Wenn im migrantischen Kontext von Vielfalt gesprochen wird, wird dies in der Gesellschaft als problematisch angesehen, obwohl Migrant*innen einen großen Teil der deutschen Bevölkerung ausmachen. Dies wird so wahrgenommen, da man
gesamtgesellschaftlich gesehen der Meinung ist, dass die Gesellschaft nur ein bestimmtes Maß an Differenz aushält. Diese Wahrnehmung ist dadurch begründet, da in Deutschland eine gewisse Homogenisierungserwartung besteht, sprich Deutschland wird vornehmlich, trotz der Vielzahl an Konfessionen und Mehrsprachlichkeit, als einsprachiges und christliches Land aufgefasst. Auch in anderen Teilen der Gesellschaft wird diese homogene Erwartung aufgebrochen, es besteht ein Diskurs dafür, dass Menschen mit Behinderungen immer mehr in Institutionen integriert werden sollten, anstatt in selektiven Einrichtungen zu verweilen.
Als Mensch, der sich sowohl im beruflichen als auch privaten Kontext mit diesen Themen auseinandersetzt, sprich welche un- und bewussten Machtverhältnisse es zwischen mir, der Gesellschaft oder auch aversiven Gruppen, und marginalisierten Personengruppen gibt, war es für mich von immenser Bedeutung herauszufinden, wie man langfristig dahingegen arbeiten kann, dass so viele Menschen wie möglich über Tools und Wissen aufgeklärt werden, damit ein respektvoller, wertschätzender und zuvorkommender Umgang zwischen allen diversen Personengruppen gewährleistet
werden kann. Daher bin ich, während meiner Recherche, auf den Begriff der Diversitykompetenzen gestoßen und wie man diese in den jeweiligen Settings vermitteln kann. Bevor jedoch eine Vorstellung dessen erfolgt, wie man diese in welchen Institutionen lehren kann, zeige ich zunächst auf, inwiefern sich der Begriff der Diversity entwickelt hat und wie dieser auch Platz in Deutschland gefunden hat.
Danach folgt ein kurzer theoretischer Einstieg darin, inwiefern man diese Kompetenzen vermitteln kann. Im Hauptteil gehe ich dann auf die jeweiligen Institutionen Jugendarbeit, wirtschaftliche Unternehmen und den Hochschulkontext
ein, inwiefern dort Diversity gelebt und gelehrt wird. Anschließend folgt eine Zusammenfassung meiner Ergebnisse und einen Ausblick darauf, inwiefern man das Thema noch weiter vertiefen könnte.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Entwicklung von Diversity- Debatten
3. Vermittlung von Diversitykompetenzen
3.1 Theorie und Methoden
3.2 Vermittlung von Diversitykompetenzen
3.2.1. Jugendarbeit
3.2.2 Wirtschaftsinstitutionen
3.2.3 Hochschulkontext
4. Fazit
5. Ausblick
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Wenn im migrantischen Kontext von Vielfalt gesprochen wird, wird dies in der Gesellschaft als problematisch angesehen, obwohl Migrant*innen einen großen Teil der deutschen Bevölkerung ausmachen. Dies wird so wahrgenommen, da man gesamtgesellschaftlich gesehen der Meinung ist, dass die Gesellschaft nur ein bestimmtes Maß an Differenz aushält. Diese Wahrnehmung ist dadurch begründet, da in Deutschland eine gewisse Homogenisierungserwartung besteht, sprich Deutschland wird vornehmlich, trotz der Vielzahl an Konfessionen und Mehrsprachlichkeit, als einsprachiges und christliches Land aufgefasst. Obwohl es auf dem Globus nur sehr wenige ethnische und kulturell gesehen homogene Länder gibt, konfligiert diese Vorstellung mit der tatsächlichen Realität unserer globalisierten Gesellschaft (vgl. Wolfsgruber 2015, S. 42f.). Auch in anderen Teilen der Gesellschaft wird diese homogene Erwartung aufgebrochen, es besteht ein Diskurs dafür, dass Menschen mit Behinderungen immer mehr in Institutionen integriert werden sollten, anstatt in selektiven Einrichtungen zu verweilen. Zuletzt gab es auch seit Mitte 2020 erneut große Debatten um Rassismus, ausgelöst durch den Tod von George Floyd. Und auch feministische Bewegungen werden durch vermehrt auftretende Demonstrationen und Aufklärungsarbeit immer lauter. Des Weiteren rücken Beiträge und Erkenntnisse über die Geschlechteridentität immer mehr in den Vordergrund, da unsere heteronormative Sichterweise, vor allem auf Geschlechterklischees, veraltet ist.
Als Mensch, der sich sowohl im beruflichen als auch privaten Kontext mit diesen Themen auseinandersetzt, sprich welche un- und bewussten Machtverhältnisse es zwischen mir, der Gesellschaft oder auch aversiven Gruppen, und marginalisierten Personengruppen gibt, war es für mich von immenser Bedeutung herauszufinden, wie man langfristig dahingegen arbeiten kann, dass so viele Menschen wie möglich über Tools und Wissen aufgeklärt werden, damit ein respektvoller, wertschätzender und zuvorkommender Umgang zwischen allen diversen Personengruppen gewährleistet werden kann. Daher bin ich, während meiner Recherche, auf den Begriff der Diversitykompetenzen gestoßen und wie man diese in den jeweiligen Settings vermitteln kann. Bevor jedoch eine Vorstellung dessen erfolgt, wie man diese in welchen Institutionen lehren kann, zeige ich zunächst auf, inwiefern sich der Begriff der Diversity entwickelt hat und wie dieser auch Platz in Deutschland gefunden hat.
Danach folgt ein kurzer theoretischer Einstieg darin, inwiefern man diese Kompetenzen vermitteln kann. Im Hauptteil gehe ich dann auf die jeweiligen Institutionen Jugendarbeit, wirtschaftliche Unternehmen und den Hochschulkontext ein, inwiefern dort Diversity gelebt und gelehrt wird. Anschließend folgt eine Zusammenfassung meiner Ergebnisse und einen Ausblick darauf, inwiefern man das Thema noch weiter vertiefen könnte.
2. Entwicklung von Diversity- Debatten
Zu den Diversitykompetenzen gehören viele verschiedene Themenbereiche, unteranderem werden diese als „Big 8“ bezeichnet, dazu gehören Geschlecht, Alter, Ethnie, Nationalität, physische und psychische Behinderung, Sexualität, Religion und Status innerhalb einer Organisation (vgl. Merklein 2017, S. 13). Innerhalb dieser Arbeit konzentriere ich mich zunächst auf interkulturelle und feministische Genderspezifische Aspekte, da diese, für mich persönlich, einen höheren Stellenwert haben. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Themen, wie Integration von Menschen mit Behinderungen, wie aktuelle Debatten von Ableismus oder den Appel an Mindestlohn für Menschen die in Behindertenwerkstätten arbeiten oder Rechte von Menschen mit psychischen Erkrankungen, weniger wichtig sind als die Genannten. Zusätzlich kann es selbstverständlich intersektionale Überschneidungen geben. Schließlich geht es im Kern dieser Arbeit um die Vermittlung von Diversity- Kompetenzen, welche Theorien und Methoden zur Umsetzung dieser wichtig sind und orientiere mich dabei eher an den oben genannten Themengebieten, da es den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, alle Dimensionen der Big 8 inhaltlich genausten zu berücksichtigen. Um jedoch zu der Relevanz von interkultureller Kompetenz und Geschlechterdiversität von heute zu kommen, soll in den nächsten Zeilen die Entwicklung dieser grob abgearbeitet werden.
Der Diversity Begriff wurde in den 1960er Jahren in den USA während der Rassismus Debatten etabliert. Zunächst setzte man sich mit dem institutionellen Rassismus, aufgrund hiesiger Debatten, auseinander und inwiefern dieser die Gesellschaft beeinflusst. Daraufhin folgten Bewegungen von Frauen, Homosexuellen, Menschenrechtsgruppen etc. Aufgrund der Lautstärke dieser Bewegungen, wurden Forderungen der Demonstrant*innen im Programm von John F. Kennedy aufgenommen, jedoch erst 1964 mit dem Civil Rights Act umgesetzt. Trotz alledem folgten riesige Aufstände in amerikanischen Großstädten von 1964- 1968. Begleitend erfolgten Debatten darüber, wie sehr der Rassismus im Kern der Gesellschaft verankert war. Da der Bewegung, die damit verabschiedeten Gesetze zu langsam ausgeführt wurden und nicht ausreichend genug die Problematik des Themenbereiches abdeckten, folgten Diskussionen über institutionelle Diskriminierungen seitens der Black- PowerBewegung. Hierdurch konnten diverse Institutionen, wie zum Beispiel Gesundheitsversorgung, Arbeits- und Wohnmarkt etc., ein Konzept entwickeln, welches ihnen ermöglichte relevante Diskriminierungsformen (siehe Big 8) zu berücksichtigen. Durch eine empirische Auseinandersetzung, bei dem die Aufklärung der Mechanismen von strukturellen Rassismus im Vordergrund standen, konnten in den 1970er Jahren erste Diversity ähnliche Maßnahmen erfolgen, dessen Ziel die Bekämpfung von Diskriminierungen in Unternehmen war. Seit Beginn der 1980er Jahre konnte der Begriff und die Bedeutung von Diversity auch in Europa Fuß fassen. In Deutschland verbreitete sich der Ansatz in größeren Unternehmen, wie Lufthansa und in öffentlichen Institutionen. Zusätzlich entwickelten sich Konzepte von NGOs, wie in Deutschland das Bildungsprogramm „Eine Welt der Vielfalt“, dessen Ziel es ist den kulturellen Filter zu sensibilisieren, um damit Offenheit und Diversity- Kompetenzen zu fördern (vgl. Benbrahim 2012, S. 10f.).
2006 gab es dann einen Versuch in Deutschland die Gleichbehandlung aller Geschlechter und eine Berücksichtigung intersektionaler Prozesse gesetzlich zu verankern. Dies sollte mit dem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) bewerkstelligt werden, welches große Lücken aufwies, indem zum Beispiel eine genauere Definition von intersektionaler Diskriminierung fehlt. Außerdem weist der Gesetzestext eher eine Auffassung von Mehrfachdiskriminierung auf und denkt dabei eher in stereotypischen Mustern (vgl. Holjewilken et. al. 2019, S. 18f.).
In wirtschaftlichen Bereichen etablierte Ende der 1990er sich der Begriff des Diversity Managements, welcher im späteren Verlauf dieser Arbeit noch öfter erwähnt wird. Beim Diversity Management steht der Abbau von diskriminierenden Betriebsklima im Vordergrund, indem für eine Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen gesorgt wird und für eine Assimilierung und Integration benachteiligter Gruppen im Unternehmen gesorgt wird. Dazu später mehr im Kapitel 3.2.2. In Bildungsinstitutionen entwickelte sich Mitte der 1990er Jahre der Begriff der Pädagogik der Vielfalt, welcher die unterschiedlichsten Dimensionen der Erziehungswissenschaften, wie interkulturelle-, feministische- und Sonderpädagogik, umfasste. Auch hier ging es im Kern um Chancengleichheit, Gleichwertigkeit aller Kulturen und Geschlechter und die Forderung nach Pluralisierung. Der Appell dabei richtete sich an Bildungseinrichtungen und Lehrenden, die eine antidiskriminierende Strategie und Haltung einnehmen sollten (vgl. Benbrahim 2012, S. 12).
3. Vermittlung von Diversitykompetenzen
In diesem Kapitel geht es darum, wie man Diversitykompetenzen lehren und erlernen kann. Die Bedeutung einer erfolgreichen Vermittlung ist schließlich elementar dafür marginalisierte Gruppen einen geschützten Raum und optimale Partizipation zu bieten. Dies soll bewerkstelligt werden, indem auf so vielen Ebenen wie möglich, wie in kleinen und großen Unternehmen oder Bildungseinrichtungen, privilegiertere Personen für die jeweils benachteiligte Personengruppe, Werkzeuge für einen respektvollen und nicht-diskriminierenden Umgang beigebracht werden (vgl. Wolfsgruber 2015, S. 42f.).
Schließlich liegt die Verantwortung bei dem Abbau von Diskriminierungen bei den Institutionen und deren Entscheidungsträger*innen. Diese sind nämlich für den strukturellen Wandel verantwortlich, um Platz für Interkulturelle Öffnung, GenderMainstreaming, rassismuskritische Konzepte, Inklusionskonzept, Aktionspläne gegen Homophobie etc. zu schaffen. Um diese Konzepte umsetzen zu können, ist ein Umdenken bisheriger Handlungsmuster von Nöten, um somit nachhaltige persönliche und institutionelle Veränderungen einzuleiten. Um dies zu bewerkstelligen muss ein gewisses fachliches Wissen erarbeitet werden (vgl. Benbrahim 2012, S. 13.).
Um dieses Wissen zu vermitteln, werden in der Praxis Diversity- Trainings verwendet. Während in den 60er / 70er Jahren interkulturelle- oder Diversitäts Trainings bei Mitarbeitern implementiert wurden, um diese bei Auslandseinsätzen auf bevorstehende kulturelle Unterschiede vorzubereiten, werden diese heutzutage in Ländern, wie in etwa Deutschland, eingesetzt, in denen eine Vielfalt an kulturellen Hintergründen vorherrscht. Dahingegen gibt es diverse Institutionen wie der „Charta der Vielfalt“, welche die Vielfalt in Unternehmen fördert oder „Schule ohne Rassismus“, welche von Schüler*innen ins Leben gerufen wurde, um Diskriminierungen in der Schule vorzubeugen und zu behandeln. Auf Verwaltungstechnischer Ebene gibt es die XENOS Projekte. Hinzu muss gesagt werden, dass der Begriff der Kulturtrainings ein wenig geöffnet werden muss, damit Aspekte wie Geschlecht und sexuelle Identität, soziale Herkunft, Alter und Behinderungen ebenfalls behandelt werden können. Daher wird in den nächsten Seiten von Diversity Trainings gesprochen. Diversity Trainings finden vor allem in Bildungsbereichen wie Schulen, Hoch- und Volksschulen statt. In gemeinnützigen Organisationen sowie Wirtschaftsorganisationen und öffentliche Verwaltungsstellen. Die häufigsten genannten Gründe, weshalb die Teilnehmenden solche Trainings als wichtig erachten, waren bereits bestehende Probleme im Team zu lösen und um benachteiligte Personen in den jeweiligen gesellschaftlichen Kontext besser integrieren zu können (vgl. Mazziotta et. al. 2016, S. 9ff.).
3.1 Theorie und Methoden
Bei dem Lehren von Diversity Kompetenzen müssen vier Dimensionen beachtet werden. Als erste kommt die des Wissens. Hiermit ist das faktische Wissen über gesellschaftliche Machtverschiebungen, Entstehung von Stereotypen und Konzepte zur chancengleicher Personalentwicklung gemeint. Die zweite Ebene beschreibt das Können. Dies beinhaltet die Fähigkeit zur kritischen Reflexion. Mit der dritten Dimension, ist das Wollen gemeint, sprich der Wille eigene Wertevorstellungen zu fördern und die eigene Lernbereitschaft stetig zu erweitern. Diese lässt sich durch affektive Trainings erlernen, bei dem zum Beispiel die Teilnehmer Selbstkontrolle bei dem Umgang mit fremden Kulturen erlernen. Die letzte Dimension ist die des Dürfens. Hierbei werden in Trainings die Fähigkeit zur adäquaten Bewertung erlernt, um einen konstruktiven Umgang mit Widerständen und Konflikten zu erlernen (vgl. Dreas u. Rastetter 2015, S. 3f).
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