Werden Ärzte im ambulanten Sektor gerecht entlohnt? Gibt es Unterschiede in der Entlohnung von Ärzten, die gesetzliche und private Versicherte behandeln? Gibt es Unrechtmäßigkeiten in der Terminvergabe zwischen gesetzlich versicherten und privat versicherten Patienten?
Diese Arbeit soll einen tiefgründigen Einblick in die Vergütung von ärztlichen Leistungen im ambulanten Sektor liefern. Zunächst werden die institutionellen Rahmenbedingungen veranschaulicht. Im ambulanten Sektor erfolgt die Vergütung von ärztliche Leistungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) im Zusammenspiel mit den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV), gesetzlichen Krankenkassen und den niedergelassenen Ärzten. Im Rahmen der privaten Krankenversicherungen (PKV) ist die Entlohnung der Ärzte anders. Hierbei werden zunächst die einzelnen Institutionen veranschaulicht. Dazu gehören die gesetzlichen Krankenkassen, Kassenärztliche Vereinigungen und die privaten Krankenkassen.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Institutionelle Rahmenbedingungen
2.1 Gesetzliche Krankenkassen
2.2 Kassenärztliche Vereinigungen
2.3 Private Krankenkassen
3 Ambulante Versorgung
3.1 Aufgaben der Ärzte in der ambulanten Versorgung
3.2 Ärztliche Vergütung im ambulanten Sektor
3.3 Vergütungsformen
3.3.1 Einzelleistungsvergütung
3.3.2 Festgehalt
3.3.3 Vergütung anhand von Pauschalen
3.3.4 Erfolgsorientierte Vergütung
3.4 Vergütung durch die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV)
3.4.1 Morbiditätsorientierte Vergütung
3.4.2 Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM)
3.4.3 Regelleistungsvolumen (RLV) und Qualifikationsgebundene Zusatzvolumina (QZV)
3.4.4 Honorarverteilung
3.5 Vergütung durch die Private Krankenversicherung (PKV)
4 Unterschiede in der Vergütung zwischen der PKV und GKV
5 Vergleich der ärztlichen Vergütung für eine Leistung bei Privatversicherten und beim gesetzlich
Versicherten
6 Vergütung eines Arztes
7 Schluss
8 Literaturverzeichnis
9 Abbildungsverzeichnis
10 Anhang
10.1 Patientenquittung
10.2 § 75 Inhalt und Umfang der Sicherstellung
1 Einleitung
Die Vergütung von ärztlichen Leistungen im ambulanten Sektor war schon immer ein wichtiges Thema und Gegenstand von vielen politischen Diskussionen. So kann die Frage gestellt werden, ob Ärzte im ambulanten Sektor gerecht entlohnt werden. Ebenso ist es sinnvoll zu wissen, ob es Unterschiede in der Entlohnung von Ärzten gibt, die gesetzliche und private Versicherte behandeln. Außerdem stellt sich die Frage, ob es Unrechtmäßigkeiten in der Terminvergabe zwischen gesetzlich versicherten und privat versicherten Patienten gibt.
Diese Arbeit soll einen tiefgründigen Einblick in die Vergütung von ärztlichen Leistungen im ambulanten Sektor liefern. Zunächst werden die institutionellen Rahmenbedingungen veranschaulicht. Im ambulanten Sektor erfolgt die Vergütung von ärztliche Leistungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) im Zusammenspiel mit den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV), gesetzlichen Krankenkassen und den niedergelassenen Ärzten. Im Rahmen der privaten Krankenversicherungen (PKV) ist die Entlohnung der Ärzte anders. Hierbei werden zunächst die einzelnen Institutionen veranschaulicht. Dazu gehören die gesetzlichen Krankenkassen, Kassenärztliche Vereinigungen und die privaten Krankenkassen.
Die institutionellen Rahmenbedingungen liefern den Grundbaustein für die Untersuchung der Auswirkungen der Unterschiede in der Leistungsvergütung zwischen den privaten Krankenversicherungen und den gesetzlichen Krankenversicherungen im ambulanten Sektor. Außerdem sollen mögliche Reformen aufgezeigt werden, mit denen sich die Differenzen im Wesentlichen mildern bzw. beheben lassen.
Im Folgenden wird auf die ambulante Versorgung eingegangen. Dabei spielt es eine wichtige Rolle, wie die ambulante Versorgung in Deutschland aufgebaut ist und welche gesetzlichen Vorschriften hierbei gelten. Außerdem wird aufgezeigt, welche Institutionen an der ambulanten Versorgung teilnehmen. Im weiteren Verlauf der Arbeit werden die Aufgaben der Ärzte in der ambulanten Versorgung geschildert und es wird betrachtet, welche Ärzte (Fachärzte) überhaupt an der ambulanten Versorgung teilnehmen.
Im Hauptteil der Arbeit erfolgt die Darstellung der Vergütungsformen nach Einzelleistungen, Festgehalt, Vergütung anhand von Pauschaulen und die erfolgsorientierte Vergütung und deren Analyse. Zunächst werden die verschiedenen Honorierungsarten beschrieben und mögliche Vor- und Nachteile von der Seite der Ärzte und der Versicherten (Patienten) diskutiert.
Nachdem die möglichen Formen der Vergütung gezeigt wurden, wird die Vergütung durch die gesetzliche Krankenversicherung und die Vergütung durch die privaten Krankenversicherungen geschildert. Im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherungen wird die morbiditätsorientierte Vergütung zunächst betrachtet. Im Folgenden erfolgt die Untersuchung des Einheitliche Bewertungsmaßstabes (EBM). Dazu wird anhand eines Beispiels die Berechnung dessen verdeutlicht. Im letzten Untersuchungspunkt, der Vergütung durch die GKV, werden die Regelleistungsvolumen und die Honorarverteilung betrachtet. Außerdem wird die Vergütung durch die privaten Krankenversicherungen betrachtet. Daraufhin erfolgt die Untersuchung der Unterschiede zwischen den gesetzlichen und den privaten Krankenversicherungen.
Anschließend, nach dem die theoretischen Aspekte der Vergütung betrachtet wurden, werden die Unterschiede in der Vergütung der ärztlichen Leistungen im ambulanten Sektor zwischen den privaten und den gesetzlichen Krankenversicherungen analysiert. Dazu folgt die Bestimmung der Vergütung bei einer bestimmten Diagnose oder Behandlung bei jeweils gesetzlich und privat versicherten Patienten nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) bzw. der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Hierbei wird die Frage beantwortet, ob der Arzt unterschiedlich hoch, für eine Untersuchung/Behandlung bei einem privaten bzw. gesetzlich versicherten Patienten, vergütet werden soll. Dies wird anhand von Beispielen mit Hilfe der jeweiligen Kataloge bestimmt.
Außerdem werden branchenabhängige Unterschiede in der Höhe der Honorierung zwischen den jeweiligen Fachärzten aufgezeigt.
Zum Schlussteil werden die Auswirkungen der Unterschiede in der Leistungsvergütung der Ärzte im ambulanten Sektor herausgearbeitet. Die unterschiedliche Leistungsvergütung bringt viele Reformoptionen mit sich. In diesem Teil der Arbeit werden mögliche Reformen aufgezeigt und anhand ihrer Plausibilität diskutiert. Einige dieser Reformen sind brandaktuell und Diskussionsthemen in der Politik.
2 Institutionelle Rahmenbedingungen
2.1 Gesetzliche Krankenkassen
Ein wichtiger Teil des Gesundheitssystems in Deutschland ist die gesetzliche Krankenversicherung. Sie bildet mit der Arbeitslosen-, Unfall-, Pflege- und Rentenversicherung das Sozialversicherungssystem in der BRD. „Eine erste Gesetzliche Krankenversicherung wurde 1883 unter dem Reichskanzler Bismarck in Deutschland eingeführt.“ (Holzkämper, 2018, S. 89)
Die gesetzliche Krankenversicherung hat als Rechtsgrundlage das Fünfte Sozialgesetzbuch (SGB V). Ziel der gesetzlichen Krankenversicherung ist es, „[...] die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern.“ (§ 1 SGB V)
Das Solidarprinzip garantiert, dass jeder Versicherte, unabhängig von der Beitragszahlungshöhe, ein Recht auf bedarfsgerechte Leistung hat. Dieses Recht gilt auch für die Familienangehörigen eines Versicherten. Die Finanzierung des Beitragssatzes ist paritätisch. Die Beitragshöhe von 14,6% wird jeweils zu 50% durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber finanziert (paritätische Finanzierung). Dieser Beitrag wird vom beitragspflichtigen Einkommen erhoben. Ist dieser Beitrag ungenügend, so kann die GKV einen Zusatzbeiträge von seinen Mitgliedern einfordern (seit 2015). Dieser Zusatzbeitrag galt nur bis 2018. Zum 1. Januar 2019 wurde beschlossen, dass der Zusatzbeitrag auch wieder paritätisch, also zur Hälfte vom Arbeitgeber und zur Hälfte vom Arbeitnehmer, getragen werden soll.
Die gesetzliche Krankenversicherung ist nach dem Bedarfsprinzip organisiert, d.h. „[j]eder Versicherte hat also unabhängig von der Höhe der entrichteten Beiträge und von seinem individuellen Krankheitsrisiko einen Rechtsanspruch auf die zur Wiederherstellung seiner Gesundheit erforderlichen diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen.“ (Gerlinger, Bundeszentrale für politische Bildung, 2019)
Nach dem Sachleistungsprinzip der gesetzlichen Krankenversicherungen erhalten die Versicherten Leistungen, wie z.B. die Behandlung durch Ärzte oder das Verordnen von Arzneimitteln. Teilweise müssen die Versicherten für die Leistungen Zusatzzahlungen entrichten. Zu den Zusatzleistungen gehören:
- häusliche Krankenpflege,
- Krankenhausbehandlung,
- medizinische Vorsorgeleistungen,
- Schwangerschaftsabbruch und Sterilisation,
- Zahnersatz,
- Vorsorgemaßnahmen
- u.v.m.
Ebenso gibt es neben den Sachleistungen auch Geldleistungen. Diese sind das Krankengeld, welches 70% des beitragspflichtigen Bruttoarbeitsentgelts beträgt (§47 SGB V) und das Mutterschaftsgeld, während des Mutterschutzes, als Unterstützungsleistung, welches zurzeit maximal 13 € beträgt (§ 24i SGB V).
Alle Arbeitnehmer, deren Jahresarbeitsentgelt 60.750€ (Stand 2019) nicht übersteigt (5.063€ im Monat), sind in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert (Versicherungspflichtgrenze). Inkludiert sind dabei auch Zahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld.
Ebenso hat jeder Bürger ein Recht, seine gesetzliche Krankenkassen selbst zu wählen.
2.2 Kassenärztliche Vereinigungen
„Ein bedeutendes organisatorisches Element des Krankenversicherungssystems sind die kassenärztlichen Vereinigungen. In ihnen sind die zur Kassenpraxis zugelassenen Ärzte zusammengeschlossen. Die Krankenkassenverbände schließen mit den Kassenärztlichen Vereinigungen Verträge ab, in denen sich die Kassenärztlichen Vereinigungen verpflichten, eine gleichmäßige, ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Kassenmitglieder sicherzustellen. Als Gegenleistung zahlen die Krankenkassen den Kassenärztlichen Vereinigungen sogenannte Gesamtvergütungen, die die Kassenärztlichen Vereinigungen auf die Kassenärzte nach einem Schlüssel aufteilen, der mit den Verbänden der Krankenkassen vereinbart ist. Die GKV finanziert sich im Wesentlichen:
1. aus Beiträgen der Versicherten (Arbeitnehmer, Rentner und sonstige Versicherungsberechtigte), der Arbeitgeber und der Rentenversicherung,
2. aus Bundeszuschüssen sowie
3. aus sonstigen Einnahmen.“ (Jörg W. Althammer, 2014, S. 263)
Aufgrund dessen, dass zwischen den Ärzten und den Krankenkassen keine Verträge bestehen, fungiert die kassenärztliche Vereinigung als wichtiges Glied im ambulanten Sektor. Die kassenärztliche Vereinigung nimmt die Rechte und die Ansprüche seiner Mitglieder (Kassenärzte) gegenüber den gesetzlichen Krankenversicherungen wahr. Kassenärztliche Vereinigungen sind auf Bundes- und Landesebene organisiert. Es gibt die kassenärztliche Bundesvereinigung und die auf die 16 Bundesländer verteilten kassenärztlichen Landesvereinigungen.
Nun werden die Aufgaben der Kassenärztlichen Vereinigungen betrachtet.
Sicherstellungsauftrag: Das Sozialgesetzbuch sieht im Kassenarztrecht (von 1955) vor, dass die Kassenärzte bzw. die Kassenärztlichen Vereinigungen mit den gesetzlichen Krankenversicherungen die ärztliche Versorgung sicherstellen. (Gerhard Bäcker, 2010, S. 152) Das ist in § 75 SGB V Inhalt und Umfang der Sicherstellung1 festgelegt. Darunter fällt u.a. auch die Bedarfsplanung, d.h. wie hoch der Ärztebedarf in der jeweiligen Region ist. Die Kassenärztlichen Vereinigungen handeln Kollektivverträge mit den Krankenkassen aus, welche auch die Honorierung von den Kassenärzten einschließen.
Gewährleistungsauftrag: Die kassenärztlichen Vereinigungen garantieren gegenüber den Krankenkassen „[...] eine ordnungsgemäße Erbringung der ambulanten Leistungen durch ihre Mitglieder, [den] niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten.“ (Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB), 2018)
Interessenvertretung: Die Vertretung seiner Mitglieder (Kassenärzten) gegenüber der Politik, den Krankenkassen und der Öffentlichkeit geht über die kassenärztlichen Vereinigungen. Notarztdienst: Die kassenärztlichen Bundesvereinigungen organisieren den Notarztdienst. Service und Beratung: Die kassenärztlichen Bundesvereinigungen fungieren als Ansprechpartner für ihre Mitglieder und bieten ihnen Service- und Beratungsleistungen an.
2.3 Private Krankenkassen
Privatwirtschaftliche Unternehmen, die Krankenversicherungen anbieten, nennt man private Krankenversicherungen (PKV). Im Wesentlichen unterscheiden sich die privaten Krankenversicherungen von den gesetzlichen Krankenversicherungen dadurch, dass Versicherungsverhältnis nicht per Gesetz zustande kommt, sondern durch privatrechtliche Verträge.
„Personen, die nicht der gesetzlichen Versicherungspflicht unterliegen, sind seit 01.01.2009 verpflichtet, eine private Krankenvollversicherung abzuschließen. Diese muss mindestens die Kosten der ambulanten und stationären Behandlung abdecken.“ (Holzkämper, 2018, S. 106) Das Individualprinzip der privaten Krankenversicherungen besagt, dass „[sich] [d]ie Beiträge der Versicherten in der PKV [.] nach [dem] Alter [errechnen], Gesundheitszustand und den gewünschten Versicherungsleistungen. Bis zum 21. Dezember 2012 war das Geschlecht ebenfalls eine Berechnungsgrundlage.“ (Krüger, 2012)
Die privaten Krankenversicherungen sind gesetzlich nicht verpflichtet Mitglieder aufzunehmen, d.h. es besteht kein Kontrahierungszwang. Wenn bei der Überprüfung des Gesundheitszustandes das Kostenrisiko für die private Krankenversicherung zu hoch ist, kann die private Krankenversicherung den Abschluss eines Vertrages ablehnen. Gesetzliche Krankenversicherungen dürfen aufgrund des Gesundheitszustandes niemanden ablehnen. Jedoch besteht ein Kontrahierungszwang bei der Kindernachversicherung. So muss das Neugeborene in der privaten Krankenkasse nachversichert werden, wenn ein Elternteil privat krankenversichert ist. (vgl. Holzkämper, 2018, S. 107)
Bei der Aufnahme in die private Krankenversicherung kommen in der Regel folgende Personen in Betracht, die nicht nach §5 SGB V gesetzlich krankenversichert sind:
- „Beamte, Richter und andere Personen mit Anspruch auf Beihilfe.“ (Mühlbauer, 2017)
- Selbständige und Freiberufler
- „Arbeiter und Angestellte mit einem Bruttoeinkommen oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze (2019: 60.750 Euro).“ (Bundesregierung, 2018, S. 1)
- Personen ohne eigenes Einkommen oder mit einem Einkommen unter der Geringfügigkeitsgrenze, auch befreite Studenten (seit 2013: 450 Euro im Monat, z. B. Hausfrauen, Hausmänner oder Kinder). (PKV.de, 2019)
Jedoch bieten die privaten Krankenkassen seit dem 1. Januar 2009 den sogenannten Basistarif an. Dieser ist ein gesetzlich vorgeschriebenes Produkt, welches sich mit den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung vergleichen lässt
3 Ambulante Versorgung
Nachdem die institutionellen Rahmenbedingungen geklärt wurden, sind im Folgenden die ambulante Versorgung und anschließend die ärztliche Vergütung seitens der gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen zu betrachten.
Im ambulanten Sektor handeln Ärzte zwar als selbständig Tätige, d.h. sie führen ihre Arztpraxen überwiegend privatwirtschaftlich und erzielen aus selbständiger Tätigkeit Umsätze, müssen sich jedoch der öffentliche Bedarfsplanung anpassen. Die Regelung der Honorare gestaltet sich staatlich. Die Bestimmung der ambulanten Versorgung finden sich im §§ 72 ff. des SGB V2 wieder.
Die ambulante Versorgung wird von Ärzten und Zahnärzten getragen. „Psychotherapeuten, Physiotherapeuten, Heilpraktiker, Hebammen, Ergotherapeuten, Logopäden, Podologen oder Masseure ergänzen das Leistungsspektrum [.]“ (Holzkämper, 2018, S. 199) der ambulanten ärztlichen Versorgung in Deutschland.
In der Bundesrepublik wird die ambulante ärztliche Versorgung fast vollständig von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten getragen. (vgl. Gerhard Bäcker G. N., 2010, S. 151) „Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte oder niedergelassene Zahnärztinnen und Zahnärzte sind solche, die selbstständig, alleine oder mit anderen Ärztinnen und Ärzten/Zahnärztinnen und Zahnärzten eine medizinische Einrichtung (Praxis/Gemeinschaftspraxis) betreiben.“ (EU-Patienten, 2018) Die ambulante (zahn-)ärztliche Versorgung erfolgt über die niedergelassenen Ärzte. Für Krankenhäuser gibt es ein weitgehendes Verbot der ambulanten Betätigung.
Außerdem sind 90 % der niedergelassenen Ärzte Vertragsärzte. Ärzte, die von den Kassenärztlichen Vereinigungen eine Zulassung erhalten haben, um gesetzlich krankenversicherte Patienten zu behandeln, werden Vertragsärzte genannt. Vertragsärzte.
Die Zulassung zum Vertragsarzt erfolgt durch das bestandene Staatsexamen, die Approbation als Arzt und die Erlangung der Bezeichnung als Facharzt. Ein Facharzt ist ein Arzt, mit einer anerkannten Weiterbildung auf einem medizinischen Fachgebiet. (vgl. Glossar Gesundheitspolitik, 2018)
„Das Krankenhaus und die Krankenhausärzte sind von der ambulanten Diagnostik und Therapie weitgehend ausgeschlossen.“ (Gerhard Bäcker, 2010, S. 151) Hier ist es wichtig zu erwähnen, dass Krankenhausärzte und Krankenhäuser auch an der ambulanten Versorgung teilnehmen können. Jedoch müssen sie dafür ermächtigt werden. In ländlichen Regionen mit einem Mangel an niedergelassenen Ärzten ist dies der Fall. Die Zahl der ermächtigten Krankenhausärzte beträgt rund 9.000. „Neben einzelnen Krankenhausärzten können auch einzelne Abteilungen oder Institutionen ermächtigt werden.“ (Holzkämper, 2018, S. 199) Im gesamten sind mehr Ärzte im stationären Sektor als im ambulanten Sektor tätig. In diversen anderen Industrieländern wird hingegen ein Großteil der ambulanten medizinischen Versorgung von den Krankenhäusern getragen. Die Sicherstellung der ambulante medizinische Versorgung erfolgt durch die niedergelassenen Ärzte in Deutschland.
Die ambulante ärztliche Versorgung ist wichtigste Anlaufstelle für Patienten und Patientinnen,, ausgenommen sind natürlich die Notfälle. Daher spielt sie eine wichtige Rolle im Gesundheitssystem ein.
3.1 Aufgaben der Ärzte in der ambulanten Versorgung
„Die Kassenarztpraxis ist der Ort der allgemein- oder fachärztlichen Erstbehandlung.“ (Gerhard Bäcker, 2010, S. 153) Jedoch ist hier wichtig zu erwähnen, dass jede weitere Behandlung in einem Krankenhaus abhängig von der kassenärztlichen Überweisung erfolgt, da diese Mediziner entscheiden, ob es nötig ist eine stationäre Behandlung im Krankenhaus in Erwägung zu ziehen. Ausnahmen sind Notfälle. Hierbei kann man direkt das Krankenhaus aufsuchen.
Ebenso verschreiben die Kassenärzte Arznei-, Heil- und Hilfsmittel. Überweisungen an Fachärzten werden auch getätigt. Jedoch kann der Patient/ die Patientin direkt einen Facharzt konsultieren, ohne vorher eine Überweisung von seinem Hausarzt bekommen zu haben. „Hausärzten kommt eine wichtige Rolle zu, da sie die Lebenssituation des Patienten kennen und Einzelbefunde zusammenführen können. Sie fungieren als Wegweiser im Gesundheitssystem und können dazu beitragen, dass (teure) Mehrfachdiagnostik und „Ärztehopping“ vermieden werden.“ (Bäcker, Naegele, Bispinck, Hofemann, & Neubauer, 2010, S. 153)
Die vertragsärztliche Versorgung wird in die hausärztliche und fachärztliche Versorgung gegliedert. Sie ist im § 73 SGB V Kassenärztliche Versorgung, Verordnungsermächtigung gesetzlich bestimmt.
Die hausärztliche Versorgung enthält:
1. die allgemeine und fortgesetzte ärztliche Betreuung eines Patienten in Diagnostik und Therapie bei Kenntnis seines häuslichen und familiären Umfeldes; Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen,
2. die Koordination diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer Maßnahmen einschließlich der Vermittlung eines aus medizinischen Gründen dringend erforderlichen Behandlungstermins bei einem an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer,
3. die Dokumentation, insbesondere Zusammenführung, Bewertung und Aufbewahrung der wesentlichen Behandlungsdaten, Befunde und Berichte aus der ambulanten und stationären Versorgung,
4. die Einleitung oder Durchführung präventiver und rehabilitativer Maßnahmen sowie die Integration nichtärztlicher Hilfen und flankierender Dienste in die Behandlungsmaßnahmen.
An der hausärztlichen Versorgung nehmen
1. Allgemeinärzte,
2. Kinder- und Jugendärzte,
3. Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung, die die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung gewählt haben,
4. Ärzte, die nach § 95a Abs. 4 und 5 Satz 1 in das Arztregister eingetragen sind und
5. Ärzte, die am 31. Dezember 2000 an der hausärztlichen Versorgung teilgenommen haben, teil.
Die vertragsärztliche Versorgung umfasst die
1. ärztliche Behandlung,
2. zahnärztliche Behandlung und kieferorthopädische Behandlung nach Maßgabe des § 28 Abs.
2a. Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen, soweit sie § 56 Abs. 2 entspricht,
3. Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
4. ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5. Verordnung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,
6. Anordnung der Hilfeleistung anderer Personen,
7. Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung oder Behandlung in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen,
8. Verordnung häuslicher Krankenpflege,
9. Ausstellung von Bescheinigungen und Erstellung von Berichten, die die Krankenkassen oder der Medizinische Dienst (§ 275) zur Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben oder die die Versicherten für den Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts benötigen,
10. medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1,
11. ärztlichen Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12. Verordnung von Soziotherapie,
13. Zweitmeinung nach § 27b,
14. Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach § 37b.3
Dabei tragen die Hausärzte die Verantwortung unnötige Kosten zu vermeiden. Der Arzt hilft dem Patienten den richtigen Facharzt zu wählen und diesen zu konsultieren.
[...]
1§ 75 SGB V Inhalt und Umfang der Sicherstellung
Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen haben die vertragsärztliche Versorgung in dem in § 73 Abs. 2 bezeichneten Umfang sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragsärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Kommt die Kassenärztliche Vereinigung ihrem Sicherstellungsauftrag aus Gründen, die sie zu vertreten hat, nicht nach, können die Krankenkassen die in den Gesamtverträgen nach § 85 oder § 87a vereinbarten Vergütungen teilweise zurückbehalten. Die Einzelheiten regeln die Partner der Bundesmantelverträge.
2 SGB V § 72 Sicherstellung der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung
(1) Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, medizinische Versorgungszentren und Krankenkassen wirken zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten zusammen. Soweit sich die Vorschriften dieses Kapitels auf Ärzte beziehen, gelten sie entsprechend für Zahnärzte, Psychotherapeuten und medizinische Versorgungszentren, sofern nichts Abweichendes bestimmt ist.
(2) Die vertragsärztliche Versorgung ist im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses durch schriftliche Verträge der Kassenärztlichen Vereinigungen mit den Verbänden der Krankenkassen so zu regeln, daß eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden.
(3) Für die knappschaftliche Krankenversicherung gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend, soweit das Verhältnis zu den Ärzten nicht durch die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See nach den örtlichen Verhältnissen geregelt ist.
3 https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__73.html; letzter Zugriff am 14.09.2019