Aktive Sicherheitssysteme wie Antiblockiersysteme (ABS) oder Antriebsschlupfregelungen (ASR) ergänzen das Bremssystem und sollen das Fahrzeug in kritischen Situationen stabilisieren. Aber wie verhält sich ein Fahrzeug ohne diese zusätzlichen Systeme? Die Frage soll in diesem Assignment beurteilt werden.
Das Auto ist noch immer das Lieblingstransportmittel der Deutschen. Über 46 Millionen PKW halten sich auf den deutschen Straßen auf. Im Jahre 2019 wurden vom Statistisches Bundesamt in Wiesbaden 2.685.661 Verkehrsunfälle registriert, von denen 3046 Unfälle tödlich verliefen. Viele Unfälle könnten durch richtiges Bremsen sowie vorausschauendes Fahren vermieden werden. Insbesondere bei dem Thema Bremsen gibt es zahlreiche Parameter, die zu berücksichtigen sind. Je nach Fahrbahnbelag, Wetterverhältnissen, Geschwindigkeit und Fahrzeugmasse muss mehr oder weniger kräftig auf das Bremspedal getreten werden, wobei die Hauptfunktion der Bremse bzw. des Bremssystems darin besteht, das Fahrzeug aus jeder Geschwindigkeit sicher abzubremsen.
Der erste Teil der Arbeit dient der Behandlung der Grundlagen. Dabei wird auf die Fahrsicherheit, das Programm MATLAB mit der Toolbox Simulink sowie Bremssysteme in Personenkraftwagen eingegangen. Des Weiteren wird das Verhalten des Antiblo-ckiersystems dargestellt. Im zweiten Teil, dem Kernpunkt des Assignments, wird die Simulation vorgenommen. Die Darstellung der Bewegungsgleichung, die Aufstellung des Blockschaltbildes sowie die Durchführung der Simulation mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten sowie Fahrzeugmassen sind Gegenstand dieses Kapitels. Der dritte und damit letzte Teil der Arbeit schließt mit dem Resümee ab.
Inhaltsverzeichnis
Darstellungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Zielsetzung
1.2 Aufbau des Assignments
2 Definitionen und Grundlagen
2.1 Sicheres Autofahren
2.2 MATLAB-Simulink
2.3 Bremssysteme im Personenkraftwagen
2.4 Elektronische Bremssysteme – Das Antiblockiersystem
3 Simulationen des Bremsvorganges ohne ABS
3.1 Darstellung der Bewegungsgleichung
3.2 Aufstellung des Blockschaltbildes in MATLAB-Simulink
3.3 Festlegung der Untersuchungseinheiten
3.4 Durchführung der Simulation
3.5 Veränderung der Angangsgeschwindigkeit und Fahrzeugmasse
4 Schlussfolgerung der Simulationsergebnisse
Anhang
Literaturverzeichnis
Darstellungsverzeichnis
Darstellung 1: PKW-Hilfskraft-Bremsanlage
Darstellung 2: Zahlenwerte für den Bremsvorgang eines PKWs
Darstellung 3: Blockschaltbild für den Bewegungsvorgang ohne ABS
Darstellung 4: Simulationswerte – Bremsvorgang ohne ABS
Darstellung 5: Anfangsgeschwindigkeit 100 km/h und eine Fahrzeugmasse von 1500 kg
Darstellung 6: Anfangsgeschwindigkeit 100 km/h und eine Fahrzeugmasse von 1575 kg
Darstellung 7: Anfangsgeschwindigkeit 100 km/h und eine Fahrzeugmasse von 1800 kg
Darstellung 8: Anfangsgeschwindigkeit 50 km/h und eine Fahrzeugmasse von 1500 kg
Darstellung 9: Anfangsgeschwindigkeit 50 km/h und eine Fahrzeugmasse von 1575 kg
Darstellung 10: Anfangsgeschwindigkeit 50 km/h und eine Fahrzeugmasse von 1800 kg
Darstellung 11: Anfangsgeschwindigkeit 150 km/h und eine Fahrzeugmasse von 1500 kg
Darstellung 12: Anfangsgeschwindigkeit 150 km/h und eine Fahrzeugmasse von 1575 kg
Darstellung 13: Anfangsgeschwindigkeit 150 km/h und eine Fahrzeugmasse von 1800 kg
1 Einleitung
Das Auto ist noch immer das Lieblingstransportmittel der Deutschen. Über 46 Millionen PKW halten sich auf den deutschen Straßen auf. Im Jahre 2019 wurden vom Statistisches Bundesamt in Wiesbaden 2.685.661 Verkehrsunfälle registriert, von denen 3046 Unfälle tödlich verliefen1. Viele Unfälle könnten durch richtiges Bremsen sowie vorausschauendes Fahren vermieden werden. Insbesondere bei dem Thema Bremsen gibt es zahlreiche Parameter, die zu berücksichtigen sind. Je nach Fahrbahnbelag, Wetterverhältnissen, Geschwindigkeit und Fahrzeugmasse muss mehr oder weniger kräftig auf das Bremspedal getreten werden, wobei die Hauptfunktion der Bremse bzw. des Bremssystems darin besteht, das Fahrzeug aus jeder Geschwindigkeit sicher abzubremsen. Aktive Sicherheitssysteme wie Antiblockiersysteme (ABS) oder Antriebsschlupfregelungen (ASR) ergänzen das Bremssystem und sollen das Fahrzeug in kritischen Situationen stabilisieren. Aber wie verhält sich ein Fahrzeug ohne diese zusätzlichen Systeme? Die Frage soll in diesem Assignment beurteilt werden.
1.1 Zielsetzung
Aufbauend auf der Vorgabe für das Assignment im Modul „SYA81 – Systemanalyse“, soll das Thema „Bremsvorgang ohne ABS“ untersucht werden. Das Ziel dieses Assignments ist es, unter variablen Fahrzeugmassen und Anfangsgeschwindigkeiten die entsprechenden Bremsvorgänge ohne ABS mit Hilfe von MATLAB Simulink zu beurteilen.
1.2 Aufbau des Assignments
Der erste Teil der Arbeit dient der Behandlung der Grundlagen. Dabei wird auf die Fahrsicherheit, das Programm MATLAB mit der Toolbox Simulink sowie Bremssysteme in Personenkraftwagen eingegangen. Des Weiteren wird das Verhalten des Antiblockiersystems dargestellt. Im zweiten Teil, dem Kernpunkt des Assignments, wird die Simulation vorgenommen. Die Darstellung der Bewegungsgleichung, die Aufstellung des Blockschaltbildes sowie die Durchführung der Simulation mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten sowie Fahrzeugmassen sind Gegenstand dieses Kapitels. Der dritte und damit letzte Teil der Arbeit schließt mit dem Resümee ab. Aufgrund des begrenzten bzw. vorgegebenen Umfangs der Arbeit wird der Fokus nur auf einzelne Themenbereiche gelegt. Einen ausführlicheren Einblick bieten u. a. das Buch „Modelbildung und Simulation dynamischer Systeme“ von Helmut Scherf, welches als Grundlage dieses Assignments dient, sowie die Internetseite www.mathworks.com, die rund um das Thema MATLAB und Simulink schult und informiert.
2 Definitionen und Grundlagen
Zum besseren Verständnis sollen vorab einige Grundlagen vermittelt werden. Dabei werden als Erstes Ratschläge zur allgemeinen Fahrsicherheit gegeben. Des Weiteren werden das Programm MATLAB-Simulink sowie Bremssysteme im PKW im Allgemeinen betrachtet. Eine kurze Einführung in das Antiblockiersystem schließt dieses Kapitel ab.
2.1 Sicheres Autofahren
Damit man sicher durch den Straßenverkehr kommt, ist es wichtig, sich an die allgemeinen Verkehrsregeln zu halten und eine vorrausschauende Fahrweise anzunehmen. Mit den nachfolgenden acht Tipps kann die Sicherheit im Verkehr zusätzlich verbessert werden:
1. Konzentration am Steuer: sich nicht müde und abgelenkt ans Steuer setzten
2. Gefahrenquellen frühzeitig bemerken: das Fehlverhalten anderer Verkehrsteilnehmer möglichst einkalkulieren
3. Genügend Zeit für die Fahrt einplanen: Zeitdruck und damit zu schnelles und leichtsinniges Fahren vermeiden
4. Sitzposition: beide Händen am Lenkrad mit Restbeugewinkel an Armen und Beinen sowie ein guter Rückenhalt. Die Kopfstütze des Sitzes schließt auf gleicher Höhe mit dem Kopf ab
5. Blickpunkt: Augen nach vorne richten und den Punkt fixieren, zu dem man fahren möchte
6. Abstand halten: den notwendigen Sicherheitsabstand einhalten
7. Richtige Reifenwahl: falsche Bereifung kann bei Nässe schnell zu Unfällen führen
8. Vollbremsung in der Not: Sie wird nicht jeden Unfall verhindern können, aber sie kann die Folgen mindern2
2.2 MATLAB-Simulink
MATLAB hat sich im ingenieurwissenschaftlichen Bereich, insbesondere bei anspruchsvollen Aufgaben und Simulationen auf den Gebieten der Signalverarbeitung und Regelungstechnik, etabliert. MATLAB ist die Abkürzung für Matrix Laboratory und bedeutet, dass gleichzeitig mit ganzen Zahlengruppen, den Matrizen, operiert werden kann. Das Programm wird seit 1984 von der Firma The MathWorks, Inc. entwickelt und als kommerzielle Software vor allem für Windows und Linux-Rechner vertrieben. MATLAB ist ein Grundprogramm, zu welchem insgesamt mehr als 100 ergänzende Toolboxen angeboten werden. Hierzu gehört auch Simulink. Dabei handelt es sich um ein grafikorientiertes Programm zum symbolischen Lösen von Differentialgleichungen3. Genauer gesagt, ist Simulink ein interaktives Tool, das die anschauliche Modellierung, Simulation und Analyse von dynamischen Systemen ermöglicht. Seine Haupanwendungsgebiete liegen in der Regelungstechnik, Signalverarbeitung und Nachrichtentechnik4. Im dritten Kapitel wird die Anwendung von Simulink veranschaulicht.
2.3 Bremssysteme im Personenkraftwagen
Die Bremsanlagen sind für die Betriebsfähigkeit eines Kraftfahrzeugs und seine Sicherheit im Straßenverkehr unerlässlich und deshalb strengen gesetzlichen Bestimmungen unterworfen. Die mechanische Bremsanlage wurde aufgrund der steigenden Anforderungen an die Fahrsicherheit immer weiter verbessert. Mit dem Einsatz von Mikroelektronik hat sich die Bremsanlage zu einem komplexen elektronischen Bremssystem entwickelt. Die Bremsanlagen von Personenkraftwagen haben folgende grundsätzlichen Aufgaben: die Geschwindigkeit des Fahrzeugs zu verringern, das Fahrzeug zum Stillstand zu bringen, unerwünschtes Beschleunigen bei einer Talfahrt zu verhindern und das Fahrzeug im Stillstand zu halten. Für die ersten drei Punkte ist die Betriebsbremsanlage, die sogenannte Fußbremse, zuständig. Der Fahrer aktiviert sie durch Betätigen des Bremspedals. Die Feststellbremsanlage, die Handbremse, hält das Fahrzeug im Stillstand. Bei den konventionellen PKW-Bremssystemen wird der Bremsvorgang ausschließlich durch Druck auf das Bremspedal eingeleitet. Im Hauptzylinder der Bremsanlage wird diese Kraft in einen hydraulischen Druck umgeformt. Die Bremsflüssigkeit dient als Übertragungsmedium zwischen Hauptzylinder und Radbremsen. Die Darstellung 1 im Anhang 1 bietet eine Übersicht über PKW-Hilfskraft-Anlagen, wie sie in Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeugen am häufigsten eingesetzt werden5.
2.4 Elektronische Bremssysteme – Das Antiblockiersystem
Im Jahre 1978 wurde zum ersten Mal ein elektronisches Bremssystem in Serie eingeführt. Das Antiblockiersystem, kurz ABS genannt, verhindert bei einer Vollbremsung, dass die Räder blockieren und das Fahrzeug nicht mehr lenkbar ist. Beim ABS besteht wie beim konventionellen Bremssystem eine mechanische Verbindung zwischen Bremspedal und den Radbremsen (s. Darstellung 1 im Anhang 1)6. Das Hydroaggregat kommt bei diesem elektronischen System als zusätzliche Komponente hinzu. Es bildet die hydraulische Verbindung zwischen dem Hauptzylinder und den Radzylindern und ist damit zentrales Bauelement elektronischer Bremssysteme7. Magnetventile im Hydroaggregat werden so angesteuert, dass bei zu großem Reifenschlupf der Bremsdruck in den Radzylindern selektiv begrenzt wird, um ein Blockieren der Räder zu verhindern. Das ABS wurde fortlaufend weiterentwickelt und verbessert, sodass es mittlerweile bei fast allen in Westeuropa neu zugelassenen Fahrzeugen zur Serienausstattung gehört8. Dennoch gibt es nach wie vor viele PKWs ohne ABS. Die Auswirkung eines Bremsvorganges ohne ABS soll nun im nachfolgenden Kapitel näher betrachtet werden.
3 Simulationen des Bremsvorganges ohne ABS
Der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) definiert Simulation allgemein als die „Nachbildung eines Systems mit seinen dynamischen Prozessen in einem experimentierfähigen Modell, um zu Erkenntnissen zu gelangen, die auf die Wirklichkeit übertragbar sind”9. Um eine Simulation korrekt durchführen zu können, bedarf es gewisser Vorgehensweisen, die aufeinander aufbauen. Nachfolgend wird vorab die Bewegungsgleichung aufgestellt, diese dient als Grundlage für das darauffolgende Blockschaltbild. Mit der abschließenden Festlegung der Untersuchungseinheiten hat man dann eine Basis für die eigentliche Simulation geschaffen, die ab dem Kapitel 3.4 umgesetzt wird.
3.1 Darstellung der Bewegungsgleichung
Um den Bremsvorgang realistisch abbilden zu können, muss eine Bewegungsgleichung für die Räder sowie das Fahrzeug selbst aufgestellt werden. Die Formelinhalte des Simulationsvorganges können der Darstellung 2 im Anhang 2 entnommen werden. Einige Variablen werden im Verlaufe der Simulation angepasst. Auf weiterführende Herleitungen wird in diesem Kapitel allerdings verzichtet. Zur detaillierten Herleitung der Bewegungsgleichungen sowie der Definition und Festlegung der Variablen mit ihren Vorgabewerten wird aus diesem Grund auf den Anhang 3 verwiesen.
Bewegungsgleichung des Rades:
Ein frei rollendes Rad hat einen Schlupf , ein blockiertes Rad den Schlupf . Als Schlupf wird der Vorgang bezeichnet, der beim Bremsen oder Beschleunigen entsteht, wenn sich die Radumfangsgeschwindigkeit von der Fahrzeuggeschwindigkeit unterscheidet. Bei 100 Prozent Schlupf blockiert das Rad, bei 0 Prozent Schlupf gibt es keinen Drehzahlunterschied10.
Die Abhängigkeit des Reibungskoeffizienten μ vom Schlupf kann für eine trockene Fahrbahn durch folgende Gleichung beschrieben werden:
Bewegungsgleichung des Fahrzeugs:
Die Bewegungsgleichung des Fahrzeugs wird durch das Gleichgewicht zwischen der d’Alembert‘schen Trägheitskraft und der Summe aus der negativen Reibungskraft und dem Luftwiderstandskraft dargestellt. Die d’Alembert‘sche Trägheitskraft besagt, dass alle die auf einen bewegten Körper wirkenden Kräfte in und entgegen der Bewegungsrichtung einschließlich der Massenträgheitskraft zusammengenommen den Wert Null haben11. Die Reibungskraft ergibt sich aus dem Reibungskoeffizienten in Abhängigkeit des Schlupfs multipliziert mit der Normalkraft , die in der horizontalen Ebene der Gewichtskraft und somit der Masse m entspricht:
[...]
1 Vgl. (Willand, 2020)
2 Vgl. (Hölscher, 2019)
3 Vgl. (Thuselt, 2018, S. 4-8)
4 Vgl. (Thuselt, 2018, S. 68)
5 Vgl. (Reif, 2016, S. 132)
6 Vgl. (Reif, 2016, S. 133)
7 Vgl. (Reif, Fahrstabilisierungssysteme und Fahrerassistenzsysteme, 2010, S. 96)
8 Vgl. (Reif, Grundlagen Fahrzeug- und Motorentechnik im Überblick, 2016, S. 133)
9 (Ingenieure, 2018)
10 Vgl. (Festl, 2015)
11 Vgl. (Herr, Bach, & Maier, 2011, S. 66)