Die Arbeit thematisiert die Brautwerbung als Handlungsstruktur für das Nibelungenlied und behandelt die Frage, inwieweit die Frauenbilder für diesen Handlungsverlauf eine wichtige Rolle spielen. In der Arbeit soll untersucht werden, inwieweit die Frauenbilder von Kriemhild und Brünhild im Zusammenhang mit dem Brautwerbungsschema und der Erzählung selbst von Bedeutung sind. Es soll zunächst auf das allgemeine Bild und die Rolle der Frau im Mittelalter eingegangen werden, sodass ein Vergleich zwischen der literarischen Frau und der Realität geschaffen werden kann. Anschließend werden die Figuren Kriemhild und Brünhild charakterisiert und in ihren Merkmalen beschrieben. Das letzte Kapitel wird sich mit der Brautwerbung und der daraus resultierenden Handlung beider Frauen beschäftigen.
In Bezug auf die Figuren, besonders Kriemhild und Brünhild, spielt das Nibelungenlied auf zwei verschiedenen Ebenen. Einerseits auf der Sichtbaren bzw. dem Offensichtlichen, andererseits auf der Unsichtbaren, auf welcher bestimmten Figuren bestimmtes Wissen vorenthalten oder absichtlich manipuliert wird. Besonders bei der Brautwerbung kommt die zweite Ebene besonders zur Geltung. Dass schlussendlich diese Ebene die Problematik mit sich zieht, dass die Basisregel „Dem Besten die Schönste“ zunächst nicht eintreten kann, endet mit dem Tod des Helden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Das Frauenbild im Mittelalter
2.1 Die Rolle der Frau
2.2 Die Ehe
3. Die Frauenbilder
3.1 Die Figur Kriemhild
3.2 Die Figur Brunhild
4. Die Brautwerbung als Handlungsstruktur
4.1 Kriemhild und Siegfried
4.2 Gunther und Brunhild
5. Dem Besten die Schönste
6. Fazit
7. Quellen
1. Einleitung
und da er mine minne so ritterlich gewan, däjach des selbe Sivrit, er waere sküneges man.
des hän ich in für eigen, sit ich es in hörtejehen.“
dó sprach diu schrene Kriemhilt: „so w^re mir übele geschehen. (818)
Während des Streites zwischen Kriemhild und Brunhild korrelieren zu diesem Zeitpunkt die von Sigfried und Gunther unterschiedlich geschaffenen Realitäten miteinander. Problematisch an dieser Situation ist, dass beide Frauen sich hier auf unterschiedlichen Argumentationsebenen befinden und entsprechend ihrer eigenen Realitäten im Recht sind. Als Leser*in der Erzählung ist klar, welche Situationen sich an dieser Stelle bündeln. In Bezug auf die Figuren, besonders Kriemhild und Brünhild, spielt das Nibelungenlied auf zwei verschiedenen Ebenen. Einerseits auf der Sichtbaren, bzw. dem Offensichtlichen, andererseits auf der Unsichtbaren, auf welcher bestimmten Figuren bestimmtes Wissen vorenthalten oder absichtlich manipuliert wird. (Strohschneider 1997, 62) Besonders bei der Brautwerbung kommt die zweite Ebene besonders zur Geltung. Dass schlussendlich diese Ebene die Problematik mit sich zieht, dass die Basisregel „Dem Besten die Schönste“ zunächst nicht eintreten kann endet mit dem Tod des Helden. Die Brautwerbung als Handlungsstruktur für das Nibelungenlied scheint also unerlässlich, sodass man zu der Fragestellung gelangt, inwieweit die Frauenbilder für diesen Handlungsverlauf eine wichtige Rolle spielen. Damit wird auch das Thema der folgenden Arbeit klar, da untersucht werden soll, inwieweit die Frauenbilder von Kriemhild und Brünhild im Zusammenhang mit dem Brautwerbungsschema und der Erzählung selbst von Bedeutung sind. Es soll zunächst auf das allgemeine Bild und die Rolle der Frau im Mittelalter eingegangen werden, sodass ein Vergleich zwischen der literarischen Frau und der Realität geschaffen werden kann. Anschließend werden die Figuren Kriemhild und Brünhild charakterisiert und in ihren Merkmalen beschrieben. Das letzte Kapitel wird sich mit der Brautwerbung und der daraus resultierenden Handlung beider Frauen beschäftigen.
2. Das Frauenbild im Mittelalter
2.1 Die Rolle der Frau
Das Leben einer Frau im Mittelalter war von Heteronomie geprägt. Der so genannte munt, so nannte sich der Vormund der Frau, entschied über Eheschließung, das Vermögen, rechtliche Gelegenheiten usw.. Als Kind und vor der Ehe übernahmen diese Herrschaftsgewalt die Eltern, bzw. der Vater. Sollte es zu einem frühzeitigen Ableben dieser kommen, so überträgt sich die Vormundschaft auf den ältesten Sohn (wie es auch bei Kriemhild) der Fall ist. Kommt es zu einer Eheschließung, so wird der Ehemann zum munt. (Rummel, 1987, 50)
Auch hatten Frauen bei einer Verwitwung keinen Anspruch auf den Besitz des Mannes. Ihre einzigen Aufgaben und Funktionen spiegelten sich im Haushalt und dem Gebären und Versorgen der gemeinsamen Kinder wider. Die Unterdrückung der Frau als autonome Person darf allerdings nicht mit Missachtung gegenüber dem Geschlecht verstanden werden. Im Mittelalter wurde davon ausgegangen, dass Frauen evolutionär „schwächer“ sind als Männer und daher vom Schutz dieser abhängig sind. Außerdem wurde sich dabei auf die Geschichte der Schöpfung bezogen, bei der die Frau nur als Hilfe für den Mann geschaffen wurde. (Bumke 2005, 455) Bereits bei der frühen Erziehung wurde darauf geachtet, dass Frauen die idealen Merkmale wie Unterwerfung, Schamhaftigkeit etc. aufweisen konnten, damit sie diese später in der Ehe richtig anzuwenden wussten. Bei der Missachtung bestimmter Regeln, wie beispielsweise das Reden ohne Erlaubnis des Mannes oder das Streiten stand es dem munt frei, von seinem Züchtigungsrecht Gebrauch zu machen, bzw. war dies Voraussetzung und wurde erwartet.
2.2 Die Ehe
Wie auch in jedem anderen Lebensbereich hatte die Frau bei der Wahl ihres zukünftigen Ehegatten und in der Ehe selbst keine Entscheidungsfreiheit. Eheschließungen waren, besonders beim Adel, politischer Motivation. Dabei wurde durch die Ehe nicht nur ein Bündnis zwischen den Eheleuten selbst, sondern auch zwischen den Familien geschaffen. Dies hatte vor allem den Hintergrund, dass zukünftige Konflikte und mögliche Verfeindungen und/oder Kriege verhindert werden sollten. Solche Arrangements wurden häufig bei Verhandlungen über die Frau vereinbart, sodass die Frau selbst dabei eher die Rolle eines Objektes einnahm, als die eines Individuums. Das die Bedürfnisse und Ansichten der Frau kein Gewicht hatten wurde auch dadurch klar, dass weder Altersunterschied oder möglicher Inzest Einfluss auf die Entscheidung nahmen. Liebe oder gegenseitige Sympathie war keine Voraussetzung und entsprechend ungewöhnlich. Genau diese Tatsache macht auch die Ehe zwischen Sigfried und Kriemhild im Nibelungenlied zu etwas Besonderem, während Brunhild sich in der Ehe mit Gunther nur ihrem Schicksal beugt. Allerdings sei hier darauf verwiesen, dass die Ehe zwischen Siegfried und Kriemhild von dem Erfolg der Eheschließung von Brunhild und Gunther abhängt, wodurch die Handlungsstruktur erst beeinflusst wird, aber dazu in einem späteren Kapitel mehr.
Bei den Verhandlungen über eine Frau im Zusammenhang einer möglichen Ehe wurde diese stets in ein gutes Licht gerückt. Besonders im Vordergrund standen dabei die positiven Merkmale wie Manieren, Tugendhaftigkeit und Demut. Eine weitere Voraussetzung war die Jungfräulichkeit der Frau, da Unzucht erst mit dem Eingang in die Ehe und der daraus erwünschten Fortpflanzung legitimiert. Die Eheschließung wurde damit legitimiert, dass das Paar in der Hochzeitsnacht, unter Zeugen, miteinander schlief. Daher achteten die Eltern besonders darauf, dass ihre Töchter keine Möglichkeiten zur frühzeitigen Entjungferung entwickeln konnten. Sollte es doch der Fall gewesen sein, so wurde nicht nur die Frau selbst, sondern die gesamte Familie mit Missachtung durch die Gesellschaft gestraft. (Bumke 2005, 454) Im (heutigen) Widerspruch dazu steht die Tatsache, dass es dem Mann freistand, auch neben seiner Ehefrau mit anderen Frauen zu schlafen.
Wie zuvor erwähnt galten in der Ehe viele Regeln für die Frau. So durfte sie nicht unerlaubt sprechen, sie durfte nicht fluchen, streiten und wenn ihr das Wort zugeteilt wurde, dann durfte es nur das Nötigste sein. Dem Mann stand es bei Missachtung der Regeln zu, sein Züchtigungsrecht in Anspruch zu nehmen, wodurch Fehlverhalten in der Ehe immer mit Bestrafung einherging. Auch gegenüber den Kindern, so lange der Ehemann eben deren munt war, durfte er das Züchtigungsrecht anwenden. (Rummel 1997, 160) Neben den genannten Aufgaben galt die Frau allerdings auch als Statussymbol. Häufig wurde vermieden, dass der Mann eine ihm in der Standesgesellschaft unterordnete Frau heiratete, da diesem dann automatisch auch der mindere Status zugeschrieben wurde. Es kommt also ausreichend zur Geltung, dass die Ehe für eine Frau durch Heteronomie und Passivität ausgezeichnet war.
Betrachtet man daraufhin die dargestellte Brautwerbung und die daraus entstandenen Ehen im Nibelungenlied wird schnell klar, dass diese in einigen Bereichen von der damaligen Realität abweichen. Vor allem Brünhild, die scheinbar ihren eigenen munt darstellt, hätte es so im Mittelalter nicht geben können.
3. Die Frauenbilder
3.1 Die Figur Kriemhild
Kriemhild ist die Tochter des verstorbenen Burgundenkönigs und lebt mit ihren drei Brüdern Gunther, Gernot und Giselher, sowie ihrer Mutter Ute, zusammen in Worms. Ihre Figur stellt das literarische Idealbild einer höfischen Dame dar, bei ihrem ersten Auftritt wird sie besonders durch ihre Schönheit charakterisiert:
Ez wuohs in Burgonden ein vil edel magedin, daz in allen landen niht schreners möhte sin, Kriemhilt geheizen. si wart ein schrene wip.
dar umbe muosen degene vil Verliesen den lïp. (1)
Ihr Idealbild wird außerdem noch durch weitere Eigenschaften untermauert: im Haushalt scheint sie sich produktiv einzubringen und ihr Hobby, das Nähen, entspricht auch einer femininen Tätigkeit. Des Weiteren agiert sie ihren Brüdern gegenüber unterworfen, was sich durch verschiedene Interaktionen mit Gunther (der ihre Vormundschaft besitzt) herauskristallisiert. So grüßt sie Siegfried nicht, bevor Gunther sie dazu auffordert und auch den durch Gunther gefassten Beschluss, dass sie Siegfried heiratet, nimmt sie hin. Sie agiert damit wie eine von der Gesellschaft erwarteten höfische Dame. Bereits viele Männer hatten vergeblich um ihre Hand angehalten, bis sie schlussendlich der Minne absagt, da ein Traum sie Unheil vorausahnen lässt.
der minnechlichen meide trivten wol gezam
ir mvoten chvene recken niemen was ir gram (2)
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äne recken minne, so wil ich immer sin
svs scoen ich wil beliben vnz an minen tot
daz ich von mannes minne sol gewinnen nimmer no (13)
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