Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Potential der Integration traditioneller Autoritäten in importierte politische Systeme fragiler, bzw. zerfallener Staaten. Sie betont die Bedeutung der Förderung effizienter bürokratischer und rechtsstaatlicher Institutionen bei der Stabilisierung, bzw. beim Wiederaufbau von Staaten, folgt aber auch der Argumentation, dass das „westfälische Modell“ des Nationalstaates einen kulturell- historischen Sonderweg Europas darstellt und demzufolge in den ehemaligen Kolonialgebieten auch nicht überall erfolgreich repliziert werden konnte. Die Aufoktroyierung kulturell völlig fremdartiger politischer Ordnungssysteme, unter völliger Missachtung „natürlich gewachsener“ traditioneller Herrschafts- und Konfliktschlichtungsstrukturen sowie etablierter ethnischer und territorialer Grenzen, führte nach dem Rückzug der Kolonialmächte zur Bildung künstlicher „Nationalstaaten“ nach westlichem Muster in vielen Teilen Afrikas, Asiens und Lateinamerikas. Diese Staaten passten zwar hervorragend in das weltpolitische Ordnungsschema nach dem zweiten Weltkrieg, bildeten aber oft nur einen „Rahmen“, welcher heterogene Bevölkerungsgruppen ohne vereinende politische Kultur und einem gemeinsamen Verständnis von „politischen Spielregeln“ - den Vorraussetzungen eines Nationalstaates nach westlichem Muster - zusammenfasste.
Im Umkehrschluss bietet diese Argumentation aber auch einen interessanten Ansatzpunkt, um alte Fehler des Staatsaufbaus nicht zu wiederholen: Indem nämlich verstärkt darauf geachtet werden sollte, die von „Innen heraus“ entstandenen, genuin regionalen Traditionen in die staatlichen Institutionen zu integrieren und somit deren Akzeptanz in der Bevölkerung zu heben.
In dieser Arbeit soll der Frage nachgegangen werden, inwieweit die Integration traditioneller Autoritäten beim Staatsaufbau, insbesondere im subsaharischen Afrika, der Stabilisierung, bzw. dem Wiederaufbau von Staatlichkeit unterstützen kann. Hierbei lohnt sich insbesondere die Betrachtung des völlig zerfallenen und im Bürgerkrieg versunkenen Staates Somalia im Kontrast zu seinen zwei relativ stabilen Teilregionen Somaliland und Puntland, welche sich vom Rest des Landes abgespalteten haben, aber bisher international noch nicht anerkannt worden sind.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Kritik an „Forming States After Failure“
- Die Rolle traditioneller Autoritäten in modernen Staaten
- Chancen der Integration traditioneller Autoritäten beim Staatsaufbau
- Das Fallbeispiel Somaliland
- Fazit
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Rolle traditioneller Autoritäten beim Staatsaufbau, insbesondere in fragilen Staaten Afrikas. Sie setzt sich kritisch mit Meierhenrichs Argumentation in „Forming States After Failure“ auseinander, die die Bedeutung von effizienter Bürokratie und Rechtsstaatlichkeit für die Stabilisierung von Staaten betont. Die Arbeit argumentiert, dass das „westfälische Modell“ des Nationalstaates in vielen Teilen Afrikas nicht erfolgreich repliziert werden konnte, da es kulturell-historische Besonderheiten ignoriert. Sie untersucht die Chancen der Integration traditioneller Autoritäten in staatliche Institutionen, um die Akzeptanz und Stabilität von Staaten zu erhöhen.
- Die Bedeutung von „Nützlichkeit“ für den Staatsaufbau
- Die Kritik am „westfälischen Modell“ des Nationalstaates in Afrika
- Die Rolle traditioneller Autoritäten in modernen Staaten
- Die Chancen der Integration traditioneller Autoritäten beim Staatsaufbau
- Das Fallbeispiel Somaliland als Beispiel für erfolgreiche Integration traditioneller Autoritäten
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Argumentation von Meierhenrich in „Forming States After Failure“ vor und kritisiert dessen Fokus auf das „westfälische Modell“ des Nationalstaates. Sie argumentiert, dass die Kolonialisierung Afrikas zu einer Zerschlagung genuiner regionaler Traditionen der Herrschafts- und Konfliktschlichtungsgestaltung geführt hat und dass die Integration dieser Traditionen in staatliche Institutionen für die Stabilisierung von Staaten unerlässlich ist.
Das Kapitel „Kritik an „Forming States After Failure““ analysiert Meierhenrichs Argumentation und kritisiert dessen Fokus auf die Bedeutung von effizienter Bürokratie und Rechtsstaatlichkeit für den Staatsaufbau. Es argumentiert, dass die „Nützlichkeit“ eines Staates für seine Bürger und die internationale Gemeinschaft zwar wichtig ist, aber nicht ausreicht, um die Stabilität eines Staates zu gewährleisten. Die Integration traditioneller Autoritäten in staatliche Institutionen wird als ein wichtiger Faktor für die Akzeptanz und Stabilität von Staaten hervorgehoben.
Das Kapitel „Die Rolle traditioneller Autoritäten in modernen Staaten“ untersucht die Rolle traditioneller Autoritäten in modernen Staaten und argumentiert, dass diese eine wichtige Rolle bei der Konfliktlösung und der Stabilisierung von Staaten spielen können. Es wird darauf hingewiesen, dass die Integration traditioneller Autoritäten in staatliche Institutionen die Akzeptanz und Legitimität von Staaten erhöhen kann.
Das Kapitel „Chancen der Integration traditioneller Autoritäten beim Staatsaufbau“ analysiert die Chancen der Integration traditioneller Autoritäten beim Staatsaufbau und argumentiert, dass diese eine wichtige Rolle bei der Konfliktlösung, der Stabilisierung von Staaten und der Förderung von Entwicklung spielen können. Es werden verschiedene Beispiele für erfolgreiche Integration traditioneller Autoritäten in staatliche Institutionen vorgestellt.
Das Kapitel „Das Fallbeispiel Somaliland“ untersucht das Fallbeispiel Somaliland und argumentiert, dass die erfolgreiche Integration traditioneller Autoritäten in staatliche Institutionen zu einer relativ stabilen und funktionierenden Staatsordnung geführt hat. Es wird gezeigt, dass die Integration traditioneller Autoritäten in staatliche Institutionen die Akzeptanz und Legitimität von Staaten erhöhen kann und zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen kann.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Staatsaufbau, die Rolle traditioneller Autoritäten, die Kritik am „westfälischen Modell“ des Nationalstaates, die Integration traditioneller Autoritäten in staatliche Institutionen, das Fallbeispiel Somaliland, die Stabilisierung von Staaten und die Bedeutung von „Nützlichkeit“ für den Staatsaufbau.
- Arbeit zitieren
- Robert Lindner (Autor:in), 2007, Die Rolle traditioneller Autoritäten als stabilisierender Faktor beim Staatsaufbau, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/115496