Die vorliegende Seminararbeit beschäftigt sich mit der Fragestellung, wie sich das Recruiting im Laufe der Zeit und durch den Einsatz von KI entwickelt und wie sich das Berufsbild des Recruiters perspektivisch verändern wird. Die moderne Welt wird von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz (KI) geprägt. Damit einhergehend verändert sich unsere Arbeitswelt. Begriffe wie Arbeit 4.0 sind keine Neuheit mehr. Laut dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird das Arbeiten vernetzter, digitaler und flexibler. Die Art und Weise, neue Talente zu gewinnen, hat sich unter der Digitalisierung erheblich verändert.
Eine neue Form der Personalbeschaffung ist entstanden: Recruiting 4.0, auch Robot Recruiting genannt. Rein technisch betrachtet, wird es in einige Jahren möglich sein, die Personalsuche und -einstellung vollständig automatisch und computergesteuert durchzuführen. Bereits heute, im Jahr 2020, übernehmen technische Neuerungen, mit Hilfe von KI immer mehr Schritte im Recruiting-Prozess. Algorithmen identifizieren passende Kandidaten und Chatbots nehmen selbstständig Kontakt auf und kommunizieren mit potenziellen Bewerbern. Softwarelösungen optimieren und beschleunigen den Bewerbermanagementprozess vom Sourcing bis hin zur Einstellung.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Problemstellung und Ziel
1.2. Methodik und Aufbau
2. Theoretische Grundlagen
2.1. Digitalisierung im Personalwesen
2.2. Künstliche Intelligenz
2.3. Recruiting
3. Recruiting im Wandel der Zeit
3.1. Recruiting - Gestern
3.2. Recruiting - Heute
3.3. Recruiting - Morgen
4. Chancen und Risiken des KI Recruitings
5. Die Rolle des Recruiters
6. Fazit
Quellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Auswirkung der Digitalisierung auf Unternehmen (Petry & Kosmann, 2017a)
Abbildung 2: Eigenschaften künstlicher Intelligenz (vgl. Semet & Hilberer, 2018, S. 183)
Abbildung 3: Beispiel Entwicklung Chat Bot "Tay" (Verhoeven, 2020, S. 236)
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
1.1. Problemstellung und Ziel
Die moderne Welt wird von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz (KI) geprägt. Damit einhergehend verändert sich unsere Arbeitswelt. Begriffe wie Arbeit 4.01 sind keine Neuheit mehr. Laut dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird das Arbeiten 4.0 vernetzter, digitaler und flexibler (vgl. BMAS, 2015, S. 35).
Der Ökonom John M. Keynes warnte bereits 1930 vor der "technologischen Arbeitslosigkeit" (vgl. Keyes, 1963, S. 358).
Im Jahr 2020 wissen wir, dass es anders kam. Die Studie von Frey und Osborne aus dem Jahr 2013 erfährt zum Zeitpunkt dieser Seminararbeit ein hohes Maß an Aufmerksamkeit. Anhand von Experteneinschätzungen untersuchten die Autoren die Tätigkeitsstrukturen und Automatisierbarkeit von Berufen in den USA. Ihrer Meinung nach arbeiten 47% der Arbeitnehmer in Berufen, die in den nächsten 10 bis 20 Jahren mit einer Wahrscheinlichkeit von 70% automatisiert werden können (vgl. Frey & Osborne, 2013, S. 36 ff.).
Wird diese Automatisierungswahrscheinlichkeit auf Deutschland übertragen, sind 42% der Beschäftigten betroffen. Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung hat 2015 die Studie von Frey und Osborne auf Deutschland übertragen und einen alternativen Ansatz gewählt. Sie gehen davon aus, dass in erster Linie Tätigkeiten und weniger Berufe automatisiert werden. Dadurch ändern sich die Prozentzahlen und es wären lediglich 12% der Arbeitsplätze in Deutschland von der Automatisierung betroffen (vgl. Bonin, Gregory & Zierahn, 2015, S i).
Auch das Weltwirtschaftsforum hat sich im Jahr 2018 im Zuge der Digitalisierung mit der Frage auseinandergesetzt, ob die menschliche Arbeitskraft zukünftig durch den Einsatz von Robotern subsituiert wird. Es hat prognostiziert, dass bis zum Jahr 2025 Maschinen mehr Arbeiten erledigen werden als Menschen. Doch obwohl ca. 75 Millionen Jobs durch die Digitalisierung wegfallen, werden durch die rasante Entwicklung von Maschinen und Algorithmen voraussichtlich ca. 133 Millionen neue Aufgaben entstehen (vgl. Leopold, Ratcheva & Zahidi, 2018, S. viii).
Die Art und Weise neue Talente zu gewinnen, hat sich unter der Digitalisierung erheblich verändert. Eine neue Form der Personalbeschaffung ist entstanden: Recruiting 4.0, auch Robot Recruiting genannt. Rein technisch betrachtet, wird es in einige Jahren möglich sein, die Personalsuche und -einstellung vollständig automatisch und computergesteuert durchzuführen (vgl. Fischer, Michael & Fichtner, 2019, S. 16).
Bereits heute, im Jahr 2020, übernehmen technische Neuerungen, mit Hilfe von KI immer mehr Schritte im Recruiting-Prozess. Algorithmen identifizieren passende Kandidaten und Chatbots nehmen selbstständig Kontakt auf und kommunizieren mit potenziellen Bewerbern. Softwarelösungen optimieren und beschleunigen den Bewerbermanagementprozess vom Sourcing bis hin zur Einstellung (vgl. Bastam, Bicker, & Nachtwei, 2020, S. 236).
Die vorliegende Seminararbeit beschäftigt sich mit der Fragestellung, wie sich das Recruiting im Laufe der Zeit und durch den Einsatz von KI entwickelt und wie sich das Berufsbild des Recruiters perspektivisch verändern wird.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung geschlechterspezifischer Sprachformen verzichtet.
1.2. Methodik und Aufbau
Um die oben genannte Forschungsfrage beantworten zu können, wurde eine Sekundärforschung betrieben. Der Fokus wurde auf aktuelle sowie bereits etablierter Literatur und Studien der Thematik gelegt. Da es sich um eine reine Literaturrecherche handelt, ist der Untersuchungsgegenstand auf bereits bestehende Werke begrenzt.
Die vorliegende Seminararbeit untergliedert sich in sechs Kapitel. Im Anschluss an die Einleitung werden zunächst die theoretischen Grundlagen der Digitalisierung im Personalwesen, KI und dem Recruiting beleuchtet. Im Nachgang wird sich damit beschäftigt, wie sich das Recruiting im Wandel der Zeit verändert hat. Hier wird zwischen den Anfängen des Recruitings, dem Status quo und möglichen Trends differenziert. Bevor sich mit der zukünftigen Rolle des Recruiters auseinandergesetzt wird, werden mögliche Chancen und Risiken durch den Einsatz von KI innerhalb des Recruitings beleuchtet. Abschließend folgt eine kritische Reflexion sowie ein thematischer Ausblick für mögliche Forschungsfelder, die das Fazit dieser Seminararbeit bilden.
2. Theoretische Grundlagen
Um ein besseres Verständnis der Sachverhalte der vorliegenden Seminararbeit zu schaffen, werden im Folgenden die Begriffe Digitalisierung im Personalwesen, künstliche Intelligenz und Recruiting näher definiert.
2.1. Digitalisierung im Personalwesen
„It is not the strongest of the species that survives, not the most intelligent that survives. It is the one that is the most adaptable to change.“ – Charles Darwin.
Bezugnehmend auf das vorangegangene Zitat von Darwin, gaben in einer Studie von McKinsey 92% der befragten Unternehmen an, dass ihr Geschäftsmodell zukünftig nicht rentabel bleibt, wenn sie in puncto Digitalisierung so weiter machen wie bisher (vgl. Bughin, Catlin, & Willmott, 2018, S. 6).
Porter unterstützt diese Meinung. Er geht davon aus, dass die neue Welt der intelligenten, vernetzten Geräte die Dynamik des Wettbewerbs der Unternehmen gravierend verändert (vgl. Porter, James & Heppelmann, 2014, 2015).
Unter der Digitalisierung wird die digitale Umwandlung und Darstellung von Informationen und Kommunikation, ebenso wie die digitale Revolution, verstanden. Im 20. Jahrhundert wurde die Digitalisierung vor allem durch die Automatisierung und Optimierung der Privathaushalte und Modernisierung des Arbeitsplatzes geprägt, während seit Anfang des 21. Jahrhunderts innovative Geschäftsmodelle, disruptive Technologien, Flexibilisierung und Individualisierung in den Vordergrund rücken (vgl. Bendel . o.J.).
In der regelmäßig veröffentlichen, internationalen CEO-Studienreihe von IBM werden bereits seit 2012 technologische Veränderungen als Hauptgrund für den Wandel innerhalb der Unternehmen angegeben (vgl. IBM, 2015).
Auch deutsche Studien bestätigen diese Relevanz und zeigen deutlich, dass die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Unternehmen stark ansteigen werden (vgl. Petry & Kosmann 2017a.).2
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Auswirkung der Digitalisierung auf Unternehmen (Petry & Kosmann, 2017a)
Im Rahmen einer Studie aus dem Jahr 2020 hat sich die Universität Bamberg mit der Digitalisierung und der Zukunft der Arbeit auseinandergesetzt. Bei einer Befragung von Personalverantwortlichen der Top 1.000 Unternehmen3 und der Top 300 IT-Unternehmen4 gaben acht von zehn Unternehmen an, dass die Digitalisierung im Personalwesen eine überlebenswichtige Herausforderung darstellt. Zudem befürworten neun von zehn der befragten Unternehmen, eine Digitalisierung im Recruiting, wenn es die Effektivität und Effizienz positiv beeinflusst (vgl. Weitzel et al., 2020, S. 4).
Grundsätzlich ist es möglich, alle Bereiche des Personalwesens zu digitalisieren. Beispielsweise dient eine transparente und mitarbeiterbezogene Datenhaltung in der Personaladministration als Basis für fundierte Personalentscheidungen. Zudem sind komplexe Entgeltabrechnungen unter Berücksichtigung länderspezifischer Gesetzgebungen und Bestimmungen möglich und ein digitalisiertes Onboarding unterstützt eine reibungslose Einarbeitung durch einen beschleunigten Übergang vom Bewerber zum Mitarbeiter (vgl. Fischer, Michael & Fichtner, 2019, S. 8).
2.2. Künstliche Intelligenz
Bereits 1950 beschäftigte sich der Mathematiker A. Turning in seinem Aufsatz "Computing Machinery and Intelligence" mit der Frage, ob Maschinen in der Lage sind, zu denken (vgl. Turning, 1950).
Der Begriff "artificial intelligence", übersetzt künstliche Intelligenz, wurde 1956 auf einer Konferenz in New Hampshire von einer kleinen Gruppe Wissenschaftler am Dartmouth College definiert. Ziel war es zu erforschen, wie denkende Systeme, die ihre Umwelt wahrnehmen und flexibel auf unterschiedliche Gegebenheiten reagieren, entstehen (vgl. Lewis, 2014).
Heute wird KI als Softwarelösungen definiert, die dazu geschaffen werden, Probleme zu lösen und eine mit der von Menschen vergleichbare Intelligenz zeigen, (vgl. Petry & Jäger, 2018, S. 46).
KI ist geprägt von der Kombination aus den Eigenschaften: Verstehen, Lernen, Interagieren und Schlussfolgern (vgl. Semet & Hilberer, 2018, S. 183).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Eigenschaften künstlicher Intelligenz (vgl. Semet & Hilberer, 2018, S. 183)
2.3. Recruiting
In unserem Sprachgebrauch finden sich von Personalbeschaffung, über Recruitment bis hin zur Rekrutierung zahlreiche Synonyme für den Begriff Recruiting (dict.cc).
Unter Recruiting werden jene Aktivitäten verstanden, die vorrangig der Identifikation und Gewinnung potenzieller Mitarbeiter dienen (vgl. Reynes, 1989, S. 46).
Ziel ist es, dadurch einen Wettbewerbsvorteil gegenüber andere Unternehmen zu erhalten. Eine erfolgreiche Rekrutierung hängt davon ab, den richtigen Kandidaten zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu finden (vgl. Michailidis, 2018, S. 174).
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1 Der Begriff Arbeit 4.0 bezeichnet die Veränderungen in den Arbeitsformen und Arbeitsbedingungen, die die vierte industrielle Revolution (Industrie 4.0) mit sich bringt. Abgerufen am 21.12.2020 von https://www.personio.de/hr-lexikon/arbeit-4-0/.
2 Ähnliche Befunde finden sich bei Accenture/EIU 2014, BcG 2015, KPMG 2015 und PwC 2014
3 Größten deutschen Unternehmen, die mehr als 150 Mio. Euro Umsatz generieren (Rücklaufquote 12,7 Prozent).
4 Größten deutschen Unternehmen in der IT-Branche, die mehr als 30 Mio. Euro Umsatz generieren (Rücklaufquote 10,7 Prozent).