Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Feld der Beratung in Pädagogik und Sonderpädagogik. Nachdem ein Überblick über die psychosoziale Beratung mit ihren verschiedenen Beratungskonzepten gegeben worden ist, soll auch das Modell der Psychotherapie näher erläutert werden, bevor vor diesem Hintergrund näher auf den Übergang von Beratung zu
Psychotherapie eingegangen werden soll.
Dabei steht insbesondere die Frage nach den Grenzen – Wo endet Beratung und wo beginnt Psychotherapie? - im Zentrum der Beobachtung. Daran anknüpfend sollen Ansätze von psychoanalytisch inspirierter Beratung vorgestellt werden und
mögliche Potenziale verdeutlicht werden, sodass vor diesem Hintergrund schließlich aktuelle Entwicklungen in diesem Bereich und Kriterien guter Beratung im Allgemeinen illustriert werden können.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Psychosoziale Beratung
1.2 Beratungsformen, -Strategien und Praxisfelder
1.2.1 Beratungsformen
1.2.2 Beratungsstrategien
1.2.3 Praxisfelder
2. Psychotherapie
2.1 Psychoanalyse
2.2 Psychodynamische Psychotherapie
3. Beratung und Psychotherapie: Abgrenzung und Übergänge
4. Psychoanalytisch inspirierte Beratung: Charakter und Potenzial
5. Ausblick: Komponenten guter Beratung und aktuelle Entwicklungen
1. Einleitung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Feld der Beratung in Pädagogik und Sonderpädagogik. Nachdem ein Überblick über die Psychosoziale Beratung mit ihren verschiedenen Beratungskonzepten gegeben worden ist, soll auch das Modell der Psychotherapie näher erläutert werden, bevor vor diesem Hintergrund näher auf den Übergang von Beratung zu Psychotherapie eingegangen werden soll. Dabei steht insbesondere die Frage nach den Grenzen - Wo endet Beratung und wo beginnt Psychotherapie? - im Zentrum der Beobachtung. Daran anknüpfend sollen Ansätze von psychoanalytisch inspirierter Beratung vorgestellt werden und mögliche Potenziale verdeutlicht werden, sodass vor diesem Hintergrund schließlich aktuelle Entwicklungen in diesem Bereich und Kriterien guter Beratung im Allgemeinen illustriert werden können.
1.1 Psychosoziale Beratung
Da der Begriff der Beratung nicht geschützt ist und das Handlungsfeld beratender Tätigkeiten aufgrund aktueller Entwicklungen vielfältig und nur schwer überschaubar ist, fällt es schwer, eine adäquate Definition zu geben. Im Umriss jedoch lässt sich festhalten, dass es sich bei der Psychosozialen Beratung um eine „weitverbreitete und vielfältige Hilfeform, eine der zentralen professionellen Handlungsorientierungen und eine der wichtigsten Methoden sozialer, sozialpädagogischer und psychosozialer Arbeit“ (Engel, Nestmann & Sickendieck 1999, 13). handelt, die Menschen unterstützt, die sich auf beliebige Weise in ihrem psychischen und sozialen Wohlbefinden eingeschränkt fühlen und dabei auf Hilfe von außen angewiesen sind (Schnoor 2006, 14). Entscheidend ist dabei, dass Beratung als eine Sonderform zwischenmenschlicher Kommunikation angesehen wird, die sich von Alltagsgesprächen unterscheidet (Steinebach 2006, 12). Speziell bei der Psychosozialen Beratung lässt sich von einer professionalisierten Form der Beratung sprechen, die sich an speziellen Handlungsmustern orientiert und sich insofern von anderen Beratungsangeboten - an dieser Stelle sind zum Beispiel die Beratungsangebote des esoterischen Marktes zu erwähnen - unterscheidet. Des Weiteren wird in der Psychosozialen Beratung hinsichtlich der Verbesserung von Lebensumständen und der Bewältigung akuter Krisensituationen beraten. Richter präzisiert dies insofern, als dass „Psychosoziale Beratung [...] den Menschen in seinem gesamten psychosozialen Zusammenhang, verstrickt in innere Konflikte wie in soziale Schwierigkeiten mit Partner und Bezugsgruppen im privaten Bereich und in der Arbeitswelt“ sieht (Richter 1979). Engel, Nestmann und Sickendieck führen hierbei ergänzend an, dass die Beratung unabhängig von einer akuten Problematik auch präventive und rehabilitative Aufgaben erfüllen kann, d.h. sie kann bereits im Vorfeld der Entstehung manifester Probleme ansetzen, aber auch in Bezug auf den Umgang mit den Folgen problematischer Lebenssituationen nachgesucht werden (Engel, Nestmann & Sickendieck 1999, 13).
Zusammenfassend stellt die Psychosoziale Beratung also eine Hilfeform dar, die Menschen in den unterschiedlichsten Lebenskrisen und Entwicklungsstadien Unterstützung anbietet. Speziell ausgebildete Berater leiten die Beratung und bieten dem zu Beratenden unter Einbezug der persönlichen Ressourcen und im Hinblick auf die jeweiligen Lebensumstände des Klienten individuelle Problemlösungen an oder erarbeiten diese gemeinsam mit ihm.
Die Psychosoziale Beratung beruht auf einem zwischenmenschlichen Beziehungs- und Interaktionsangebot und findet in der Regel in Einzelgesprächen zwischen mindestens zwei Beteiligten, dem Berater und dem Klienten, statt. Dabei bedient sich der Berater als Fachexperte kommunikativer Mittel, um sich dem Kern der Problematik des zu Beratenden besser nähern zu können, sodass die Interaktion schließlich auf eine „kognitive, emotionale und praktische Problemlösung und - Bewältigung“ ausgerichtet wird (Engel, Nestmann & Sickendieck 1999, 13). Je nach Umfang der Problematik wird die Beratung in einer oder mehrerer Sitzungen abgehalten, wobei sie jedoch einen Zeitraum weniger Wochen nicht überschreitet, was eine Konzentration auf das Wesentliche, auf ein klar formuliertes und eingegrenztes Problem, erfordert. Dies unterscheidet sie grundlegend von einer Psychotherapie, worauf im weiteren Verlauf der Arbeit noch präzise eingegangen wird. Ebenso wenig ist Beratung gleichzusetzen mit einer Art des Ratgebens, denn die Beratung konstituiert sich nicht durch das Geben von Ratschlägen oder Anleitungen, sondern erarbeitet wie bereits erwähnt zusammenhängende Problemlöse- und Bewältigungsstrategien, Planungs- und Orientierungshilfe sowie Entscheidungsalternativen und Handlungsmöglichkeiten. Darüber hinaus soll „im Sinne einer Hilfe zur Selbsthilfe die Handlungssicherheit des Klienten zur Bewältigung [des] aktuellen Problems erhöht werden.“ (Schnoor 2006, 14). Die Formulierung „Hilfe zur Selbsthilfe“ verweist dabei auf die Unterstützung des Wiedererlangens der individuellen Handlungsautonomie, die aufgrund der gegenwärtigen emotionalen Überforderung verloren gegangen ist. Dies drückt sich auch in dem Begriff „Empowerment“ aus. Außerdem steht auf einer mikrokosmischen Ebene nicht nur die Vermittlung von Informationen, sondern auch die Reflexion der Ursache des Problems im Vordergrund, sodass vor dem Hintergrund einer Neustrukturierung und Neubewertung der Situation wiederum neue Problemlösungen sichtbar gemacht werden (Schnoor 2006, 14). Dabei werden diese Problemlösungen gerade durch das „Sprechen über“ innerhalb der offenen dialogischen Praxis sichtbar, da das vertiefende Gespräch mit dem Berater die nötige Distanz schafft, um das Problembewusstsein des Klienten zu erweitern und das Besprochene objektivierend zu betrachten (Mollenhauer 1965, 32 nach Diouani-Streek 2007, 25).
Da psychosoziale Beratung immer in emotionalen Überforderungssituationen aufgesucht wird, ist der Gang zum Beratungsgespräch und das sich Öffnen vor dem Berater nicht selten mit Scham besetzt, was eine grundsätzliche menschliche Wertschätzung und Empathie-Fähigkeit auf Seiten des Beraters abverlangt; Respekt vor der Autonomie und Integrität des Klienten gilt als Grundlage von Beratungshandeln (Diouani-Streek, 2007, 24). Ebenso sollten die Berater intuitiv dazu in der Lage sein, dem Ratsuchenden die benötigten Handlungsalternativen zur Lösung des Problems vergleichsweise rasch darzulegen, ohne dabei explizit auf wissenschaftliche Beiträge zurückgreifen zu müssen. Das Beispiel der Schwangerschaftskonfliktberatung, die ein schnelles Handeln erfordert, verdeutlicht dies eindrücklich. In diesem Sinne wird auch nochmals die Wichtigkeit des wechselseitigen Vertrauensverhältnisses von Berater und Klienten betont.
1.2 Beratungsformen, -Strategien und Praxisfelder
Nachdem nun der Charakter der Psychosozialen Beratung im Allgemeinen illustriert worden ist, werden im Folgenden einzelne Beratungsformen und spezifische Praxisfelder innerhalb der Psychosozialen Beratung umrissen, um das Wesen der Psychosozialen Beratung nochmals zu verdeutlichen. Dabei sind zu Beginn die verschiedenen Konstellationen von Beratung zu erwähnen, die sich in Einzelberatung, Familienberatung, Gruppenberatung, Selbsthilfegruppenberatung, Organisations- und Institutionsberatung sowie in Supervision und Kollegiale Beratung ausdifferenzieren lassen, bevor im Folgenden ausgewählte Beratungsformen, -Strategien und Praxisfelder vorgestellt werden.
1.2.1 Beratungsformen
Klientenzentrierte Beratung
Als Klientenzentrierte Beratung wird eine Form von Beratung bezeichnet, die sich zwar noch außerhalb des psychotherapeutischen Raumes befindet, aber dennoch tiefergehende Probleme sowie krisenhafte Lebenssituationen behandelt. Unabhängig von der Erarbeitung der Problemlösungen steht hierbei vor allem das Beziehungsangebot der Beratung im Vordergrund:
„Indem der Berater eine spezifische Haltung dem Klienten gegenüber zu verwirklichen sucht und ihm somit eine besondere Beziehung anbietet, schafft er ein soziales Klima, indem der Klient mithilfe der angeborenen Aktualisierungstendenz sein weiteres Wachstum bestimmen und damit auch die anstehenden Probleme eigenverantwortlich lösen und bearbeiten kann. [...]. [Der Berater] fördert [...] durch sein Beziehungsangebot die Kräfte im Klienten, die es diesem ermöglichen, den eigenen Weg zu finden und die eigenen Probleme zu lösen.“ (Breitenbach 2007, 33).
Breitenbach verdeutlicht damit, dass das Kernstück der Psychosozialen Beratung bzw. der Klientenzentrierten Beratung in einer geglückten Beziehung zwischen Berater und zu Beratendem liegt, da durch das Entstehen eines vertrauensvollen Verhältnisses persönliche Ressourcen aktiviert werden, die es dem Klienten ermöglichen, im Sinne der Förderung von Empowerment selbständig an seinen Problemen zu arbeiten.
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