In der Arbeit soll es um die Erläuterung der phantastischen Kinder- und Jugendliteratur (KJL) am Beispiel dreier Werke von Martin Baltscheit gehen. Bei den zur Analyse ausgewählten Kinderbüchern handelt es sich um Werke, die allesamt menschliche Wesen als Protagonisten beschreiben. Dies ist eine Abgrenzung zu anderen Werken Baltscheits, in denen er häufig antromorphe Tierwesen als Hauptcharaktere benutzt.
Zunächst werden hierfür drei Definitionsansätze, die die Phantastik zu anderen nicht-realistischen Gattungen abgrenzen, dargestellt. Hierbei soll der Fokus von einer allgemeinen Definition hin zu einer für die KJL bedeutenden Definition gelenkt werden. Anschließend sollen die Funktionen sowie die Motive phantastischer Elemente in der KJL erläutert werden. Die Frage nach den Formen und Funktionen der phantastischen Elemente, die Baltscheit in seinen Werken verwendet, soll schließlich in Form einer exemplarischen Analyse beantwortet werden. Den Abschluss bildet ein Fazit, welches die Gemeinsamkeiten noch einmal gesondert herausstellt.
Phantastische Literatur in ihren vielfältigen Erscheinungsformen gehört bis heute zu den populärsten kinderliterarischen Textsorten. Die Relevanz dieser Textgattung für Kinder zeichnet sich besonders durch die Funktion der Verarbeitung und Lösung von Konflikten, das Abtauchen in eine andere (Fantasie-)welt, aber auch durch reine Unterhaltung aus. Kinder fühlen sich aufgrund der Auflösung des rationalen Denkens durch phantastische Literatur verstanden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Phantastische Literatur- ein Ausblick verschiedener Erklärungsmodelle
3 Phantastik in der Kinder- und Jugendliteratur
3.1. Merkmale und Funktionen phantastischer Literatur
3.2. Motive phantastischer Literatur
4. Analyse der ausgewählten Werke
4.1. Phantastische Elemente in „Ben und Teo“
4.2. Phantastische Elemente in „Keine Kuscheltiere für Johanna“
4.3. Phantastische Elemente in „Der Winterzirkus“
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Phantastische Literatur in ihren vielfältigen Erscheinungsformen gehort bis heute zu den populärsten kinderliterarischen Textsorten.“ (Weinkauff u. Glasenapp 2014, 96). Die Relevanz dieser Textgattung für Kinder zeichnet sich besonders durch die Funktion der Verarbeitung und Lösung von Konflikten, das Abtauchen in eine andere (Fantasie)-welt, aber auch durch reine Unterhaltung aus. Kinder fühlen sich auf Grund der Auflösung des rationalen Denkens durch phantastische Literatur verstanden.
Im Folgenden soll es um die Erläuterung der phantastischen Kinder- und Jugendliteratur (im Folgenden KJL abgekürzt) am Beispiel dreier Werke von Martin Baltscheit gehen. Bei den zur Analyse ausgewählten Kinderbüchern handelt es sich um Werke, die allesamt menschliche Wesen als Protagonisten beschreiben. Dies ist eine Abgrenzung zu anderen Werken Baltscheits, in denen er häufig antromorphe Tierwesen als Hauptcharaktere benutzt.
Zunächst werden hierfür drei Defmitionsansätze, die die Phantastik zu anderen nicht- realistischen Gattungen abgrenzen, dargestellt. Hierbei soll der Fokus von einer allgemeinen Definition hin zu einer für die KJL bedeutenden Definition gelenkt werden. Anschließend sollen die Funktionen, sowie die Motive phantastischer Elemente in der KJL erläutert werden. Die Frage nach den Formen und Funktionen der phantastischen Elemente, die Baltscheit in seinen Werken verwendet, soll schließlich in Form einer exemplarischen Analyse beantwortet werden. Den Abschluss bildet ein Fazit, welches die Gemeinsamkeiten noch einmal gesondert herausstellt.
2. Phantastische Literatur- ein Ausblick verschiedener Erklärungsmodelle
Die Phantastik weist eine Vielzahl an unterschiedlichen Erscheinungsformen auf und ist daher bis heute nicht eindeutig definierbar. Sie wird sowohl als Gattung, Stil oder Struktur, als auch als Darstellungsweise verstanden (vgl. Gansel 2010b, 137). Viele andere nicht-realistische Gattungen beinhalten ebenfalls phantastische Elemente. Einige Beispiele dafür sind das Märchen, die Utopie, Science-Fiction oder auch Fantasy. Von der reinen Phantastik in der Literatur sollte erst dann gesprochen werden, wenn durch die komplexe Anwendung phantastischer Mittel das Unmögliche ermöglicht, und über die geltende Wirklichkeit hinaus eine Spielwelt aufgebaut wird (vgl. ebd. 140-141).
Dies ist nur eine Möglichkeit nach H.R. Jauß, die Phantastik allgemein zu definieren. Im Folgenden soll zunächst der minimalistische und der maximalistische Ansatz dargestellt, und im Anschluss ein besonders für die KJL bedeutender Ansatz skizziert werden.
Tzvetan Todorov stelle 1970 in seiner „Einführung in die fantastische Literatur“ seinen heute als minimalistisch geltenden Definitionsansatz vor. „Das Fantastische ist die Unschlüssigkeit, die ein Mensch empfindet, der nur die natürlichen Grenzen kennt und sich einem Ereignis gegenübersieht, das den Anschein des Übernatürlichen hat.“ (Todorov 1972, 26 zitiert nach Rank 2018, 173). Diese Definition gerät besonders in der KJL oftmals in die Kritik, da nur wenige literarische Werke die Unschlüssigkeit das gesamte Werk hindurch beibehalten und demnach der Phantastik zugeordnet werden können (vgl. Tabbert 2005, 187).
Gerhard Haas hingegen, der 1978 in seinem Aufsatz „Strukur und Funktion der phantastischen Literatur“ im Gegensatz zu Todorov seine Definition maximalistisch anlegte, setzt die phantastische Literatur mit dem wilden Denken gleich und weicht dabei von der Vorstellung der Phantastik als reinem Gattungsbegriff ab. Bei dem wilden Denken wird der sinnlichen Wahrnehmung, sowie der Einbildungskraft eine besondere Bedeutung zugetragen, wodurch Erschließungen ein- und derselben Sache neu geordnet werden können. Es entstehen Einbrüche mit der real-fiktiven Welt, die der phantastischen Literatur zugeordnet werden können. Hierbei bezieht sich Haas vor allem auf die Phantastik in der KJL (vgl. Weinkauff u. Glasenapp 2014, 99-100). Die Phantastik zeichnet sich also durch eine Art der Erkenntnisgewinnung aus, die nicht nur logisch angelegt sein muss, sondern auch andere nicht-rationale Interpretationen zulässt (vgl.Rank2018, 174).
Für die KJL von besonderer Bedeutung ist außerdem der ZweiweltenDefinitionsansatz der Anglistin Maria Nikolajeva. Sie definiert die Phantastik, als „die Anwesenheit von Magie, die Verletzung von Naturgesetzen und das Gespür für das unerklärliche Wunder“ (Rank 2018, 175). Außerdem entwarf sie drei Modelle, bei welchen sie das Zusammenspiel der primären-realen und der sekundären-magischen Welt unterscheidet (vgl. ebd.). Dem ersten Modell nach gibt es eine geschlossene sekundäre Welt, aus der alle relevanten Figuren stammen (vgl. Weinkauff u. Glasenapp 2014, 103). Dem zweiten Modell zu Folge treffen die beiden Welten aufeinander, wobei ein Wechsel derer, z.B. durch sogenannte Schleusen, möglich ist. Diese Variante wird auch Modell der offenen sekundären Welt genannt. Im dritten und als am bekanntesten geltenden Modell ereignet sich die Handlung in der realen Welt, in der dann ein phantastisches Element, wie z.B. eine Figur oder ein Gegenstand auftauchen, und für eine Veränderung sorgen. Dieses Modell bezeichnet sie auch als implizierte sekundäre Welt (vgl. ebd. 104).
3. Phantastik in der Kinder- und Jugendliteratur
Im folgenden Kapitel soll es um die Hmfuhrung der Phantastik in der KJL gehen. Hierzu werden zunächst deren Merkmale und Funktionen aufgezeigt. Im Anschluss werden die für die Analyse prägnanten Motive der Phantastik in ihren Grundzügen dargestellt.
3.1. Merkmale und Funktionen phantastischer Literatur
Die KJL selbst ist, ebenso wie die Phantastik selbst, schwer eindeutig definierbar. Im Allgemeinen bezeichnet sie Literatur, die für nicht-erwachsene Leserinnen und Leser verfasst wurde (vgl. Kümmerling-Meibauer 2020, 3).
Der phantastische Kinderroman ist neben dem psychologischen, komischen und problemorientierten Kinderroman eine Subgattung des modernen Romans in der KJL. Das „Was“ und das „Wie“ des Erzählens hat sich bei dem modernen Kinderroman im Gegensatz zum traditionellen Kinderromanen verändert und zeichnet sich thematisch durch für Kinder und Jugendliche aktuelle Wirklichkeitsvorstellungen aus (vgl. Gansel 2010b, 107-109).
Durch das Zusammenspiel von spannender und komischer Handlung kommt die Phantastik auf besondere Weise den kindlichen Bedürfnissen nach. Auf Grund der „Leerstellen“, die sie neben dem traditionellen Geschichtenerzählen von Märchen und Sagen zulässt, gibt es mehrere Interpretationsmöglichkeiten für ein und denselben Text (vgl. Gansel 2010b, 131). In der modernen kinderliterarischen Phantastik wird außerdem die „Wiederkehr von Verdrängtem und Unterdrücktem“ (Ewers 2013, 253) begünstigt.
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