Was hat dazu geführt, dass aus der Bibelgestalt Salome eine Femme fatale wurde? Zu Beginn dieser Arbeit wird die Figur Salome sowie deren Ursprung näher analysiert und es erfolgt eine kurze Begriffsklärung der Femme fatale. Die Darstellung der historischen Hintergründe soll Aufschluss über mögliche Gründe für die spezifische Ausprägung dieses Frauentypus im ausgehenden 19. Jahrhundert geben. Zudem werden die charakteristischen Züge der Femme fatale am Beispiel von Oscar Wildes Salome aufgezeigt.
Schon immer bestand in der Geschichte eine besondere Faszination für die verhängnisvolle Verbindung von weiblicher Schönheit und Verderben. War es in der Bibel einst Eva, die Adam verführte ebenfalls vom Baum der Erkenntnis zu essen, gab es seit jeher zahlreiche weitere biblische oder mythologische Frauengestalten wie z.B. Helena, Kleopatra oder die Sphinx, die aufgrund ihrer Verführungskünste den Männern zum Verhängnis wurden.
Im ausgehenden 19. Jahrhundert etablierte sich für diesen Frauentypus die Bezeichnung der Femme fatale. Und so schuf auch Oscar Wilde zu dieser Zeit ein Drama, das die aus den Evangelien stammende Figur der Salome aufgriff. In seiner Tragödie stellte er sie, den Eigenschaften einer Femme fatale entsprechend, als verhängnisvolle Frau und dämonische Verführerin dar, die ihre erotische Macht gegenüber den Männern auskostet.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Begriffliche Bestimmungen
2.1 Die Figur Salome
2.2 Die Femme fatale
3 Das 19. Jahrhundert
3.1 Alles im Wandel
3.2 Das Drama im Fin de siècle
3.3 Die Femme fatale im Fin de siècle
4 Oscar Wildes Salome
5 Fazit
6 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Schon immer bestand in der Geschichte eine besondere Faszination für die verhängnisvolle Verbindung von weiblicher Schönheit und Verderben. War es in der Bibel einst Eva, die Adam verführte ebenfalls vom Baum der Erkenntnis zu essen (DEUTSCHE BIBEL GESELLSCHAFT, 2020, Online im Internet), gabes seit jeher zahlreiche weitere biblische oder mythologische Frauengestalten wie z.B. Helena, Kleopatra oder die Sphinx, die aufgrund ihrer Verführungskünste den Männern zum Verhängnis wurden (HILMES, 2003, S.172). Im ausgehenden 19. Jahrhundert etablierte sich für diesen Frauentypus die Bezeichnung der Femme fatale (BLÄNSDORF, 1999, S. 9). Und so schuf auch Oscar Wilde zu dieser Zeit ein Drama, das die aus den Evangelien stammende Figur der Salome aufgriff. In seiner Tragödie stellte er sie, den Eigenschaften einer Femme fatale entsprechend, als verhängnisvolle Frau und dämonische Verführerin dar, die ihre erotische Macht gegenüber den Männern auskostet (HILMES, 2003, S.172). Doch was hat dazu geführt, dass aus der Bibelgestalt Salome eine Femme fatale wurde?
In der vorliegenden Arbeit wird zu Beginn die Figur Salome sowie deren Ursprung näher analysiert und es erfolgt eine kurze Begriffsklärung der Femme fatale. Die Darstellung der historischen Hintergründe soll Aufschluss über mögliche Gründe für die spezifische Ausprägung dieses Frauentypus im ausgehenden 19. Jahrhundert geben. Zum Schluss werden die charakteristischen Züge der Femme fatale am Beispiel von Oscar Wildes Salome aufgezeigt.
2 begriffliche Bestimmungen
2.1 Die Figur Salome
Eine eindeutige Bestimmung der Salome, die zur Familiendynastie des Herodes des Großen gehörte, gestaltet sich aufgrund zahlreicher innerfamiliärer Hochzeiten als schwierig. Der mehrheitlichen Rekonstruktion folgend, ging Salome ca. 10 n. Chr. aus der Verbindung zwischen Herodes Boethos, ein Sohn Herodes des Großen, und der Herodias hervor. Letztere heiratete später Herodes Antipas, den Halbbruder ihres ersten Mannes. So war dieser sowohl der Onkel als auch der Stiefvater von Herodias Tochter. Salome ehelichte nach dem Tod ihres Mannes Philippos, ebenfalls ein Sohn des Herodes des Großen und damit zugleich ihr Onkel, den Bruder ihrer Mutter, Aristobul. Dieser wurde 54 n.Chr. zum König von Kleinarmenien berufen und Salome dadurch ebenfalls zur Königin ernannt. (DEUTSCHE BIBEL GESELLSCHAFT, 2020, Online im Internet)
Der Stoff der Salome fand sich ursprünglich in den Evangelientexten des Markus und Matthäus wieder (WEIDMANN, 2004, S. 158). Diese berichteten zu Beginn von der Wiederauferstehung des Johannes des Täufers, der im Evangelium als Lehrer Jesu galt und das endzeitliche Erscheinen Gottes voraussagte (DEUTSCHE BIBEL GESELLSCHAFT, 2020, Online im Internet). Er wurde im Auftrag Herodes Antipas, Sohn von Herodes des Großen und Tetrarch von Galiläa und Peräa, verhaftet (DEUTSCHE BIBEL GESELLSCHAFT, 2020, Online im Internet). Begründet lag dieses Vorgehen darin, dass Johannes die Ehe mit Herodias kritisierte, da sie ursprünglich die Frau von Herodes Bruder war. Zum Geburtstagsfest des Tetrarchen trat dann Salome auf, die in den Evangelien nur als Tochter der Herodias bezeichnet wurde. Sie tanzte vor der männlichen Tischgesellschaft und Herodes fand darin großes Gefallen. Dies führte letztendlich dazu, dass er Salome versprach, alles haben zu können was sie sich wünscht, „bis zur Hälfte [s]eines Königreiches“ (WILDE, 2000, S. 137). Aus diesem Grund erbat die Tochter der Herodias auf Verlangen ihrer Mutter das Haupt des Täufers. Herodes missfiel dieser Wunsch, da er ihn auf einer gewissen Weise achtete, doch um sein Wort zu halten und sein Gesicht vor den Anwesenden zu wahren, kam er diesem nach und befahl die Enthauptung des Johannes. Daraufhin wurde der Kopf des Täufers auf einer Schale herbeigebracht und von Salome an ihre Mutter übergeben. (DEUTSCHE BIBEL GESELLSCHAFT, 2020, Online im Internet)
Wie bereits erwähnt, wurde Salome in den Evangelien nicht namentlich erwähnt, sondern nur als Tochter der Herodias bezeichnet. Erst durch den jüdischen Historiker Flavius Josephus, der die historischen Sachverhalte dazu recherchierte, wurde der Name Salome fest etabliert. Dieser deckte bei seiner Untersuchung eine mögliche Quelle aus dem zweiten vorchristlichen Jahrhundert für die biblische Erzählung von Salome auf. Dabei erkannte Flavius Josephus eine interessante Stoffnähe zu einer Anekdote von Titus Livius, bei der der Konsul Flaminius einen Gefangenen zur Schaulust seines Geliebten hinrichten ließ. (WEIDMANN, 2004, S. 158) Mit der Zeit näherten sich die Versionen, die die historische Geschichte aufgriffen und ausschmückten, zunehmend den Evangelientexten an, indem z.B. der Tanz integraler Bestandteil wurde (DEUTSCHE BIBEL GESELLSCHAFT, 2020, Online im Internet).
2.2 Die Femme fatale
Der Begriff der Femme fatale bezeichnet eine dämonische Verführerin, die durch ihre sinnliche Ausstrahlung den Männern zum Verhängnis wird und am Ende oftmals selbst zu Tode kommt (HILMES, 2003, S.172). Dabei erscheint sie als übermächtig, weil sich die Männer in einer schwachen Position befinden (HILMES, 1990, S. XIV). Hilmes beschreibt sie als ein Frauentypus, der die Männer lockt und Versprechungen abgibt, sich letztendlich aber derer entzieht (ebd., S. XIII). Eine literarische Darstellung der Femme fatale ohne Einbezug von Männern ist undenkbar (BLÄNSDORF, 1999, S. 9). Im Spannungsfeld von Eros und Macht entwickeln sich Wollust und Grausamkeit, zurück bleiben „blutige Bilder der Liebe“ (ebd., S. 8). Oft wird sie dabei als Rächerin dargestellt. Die Femme fatale betört Männer mit ihrer Schönheit und verheißt Glück durch die Erfüllung des Verlangens nach glühender Liebe. Doch gleichzeitig stellt sie durch ihre erotische Ausstrahlung auch eine Gefahr dar. Sie verkörpert die ewige Verführerin, die sowohl herbeigesehnt als auch gefürchtet wird. So wirkt sie geheimnisvoll wie auch beängstigend zugleich. (ebd., S. 8)
Bei der Femme fatale handelt es sich laut Hilmes (2003) jedoch weniger um ein tatsächlich existierendes weibliches Wesen als vielmehr um eine besonders von Männern erschaffene Vorstellung des Weiblichen (S.172). Die kollektive Fantasie dieses Weiblichkeitstypus findet insbesondere in der europäischen Literatur und Kunst des ausgehenden 19. Jahrhunderts Anwendung. Jedoch tritt das Phänomen der Femme fatale auch in ähnlichen Frauengestalten anderer literarischer Räume und Zeiten auf. So werden für diesen Typus berühmte Vorbilder verwendet wie z.B. die biblische Salome. (BLÄNSDORF, 1999, S. 9) Diese eignet sich besonders gut für die Darstellung der Femme fatale, da sie in den Evangelientexten namentlich nicht genannt wird und eine Leerstelle bildet, die für die literarische Ausgestaltung genutzt wird (PETERSEN, 2008, S. 74f.).
Die antiken Vorbilder haben schon zur damaligen Zeit wichtige Wesenszüge des Weiblichkeitstypus wie die der schicksalhaften, verhängnisvollen Frau inne, wenngleich sie sich jedoch nicht in allen Merkmalen gleichen. Besonders im 19. Jahrhundert treten weitere Charakterzüge der Femme fatale auf wie die ungehemmte Sinnlichkeit, die Möglichkeit der freien Selbstbestimmung, Morbidität, eine gewisse Rätselhaftigkeit sowie eine Dämonie, die sich aus der Verbindung von Instinkt und Kalkül ergibt. (Blänsdorf, 1999, S. 9-11)
An der Art und Weise, wie z.B. die Bibelgestalt Salome in Oscar Wildes Drama aufgegriffen wird, lässt sich das für die vorherrschende Epoche typische gesellschaftliche Bewusstsein erkennen (BLÄNSDORF,1999, S. 13). Dieses soll im nächsten Kapitel näher analysiert werden. In dem Zusammenhang wird auch untersucht, warum der zu betrachtende Frauentypus besonders im ausgehenden 19. Jahrhundert an Popularität gewinnt.
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