Diese Arbeit thematisiert den gesellschaftlichen Wandel der sozialen Logiken in der Zeit der Moderne und Spätmoderne. Insbesondere werden die Auswirkungen des Wandels auf Arbeitswelt, Arbeitsprozesse und Arbeitsbedingungen für Berufstätige betrachtet.
Als Basis für die Hausarbeit dienen die Ausführungen des Soziologen Andreas Reckwitz (2018) aus seinem Buch „Die Gesellschaft der Singularitäten“. In seinem Text analysiert Reckwitz den strukturellen Wandel, welcher sich in verschiedenen Dimensionen der Gegenwartsgesellschaft äußert. Er definiert diesen als Wandel der sozialen Logik des Allgemeinen zur sozialen Logik der Singularitäten.
Die soziale Logik des Allgemeinen beschreibt einen Prozess der tiefgreifenden formalen Rationalisierung und zielt auf Standardisierung, Fortschritt, Wohlstand und Effizienz. Die soziale Logik der Singularitäten hingegen basiert auf Technisierung, Digitalisierung und der Authentizitätsrevolution der neuen Mittelklasse. Sie strebt eine Kulturalisierung und Affektintensivierung an und lebt durch Valorisierung und Entvalorisierung.
Inhalt
1. Einleitung
2. Wandel der sozialen Logiken
2.1. Die Logik des Allgemeinen
2.2. Die Logik des Besonderen
3. Die Ökonomie der Singularitäten
4. Digitalisierung - Die sozialen Netzwerke als Singularitätsmärkte
5. Die Arbeitswelt der Spätmoderne
5.1. Der Wandel der Tätigkeitsprozesse im Arbeitsleben
5.2. Die Rolle der Kreativität
5.3. Die Einzigartigkeit der Arbeitspersönlichkeiten & das unternehmerische Selbst
5.4. Die Arbeitsformen der Spätmoderne
6. Fazit
7. Literaturverzeichnis
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Zusammenfassung
Die vorliegende Arbeit thematisiert den gesellschaftlichen Wandel der sozialen Logiken in der Zeit der Moderne und Spätmoderne. Insbesondere werden die Auswirkungen des Wandels auf Arbeitswelt, Arbeitsprozesse und Arbeitsbedingungen für Berufstätige betrachtet.
Als Basis für die Hausarbeit dienen die Ausführungen des Soziologen Andreas Reckwitz (2018) aus seinem Buch „Die Gesellschaft der Singularitäten“. In seinem Text analysiert Reckwitz den strukturellen Wandel, welcher sich in verschiedenen Dimensionen der Gegenwartsgesellschaft äußert. Er definiert diesen als Wandel der sozialen Logik des Allgemeinen zur sozialen Logik der Singularitäten. Die soziale Logik des Allgemeinen beschreibt einen Prozess der tiefgreifenden formalen Rationalisierung und zielt auf Standardisierung, Fortschritt, Wohlstand und Effizienz. Die soziale Logik der Singularitäten hingegen basiert auf Technisierung, Digitalisierung und der Authentizitätsrevolution der neuen Mittelklasse. Sie strebt eine Kulturalisierung und Affektintensivierung an und lebt durch Valorisierung und Entvalorisierung.
Zunächst werden die beiden sozialen Logiken und die aus dem Wandel resultierende Ökonomie der Singularitäten erörtert. Weiterhin wird Rolle der Digitalisierung für den Strukturwandel untersucht und intensiver die Auswirkungen des Wandels auf Arbeitswelt, Arbeitssubjekte und deren Tätigkeitsprozesse beschrieben. Letztlich werden die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst.
1. Einleitung
Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit den Ausführungen des Soziologen Andreas Reckwitz zum Wandel der sozialen Logiken in der Zeit der Moderne und Spätmoderne in seinem 2018 erschienenen Buch „Die Gesellschaft der Singularitäten. Zum Strukturwandel der Moderne.“ (vgl. Reckwitz 2018). Spezieller wird auf deren Auswirkungen auf die Arbeitswelt und die daraus resultierenden veränderten Bedingungen für Arbeitende eingegangen. Reckwitz analysiert die Gesellschaft der Spätmoderne seit den 1970er Jahren im Hinblick auf deren soziale Logiken. Er macht auf einen strukturellen Wandel aufmerksam, der sich in sozialen, kulturellen, ökonomischen und technologischen Phänomenen der Gegenwartsgesellschaft äußert. Besonders wird hierbei die Bedeutung des „Besonderen“ für die Gesellschaft und ihre Individuen in Betrachtung genommen. Die Gesellschaft der Singularitäten sei eine Valorisierungsgesellschaft.
In diesem Zusammenhang stellen der kulturelle Kapitalismus, die digitale Revolution, die Expansion der Bildung und der Aufstieg der neuen Mittelklasse primäre Faktoren dar. Reckwitz erläutert, dass die Singularisierungstendenz ursächlich für verschiedene Leistungen, Probleme und gesellschaftliche Polarisierungen der Spätmoderne sei. Als Beispiele nennt er hier u.a. die soziale Chancenungleichheit, kulturelle Konflikte und den Wandel der Arbeitswelt in Form einer Umstrukturierung der Arbeitsverhältnisse und einer Kulturökonomisierung der Arbeitsformen. Die Ausrichtung an Besonderheiten nimmt in der modernen Berufswelt stetig zu. Diese Veränderungen, ihre Chancen und Risiken sollen im weiteren Verlauf behandelt werden.
Die schriftliche Ausführung gliedert sich in folgende Abschnitte: Im ersten Schritt wird der Wandel der sozialen Logiken erläutert und die sozialen Logiken des Allgemeinen und des Besonderen erörtert. Danach erfolgt die Darstellung der Ökonomie der Singularitäten und im Anschluss die Beschreibung der Rolle der Digitalisierung für den Strukturwandel. Hiernach werden die Auswirkungen des Wandels auf die Arbeitswelt der Spätmoderne und deren Tätigkeitsprozesse beschrieben. Nachfolgend werden die Bedeutung von Kreativität, Einzigartigkeit der Arbeitspersönlichkeit und die verschiedenen Arbeitsformen der Spätmoderne diskutiert. Im Anschluss werden die wichtigsten Erkenntnisse der Hausarbeit in einem Fazit zusammengefasst und im gleichen Zuge die Fragestellung beantwortet.
2. Der Wandel der sozialen Logiken
Laut Reckwitz bestehen in der modernen Gesellschaft zwei konträre soziale „Bewertungssysteme“: Die „sozialen Logiken.“ (vgl. ebd., S. 28f). Diese nehmen Einfluss auf gesellschaftliche Dynamiken und wirken sich aus auf „sämtliche Elemente des Sozialen.“ (vgl. ebd.). Als „fünf Einheiten des Sozialen“ nennt Reckwitz „Objekte, Subjekte, Räumlichkeiten, Zeitlichkeiten und Kollektive.“ (vgl. ebd., S. 37). Diese werden je nach sozialer Logik anhand vier „Praktiken“ produziert: „Beobachtung, Bewertung, Hervorbringung und Aneignung.“ (vgl. ebd.). Diese Praktiken bzw. Techniken finden Anwendung in allen sozialen Logiken, wobei sie jeweils unterschiedliche Dynamiken und Prozesse aufweisen. Die Hausarbeit beschäftigt sich mit den sozialen Logiken der Moderne und Spätmoderne. Das Zeitalter der Moderne sei geprägt gewesen von einer allumfassenden „Rationalisierung.“ (vgl. ebd., S. 28). Laut Reckwitz wurde die Gesellschaft in der Zeit der klassischen Moderne überwiegend von einer „sozialen Logik des Allgemeinen“ geleitet. (vgl. ebd., S. 12). Ziel war, eine allumfassende Generalisierung, Standardisierung und Formalisierung zu betreiben (vgl. ebd., S. 37). Die Menschen strebten nach Berechenbarkeit, Wohlstand, Fortschritt und „Effizienz.“ (vgl. ebd., S. 34 ff). Ab den 1970er Jahren fand sodann ein Wandel der sozialen Logik statt. (vgl. Reckwitz 2018, S. 12). Es kam laut Reckwitz zu einem „gesellschaftlichen Strukturwandel“ (vgl. ebd., S. 12) von der „Logik des Allgemeinen“ zur „Logik des Besonderen.“ (vgl. ebd.). Die Logik des Besonderen wird vom Autor auch als „soziale Logik der Singularisierung“ bezeichnet und äußert sich in „Kulturalisierung und Affektintensivierung.“ (vgl. ebd., S. 17). Diese „strukturbildende soziale Logik“ stütze sich auf eine „Kultursphäre,“ die ihrerseits auf Prozessen der Polarisierung, „Valorisierung und Entvalorisierung“ basiere. (vgl. ebd., S. 81). Weitere Informationen folgen in Kapitel 2.2.
Laut Reckwitz bestehen „ökonomische, technologische und soziokulturelle Faktoren“, die den strukturellen Wandel ausgelöst haben. (vgl. ebd., S. 18). Diese sind die „Entstehung einer postindustriellen Ökonomie der Singularitäten“, die „technische Revolution der Digitalisierung“ und die vom „Lebensstil der neuen Mittelklasse getragene Authentizitätsrevolution.“ (vgl. ebd., S. 103). Ebendiese Entwicklungen wirken sich laut Reckwitz seit 1970 bzw. 1980 „wechselseitig und verstärkend“ auf den strukturellen Wandel aus. (vgl. ebd.). Betroffen seien „Güter auf den ökonomischen Märkten,“ die „Arbeitswelt und Arbeitsbedingungen,“ „Lebensstile“ der Menschen und auch Kommunen. (vgl. ebd., S. 107ff). In der vorliegenden Hausarbeit soll insbesondere auf die Auswirkungen des strukturellen Wandels der sozialen Logik auf Arbeitswelt und Arbeitsbedingungen eingegangen werden. (Siehe Kapitel 5).
2.1. Die Logik des Allgemeinen
Zunächst soll die soziale Logik des Allgemeinen näher veranschaulicht werden. In der westeuropäischen Gesellschaft der „klassischen Moderne“ entwickelte sich die „soziale Logik des Allgemeinen“ im „18. Jahrhundert“ langsam heraus. (vgl. ebd., S. 28). In der Mitte des 20. Jahrhunderts „erreichte sie sodann mit der industriellen Moderne [...] in USA und Sowjetunion ihren Höhepunkt.“ (vgl. ebd.). Laut Autor ist die „soziale Logik des Allgemeinen“ grundsätzlich ein „Prozess der tiefgreifenden formalen Rationalisierung.“ (vgl. ebd.). Hierbei waren „Standardisierung, Formalisierung“ und Funktionalität zentral. (vgl. ebd.). Laut Reckwitz transformiert die [.] Moderne die Gesellschaft so, dass sich großflächige Komplexe von berechenbaren Regeln bilden, denen technisch oder normativ regulierte Handlungsweisen folgen.“ (vgl. ebd.).
Laut Reckwitz lässt sich der Kern der sozialen Praxis des Allgemeinen durch „Arbeit und Interaktion“ beschreiben. (vgl. ebd., S. 72). Kennzeichnend für die Moderne sei eine „Ausdifferenzierung spezialisierter, funktionaler Teilsysteme“ wie beispielsweise Politik-, Rechts- und Wirtschaftssysteme, Medien und Bildung. (vgl. ebd.). Diese Teilsysteme folgen ihrer „eigenen selbstgesetzten Logik und Struktur.“ (vgl. ebd.). Wie bereits im vorherigen Kapitel angemerkt, werden die Entitäten des Sozialen in der Interaktion produziert. Sie werden beobachtet, bewertet, hervorgebracht und angeeignet. Die soziale Logik des Allgemeinen nutzt die genannten Techniken in ihrem Rationalisierungsprozess zur „Allgemeinisierung“ sozialer Entitäten. (vgl. ebd.). Reckwitz nennt diese Techniken der Moderne „ doing generality. “ (ebd.). Es seien „moderne Techniken,“ die versuchen, die „soziale Welt [zu] rationalisieren,“ indem sie ihr „allgemeine Formen aufpressen.“ (vgl. ebd.). Neben dem Modus der „formalen Rationalisierung“ bestehen gesellschaftliche „Typisierungen.“ (vgl. ebd., S. 31). Diese gelten als Grundlage für „Praktiken, aus denen sich die soziale Welt zusammensetzt.“ (vgl. ebd.). Durch Typisierungen werden einzelne „Elemente der Welt [...] verstehbar und handhabbar“ in dem sie „einsortiert“ werden. (vgl. ebd.) Die Sinnzuschreibung der allgemeinen sozialen Logik bezieht sich auf die rationale Ebene von Entitäten (vgl. ebd., S. 66) und betrachtet diese nach ihrem „Nutzen im Rahmen einer Ordnung, Rangliste oder Skala.“ (vgl. ebd., S. 67).
Der Autor zeigt in seinem Text auf, dass „die rationalistische Logik des Allgemeinen als gesellschaftliche Antwort“ für gewisse soziale Problemstellungen betrachtet werden könne. (vgl. ebd., S. 32). Als Beispiele nennt er hier „Knappheitsprobleme oder Ordnungsprobleme.“ (vgl. ebd.). Laut Autor kann die Moderne „als extensive und intensive Generalisierungsmaschine“ betrachtet werden. (vgl. ebd., S. 33). Die „Rationalisierung“ kann sich „sowohl auf die Makro- als auch auf die Mikroebene beziehen,“ indem „einzelne Elemente des Sozialen jeweils in bestimmten Praktiken (Beobachtung, Bewertung, Hervorbringung, Aneignung) immer wieder rational gemacht“ werden. (vgl. ebd.). Außerdem sei die „formale Rationalität als übergeordnetes Strukturmerkmal moderner Gesellschaft [selbst] Resultat eines Prozesses der Generalisierung, Standardisierung und Formalisierung. (vgl. ebd.). Ziel ist hierbei die Sicherstellung von „Berechenbarkeit und Effizienz.“ (vgl. ebd.). Die Logik des Allgemeinen verschwindet selbst in der spätmodernen Gesellschaft nicht, jedoch verändern sich laut Reckwitz ihr „Status und ihre Form.“ (vgl. ebd.). So werde sie zur „Hintergrundstruktur der sozialen Fabrikation von kompetitiven Singularitäten.“ (vgl. ebd.). Im folgenden Kapitel werden Aussagen zur sozialen Logik der spätmodernen Gesellschaft getroffen.
2.2. Die Logik des Besonderen
Seit den 1970er und 1980er Jahren lasse sich nach Reckwitz ein Wandel der sozialen Logik feststellen. (vgl. ebd., S. 9). Während die moderne Gesellschaft nach Funktionalität und Rationalität strebte, zielt die spätmoderne Gesellschaft auf Authentizität, Einzigartigkeit und Außergewöhnlichkeit. Reckwitz nennt die neue soziale Logik der Spätmoderne die „soziale Logik der Singularitäten.“ (vgl. ebd.). Diese Logik widerspreche prinzipiell völlig dem, was über nahezu „200 Jahre den Kern der modernen Gesellschaft ausgemacht hat.“ (vgl. ebd.). Während in der Moderne Rationalität und
Wohlstand angestrebt wurden, sucht die Gesellschaft der Spätmoderne nach Authentizität und Besonderheit. Soziale Entitäten werden nun nicht mehr rationalisiert, sondern „singularisiert.“ (vgl. ebd., S. 52). Bestimmte „Objekte, Subjekte, Räumlichkeiten, Zeitlichkeiten und Kollektive“ (vgl. ebd., S. 37) werden in der Gesellschaft der Spätmoderne „innerhalb [sozialer] Praktiken als besonders wahrgenommen und bewertet, fabriziert und behandelt werden.“ (vgl. ebd., S. 51). Diese Entitäten nennt Reckwitz „Singularitäten.“ (vgl. ebd., S. 52).
Im Folgenden soll spezifischer auf die singulären Entitäten eingegangen werden. Unter singuläre[n] Objekte[n]“ versteht Reckwitz dingliche Objekte, die mehr sind als „funktionale Instrumente, [da sie] als kulturelle, affizierend wirkende Entitäten“ wahrgenommen werden können. (vgl. ebd.). Ein Beispiel in diesem Zusammenhang kann das Gemälde der „Mona Lisa“ sein. Hierbei ist die „Einmaligkeit keine notwendige Voraussetzung für Einzigartigkeit“. (vgl. ebd.). Denn auch „variable oder technisch reproduzierte materielle Träger“ können singularisiert werden. (vgl. ebd.). Die Singularität „menschlicher Subjekte“ definiert sich dadurch, dass eine Einzigartigkeit als sozial wahrgenommen und geschätzt wird. (vgl. ebd., S. 59). Dies trifft dann zu, wenn sie in „bestimmten Techniken aktiv angestrebt und an ihr gearbeitet wird.“ (vgl. ebd.). „Unverwechselbarkeit, Kreativität und Originalität“ in „Handlungen, Charakterzügen, Aussehen und körperlichen Eigenschaften werden in der spätmodernen Gesellschaft zu Wunsch und Anforderung zugleich.“ (vgl. ebd., S. 60). Sobald diese „per- formt werden,“ werden sie zu singulären Faktoren. (vgl. ebd., S. 60). Beispielsweise die „Kardashians“ können als singuläre Subjekte angeführt werden. Auch „Räumlichkeiten“ können singularisiert werden. (vgl. ebd., S. 60). Einige Orte entwickeln eine eigene Logik, da sie beispielsweise über besondere Stadt-/Straßenbilder, Atmosphären und kulturelle Assoziationen verfügen. (vgl. ebd.). Das bedeutet, sie verwandeln sich von etwas „Allgemeinem“ (Space) zu etwas „Einzigartigem“ (Place). (vgl. ebd.). Laut Reckwitz erhalten Räumlichkeiten ihre Singularität, indem sie von der bloßen Funktionserfüllung zur Identifikationsstätte werden. (vgl. ebd.). Als Beispiel könnte hier eine historische Stadt wie Berlin oder Krakau gelten. Als weitere singuläre Entität gilt laut Reckwitz die „Zeitlichkeit“ (vgl. ebd.). In diesem Zusammenhang verwandelt sich eine Zeit, wenn sie von der „rationalisierten Routine“ zu einem „einzigartigen Zeitpunkt“ wird. (vgl. ebd.). Gemäß Reckwitz hat die „sin- gularisierte Zeit“ die „Form eines Ereignisses, das aktiv und intensiv erlebt wird.“ (vgl. ebd.). Als Beispiel gelten hier „Feste und Rituale,“ wie Silvester oder das Weihnachtsfest. (vgl. ebd.). „Singuläre Kollektive“ sind laut Reckwitz Milieus oder Verbände von Menschen, die für Teilnehmende einen besonderen bzw. kulturellen Eigenwert besitzen. (vgl. ebd. 62). Beispiele für singuläre Kollektive sind Fußballverbände (z.B. BVB) oder lokale Vereine (Imkerverein, etc.). (vgl. ebd.). Zentral ist hier das individuelle Gefühl der Einzelnen, welche durch „Sozialitäten mit intensiver Affektivität“ angesprochen werden, welche „nicht nur Praktiken, sondern auch Narrative und Imaginationen teilen.“ (vgl. ebd., S. 63).
Nun soll näher auf die sozialen Praktiken der sozialen Logik des Besonderen eingegangen werden. Innerhalb der Logik der Singularitäten müssen „Einzigartigkeiten“ zuerst als solche „erkannt und entdeckt“ werden. (vgl. ebd., S. 65). Hierfür kann die Beobachtung als Methode der Singularitäten dienen. Das „Beobachten“ basiert auf einer Erkennungs- bzw. Entdeckungsleistung des Individuums mit Fokus auf eine „kulturelle Sensibilität für die Eigenkomplexität und Dichte des Besonderen.“ (vgl. ebd.). Diese Sensibilität oder auch „Singularitätskompetenz“ kann nicht vorausgesetzt werden, sondern wird in „sozialen Feldern erlernt und kultiviert.“ (vgl. ebd.). Sie bildet die Basis für die „soziale Logik der Singularitäten.“ (vgl. ebd., S. 65). Innerhalb „Sozialisationsprozessen“ und „sozial-kultureller Zuschreibungsprozesse“ werden Dinge als „singulär“ begriffen. (vgl. ebd.). Die Feststellung oder auch Bewertung der individuellen Singularität kann entweder „eindeutig oder umstritten“ sein, je nach Verständnis, Bildung, Erfahrung oder Meinung der betreffenden Person. (vgl. ebd.). Gemäß der sozialen Logik der Singularitäten werden Dingen bestimmte Werte zugeschrieben bzw. zertifiziert. (vgl. ebd., S. 66). Diese Praxis nennt sich laut Reckwitz „Valorisierung.“ (ebd.). „Singuläre Entitäten“ werden entweder positiv (besonders/sakral) oder negativ (allgemein/profan) bewertet. Die Bewertung als „profan“ kann als Entwertung gedeutet werden. (vgl. ebd., S. 68). Die singuläre Wertzuschreibung wird gemäß eines „genuinen“ Sinns und dem „Eigenwert“ einer Sache gehandhabt. (vgl. ebd., S. 67). Laut Reckwitz ist es die „zentrale Aufgabe von Praktiken der Valorisierung, [...] zu bewerten, welche Entitäten [...] im Einzelnen tatsächlich als singulär anerkannt werden“ können. (vgl. ebd., S. 67). Diese Praktiken verdeutlichen, dass „Singularisierung kein eindimensionaler Prozess“ und jederzeit im Fluss ist. (vgl. ebd., S. 68).
Weitere Praktiken der Singularisierung sind das Hervorbringen und Aneignen. Unter Hervorbringung wird der Prozess der Produktion von Singularitäten verstanden. Laut Reckwitz werden Singularitäten „sozial in einem sehr unmittelbaren Sinne hervorgebracht.“ (vgl. ebd., S. 68). „Singularisie- rungsarbeit“, also die „soziale Produktion,“ kann verschiedene Formen haben und differenziert je nachdem, ob „Idiosynkrasien“ bereits vorhanden sind oder „gezielt als singuläre“ Entitäten produziert werden. (vgl. ebd.). „Reframing“ findet statt, wenn beispielsweise ein „bisher unbeachteter Gegenstand als Reliquie, Kunstwerk oder Antität entdeckt wird.“ (vgl. ebd.). Singularitätsarbeit ist stets mit „Arrangements“ verknüpft. (vgl. ebd., S. 69). D.h. Durch gewissenhafte heterogene „Zusammenstellung von Gegenständen, Bildern, Texten, Individuen, etc.“ wird ein möglichst stimmiges Ganzes angestrebt. (vgl. ebd.). Laut Reckwitz kann Singularitätsarbeit als Heterogenitätsmanagement“ bezeichnet werden. (vgl. ebd.). Kreative Prozesse, wie zum Beispiel Markenentwicklungen, Produktmanagement und Contentmanagement beziehen sich stets auf die Suche nach Singularität, um im Diskurs positive Resonanz zu erzeugen und sich auf dem Markt durchsetzen zu können.
Die Praktik der Aneignung bezieht sich auf die Tätigkeit des „Erlebens“ im Sinne einer „selbstbezüglichen Wahrnehmung.“ (vgl. ebd., S. 70). Das Erleben stellt einen „Modus der Weltverarbeitung
[und eine] Rezeption“ dar. (vgl. ebd.). Reckwitz erklärt in diesem Zusammenhang, dass der „Affektcharakter der Logik der Singularitäten in einer spezifischen Weise das Aneignen als Erleben“ strukturiert. (vgl. ebd. 71). Bei der Aneignung von singulären Entitäten ist laut Reckwitz meistens „intensive - positive oder ambivalente - Affizierung“ beteiligt. (vgl. ebd.). Damit ist eine intensive Gefühlsregung gemeint, welche eine „psychophysische Erregungsintensität“ besitzt und nur durch Interpretationsleistungen möglich wird. (vgl. ebd.). Laut Reckwitz ist das subjektive Erleben „nichts Innerliches, sondern selbst ein Bestandteil sozialer Praxis, von Praktiken des Aneignens, in denen es auf spezifische Weise geformt wird.“ (vgl. ebd.).
[...]