Wofür der TEACCH-Ansatz steht, was dieser beinhaltet und vor allem wie er praktisch im Rahmen der Frühförderung von Kindern mit Autismus-Spektrum-Störung angewendet werden kann, soll in der Arbeit geklärt werden.
Nicht jedoch ohne vorher genau zu definieren, worum es sich bei Autismus-Spektrum-Störungen handelt, welche Auswirkungen diese mit sich bringen und welche speziellen Anforderungen somit an Frühförderung und dort tätige Fachkräfte gestellt werden.
Besteht bei Kindern der Verdacht auf die Diagnose Autismus-Spektrum-Störung, oder wurde diese sogar schon gestellt, sind Frühförderstellen oftmals erste Anlaufstellen für Beratung und natürlich Förderung der Kinder. Das ist auch gut so, denn frühe und gezielte Förderung ist die beste Grundlage für ein Kind, um sein Potential zu entfalten. Sie sind darauf angewiesen, dass Erwachsene, also meist Eltern und Fachkräfte, die von ihnen chaotisch erlebte Umwelt für sie strukturieren und Sicherheit vermitteln. Ein umfassender Ansatz, der dazu entwickelt wurde, genau das zu ermöglichen, ist der TEACCH-Ansatz.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1 Autismus-Spektrum-Störung
1.1 Definition
1.2 Symptomatik Autistischer Störungen im Kindesalter
1.2.1 Soziale Interaktion
1.2.2 Kommunikation
1.2.3 Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten
2 Autismusspezifische Frühförderung
2.1 Was ist Frühförderung
2.2 Aus der Symptomatik resultierende Anforderungen an Frühförderung
3 Theoretische Grundlagen des TEACCH–Ansatzes
3.1 Definition
3.2 Prinzipien
3.3 Structured TEACCHing
4 Umsetzung des TEACCH-Ansatzes im Rahmen der Frühförderung
4.1 Strukturierung und Visualisierung in der Praxis
4.1.1 Strukturierung des Raumes
4.1.2 Strukturierung der Zeit
4.1.3 Arbeitsorganisation, Aufgabenpläne und Systeme zur selbstständigen Beschäftigung
4.1.4 Gestaltung von Material und Strukturierung von Tätigkeiten
4.1.5 Routinen
4.2 Potential und Grenzen
Fazit
Literaturverzeichnis
Einleitung
„Autismus ist nicht etwas, das eine Person hat oder eine „Glaskugel“, in der eine Person gefangen ist. Es gibt kein normales Kind hinter dem Autismus. Autismus ist eine Art zu sein. Er ist tiefgreifend; er färbt jede Erfahrung, jede Wahrnehmung jeden Gedanken, jedes Gefühl und jede Begegnung, jeden Aspekt des Daseins.“ (Sinclair 1993). Dieses Zitat zeigt, wie umfassend sich Autismus auf das Leben Betroffener auswirkt. Umso wichtiger ist eine Förderung, die die Bedürfnisse und besonderen Anforderungen von Menschen mit Autismus berücksichtigt. Besteht bei Kindern der Verdacht auf die Diagnose Autismus-Spektrum-Störung, oder wurde diese sogar schon gestellt, sind Frühförderstellen oftmals erste Anlaufstellen für Beratung und natürlich Förderung der Kinder. Das ist auch gut so, denn frühe und gezielte Förderung ist die beste Grundlage für ein Kind, um sein Potential zu entfalten (vgl. Enders; Nieß, S. 309). Sie sind darauf angewiesen, dass Erwachsene, also meist Eltern und Fachkräfte, die von ihnen chaotisch erlebte Umwelt für sie strukturieren und Sicherheit vermitteln (vgl. Enders; Nieß, S. 309). Ein Umfassender Ansatz, der dazu entwickelt wurde, genau das zu ermöglichen, ist der TEACCH-Ansatz. Wofür er steht, was dieser beinhaltet und vor allem wie er praktisch im Rahmen der Frühförderung von Kindern mit Autismus-Spektrum-Störung angewendet werden kann, soll in der hier vorliegenden Arbeit geklärt werden. Nicht jedoch ohne vorher genau zu definieren, worum es sich bei Autismus-Spektrum-Störungen handelt, welche Auswirkungen diese mit sich bringen und welche speziellen Anforderungen somit an Frühförderung und dort tätige Fachkräfte gestellt werden. Natürlich könnte dieses Thema noch viel umfassender behandelt werden, doch soll es sich hierbei um eine Überblicksarbeit mit einigen praktischen Anregungen handeln. Abschließend sei erwähnt, dass wie jedes Kind, natürlich auch jedes einzelne Kind mit Autismus einzigartig ist und eine individuelle Persönlichkeit sowie Ausprägung seiner Autismus-Spektrum-Störung aufweist, womit wiederum individuelle Bedürfnisse einhergehen. Das sollte bei diesem Thema immer bedacht werden. Trotzdem gibt es genug Ähnlichkeiten im Verhalten und darin, wie ihr Gehirn funktioniert, um typische Besonderheiten zu erkennen und damit eine eigene diagnostische Gruppe gebildet werden konnte (vgl. Häußler 2016, S. 33). Auf diese Gemeinsamkeiten und typischen Muster bezieht sich diese Arbeit, ohne damit stigmatisieren zu wollen.
1 Autismus-Spektrum-Störung
1.1 Definition
Grundlegend für alle folgenden Überlegungen ist die Klärung des Begriffes Autismus-Spektrum-Störung. Das Wort Autismus selbst wird abgeleitet von den zwei griechischen Worten „autos“ (dt. selbst) und „ismos“ (dt. Zustand/Orientierung). Diesen Terminus nutzten 1943 und 1944 Leo Kanner und Hans Asperger unabhängig voneinander, um Kinder mit ausgeprägter Störung im Sozialkontakt und mit extremer Selbstbezogenheit zu bezeichnen. Der Begriff, aber auch was darunter verstanden wird, hat sich im Laufe der Jahre stark weiterentwickelt, doch bis heute hat sich keine exakte Definition formulieren lassen (vgl. Kuhles 2007, S. 12 f.). Klar ist jedoch, dass Autismus zu den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen gehört (vgl. Häußler 2002, S.131). Das bedeutet, dass es sich um eine umfassende, lebenslange Störung handelt, die vermutlich schon vorgeburtlich, aber auf jeden Fall sehr früh beginnt. Die Ursachen sind dabei aller Wahrscheinlichkeit nach, biologischer Art (vgl. Nußbeck 2008, S. 16). Laut ICD-10 werden Autismus-Spektrum-Störungen durch drei zentrale Kriterien definiert. Qualitative Einschränkungen der sozialen Interaktion, qualitative Einschränkungen in der Kommunikation und eingeschränkte, stereotype Interessen, Verhaltensmuster und Aktivitäten (vgl. Sarimski 2017, S. 196). Trotzdem gibt es nicht „den“ Autismus (vgl. Matzies 2010, S. 12). Stattdessen gibt es zahlreiche Variationen und Ausprägungen autistischer Störungsbilder mit unterschiedlichen Mustern von möglichen Symptomen. Bei diesen unterschiedlichen Erscheinungsbildern, die alle unter dieselbe Diagnose fallen, spricht man von einem Spektrum (vgl. Kuhles 2007, S. 15). Daher die Bezeichnung Autismus-Spektrum-Störung. Treffen alle drei genannten Kriterien zu, kann frühkindlicher Autismus diagnostiziert werden. Ist das nicht der Fall, oder ist die Ausprägung schwächer, liegt atypischer Autismus vor. Eine weitere Ausprägung des Spektrums ist das Asperger-Syndrom, was dann diagnostiziert wird, wenn Probleme bei der sozialen Interaktion und stereotype, repetitive Verhaltensweisen sowie Spezialinteressen vorliegen, die Intelligenz, Wortschatz und Satzbildungen aber im Wesentlichen nicht eingeschränkt sind (vgl. Sarimski 2017, S. 196).
1.2 Symptomatik Autistischer Störungen im Kindesalter
1.2.1 Soziale Interaktion
Schon in den ersten Lebensmonaten fällt bei viele Kindern mit Autimus-Spektrum-Störung ein Mangel an sozialem Interesse auf. Denn sie nehmen weniger sozialen Kontakt auf und gehen wenig auf einfache soziale Dialoge, wie Blickkontakt, Mimik oder Gestik ein. Nach und nach werden diese Auffälligkeiten markanter, da auch höhere Erwartungen an das Kind gerichtet werden (vgl. Voigt 2020, S. 29). Eine klare Ausprägung der sozialen Fähigkeiten zeigt sich aber oft erst in der Altersspanne zwischen 18 und 24 Monaten (vgl. Voigt 2020, S. 30). Die stärkste Ausprägung der Symptome wird oft im Vorschulalter aufgewiesen (vgl. Amorosa 2017, S. 62). Generell äußert sich die soziale Beeinträchtigung in drei unterschiedlichen Bereichen. In sozialen Beziehungen, in der sozialen Kommunikation und im sozialen Verständnis und der Vorstellungskraft (vgl. Kuhles 2007, S. 35). Im Folgenden werden, einige Beispiele aufgezählt, wie sich diese „Triade“ äußern kann. Die Kinder weichen weiterhin dem Blickkontakt aus oder gehen ihn nur kurz ein. Wenn ein Elternteil in den Raum kommt oder sie gerufen werden, reagieren sie nicht darauf. Durch Körperkontakt, Reden oder Füttern lassen sie sich kaum beruhigen. Interaktionsspiele sind eher uninteressant. Die meisten autistischen Kinder zeigen kein Interesse an anderen Kindern. Stattdessen ziehen sie sich zurück oder werden aggressiv (vgl. Amorosa 2017, S. 63). Sie sind eher uninteressiert an dem, was andere tun. Bewegungen der Eltern werden selten imitiert und interessante Gegenstände werden den Eltern nicht gebracht, um diese teilhaben zu lassen (vgl. Kuhles 2007, S. 36). Um Zuneigung oder Trost zu erhalten, werden seltener Personen aufgesucht. In Wechselwirkung dazu wird auch anderen Personen kein Trost gespendet oder auf Gefühlszustände reagiert. Denn sie sind nur begrenzt in der Lage, sich in andere Menschen hineinzuversetzen (vgl. Kuhles 207, S. 39).
1.2.2 Kommunikation
Die sprachliche Entwicklung ist bei vielen Kindern stark verzögert (vgl. Amorosa 2017, S. 64). Bei etwa der Hälfte aller Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung bleiben die sprachlichen Einschränkungen so stak, dass keine zur Kommunikation ausreichende Sprache entsteht. Die übrigen zeigen oft Auffälligkeiten wie Echolalien, also wortwörtliche, manchmal verzögerte Wiederholungen von Äußerungen. Auch Wortneuschöpfung, ungewöhnliche Ableitung oder Pronominalumkehr, also Verwechslung von Ich und Du oder das Sprechen von sich selbst in der dritten Person ist typisch (vgl. Nußbeck 2008, S. 19). Autistische Kinder nutzen selten Gestik, Mimik oder Körpersprache zur Kommunikation. Außerdem fehlt ihnen der Überblick, um selektiv wahrzunehmen, zu vergleichen und zu bewerten. Um von der Reizvielfalt der Umwelt nicht überflutet zu werden, haben sie ein sehr eingeschränktes Wahrnehmungsfeld, was sich sehr genau auf bestimmte Details konzentriert. Dabei wird mehr Zeit benötigt, um Reize zu verarbeiten, weshalb Reaktionen häufig verzögert erfolgen. Es fällt Kindern mit Autismus schwer, gleichzeitig auf mehrere Reize zu achten (vgl. Kuhles 2007, S. 41). Sie nehmen alles wörtlich und verstehen Ironie und Wortspiele nur sehr schwer (vgl. Nußbeck 2008, S. 19). Eine Unterscheidung bei der Sprachentwicklung ist bei Kindern mit dem Aperger-Syndrom vorzunehmen. In diesem Fall ist diese unauffälliger. Sie lernen schon früh schwere Wörter und Texte auswendig. Sprechen aber oft sehr monoton, pedantisch und wenig altersgemäß (vgl. Amorosa 2017, S. 64). Sie reden oft ausdauernd und detailliert von ihren Spezialinteressen und merken dabei nicht, wenn ihr Gegenüber gelangweilt ist (vgl. Nußbeck 2008, S. 19).
1.2.3 Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten
Ein weiteres wichtiges Merkmal sind die eingeschränkten, stereotypen Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten von Kindern mit Autismus-Spektrum-Störung (vgl. Sarimski 2017, S. 196). Durch gleichförmige Bewegungen wie Beispielsweise dem Wedeln mit den Händen, exzessivem Körperschaukeln, Hüpfen, Drehen von beweglichen Teilen, Händeklatschen (vgl. Kuhles 2007, S. 46) oder dem Spielen in Form von stundenlangem zählen und sortieren der Gegenstände (vgl. Kuhles 2007, S. 38) stimulieren sich die Kinder selbst (vgl. Amorosa 2017, S. 64). Ebenso könnte es sich um Verhaltensweisen handeln, die genutzt werden, um Erholung zu finden (vgl. Kuhles 2007, S. 46). In vielen Fällen werden des Weiteren eigentümliche Essgewohnheiten entwickelt. Sie nehmen nur bestimmte Nahrungsmittel zu sich oder ertragen zum Beispiel nicht, wenn sich Speisen auf dem Teller vermischen (vgl. Nußbeck 2008, S. 18). Einige Kinder entwickeln auch eine enge Bindung an bestimmte Objekte, die sie immer mit sich führen müssen oder bestimmte Bewegungsarten wie eine Gangart auf Zehenspitzen. Häufig treten auch sprachlich repetitive Verhaltensweisen, wie unablässiges Fragen oder Wiederholen eines bestimmten Satzes, sowie Zwänge in Form von Routinen und Ritualen auf. Änderungen dieser gewohnten Abläufe können nur sehr schwer ertragen werden (vgl. Kuhles 2007, S. 46f.) und führen zu heftigen Erregungsausbrüchen die Stunden andauern können (vgl. Amorosa 2017, S. 65). Charakteristisch sind auch sogenannte Spezialinteressen. Es handelt sich dabei um ein besonderes Interesse bezüglichen eines eingeschränkten, stark umschriebenen, engen Bereiches, über den Betroffene ein überaus großes Wissen sammeln und mit denen sie sich die meiste Zeit des Tages beschäftigen (vgl. Amorosa 2017, S. 65).
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