Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Situation alleinstehender Frauen in der DDR und deren Darstellung in ostdeutschen Medien. Zunächst soll jedoch der Frage nachgegangen werden, welche Bedeutung und Funktion Ehe und Familie in der DDR hatten, und gezeigt werden, inwiefern die Regierung bemüht war, durch sozialpolitische Maßnahmen ehe- und familienfreundliche Normen und Werte zu fördern. Anhand von gesetzlichen Bestimmungen soll gezeigt werden, welche Bedeutung der Institution Ehe in der Familienpolitik der SED zukam.
Die Einbeziehung der Frau in den Arbeitsprozess war Grundlage der Emanzipation der Frauen. Die Gleichberechtigung der Frau in Ehe und Familie wurde als Folge davon abgeleitet. Deshalb sollen auch die Grundlagen des Frauenleitbildes in der DDR dargestellt und gezeigt werden, inwieweit sich die reale Lebenssituation der Frauen von der offiziell propagierten Gleichberechtigung von Mann und Frau unterschied.
Da sich in den 70er-Jahren immer mehr alternative Lebensformen zur Ehe durchzusetzen begannen, soll der Frage nachgegangen werden, inwiefern die Familienpolitik diese Entwicklung ungewollt begünstigte und für die hohe Scheidungsrate in der DDR verantwortlich war. Vor allem die geringe Ehestabilität gilt als die Ursache dafür, dass viele Frauen nicht heirateten oder sich nach der Scheidung nicht wieder verheiraten wollten. Besonders Frauen hatten unter dem Status "alleinstehend" zu leiden, da sie nicht der gesellschaftlichen Norm entsprachen und somit Außenseiterinnen der Gesellschaft waren. Anhand der Darstellung alleinstehender Frauen in den ostdeutschen Medien der 80er Jahre soll gezeigt werden, inwiefern diesen Frauen nicht nur Liebe, Geborgenheit und Anerkennung in einer Partnerschaft, sondern vor allem die gesellschaftliche Akzeptanz fehlten.
Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung
2. Bedeutung und Funktion von Ehe und Familie in der
sozialistischen Gesellschaft der DDR
2.1. Familienideologie und Familienpolitik
2.2. Funktion und Bedeutung der Institution Ehe
2.3. Frauenleitbild und die reale Lebenssituation der Frauen in der DDR
2.4. Stabilität der Ehe
2.5. Alternative Lebensformen
3. Darstellung alleinstehender Frauen in ostdeutschen Medien der 80er Jahre
3.1. Die Situation alleinstehender Frauen in ostdeutschen Zeitschriften
3.2. Alleinstehende Frauen in der belletristischen Literatur der DDR
3.3. Die Darstellung alleinstehender Frauen in den DEFA- Produktionen der 80er Jahre
3.3.1. „Die Beunruhigung“ (1982)
3.3.2. „Das Fahrrad“ (1982)
3.3.3. „Solo Sunny“ (1980)
4. Fazit
5. Quellen- und Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Ehe und Familie hatten in der DDR einen hohen individuellen und gesellschaftlichen Stellenwert. Die Ehe galt als gesellschaftliche Norm und wurde von der Politik als einzige Lebensweise gefördert. Das Alleinleben als alternative Lebensform wurde weder gesellschaftlich noch politisch akzeptiert. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Situation alleinstehender Frauen in der DDR und deren Darstellung in ostdeutschen Medien. Zunächst soll jedoch der Frage nachgegangen werden, welche Bedeutung und Funktion Ehe und Familie in der DDR hatten, und gezeigt werden, inwiefern die Regierung bemüht war, durch sozialpolitische Maßnahmen ehe- und familienfreundliche Normen und Werte zu fördern. Anhand von gesetzlichen Bestimmungen soll gezeigt werden, welche Bedeutung der Institution Ehe in der Familienpolitik der SED zukam.
Die Einbeziehung der Frau in den Arbeitsprozess war Grundlage der Emanzipation der Frauen. Die Gleichberechtigung der Frau in Ehe und Familie wurde als Folge davon abgeleitet. Deshalb sollen auch die Grundlagen des Frauenleitbildes in der DDR dargestellt und gezeigt werden, inwieweit sich die reale Lebenssituation der Frauen von der offiziell propagierten Gleichberechtigung von Mann und Frau unterschied.
Da sich in den 70er-Jahren immer mehr alternative Lebensformen zur Ehe durchzusetzen begannen, soll der Frage nachgegangen werden, inwiefern die Familienpolitik diese Entwicklung ungewollt begünstigte und für die hohe Scheidungsrate in der DDR verantwortlich war. Vor allem die geringe Ehestabilität gilt als die Ursache dafür, dass viele Frauen nicht heirateten oder sich nach der Scheidung nicht wieder verheiraten wollten. Besonders Frauen hatten unter dem Status „alleinstehend“ zu leiden, da sie nicht der gesellschaftlichen Norm entsprachen und somit Außenseiterinnen der Gesellschaft waren. Anhand der Darstellung alleinstehender Frauen in den ostdeutschen Medien der 80er Jahre soll gezeigt werden, inwiefern diesen Frauen nicht nur Liebe, Geborgenheit und Anerkennung in einer Partnerschaft, sondern vor allem die gesellschaftliche Akzeptanz fehlten.
2. Bedeutung und Funktion von Ehe und Familie in der sozialistischen Gesellschaft der DDR
2.1. Familienideologie und Familienpolitik
Der Familie wurde in der Gesetzgebung der DDR eine außerordentlich große Bedeutung zugemessen und wurde unter den besonderen Schutz des Staates gestellt. Mit dem Familiengesetzbuch (FGB) der DDR vom 20. Dezember 1965 begann eine neue Phase der Familienpolitik der SED, in der die Rolle und Bedeutung der Familie im Sozialismus politisch festgelegt wurde.
Das Familienmodell des FGB wurde in der Präambel und den „Grundsätzen“ im ersten Teil definiert. Die Familie galt als „die kleinste Zelle der Gesellschaft“ und „beruht auf der für das Leben geschlossenen Ehe“1. Eine große Rolle in der Familienpolitik der SED spielte die Gleichberechtigung von Mann und Frau.2 In der Erwerbstätigkeit der Frau lag ein wesentlicher Aspekt für die Gleichberechtigung der Frau in der sozialistischen Gesellschaft der DDR. Um den Arbeitskräftemangel zu beseitigen und den Geburtenzuwachs zu fördern, lag der Schwerpunkt der Familienpolitik folglich auf der Vereinbarkeit der Erwerbstätigkeit der Frau mit ihren häuslichen Pflichten als Ehefrau und Mutter.
Es gelang jedoch zunächst nicht, die Geburtenrate zu steigern3, sodass zwischen 1972 und 1986 eine Reihe sozialpolitischer Maßnahmen ergriffen wurden, die es Frauen ermöglichen sollten, die Vereinbarung von Familienpflichten und möglicher Vollbeschäftigung zu erleichtern und damit die Reproduktion der Bevölkerung zu steigern. Zu diesen Maßnahmen gehörten u. a. die Einführung eines bezahlten Babyjahres, zinslose Familiengründungsdarlehen, erweiterter Mutterschutz, Erhöhung des Kindergeldes und die Kapazitätssteigerung der öffentlichen Kinderbetreuung.4
2.2. Funktion und Bedeutung der Institution Ehe
Im zweiten Teil des FGB, dem Eherecht, wurde die Ehe als „eine für das Leben geschlossene Gemeinschaft, die auf gegenseitiger Liebe, Achtung und Treue, auf Verständnis und Vertrauen und uneigennütziger Hilfe füreinander beruht“5 bezeichnet. Damit gibt die Gesetzgebung sogar die Qualität und den Charakter der ehelichen Beziehung vor. Der Hauptsinn der Ehe bestand in der Familiengründung6 und damit in der Steigerung der Anzahl der Geburten. Die Grundlage für die Ehe war der Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau, der beide Ehepartner dazu verpflichtete „ihre Beziehungen so zu gestalten, daß beide das Recht auf Entfaltung ihrer Fähigkeiten zum eigenen und gesellschaftlichen Nutzen voll wahrnehmen können“7. Ferner seien „die Beziehungen der Ehegatten untereinander so zu gestalten, dass die Frau ihre berufliche und gesellschaftliche Tätigkeit mit der Mutterschaft vereinbaren kann“8. Durch ihre Berufstätigkeit sollte die Frau wirtschaftlich unabhängig sein, und die berufliche Qualifizierung und Weiterbildung von Frauen sollten dazu führen, dass Frauen zu gleichberechtigten Mitgliedern in der Gesellschaft der DDR wurden. Deshalb sollten beide Ehepartner in einer Ehe gemeinsam die Verantwortung für häusliche Pflichten und für die Kindererziehung übernehmen und sich gegenseitig in ihrer Entwicklung zu „Persönlichkeiten in der sozialistischen Gesellschaft“9 unterstützen.10 Damit ist die Gleichberechtigung von Mann und Frau die „Voraussetzung sowohl für die individuelle Entwicklung der Ehepartner als auch für die der ehelichen Gemeinschaft und der zu gründenden Familie“11.
2.3. Frauenleitbild und die reale Lebenssituation der Frauen in der DDR
Gemäß dem Frauenleitbild der DDR sollte die Frau voll berufstätig sein, Kinder haben, sich beruflich weiterbilden und qualifizieren und auch gesellschaftlich tätig sein. Frauen standen unter einem enormen Druck, dies alles bewältigen zu müssen. Der Wunsch vieler Frauen, diesen Anforderungen gerecht werden zu können, führte zu einer permanenten Überforderung und hatte zur Folge, dass Frauen das Gefühl hatten, ständig zu versagen.12 Die sozialpolitischen Maßnahmen in der Ära Honecker zielten nur auf Frauen. Sie konnten die Mehrfachbelastung der Frau in Beruf und Familie nicht beseitigen, sondern hatten stattdessen die Aufrechterhaltung der traditionellen Rollenverteilung in der Familie zur Folge.13 Die Hausarbeit lag trotz geforderter Gleichberechtigung weiterhin vorwiegend in den Händen von Frauen.14 Das alte Rollenverhalten von Mann und Frau behinderte die beruflichen Aufstiegschancen für Frauen, denn obwohl gesellschaftliche Einrichtungen wie Kinderkrippen, Schulhorte und Kindergärten ausgebaut wurden, lag die Verantwortung der Kindererziehung außerhalb dieser Einrichtungen fast ausschließlich bei der Frau. Durch ihre Berufstätigkeit sollte sie zwar wirtschaftlich unabhängig und durch ihre berufliche Qualifizierung ein gleichberechtigtes Mitglied der Gesellschaft sein, doch um Beruf und Mutterschaft vereinbaren zu können, verzichteten Frauen oft auf eine berufliche Karriere. Sie nahmen stattdessen meist berufsfremde Beschäftigungen auf, die unter ihrem Ausbildungsniveau lagen und schlecht bezahlt waren.15 Die sozialpolitischen Interventionen in den 70er und 80er Jahren waren zwar insofern erfolgreich, als dass durch sie die Geburtenrate gesteigert werden konnte, doch führte die Einführung einer einjährigen Babypause und die Freistellung bei Geburt bzw. Krankheit von Kindern dazu, dass Männer bevorzugt eingestellt wurden.16
2.4. Stabilität der Ehe
Die hohen Forderungen, die die Familienpolitik der SED an die Qualität der Ehe und an die familiären Beziehungen stellte, blieben zum größten Teil utopisch. Obwohl im Familiengesetzbuch der Wert und Charakter der Ehe hervorgehoben wurde, nahm die Anzahl der Ehescheidungen in der DDR ständig zu.17 Die hohe Scheidungsrate zeigt, dass die Familienpolitik der SED nicht in der Lage war, die Familie zu stabilisieren. Die meisten Scheidungen wurden von Frauen eingereicht.18
[...]
1 Familiengesetzbuch der DDR (FGB) vom 20. Dezember 1965 in der Fassung des Einführungsgesetzes vom 19. Juni 1975 zum Zivilgesetzbuch der DDR , Präambel
2 Ebd. § 2: „Die Gleichberechtigung von Mann und Frau bestimmt entscheidend den Charakter der Familie in der sozialistischen Gesellschaft, § 9, Abs. 1: „Die Ehegatten sind gleichberechtigt. Sie leben zusammen und führen einen gemeinsamen Haushalt. Alle Angelegenheiten des gemeinsamen Lebens und der Entwicklung des einzelnen werden von ihnen in beiderseitigem Einverständnis geregelt“ und § 10, Abs. 1: „Beide Ehegatten tragen ihren Anteil bei der Erziehung und Pflege der Kinder und der Führung des Haushalts“
3 Vgl. Merkel, Ina: Leitbilder und Lebensweisen von Frauen in der DDR. In: Kaelble, Hartmut [u.a.] (Hrsg.): Sozialgeschichte der DDR. Stuttgart 1994, S. 373
4 Vgl. Helwig, Gisela: Gleiche Rechte - doppelte Pflichten. Frauen in der DDR. In: Helwig, Gisela (Hrsg.): Rückblicke auf die DDR. Festschrift für Ilse Spittmann-Rühle. Köln 1995, S. 199
5 FGB, § 5, Abs. 1
6 Vgl. Ebd. § 9, Abs. 2: „Die eheliche Gemeinschaft erfährt ihre volle Entfaltung und findet ihre Erfüllung durch die Geburt und die Erziehung der Kinder.“
7 Ebd. § 2
8 Ebd. § 9, Abs. 2
9 Ebd. Präambel
10 Vgl. Ebd. § 9 und §10
11 Obertreis, Gesine: Familienpolitik in der DDR 1945-1980. Opladen 1986. (Forschungstexte Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Bd. 17), S. 252
12 Vgl. Merkel, S. 373
13 Vgl. Obertreis, S. 336
14 Vgl. Enders, Ulrike: Kinder, Küche, Kombinat - Frauen in der DDR. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament B 6-7 (1986), S. 35
15 Vgl. Helwig, S. 204
16 Vgl ebd. S. 203
17 Vgl. Huinink, Johannes / Wagner, Michael: Partnerschaft, Ehe und Familie in der DDR. In: Huinink, Johannes [u.a.] (Hrsg.): Kollektiv und Eigensinn. Lebensläufe in der DDR und danach. Berlin 1995, S. 145
18 Vgl. Obertreis, S. 341