Das Thema dieser Arbeit lautet „Wechselseitige Objektifizierung bei Sartre und der Begriff des Anderen“. Zunächst wird der Inhalt von Sartres Dialektik des Für-Andere in seinen Hauptthesen mit dem jeweiligen Argumentationsgang vorgestellt und dann auf den Wahrheitsgehalt und die Logik analysiert. Als Kernfrage habe ich mir dabei herausgearbeitet, was der Andere für das Bewusstsein bei Sartre bedeutet. Was bedeutet Bewusstsein bei Sartre überhaupt? Weshalb nehme ich den Anderen nicht als Objekt wahr? Diese Aspekte und andere mit der Kernfrage in Verbindung stehende, werde ich im letzten Teil dieser Arbeit, der Diskussion, explizit herausarbeiten und beantworten. Abschließend komme ich zu einem Fazit, in der meine Meinung zu Sartres Dialektik zum Vorschein kommt und ich ein Resümee der Arbeit ziehe.
Inhalt
1. Einleitung
2. Hinführung
3. Textdarstellung Sartres Dialektik des Für-Andere
3.1 Die Bedeutung des Anderen für das Bewusstsein
3.2 Der Blick des Anderen
3.3 Die Entfremdung des Ich durch Andere
4. Textanalyse
5. Diskussion der Argumente
5.1 Begriffsklärung Bewusstsein
5.2 Der Blick
5.3 Entfremdung
6. Fazit
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Das Thema dieser Arbeit lautet „Wechselseitige Objektifizierung bei Sartre und der Begriff des Anderen“. Zunächst wird der Inhalt von Sartres Dialektik des Für-Andere in seinen Hauptthesen mit dem jeweiligen Argumentationsgang vorgestellt und dann auf den Wahrheitsgehalt und die Logik analysiert. Als Kernfrage habe ich mir dabei herausgearbeitet, was der Andere für das Bewusstsein bei Sartre bedeutet. Was bedeutet Bewusstsein bei Sartre überhaupt? Weshalb nehme ich den Anderen nicht als Objekt wahr? Diese Aspekte und andere mit der Kernfrage in Verbindung stehende, werde ich im letzten Teil dieser Arbeit, der Diskussion, explizit herausarbeiten und beantworten. Abschließend komme ich zu einem Fazit, in der meine Meinung zu Sartres Dialektik zum Vorschein kommt und ich ein Resümee der Arbeit ziehe.
2. Hinführung
Sartre möchte in seinem Werk die Frage beantworten wie sicher wir uns in der Existenz von Anderen sein können. Er hat dazu eine phänomenologische Herangehensweise angewandt.1 Sartres Argumentationsstruktur beruht stark auf der Phänomenologie Edmund Husserls, beide beruhen auf der Intentionalität. Husserl beschränke sich jedoch auf die Beschreibung der Erscheinungen und sei deshalb nach Sartres Auffassung zu früh stehen geblieben.2 Er verdiene es somit „‘eher Phänomenist als Phänomenologe‘ genannt zu werden“3. Heidegger oder Merleau-Ponty vertreten eine horizontale Art der Intersubjektivität. Dagegen „setzt Sartre eine vertikale Radikalisierung des Verhaltens zum Anderen, indem er die Trennung zwischen Subjekt und Anderem herausarbeitet“4. So habe er die radikale, emotionale Entwurzelung mit dem Anderen gekennzeichnet und damit gleichzeitig eine neuartige Theorie der Alterität entwickelt.
3. Textdarstellung Sartres Dialektik des Für-Andere
Im Folgenden werde ich eine Textanalyse Sartres Dialektik des Für-Andere vornehmen. Ich werde in diesem Abschnitt auf einzelne Zitatverweise verzichten, da er sich lediglich auf das Kapitel „Radikale Alterität“ aus Thomas Bedorfs Buch „Andere“ bezieht. Auf wortwörtlich übernommene Stellen verweise ich jedoch in den Fußnoten.
3.1 Die Bedeutung des Anderen für das Bewusstsein
Sartre hat seine Philosophie Dualismus genannt, da er scharf zwischen zwei Seins-Formen, dem An-sich-sein und dem Für-sich-sein unterscheidet. Er denkt damit Hegels Herr- und Knechtmotiv weiter, ersetzt sie lediglich durch andere Begriffe. Das An-sich beschreibt er als ein Sein ohne Selbstbezug, das ist, was es ist.
Das Für-sich ist nach Sartre das Bewusstsein im Verhältnis zu Welt. Sartre vertritt die These, dass es „ist, was es nicht ist und nicht ist, was es ist“.5
Er stützt den zweiten Teil seiner These, dass das Bewusstsein nicht ist, was es ist, indem er zunächst darauf verweist, dass das Bewusstsein ganz von seiner Wahrnehmung erfüllt sei, wenn es etwas wahrnehme, es sei das, was es wahrnehme selbst. Die zweite Prämisse lautet, dass sich das Wahrgenommene jedoch von dem Bewusstsein unterscheiden müsse, da es sonst das Wahrgenommene selbst wäre. Daraus folgt logisch, dass das Bewusstsein, also das Für-sich, nicht das ist, was es ist. Es begründet sich aus der Abgrenzung gegenüber dem An-sich, besitzt also eine nichtende Existenz. Sartre hat den Wahrheitsgehalt des zweiten Teils seiner These somit erfolgreich bestätigt.
Der zweite Teil seiner Argumentation bezieht sich auf den ersten Teil der These des Bewusstseins, nämlich, dass das Bewusstsein das ist, was es nicht ist. Dies beweist Sartre, indem er zunächst darauf aufmerksam macht, dass sich das Bewusstsein zur Welt verhält. Seine zweite Prämisse ist, dass ein Bewusstsein ohne Wahrnehmung leer wäre, also kein Bewusstsein. Die dritte Prämisse Sartres ist, dass ein leeres Bewusstsein keinen Bezug zur Welt habe. Daraus lässt sich die einzig logische Konklusion ziehen, dass das Bewusstsein immer auch das ist, was es nicht ist, also die Dinge, von denen es Wahrnehmungen hat. Es transzendiert sich damit selbst, es ist über sich hinaus.
Das Für-sich ist gänzlich frei und wird von keinen materiellen Bedingungen eingeschränkt beschreibt eine weitere These Sartres. Diese stützt er durch die folgenden Prämissen: Das Für-sich besteht in Negation der Dingwelt des An-sichs, Das Für-sich hat keine Fundierung außer seiner selbst. Die Konklusion ist somit, dass das Für-sich von keinen materiellen Bedingungen eingeschränkt wird, das Für-sich ist gänzlich frei und durch reine Selbstbestimmung ausgezeichnet.
Sartres nächste These ist, dass das Bewusstsein nicht vollständig erfasst ist, wenn das Für-sich-Sein nach dem Maß der Erkenntnis bemessen wird. Dies stützt er indem er sagt, dass sich affektive Bewusstseinsmodi, wie etwa die Scham, nicht ohne wirksame Existenz Anderer verstehen lassen. Bei Hegel fehle eine gemeinsame Ebene zwischen dem Ich und dem Anderen. Die Vergegenständlichung des Knechts durch den Herrn hinterlasse ein Objekt, das könne den Herrn allerdings nicht zum Objekt machen, dies mache die Philosophie Hegels unvollständig. Die wirksame Existenz Anderer müsse also bewiesen werden, damit das Bewusstsein vollständig erfasst sei. Daraus erschließt Sartre die Konklusion, dass der Bezug zu Anderen zunächst fundamental und eine Beziehung von Sein zu Sein und nicht von Erkenntnis zu Erkenntnis ist.
Eine weitere These Sartres ist, dass die Begegnung mit dem Anderen, den Anderen nicht als Gegenstand thematisieren kann, sondern zeigen muss, wie er als Subjekt erfahren werden kann. Diese belegt er durch Kritik an Heideggers Mitsein. Das Mitsein Heideggers erfüllt Sartres Anspruch an eine Beziehung von Sein zu Sein, was die erste Prämisse darstellt. Die zweite Prämisse Sartres ist, dass der Andere keine transzendentale Struktur sein darf, sondern Faktizität sein muss, die für sich selbst erfahrbar ist. Das Bewusstsein müsse mit der Erfahrung des Anderen verknüpft sein, ohne dass der Andere einem äußerlich sein dürfe. Das Mitsein ist nach Sartre zwar eine existenziale Kategorie, erkläre aber das Verhältnis eines Bewusstseins zu dem Anderen noch nicht, was die Gefahr des Idealismus‘ ausmacht. Die zuvor genannte These folgt somit logisch aus den genannten Prämissen.
3.2 Der Blick des Anderen
Sartre beginnt seine Theorie des Blickes mit dem Ansatz, dass der Andere mich von einem Subjekt-Ich zu einem Objekt-Ich macht. Dies stützt er durch die folgenden Prämissen: Tritt der Andere in meinem Blickfeld auf, wird er ein Gegenstand, ein Objekt meiner wahrgenommenen Welt; Durch den Blick des Anderen wird der Andere von einem Objekt-Anderen zu einem Subjekt-Anderen, das fähig ist sich intentional auf die Welt zu beziehen; Bezieht der Andere sich als Subjekt-Anderer auf das Ich, wird das Ich als Gegenstand wahrgenommen. Daraus lasse sich schlussfolgern, dass das Ich von einem Subjekt-Ich zu einem Objekt-Ich gemacht wurde. Die Welt erscheine als eine Welt, die im gleichen Maß dem Anderen gehöre. Sie sei also nicht mehr nur die Welt des Ichs, sobald der Andere eintrete. Der Andere sei ein Gegenstand, der dem Ich die Welt gestohlen habe. Sobald die Welt auf den Anderen gerichtet sei, entgehe sie dem Ich.
[...]
1 Vgl. Honneth, Alex (2003): Die Gleichursprünglichkeit von Anerkennung und Verdinglichung. Zu Sartres Theorie der Intersubjektivität, in: Sarte, Jean-Paul: Das Sein und das Nichts, S.135
2 Vgl. Bedorf, Thomas (2011): Andere. Eine Einführung in die Sozialphilosophie, S.149
3 Ebd., S.149
4 Ebd., S.149
5 Bedorf, Thomas (2011): Andere. Eine Einführung in die Sozialphilosophie, S.150