In dieser Arbeit geht es um die Frage, ob die Ausgestaltung des Deutschen Berufsausbildungssystems dazu beiträgt, dass in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern eine geringe Jugendarbeitslosigkeit besteht. Als Gegenbeispiel soll das Berufsausbildungssystem Italiens herangezogen werden. Italien wies im Jahre 2014 mit 42,7% eine sehr hohe Jugendarbeitslosenquote auf und auch im Jahr 2019 ist diese mit 29,2% im Vergleich zu Deutschland hoch.
Aus diesem Grund kann sich durch eine Vorstellung des italienischen Systems im Hinblick auf die Merkmale des deutschen Systems der Beantwortung der Fragestellung angenähert werden. Zuletzt sollen aussagekräftige Indikatoren wie die Arbeitsmarktpassung oder der Einbezug von Sozialpartnern im direkten Ländervergleich betrachtet werden, um auf diese Weise letztendlich aufzuzeigen, ob sich hier insgesamt ein kausaler Zusammenhang zwischen den stark voneinander abweichenden Jugendarbeitslosigkeitsquoten finden lässt.
Die Jugendarbeitslosenquote der Europäischen Union (EU) betrug 2014 22,2% und im vergangenen Jahr 2019 noch 14,4%. Dabei gibt es innerhalb der EU erhebliche Unterschiede. Die Quoten schwankten noch 2014 zwischen deutlich unter 10 % wie beispielsweise in Deutschland oder auch knapp über 50% wie in Spanien. 2019 korrigierte sich letztere Zahl bereits nach unten, beträgt jedoch noch immer über 30%, sodass die Diskrepanzen weiterhin eindeutig erkennbar sind.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Merkmale des deutschen Berufsausbildungssystems
3. Das italienische Ausbildungssystem im Hinblick auf die deutschen Merkmale
4. Indikatoren im direkten Ländervergleich
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die Jugendarbeitslosenquote der Europäischen Union (EU) betrug 2014 22,2 % und im vergangenen Jahr 2019 noch 14,4 % (vgl. Eurostat (1), 2020). Dabei gibt es innerhalb der EU erhebliche Unterschiede. Die Quoten schwankten noch 2014 zwischen deutlich unter 10 % wie beispielsweise in Deutschland oder auch knapp über 50 % wie in Spanien. 2019 korrigierte sich letztere Zahl bereits nach unten, beträgt jedoch noch immer über 30 %, sodass die Diskrepanzen weiterhin eindeutig erkennbar sind.
Als Jugendarbeitslosenquote ist nach der Statistik von Eurostat die Arbeitslosenquote von Personen im Alter von 15 bis 24 Jahren in % der Erwerbsbevölkerung desselben Alters gemeint (vgl. Eurostat (2), 2020). „Die Arbeitslosenquote ist die Zahl der Erwerbslosen in % der Erwerbsbevölkerung (der Gesamtzahl der erwerbstätigen und erwerbslosen Personen) auf der Grundlage der Definition der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO)“ (Eurostat (2), 2020). Damit werden nur die Jugendlichen berücksichtigt, die dem Arbeitsmarkt auch tatsächlich zur Verfügung stehen. Jugendliche, die noch zur Schule gehen oder studieren und dadurch nicht für den Arbeitsmarkt verfügbar sind, bleiben daher in dieser Kennzahl unberücksichtigt (vgl. bpb, 2016).
Die hohe Jugendarbeitslosenquote resultiert in vielen Ländern aus der Finanz- und Wirtschaftskrise, hat aber auch strukturelle Ursachen wie zum Beispiel hohe Eintrittshürden auf dem Arbeitsmarkt für Berufsanfänger*innen. Als weitere Faktoren gelten mangelnde oder ungeeignete beruflichen Qualifikationen von Jugendlichen, weshalb Betriebe Stellen nicht besetzen können. Dabei ist gerade in Ländern mit hoher Jugendarbeitslosigkeit der Fachkräftebedarf besonders groß.
All diese Aspekte rücken das Berufsbildungssystem in den Fokus der Betrachtung. Denn einerseits muss dieses derart ausgestaltet sein, dass es für Jugendliche attraktiv ist und ihnen gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt eröffnet, andererseits müssen die Bedarfe der Wirtschaft erfüllt werden (vgl. Blöchle/Flake u. a., 2015, S. 11). Die EU-Kommission empfiehlt beispielsweise ihren Mitgliedsländern hinsichtlich der Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit, duale Systeme auszubauen (vgl. Bosch, 2013, S. 8).
Angelehnt an die soeben dargelegten Zahlen und Aspekte stellt sich daher die Frage, ob die Ausgestaltung des Deutschen Berufsausbildungssystems dazu beiträgt, dass in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern eine geringe Jugendarbeitslosigkeit besteht. Um dieser Frage nachzugehen, bedarf es zunächst einer Erläuterung, welche wesentlichen Merkmale das deutsche Berufsausbildungssystem auszeichnen.
Als Gegenbeispiel soll das Berufsausbildungssystem Italiens herangezogen werden. Italien wies im Jahre 2014 mit 42,7 % eine sehr hohe Jugendarbeitslosenquote auf und auch im Jahr 2019 ist diese mit 29,2 % im Vergleich zu Deutschland hoch (vgl. Eurostat (2), 2020). Aus diesem Grund kann sich durch eine Vorstellung des italienischen Systems im Hinblick auf die Merkmale des deutschen Systems der Beantwortung der Fragestellung angenähert werden. Zuletzt sollen aussagekräftige Indikatoren wie die Arbeitsmarktpassung oder der Einbezug von Sozialpartnern im direkten Ländervergleich betrachtet werden, um auf diese Weise letztendlich aufzuzeigen, ob sich hier insgesamt ein kausaler Zusammenhang zwischen den stark voneinander abweichenden Jugendarbeitslosigkeitsquoten finden lässt.
2. Merkmale des deutschen Berufsausbildungssystems
Das deutsche Berufsbildungssystem ist tertiär gegliedert. Es besteht aus den Bereichen duales System, Schulberufssystem und dem Übergangsbereich. Im Letztgenannten werden Berufsvorbereitungsmaßnahmen vermittelt, die keinen Berufsabschluss ermöglichen, aber auf eine Ausbildung vorbereiten sollen.
Das Schulberufssystem entspricht einem Vollzeitschulsystem, das Praxisphasen enthält (vgl. Blöchle/Flake u. a., 2015, S. 18).
Das duale System hingegen zeichnet sich vor allen Dingen durch eine Verbindung der beiden Lernorte Schule und Betrieb aus (vgl. Rieke, 2013, S. 4). Diesem liegt das Prinzip der Verknüpfung von Arbeiten und Lernen in alternierenden Lernorten zugrunde (vgl. Baron, 2007, S. 22). Die Ausbildungszeit im Betrieb nimmt dabei in Deutschland meist ¾ der gesamten Ausbildungszeit ein. Hierdurch wird sichergestellt, dass die jungen Menschen hohe berufliche Handlungskompetenzen erwerben und somit für potentielle Arbeitgeber*innen attraktiv sind (vgl. Rieke, 2013, S. 4).
Das deutsche Berufsbildungssystem ist aufgrund der Dreigliederung als äußerst durchlässig anzusehen. Die Ausbildungen stehen formal allen Schulabgänger*innen offen und zahlreiche Fortbildungsangebote in nahezu allen Ausbildungsberufen schaffen Karriereoptionen. Schüler*innen haben in den meisten Fällen die Möglichkeit, parallel zu der beruflichen Ausbildung weitere allgemeinbildende Schulabschlüsse zu erwerben; sogar der Erwerb von Hochschulzugangsberechtigungen ist möglich (vgl. Blöchle/Flake u. a., 2015, S. 40).
Das Ausbildungsmodell Deutschlands, das ausschließlich im deutschen Kulturraum realisiert wird, ist ein dual-korporatistisches Modell. Damit ist das charakteristische Merkmal der dualen Ausbildung die duale Organisationsstruktur, nach der sowohl die ausbildenden Unternehmen als auch der Staat an der dualen Berufsbildung beteiligt sind (vgl. Greinert, 2004, S. 21 ff.).
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