durch die große Koalition, das Kabinett Brüning und die Kabinette Papen und Schleicher, wobei auf die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen der darauffolgenden wirtschaftspolitischen Maßnahmen eingegangen wird. Nach einer differenzierten Auswertung von Brünings wirtschaftspolitischen Maßnahmen anhand neuer Erkenntnisse aus qualitativer Forschung soll die Leitfrage im Fazit beantwortet werden.
2 Ursachen der Weltwirtschaftskrise und deren Auswirkungen auf Deutschland
In Folge des Ersten Weltkrieges erlebte die USA aufgrund protektionistischer Zollpolitik, Massenproduktion und Massenkonsum initial eine hochkonjunkturelle Phase. Eine fast uneingeschränkte Kreditvergabe verstärkte euphorisches Kaufen von neuen Produkten wie Autos zusätzlich, wodurch Unternehmensgewinne von 1923 bis 1929 um 65% anstiegen. Die Ratenzahlung ermöglichte nun einen höheren Lebensstandard für den breiten Mittelstand, es begann das Zeitalter der Goldenen Zwanziger.
Trotz Abnahme der US-Exporte ab Mitte der 20er Jahre, ausgelöst durch eine steigende Verschuldung europäischer Länder und negativen Auswirkungen der durch US-Präsident Harding 1922 eingesetzten Hochzoll-Politik, waren viele von der positiven Entwicklung der USA überzeugt. Mit der Absicht, von dieser vermeintlichen Prosperität zu profitieren, nahmen spekulative Aktienkäufe gegen eine geringe Anzahlung vor allem im Mittelstand stark zu (vgl. Demmelhuber und Eklkofer 2017). Die Spekulationen gingen anfänglich auf, da die private Nachfrage an Wertpapieren die Kurse in die Höhe trieb. Der Dow-Jones Aktienindex, welcher die damalige Wirtschaftsentwicklung angab, vervierfachte sich von 1922 bis 1929, wobei das Kursniveau ab 1928 nicht mehr der Dividendenentwicklung entsprach (vgl. White 1990: 154).
Eine international zunehmende Deflation durch ein Überangebot von Rohwaren sorgte neben industrieller Überproduktion, europäischen Kriegsschulden, die eine restriktivere Geldpolitik in Europa forderten, und einer Erhöhung des Diskontsatzes durch das Zentralbankensystem der USA für massive Preisrückgänge - die wirtschaftlichen Probleme nahmen weiter zu. So sanken die Preise von Rohwaren bereits ab 1925 bis 1928 um ca. 30%. Dieser deflationäre Druck wurde durch die verbreitete Rückkehr zum Goldstandard weiter verstärkt (vgl. Pfister 2019a: 1).
Vor allem steigende Zinsen in Kombination mit Hinweisen auf Wachstumsverlangsamungen (vgl. Pfister 2013: 1) lösten nach wochenlanger Skepsis durch stagnierende Kurse am 24. Oktober 1929 den als „Black Thursday“ bekannten Börsencrash an der New Yorker Börse aus, welcher sein Tief 1932 mit einem Kursverlust von fast 90% markierte (vgl. Walz 2020). Da Makler nun ihre Bezahlung einforderten, waren viele Privatanleger, welche auf Gewinn ausgerichtete, kreditfinanzierte Aktien besaßen, zu Panikverkäufen gezwungen. Als Folge wurden nicht nur Vermögen vernichtet, sondern Banken durch nicht mehr begleichbare Kredite und dem Abheben noch vorhandener Bankeinlagen in die Zahlungsunfähigkeit gezwungen, da sich die reale Schuldenlast durch die Deflation erhöhte. Es kam zu Investitionseinbrüchen, viele mittelständische Unternehmen meldeten Konkurs an. Die anschließend sinkende Kaufkraft hemmte die Nachfrage und somit auch die Produktion, was Massenentlassungen auslöste. Ein Teufelskreis entstand, da Kaufkraft, Nachfrage und somit Produktion, Preise und Löhne immer weiter sanken – die Phase der großen Depression begann.
Der Liquiditätsmangel zwang US-Banken, ihre Kredite aus europäischen Ländern zurückzuziehen. Das durch ausländische, vor allem US-amerikanische, Kredite abhängige und nun boomende Deutschland war besonders stark betroffen. Zusätzlich stellten die fortlaufenden Reparationszahlungen eine große Belastung dar.
Um die heimische Wirtschaft zu schützen, begannen Länder, durch Importzölle Einfuhren zu reduzieren, während Ausfuhren durch staatliche Maßnahmen unterstützt wurden. Durch diesen Protektionismus brach der Welthandel massiv ein. Die Exportindustrie Deutschland litt besonders unter diesen Maßnahmen. Während andere Länder durch kompetitive Abwertung Exportvorteile schafften, blieb dies Deutschland durch die Siegermächte untersagt, was dessen Konkurrenzfähigkeit massiv beeinträchtigte.
Fehlende Nachfrage und mangelndes Kapital durch den Zusammenbruch vieler Banken sorgten für sinkende Produktion (vgl. Demmelhuber und Eklkofer 2017). Die Arbeitslosenzahl stieg 1929 auf knapp 2 Mio. an, während die Kaufkraft zunehmend einbrach – eine Abwärtsspirale entstand, deren gesamtgesellschaftliche Auswirkungen auf die Weimarer Republik wirtschaftspolitisches Handeln forderte (vgl. Weidenbach 2021).
3 Reaktion der großen Koalition
3.1 Wirtschaftspolitische Maßnahmen
Infolge ansteigender Massenarbeitslosigkeit versuchte man im Januar 1930, die Arbeitslosenversicherung (=ALV) durch eine Erhöhung des Beitragssatzes um 0,5% aufrechtzuerhalten, der Beitragssatz lag nun bei 3,5% (vgl. Wiese 1988: 201). Um neben ersten sparpolitischen Maßnahmen weitere Kredite zu gewährleisten, wurde bereits im Dezember 1929 auf Wunsch des damaligen Reichsbankpräsidenten Schacht ein Gesetz zur Einrichtung eines Tilgungsfonds erlassen (vgl. Ritschl 2016: 639). Die hohe Belastung des Dawes-Plans war dennoch nicht mehr tragbar, weswegen mit dem Young-Plan am 12. März 1930 ein Reparationszahlungsplan mit geringerer Schuldenlast verabschiedet wurde. Weitere 1,47 Mrd. RM verschaffte die in der Haager Konferenz 1929/30 beschlossene Young-Anleihe, welche auch die deutsche Wirtschaft stützen sollte (vgl. Wikipedia 2021a).
3. 2 Auswirkungen auf Wirtschaft, Politik und Gesellschaft
Initial besaß Berlin eine robuste Binnenwirtschaft, evident durch den Anstieg des Wohnungsbaus von 1929 bis 1930 um 82%. Anhand des Berliner Großunternehmens Siemens & Halske AG (=S&H) ist jedoch zu erkennen, dass die Binnennachfrage schnell nachließ, da die Exportquote von 29,0% 1928/29 auf 32,6% 1929/30 anstieg. Ferner begannen Umsatz, Beschäftigungszahlen und Gesamtinvestitionen zu sinken (vgl. Fischer 1990: 306 f.). Auch daher kam es zu ersten gesellschaftlichen Radikalisierungsprozessen – am 17. November 1929 erzielte die NSDAP in der Wahl zur Berliner Stadtverordnetenversammlung 5,8%, die KPD konnte mit 24,6% ebenfalls 5,9% dazugewinnen, wodurch keine konstruktive Mehrheit mehr vorhanden war (vgl. Wikipedia 2021b). Zunehmende Erwerbslosigkeit sorgte am 20. und 24. Dezember in Berlin für einen „Massenaufmarsch gegen den Hunger“ (vgl. Wikipedia 2021e).
Im März 1930 verzeichnete die Weimarer Republik über 3,3 Mio. Arbeitslose, fast 2 Mio. mehr als im Juli 1929 (vgl. Wiese 1988: 202). Die Beitragserhöhung der ALV zu Jahresbeginn zeigte keine Wirkung – eine politische Debatte entstand. Während die Sozialdemokraten Leistungskürzungen ablehnten, wies die wirtschaftsorientierte DVP Beitragserhöhungen zu Lasten der Unternehmen ab. Am 27. März zerbrach die Große Koalition, da die SPD einen letzten Kompromissvorschlag Brünings ablehnte. Drei Tage später ernannte Hindenburg Brüning zum Reichskanzler – das erste Präsidialkabinett entstand, welches als Minderheitsregierung, gestützt auf den Reichspräsidenten, mit Notverordnungen regierte – die parlamentarische Demokratie endete (vgl. Sturm 2011).
4 Reaktion durch das Kabinett Brüning
4. 1 Wirtschaftspolitische Maßnahmen
Während der Jahre 1930 bis 1932 verfolgte das Kabinett Brüning zweierlei Ziele. Die Deflationspolitik, also die Politik der Geldwertsteigerung, sollte die internationale Wettbewerbsfähigkeit durch sinkende Preise und Löhne erhöhen, während die Austeritätspolitik, als Sparpolitik Teil der Deflationspolitik, darauf abzielte, den Staatshaushalt durch sinkenden Kreditbedarf zu stabilisieren (vgl. Wikipedia 2021c).
Am 26. Juli 1930 wurde die erste von insgesamt vier „Notverordnungen zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen“ erlassen. Neben einer Einkommenssteuererhöhung, einer Kürzung des Gehalts im öffentlichen Dienst um 6% und einer gesenkten Liquiditätsversorgung von Ländern und Kommunen (vgl. Coppola 2018) wurde auch der Beitragssatz der ALV auf 4,5%, am 30. September sogar auf 6,5% erhöht, was einen Reichszuschuss von 184 Mio. RM für das Fiskaljahr 1930/31 trotzdem nicht vermied. Im September begann überdies ein Arbeitsbeschaffungsprogramm, weswegen Reichspost, Reichsbahn und der Wohnungsbau 572 Mio. RM erhielten. Während Wohnungsneubauten durch das Realsteuerschenkungsgesetz vom 1. Dezember von der Grundsteuer befreit wurden (vgl. Frerich und Frey 2014: 203-205), erhöhten sich indirekte Steuern wie die Zucker-, Bier- oder Tabaksteuer weiter (vgl. Wikipedia 2021c).
Eine zweite Notverordnung erhöhte die Einkommenssteuer durch eine „Krisenlohnsteuer“ am 5. Juni 1931 erneut (vgl. Coppola 2018). Gleichzeitig wurden die Leistungen der ALV eingeschränkt, z.B. sanken die Unterstützungssätze zwischen 6,3 und 14,3%, Ehefrauen wurden nur noch bei Bedürftigkeit unterstützt. Des Weiteren förderte man einen freiwilligen Arbeitsdienst für Jugendliche unter 25, welcher vor allem von arbeitspädagogischer Bedeutung sein sollte (vgl. Frerich und Frey 2014: 203-205). Infolge Brünings Aussage „Die Grenze dessen, was wir unserem Volke an Entbehrungen aufzuerlegen vermögen, ist erreicht“ (James 2016: 565) zur Betonung der Notlage des Landes wurden außerdem Reparationszahlungen und zu begleichende Kriegsschulden an die Alliierten durch das Hoover-Moratorium von US-Präsident Hoover ab dem 6. Juli 1931 für ein Jahr ausgesetzt – Brüning erreichte eines seiner wesentlichsten Ziele.
Als Reaktion auf die durch Kapitalflucht entstandene Bankenkrise im Juli 1931 wurden für den 14. und 15. Juli Bankfeiertage verkündet, gefolgt von Devisenbewirtschaftung, also der Rationierung des Zugangs zu ausländischen Währungen, und einer dreiwöchigen Einschränkung des Zahlungsverkehrs. Die zusätzliche Rettung deutscher Banken kostete das Reich knapp 1 Mrd. RM und sorgte für eine hohe staatliche Beteiligung an fast allen deutschen Banken (vgl. Wikipedia 2021d).
Im September 1931 erfolgte eine Abkehr Englands vom Goldstandard, einem System fester Wechselkurse, Golddeckung, und jederzeit möglicher Konvertibilität von Wertzeichen in Gold. Dies begründete sich durch geringes Vertrauen in die Zentralbank, einer drohenden Bankenkrise und dem Ziel, im Zuge einer kompetitiven Abwertung des GBP die Wettbewerbsposition im Außenhandel zu verbessern.
Trotz dessen, dass viele Länder dem Beispiel Großbritanniens folgten, hielt Brüning am Goldstandard fest, versuchte jedoch, durch eine Devisenkontrolle, also der Verteilung von Devisen durch die Reichsbank nach Bedarf, die heimische Wirtschaft zu schützen und ihre jetzigen Wettbewerbsnachteile durch weitere Kostenreduktionen zu kompensieren, um so auch Investitionen anzuregen (vgl. Pfister 2019a: 3-5).
Nachdem mit der dritten Notverordnung vom 6. Oktober 1931 die Bezugsdauer für Arbeitslose von 26 auf 20 Wochen sank, 1/3 der Unterstützungen in Sachleistungen gewährt werden durfte und viele Jugendliche unter 21 Jahren keine Sozialleistungen mehr erhielten (vgl. Wiese 1988: 202), erhöhte man im Zuge der vierten Verordnung vom 8. Dezember 1931 die Umsatzsteuer um 50 bis 70% und versuchte außerdem, durch die Anordnung, Löhne, Preise und Mieten auf das Niveau von 1927 zu senken, die Deflation zu intensivieren (vgl. Coppola 2018). Beamtengehälter wurden erneut gekürzt – insgesamt um bis zu 23% seit Beginn der Krise (vgl. Frerich und Frey 2014: 228) - Mieten und Preise sanken um 10% (vgl. Pfister 2019a: 6), der Diskontsatz wurde zudem auf 7% reduziert (vgl. Van der Hek 2020: 205). Steigende Kapitalflucht sollte ferner durch eine Reichsfluchtsteuer eingedämmt werden (vgl. Wikipedia 2021j).
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