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Hausarbeit, 2021
15 Seiten, Note: 1,0
1. Einleitung
2. Aktive Sterbehilfe
2.1 Definition Sterben und Tod
2.2 Formen und Abgrenzung aktiver Sterbehilfe
3. Psychologische Effekte und Auswirkungen aktiver Sterbehilfe
3.1 Aktive Sterbehilfe als psychische Entlastung
3.1.1 Autonomie
3.1.2 Selbstkonzept
3.2 Aktive Sterbehilfe als psychische Belastung
3.2.1 Entscheidungsfindung
3.2.2 Kognitive Dissonanz
4. Schlussfolgerung
5. Quellenverzeichnis
Anhang
A1: Stellungnahme des Verfassers
Das Sterben als Übergangsphase in den Tod stellt einen unumgänglichen Abschnitt am Lebensende eines jeden Menschen dar. Dennoch ist das Sterben häufig mit Angst verbunden, insbesondere wenn der Sterbeprozess langwierig und schmerzhaft verläuft.
Der aktuelle Erkenntnisstand legt nahe, dass das Wissen über einen leidvollen Sterbeprozess eine erhebliche psychische Belastung darstellt (Caritas, 2021). Insbesondere bei unheilbaren Krankheiten, welche häufig mit starken Schmerzen und körperlichem Verfall verbunden sind, fällt es Betroffenen* und Angehörigen schwer zu verstehen, warum leidvoll auf den schleichend eintretenden Tod gewartet werden muss (Kübler-Ross, 2012, 188 f.). Daher stellt sich die Frage, ob eine Tötung auf Verlangen als Alternative möglich sein sollte. Dies ist in Deutschland zum aktuellen Zeitpunkt gesetzlich untersagt, steht aber bereits seit mehreren Jahren immer wieder in Diskussion (Csef, 2018, S. 7 f.). In anderen Ländern, z. B. in der benachbarten Schweiz, gibt es die legale Möglichkeit auf aktive Sterbehilfe (ebd., S. 6).
Die Relevanz des Themas wird bei einem Blick auf die Zahlen an Betroffenen deutlich. In den letzten Jahren steigt der sogenannte Suizidtourismus von Deutschen in die Schweiz stetig an (ebd.). Daher wird die Auseinandersetzung mit diesem Thema immer bedeutender, um gegebenenfalls angepasste Handlungsstrategien entwickeln zu können.
Das Thema der vorliegenden Arbeit sind die psychologischen Effekte und Auswirkung aktiver Sterbehilfe, explizit im Bezug auf den Sterbenden. Zunächst werden die Begrifflichkeiten Sterben und Tod definiert sowie die verschiedenen Formen aktiver Sterbehilfe dargestellt. Anschließend werden die psychologischen Effekte und Auswirkungen aktiver Sterbehilfe erläutert. Dies erfolgt, indem die psychischen Entlastungsfaktoren unter Einbezug der Gesichtspunkte Autonomie und Selbstkonzept diskutiert werden und im Anschluss auf die psychischen Belastungsfaktoren anhand der Gesichtspunkte Entscheidungsfindung und Kognitive Dissonanz eingegangen wird. Im Fazit werden die Erkenntnisse der vorliegenden Arbeit zusammengefasst und ein Ausblick zum Thema gegeben. Angestrebt wird, einen grundlegenden Überblick zu dieser komplexen Thematik zu schaffen und auf die gesellschaftliche Relevanz hinzuweisen.
*diese Arbeit ist aufgrund der Textverständlichkeit im generischen Maskulin verfasst und repräsentiert Personen aller Geschlechter
Als aktive Sterbehilfe wird die gezielte Beendigung des Lebens eines Menschen auf dessen expliziten Wunsch hin bezeichnet (Borasio, 2011, S. 157). Dabei erfolgt die Tötung unter der Absicht, das Leiden zu verkürzen (Maercker & Trachsel, 2016, S. 10). Aktive Sterbehilfe ist dadurch gekennzeichnet, dass der Tod einer anderen Person bewusst durch äußere Faktoren herbeigeführt wird, z. B. mittels der Einnahme eines tödlich wirkenden Präparats (Grimm & Hillebrand, 2009, S. 99).
Die Gründe für eine verlangte Selbsttötung sind individuell. Ein Bespiel: Eine Person ist unheilbar krank und hat starke Schmerzen. Um auf das Leiden verzichten zu können, möchte sie ihren unweigerlich eintretenden Tod durch aktive Sterbehilfe beschleunigen (Renz, 2008, S. 101). In Deutschland ist das Praktizieren von aktiver Sterbehilfe, strafrechtlich als „Tötung auf Verlangen“ definiert, gesetzlich untersagt und strafbar (Borasio, 2011 S 158; Caritas, 2021).
Im folgenden Kapitel werden die Begriffe Sterben und Tod definiert und erläutert, um einen Überblick zu diesem Themengebiet zu schaffen. Anschließend werden die verschiedenen Formen der aktiven Sterbehilfe dargestellt sowie die Abgrenzung zur passiven Sterbehilfe beschrieben.
Das Sterben umfasst jenen Prozess im Leben eines Menschen, welcher mit dem Tod endet (Häcker, 2008, S. 35). Der Tod eines Menschen umfasst das endgültige Versagen lebensnotwendiger Funktionen (Bundesverband Deutscher Bestatter, 2021).
In Deutschland sterben jährlich ca. 940.000 Menschen (Statistisches Bundesamt, 2021). „Tritt der Tod nicht abrupt ein, beispielsweise durch einen tödlichen Unfall, sondern kündigt sich durch eine unheilbare Krankheit oder Altersschwäche auf absehbare Zeit an, wird diese Phase als das Sterben bezeichnet“ (Bundesverband Deutscher Bestatter, 2021). Demnach ist der Sterbeprozess als Übergangsphase des Lebens zum Tod zu beschreiben. Der Sterbeprozess kann sich über einen längeren Zeitraum erstrecken und umfasst verschiedene Phasen, welche auf den nähernden Tod schließen lassen (ebd.).
Der Tod beschreibt den biologischen Zustand nach dem Sterben, welcher durch den vollständigen und irreversiblen Funktionsverlust aller Körperorgane charakterisiert ist (Maercker & Trachsel, 2016, S. 1 f.). Dabei wird zwischen dem natürlichen und dem nicht natürlichen Tod unterschieden. Natürliche Todesursachen sind z. B. Krankheit oder Alter. Zu den nicht natürlichen Todesursachen zählen z. B. Unfälle oder Kriminaldelikte (Bundesverband Deutscher Bestatter, 2021). Herz- und Kreislauferkrankungen sind die häufigste Todesursache in Deutschland (Statistisches Bundesamt, 2021).
Der klinische Tod wird dann festgestellt, wenn die Atmung, der Herzschlag und der Kreislauf eines Menschen ausfallen (Maercker & Trachsel, 2016, S. 1f.). Versagt das Herz-Kreislaufsystem, tritt ein Kreislaufstillstand ein und die Vitalfunktionen setzen aus. Daraus resultierend kommt es zu einem Sauerstoffmangel, was schrittweise zum Organversagen und letztlich zum Tod führt (Bundesverband Deutscher Bestatter, 2021). Der Hirntod umfasst den irreversiblen Ausfall jeglicher Gehirnfunktionen. Wird ein Hirntod anhand der festgelegten Kriterien diagnostiziert, können lebenserhaltende Maßnahmen beendet werden (ebd.). Ein konkreter biologischer Todeszeitpunkt ist nicht definierbar, denn die Körperorgane variieren in ihrem Sauerstoffbedarf und stellen ihre Funktionen daher unterschiedlich ein (Maercker & Trachsel, 2016, S. 2).
Es gibt verschiedene Kategorien der aktiven Sterbehilfe, welche ein unterschiedliches Handeln voraussetzen und unterschiedliche Absichten verfolgen: (1) die direkte aktive Sterbehilfe, (2) die indirekte aktive Sterbehilfe und (3) der assistierte Suizid (Grimm & Hillebrand, 2009, S. 99 f.). Die einzelnen Kategorien gehen häufig ineinander über, weshalb sie nicht klar voneinander abzugrenzen sind (Häcker, 2008, S. 23).
Im Folgenden werden die drei genannten Formen der Sterbehilfe beschrieben:
(1) Direkte aktive Sterbehilfe
Die direkte aktive Sterbehilfe beschreibt das gezielte Verursachen des Todes eines Menschen auf dessen Verlangen hin, z. B. durch letale Injektion. Der Tod stellt das primäre Ziel der Intervention dar, weshalb diese Form der Sterbehilfe als direkt klassifiziert ist (Grimm & Hillebrand, 2009, S. 105 f.).
(2) Indirekte aktive Sterbehilfe
Bei der indirekten aktiven Sterbehilfe wird der Tod hervorgerufen durch die Einnahme schmerzlindernder Medikamente, welche eine Verkürzung der Lebensdauer zur Folge haben können, z. B. eine Überdosis Morphin. Diese Form der Sterbehilfe gilt als indirekt, da der Tod nicht das primäre Ziel der Intervention ist. Das primäre Ziel besteht in der Schmerzlinderung, bei welcher der Tod als sekundäre Folge eintreten kann (Borasio, 2011, S. 163 f.).
(3) Assistierter Suizid
Beim assistierten Suizid wird dem Sterbenden ein tödlich wirkendes Präparat verschrieben, welches er selbstbestimmt einnimmt. Dabei liegt die Tatherrschaft über den gesamten Zeitraum der Tötung beim Sterbenden (Birkner, 2006). Eine andere Person leistet Beihilfe zur Tötung, indem sie z. B. das tödlich wirkende Präparat verschreibt, besorgt oder zusammenstellt (Maercker & Trachsel, 2016, S. 12 f.).
Abgegrenzt wird die aktive Sterbehilfe von der passiven Sterbehilfe. Letzteres beschreibt das Geschehenlassen eines selbstbestimmten, weniger schmerzbelasteten Todes, indem von einer Behandlung abgesehen wird. Der Tod wird nicht primär herbeigeführt, sondern geschieht durch den Abbruch der ärztlichen Versorgung oder der lebenserhaltenden Maßnahmen (Grimm & Hillebrand, 2009, S. 92). Eine Darstellung der beschriebenen Formen der (aktiven) Sterbehilfe ist in Abbildung 1 ersichtlich.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Kategorien der Sterbehilfe (nach Springer, 2020)
Zusammengefasst handelt es sich bei der aktiven Sterbehilfe stets um eine wissentliche, von außen herbeigeführte, Tötung eines Menschen auf dessen Verlangen hin. Dabei wird der Sterbeprozess entweder auf direkte oder indirekte Weise beschleunigt. Das vorrangige Ziel besteht darin, dem Sterbenden sein Leiden zu nehmen.
Im weiteren Verlauf des Textes erfolgt eine Erläuterung der psychologischen Effekte und Auswirkungen von aktiver Sterbehilfe auf den Sterbenden. Zunächst werden die entlastungsschaffenden Auswirkungen beleuchtet. Anschließend wird auf die psychischen Belastungsfaktoren eingegangen. Angesichts der Breite an möglichen Diskussionspunkten zu dieser Thematik, liegt der Fokus der vorliegenden Arbeit auf einer Auswahl an Aspekten, welche vom Verfasser als vorrangig relevant angesehen werden.
Das Sterben kann, abhängig von den individuellen Umständen, einen leidvollen und gegebenenfalls langwierigen Prozess darstellen (Birkner, 2006, S. 52). Die aktive Sterbehilfe ermöglicht es einem schwerkranken Menschen, eigenständig über sein Ableben zu entscheiden. Da diese in Deutschland gesetzlich untersagt ist und deshalb nicht auf legalem Wege praktiziert werden kann, sind die Möglichkeiten Betroffener begrenzt (Caritas, 2021). Im Folgenden wird die aktive Sterbehilfe in Bezug auf das menschliche Autonomiebedürfnis sowie das Selbstkonzept betrachtet.
Autonomie bezeichnet den „Zustand von Selbständigkeit, Entscheidungsfreiheit oder Selbstbestimmung“ (Stangl, 2021). Es ist ein grundlegendes menschliches Bedürfnis, das Leben selbstständig gestalten und kontrollieren zu können sowie eigene Entscheidungen zu treffen (Gerring, 2016, S. 523 f.). Da die Selbstbestimmung einen zentralen Aspekt der menschlichen Würde darstellt, sollte diese gewahrt und respektiert werden (Hoffmann & Knaupp, 2015, S. 101).
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