In dieser Arbeit wird der historische Bänkelsang erläutert, dem die Ballade "Der Tantenmörder" zugrunde liegt. Weitergehend wird der Weg oder die Beweggründe Wedekinds beschrieben, seine Ballade "Der Tantenmörder" als Kabarettballade untersucht. Außerdem werden Interpretationsansätze zur Ballade wiedergegeben.
Inhalt
1. Einleitung
2. Der historische Bänkelsang
3. Wedekinds Weg zum Kabarett
4. Der Tantenmörder als Kabarettballade
5. Interpretationsansätze
6. Fazit
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Der in Hannover geborene Benjamin Franklin Wedekind war zu seinen Lebzeiten als Dramatiker, Lyriker, Bänkelsänger, Regisseur und Schauspieler tätig. Bis zu seinem Tod am 09. März 1918 fanden insbesondere seine Bänkellieder in der satirischen Wochenzeitschrift ,,Simplicissmus“ großen Anklang. Außerdem gehört er zu den Mitbegründern des ersten deutschen Kabaretts in München.
In der vorliegenden Arbeit möchte ich auf seine literarische Arbeit als Kabarettist eingehen. Der Bänkelsang ,,Der Tantenmörder“, veröffentlicht im Jahre 1897, wird als Beispiel herangezogen.
In literaturwissenschaftlicher Betrachtung steht meist der Text im Vordergrund. Die Wirkung des Bänkelsangs zieht er jedoch aus seiner Art der Präsentation. Aufgrund dessen ist es unmöglich, ihn unabhängig von der Darbietungs- und Erscheinungsform zu betrachten.1 Diese Hausarbeit bietet keine Inhaltsangabe zur Ballade und es wird auch auf eine Autorenbiographie verzichtet. Stattdessen wird der historische Bänkelsang erläutert, dem die Ballade des Tantenmörders zugrunde liegt. Weitergehend wird der Weg oder die Beweggründe Wedekinds beschrieben, seine Ballade ,,Der Tantenmörder“ als Kabarettballade untersucht. Außerdem werden Interpretationsansätze zur Ballade wiedergegeben. Abschließend sollen die Erkenntnisse in einem Fazit festgehalten werden.
2. Der historische Bänkelsang
Der Bänkelsang ist nicht ausschließlich ein rein literarisches Phänomen. Stattdessen setzt er sich aus den Komponenten Text, Bild und Ton zusammen.
,,Als Bänkelsänger bezeichnet man eine Gruppe von Schaustellern, die auf Jahrmärkten, Messen, aber auch unabhängig von solchen Gelegenheiten, in Wort und Bild Ereignisse darstellen und mit Musikbegleitung vortragen, um das Publikum zum Kauf von Druckerzeugnissen anzuregen.“2
Zu der Ausstattung eines Bänkelsängers gehört die Bank, auf der er steht, um über der Menge zu stehen. Außerdem verfügt er über ein Schild, welches seine Geschichte in Episoden unterteilt, darstellt und einen Stab, mit dem er auf die genannten Episoden zeigt. Zum Vortrag des Bänkelsängers gehört auch die Musikbegleitung, die die Aufmerksamkeit von potenziellen Kunden auf seine Darbietung zieht. Das Ziel des Bänkelsängers ist es, die Bänkelsängerheftchen, die meist im Oktav-Format gedruckte Texte auf acht Seiten darstellen, zu verkaufen. Im Deutschen werden die Bänkelsänger auch Jahrmarktsänger, Marktsänger, Gassensänger, Avisensänger, Schildersänger, Moritatensänger oder Moritator genannt.
Die Funktion des Bänkelsangs entspringt im Erleben des Einzelnen. Dabei lenken Gerührtheit und Anteilnahme das Empfinden des Publikums in bestimmte Bahnen. Die
Bänkelsängerballaden bezeichnet man als satirische Moritaten.3,,Der literarische Bänkelsang, die grotesk-dichterische Behandlung von Moritaten oder anderen Ereignissen im abenteuerlich-übertreibenden Stil steht neben verschiedenen Arten der eigentlichen Poesie (besonders neben der eigentlichen Ballade und Tendenzdichtung) als ein verwandter halbdichterischer Typus.“4 Frühere Erzeugnisse dieser Art bestanden daraus, dass ein ernstes, grauenvolles Ereignis in Versen besungen wurde. Gemeinsam mit einer auffälligen Bilddarstellung, sollten sie zum Kauf der gedruckten Ausgaben anregen. Durch die späteren Zeitungssänger wurde die Art des Bänkelsangs verändert. Die neue Form des Bänkelsangs unterscheidet sich von der alten Heldenballade, indem sie die Beziehung zur Gegenwart sucht. Dadurch kann sie zur moralischen Lehre der Massen beitragen, da sie eine grauenvolle Darstellung mit einer erheblichen Moral hervorbringt. Ein weiterer Unterscheidungspunkt zwischen der Vorform des Bänkelsangs und der Werke in der Folgezeit ist die Nutzung von Darstellungsmitteln.5,,Der echte Bänkelsang ist ernst gemeint, verfehlt aber dadurch jede dichterische Wirkung.“6 Später wurde erkannt, dass durch eine spielerische Verwendung von Darstellungsmitteln des Bänkelsangs eine eigene dichterische Wirkung erzielt werden kann. Die Gattungen Ballade und Chanson wurden in einigen Zügen von den literarischen Erzeugnissen des Bänkelsangs beeinflusst. Die Werke der Bänkelsänger sind keine
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1 Vgl. Leander Petzoldt: Bänkelsang. Vom historischen Bänkelsang zum literarischen Chanson. Stuttgart. 1974. S.7.
2 Vgl. Leander Petzoldt: Bänkelsang. Vom historischen Bänkelsang zum literarischen Chanson. Stuttgart. 1974. S.1.
3 Vgl. Georg W. Forcht: Die Medialität des Theaters bei Frank Wedekind. Eine medientheoretische Untersuchung über den Einfluss des Bänkelsängers und Schauspielers Frank Wedekind auf sein Werk. Centaurus Verlag & Media UG 2005. S. 1-2.
4 Erwin Sternitzke: Der stilisierte Bänkelsang.Würzburg. 1933. S. 189.
5 Vgl. ebd.
6 Ebd. S. 189.