Nicht nur Leistungssportler rutschen schnell in die Schiene einer Essstörung, sondern auch Jugendliche, die eine Sportart mit hohem Risikopotential für ein gestörtes Essverhalten betreiben. Zu ihnen zählen ästhetische, gewichtsabhängige und Ausdauer-Sportarten. Die Arbeit konzentriert sich speziell auf jugendliche Mädchen und Frauen im Alter von 11 bis 19 Jahren, da diese bereits als Kinder einen großen Druck bezüglich ihrer körperlichen Attraktivität verspüren.
Insbesondere auffällig ist dabei das vermehrte Auftreten von Essstörungen in ästhetischen Sportarten wie Ballett, Eiskunstlauf, Synchronschwimmen oder Kunstturnen, bei denen meist eine Gewichtsreduktion für den sportlichen Erfolg notwendig ist oder vorausgesetzt wird.
Bezüglich des Rahmenthemas „Sport und Gesundheit“ soll der Fokus darauf gelegt werden, welche gesundheitlichen Konsequenzen und Schäden sich für die jugendlichen Mädchen ergeben, wenn diese sich für den von ihnen betriebenen Leistungssport runterhungern.
Inhaltsverzeichnis
Glossar
1 Einleitung
2 Definition ästhetischer Sportarten
3 Definition von „Essstörungen“
3.1 Reduktion auf die zwei häufigsten Erscheinungsformen
3.1.1 Anorexia nervosa (Magersucht)
3.1.2 Bulimia nervosa (Ess-Brech-Sucht)
4 Anorexia athletica (Sportbezogene Essstörung)
4.1 Ursachen der Anorexia athletica
4.1.1 Gewichtsreduktion als sportartspezifische Notwendigkeit
4.1.2 Rolle des Trainers
4.1.3 Druckaufbau seitens der Medien – Schlankheitswahn
4.2 Spezifische gesundheitliche Folgen bei Sportlerinnen
4.2.1 Athletinnen-Triade
4.2.1.1 Zyklusstörungen – Amenorrhöe
4.2.1.2 Osteoporose (Knochenschwund)
5 Abschlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Anhang
Glossar
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
„Als junges Mädchen hatte ich gesehen, wie die älteren Schwimmerinnen öffentlich auf die Waage gehen mussten und als dick und unförmig bezeichnet wurden, wenn sie zwei Kilo zu viel hatten. Mir sollte das nicht passieren, ich wollte schlank und dadurch unangreifbar sein“ (Rauchensteiner, 2013, S. 108).
So berichtet Ex-Schwimmstar Franziska van Almsick, die sich später öffentlich zu ihrer Essstörung bekannte, über den Druck im Profisport-Business.
Aber nicht nur Leistungssportler rutschen schnell in die Schiene einer Essstörung, sondern auch bereits Jugendliche, die eine Sportart mit hohem Risikopotential für ein gestörtes Essverhalten betreiben. Zu ihnen zählen ästhetische, gewichtsabhängige und Ausdauer-Sportarten.
Die Arbeit konzentriert sich speziell auf jugendliche Mädchen und Frauen im Alter von 11-19 Jahren, da diese bereits als Kinder einen großen Druck bezüglich ihrer körperlichen Attraktivität verspüren. Denn
„tatsächlich ordnen sich heute in erschreckenden Dimensionen Frauen – jeden Alters – einem Schönheitsideal unter, das unter ‚normalen‘ und gesunden Umständen nur selten zu erreichen ist“ (vgl. Rauchensteiner, 2013, S. 11).
Insbesondere auffällig ist dabei das vermehrte Auftreten von Essstörungen in ästhetischen Sportarten wie Ballett, Eiskunstlauf, Synchronschwimmen oder Kunstturnen, bei denen meist eine Gewichtsreduktion für den sportlichen Erfolg notwendig ist oder vorausgesetzt wird. Das gestörte Essverhalten ist unter anderem auf den Druck seitens des Trainers, aber auch auf die Beeinflussung durch die Medien zurückzuführen. Es ist zudem bewiesen, dass das Risiko für Essstörungen bei Sportlerinnen deutlich erhöht ist, wenn für deren Erfolg ein niedriges Körpergewicht von Vorteil ist (vgl. Dreyer, 2012).
Bezüglich des Rahmenthemas „Sport und Gesundheit“ soll der Fokus darauf gelegt werden, welche gesundheitlichen Konsequenzen und Schäden sich für die jugendlichen Mädchen ergeben, wenn diese sich für den von ihnen betriebenen Leistungssport runterhungern. Daher wird sich bewusst nicht auf psychisch begründete Phänomene oder mögliche Therapieansätze bezogen, da diese sich nicht für das Rahmenthema eignen.
Ich habe diese Entwicklungsphase selbst durchlebt und insbesondere in der Pubertät, in der der weibliche Körper sich augenscheinlich verändert, gespürt, wie stark die Wertschätzung meiner Person von der Figur abhängt. Die Problematik Essen, Figur, Anerkennung ist mir also nicht fremd. Insofern ist die Beschränkung auf die Anorexia athletica eine interessante Erweiterung meines persönlichen Horizontes.
Der Anspruch an einen perfekten Körper ist im Leistungssport ähnlich verzerrt wie im Model-Business. Diese „Kollateralschäden“ werden gesellschaftlich in Kauf genommen, um die perfekte Leistung - Schönheit oder sportlicher Erfolg - zu ermöglichen.
In dieser Arbeit sollen die folgenden zwei Fragestellungen beantwortet und chronologisch abgearbeitet werden:
- Was ist ursächlich dafür, dass vor allem juvenile Mädchen im Alter von 11-19 Jahren eine Essstörung in leistungsorientierten Sportarten entwickeln?
- Welche Auswirkungen hat diese auf die Gesundheit der jungen Frauen?
Aus diesen Fragestellungen ergibt sich das folgende Ziel:
Vorerst soll über die zwei bekanntesten Essstörungen informiert werden, die auch für die Anorexia athletica nicht ganz unbedeutend sind. Im Zentrum soll aber diese auch umgangssprachlich „Sportlermagersucht“ genannte Anorexia athletica stehen, die eine bewusste Verringerung des Körpergewichtes bis zur Grenze des Untergewichtes darstellt, um so eine bestimmte sportliche Leistung zu erreichen (vgl. Rauchensteiner, 2013, S. 83). Die Gründe dieser sportspezifischen Essstörung bei jungen Frauen sollen herausgefiltert werden, und es ist mir ein Anliegen, über die möglichen Folgeschäden, wie die negativen Auswirkungen auf den Knochenstoffwechsel oder die Menstruation, zu informieren.
In dieser Arbeit werden kursiv dargestellte Fachbegriffe, die einer genaueren Erläuterung bedürfen, im Glossar genauer erklärt.
2 Definition ästhetischer Sportarten
Prinzipiell gibt es die drei bereits oben aufgeführten Risikosportarten, die häufig zu einer sportbezogenen Essstörung führen können. Diese Arbeit beschränkt sich auf die leistungsorientierten ästhetischen Sportarten, da diese größtenteils von jungen Frauen ausgeübt werden und sich deswegen am besten für die Erarbeitung des Themas eignen.
Unter ästhetische Sportarten fasst man Sportarten, in denen die Athleten1 oftmals nach technischer und künstlerischer Ausführung beurteilt werden. Dazu zählen Disziplinen wie Kunstturnen, Synchronschwimmen, rhythmische Sportgymnastik, Eiskunstlauf, Tanzen oder Ballett (vgl. Hoffmann, 2009, S. 22 f.). In diesen Sportarten kann ein niedriges Körpergewicht für den Bewegungsablauf von Vorteil sein.
Nach Veronika Rauchensteiner (2013, S. 105) schreiben die Richtlinien der ästhetischen Sportarten offiziell kein Gewichtslimit vor, jedoch unterliegen die Akteure wie im Synchronschwimmen oder Kunstturnen immer dem Einfluss figurbetonter Anzüge, die „jedes Gramm Fett“ zeigen. Es wird folglich deutlich, dass sich aus dem Leistungsdruck der ästhetischen Sportarten ein gestörtes Essverhalten entwickeln kann, das womöglich bis zum Erreichen der Grenze des Untergewichts führt.
3 Definition von „Essstörungen“
„Essstörungen sind psychosomatische Erkrankungen, die durch Störungen der Nahrungsaufnahme bzw. des Körpergewichts ohne organische Ursachen gekennzeichnet sind“, erklären Dr. Peter Scheer und Dr. Manuela Tappauf (2007, S. 30). Alle Betroffenen haben eine gestörte Körperwahrnehmung; ihre Gedanken kreisen tagtäglich um die Themen „Essen, Figur und Körpergewicht“. Personen mit einer Essstörung verlieren die Kontrolle über das wahllose In-sich-Hineinstopfen großer Nahrungsmengen oder über das Verweigern der Nahrungsaufnahme. Essstörungen im Jugendalter betreffen größtenteils Mädchen und junge Frauen, was häufig durch gesellschaftliche Einflüsse begründet ist. Denn viele Junge Frauen werden von dem in den Medien propagierten verzerrten Schlankheitsideal stark beeinflusst (siehe Klicpera et al., 2007, S. 222).
Das amerikanische psychiatrische Klassifikationssystem DSM-5 teilt Essstörungen grob in drei Hauptkategorien ein (vgl. Karwautz, 2013, S. 22):
- Anorexia nervosa (AN),
- Bulimia nervosa (BN)
- Binge - Eating - Disorder (BED).
Es kann aber auch durchaus zu Mischformen dieser drei Hauptformen kommen, die man ED-NOS (= „Eating disorder not otherwise specified“) nennt, denn die verschiedenen Formen der Essstörungen sind per se nicht klar abgrenzbar und gehen vielmehr fließend ineinander über. Die AOK und die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sehen die Orthorexia nervosa als zusätzliches Krankheitsbild. Hierbei geht es um den Zwang, stets das „Richtige“ und das „Gesunde“ essen zu wollen und Personen im eigenen Umfeld von dieser Vorstellung zu überzeugen (vgl. Hoffmann, 2009, S. 5).
3.1 Reduktion auf die zwei häufigsten Erscheinungsformen
Um die Anorexia athletica und ihre gesundheitlichen Folgen besser aufzeigen zu können, werden im Folgenden die Magersucht und die Bulimie beleuchtet, die vor allem im Jugendalter die zwei häufigsten Syndrome sind. Dabei ist bekannt, dass Essstörungen vor allem bei jungen Mädchen und Frauen auftreten. Die Prävalenz, an einer Essstörung zu erkranken, liegt bei Schülerinnen bei 35%, was bedeutet, dass etwa jede dritte Schülerin ein gestörtes Essverhalten aufweist (vgl. Hoffmann, 2009, S. 7, zitiert nach Burchhardt, 2002). Der Fokus dieser Arbeit liegt auf der sportinduzierten Essstörung, die sich häufig in eine Anorexia nervosa oder in eine Bulimia nervosa entwickelt. Deswegen ist es wichtig, die zwei oben genannten Formen vorab zu charakterisieren.
Beide Essstörungen haben gemeinsam, dass Betroffene eine „übermäßige Sorge um das Körpergewicht und die Körperfigur“ haben (Klicpera et al., 2007, S. 223). Um den Rahmen dieser Arbeit nicht zu sprengen, werden andere Formen von Essstörungen wie das Binge-Eating-Syndrom (Kontrollverlust über das Essverhalten, häufig in einer massiven Adipositas endend) oder die Orthorexia nervosa unerwähnt bleiben. Es ist zudem wichtig zu betonen, dass jeder, unabhängig von Geschlecht oder Alter, zu jeder Zeit an einer Essstörung erkranken kann. Aus den genannten Gründen beschränkt sich die Arbeit allerdings auf juvenile Mädchen im Alter von 11-19 Jahren.
3.1.1 Anorexia nervosa (Magersucht)
„Anorexia nervosa“ bedeutet wörtlich übersetzt „psychisch begründeter Appetitverlust“, was einen Widerspruch gegenüber dem eigentlichen Essverhalten von Magersüchtigen darstellt. Denn Magersüchtige plagt nicht die Appetitlosigkeit, sondern die intensive Furcht vorm Dicksein. Deswegen nehmen Betroffene nur geringe Mengen Nahrung zu sich, achten konsequent auf ihre Kalorienzufuhr und lassen häufig ganze Mahlzeiten aus, um sich so bis zur kritischen Grenze des Untergewichts abzumagern. Familienangehörige berichten in dem Zusammenhang, dass Betroffene oftmals das gemeinsame Essen mit der Familie meiden (vgl. Hoffmann, 2009, S. 3). Mit der Zeit ruinieren die Magersüchtigen mit diesem gestörten Essverhalten ihren Körper. Doch paradoxerweise scheint das lebensbedrohliche Abmagern für sie einen großen Erfolg darzustellen (siehe Rauchensteiner, 2013, S. 56). Die Störung setzt in den meisten Fällen nach der Pubertät ein und betrifft laut Christian Klicpera et al. (2007, S. 222) überwiegend Mädchen und junge Frauen, bei denen der Körper in der Folge des starken Gewichtsverlustes auch die Regelblutung einstellt. Dieses Phänomen wird Amenorrhöe genannt. Mit dieser Krankheit gehen aber auch noch andere körperliche Komplikationen wie Herzrhythmusstörungen, Hirnatrophien, Magen- und Darmgeschwüre oder auch Nierenfunktionsstörungen einher, die bei weit fortgeschrittenem Krankheitsverlauf zum Tod führen. Denn die Mortalitätsrate liegt bei der Anorexia nervosa nach Prof. Dr. Katja Wingenfeld von der Charité (2018, S. 12) bei 1.2 -12.8%, was die Magersucht zu einer der tödlichsten psychischen Krankheit macht.
Das Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-5) legt drei verschiedene Kriterien fest, die für die Diagnose einer Anorexia nervosa zutreffen müssen (vgl. Wingenfeld, 2018, S. 3):
- „Weigerung, das Minimum des für Alter und Körpergröße normalen Körpergewichtes zu halten (weniger als 85%, BMI ≤17,5) – Restriktion der Nahrungsaufnahme
- Ausgeprägte Angst vor einer Gewichtszunahme oder davor, dick zu werden, obwohl Untergewicht besteht
- Störung in der Wahrnehmung der eigenen Figur und des Gewichtes, übermäßige Abhängigkeit der Selbstbewertung von Figur und Gewicht oder Leugnen des Schweregrades des geringen Körpergewichts“
Des Weiteren wird bei der Magersucht in die zwei Subtypen „Restriktiver Subtyp“ und „Binge-Eating/Purging Typ“ unterschieden. Der restriktive Typus zeichnet sich durch einen Gewichtsverlust aus, der ausschließlich durch eine gezielte unterkalorische Nahrungsaufnahme erreicht wird. Beim Binge-Eating Typ wird die Gewichtsreduktion durch zusätzliche Hilfsmittel ergänzt. Betroffene nehmen meist Abführmittel wie Laxantien oder Diuretika zu sich, um ein selbst-induziertes Erbrechen herbeizuführen. Zudem leiden Person mit dem Bing-Purging-Syndrom unter häufigen Essanfällen und betreiben meist intensiv Sport für eine Gewichtsabnahme (vgl. Wingenfeld, 2018, S. 11f.).
3.1.2 Bulimia nervosa (Ess-Brech-Sucht)
Wortwörtlich bedeutet Bulimia nervosa „psychisch bedingter ‚Stierhunger‘“, was in diesem Fall das Essverhalten von betroffenen Personen sehr gut widerspiegelt (vgl. Hoffmann, 2009, S. 4). Bulimie zeichnet sich durch ständige Essanfälle aus, die durch anschließende Gegenmaßnahmen wieder wettgemacht werden sollen. Häufig „wird [nach einer Essattacke] mit Erbrechen oder dem Einnehmen von Abführmitteln zur Wiedergutmachung reagiert“ (Klicpera et al., 2009, S. 239). Betroffene befinden sich im Gegensatz zu Magersüchtigen im Normalgewicht, was eine Diagnose dieser Essstörungsform erschwert. Bulimie ist für die meisten Betroffenen mit Scham und Selbstekel verbunden, weshalb laut Prof. Dr. K Wingenfeld (2018, S. 9) auch 60% der Bulimiker in eine Depression verfallen.
Nach den zwei gültigen Klassifikationssystemen DSM-IV und ICD-10 müssen bei der Bulimia nervosa die folgenden Kriterien erfüllt sein (vgl. Klicpera et al., 2009, S. 240):
- wiederholte Episoden von Essanfällen: schnelle Aufnahme einer großen Nahrungsmenge in kürzester Zeit, mindestens zweimal pro Woche in einem Zeitraum von drei Monaten
- regelmäßige Maßnahmen, um einer Gewichtszunahme nach diesen Essattacken entgegenzuwirken: durch Abführmittel, selbst-induziertes Erbrechen, intensives Sporttreiben oder Diäten
- übertriebene Beschäftigung mit Figur und Gewicht, Zwang, zu essen; Gefühl des Kontrollverlustes während der Essattacken
- Selbstwahrnehmung als zu fett, ständige Angst, zu dick zu werden; sehr geringe Toleranz, was als Übergewicht angesehen wird.
4 Anorexia athletica (Sportbezogene Essstörung)
1980 war Smith der erste, der eine Essstörungen bei einer 19-jährigen Athletin sehr präzise analysierte. Er betrachtete dieses Phänomen allerdings als normale „Anorexia nervosa“, ohne den Sport ursächlich zu berücksichtigen. Erst Pugliese machte 1983 mit der Bezeichnung „athletica“ deutlich, dass es sich hierbei um eine sportinduzierte Essstörung handele, deren Folgen man nicht unterschätzen dürfe (vgl. Rauchensteiner, 2013, S. 82).
Bei der Anorexia athletica handelt es sich um eine gewollte Abnahme des Körpergewichtes bzw. des Körperfettanteils bei Sportlern, um so einen größeren sportlichen Erfolg zu erreichen (vgl. Scheer et al., 2007, S. 6). Anders als die Anorexia nervosa oder Bulimie ist die Anorexia athletica keine psychisch begründete Essstörung. Es besteht jedoch die massive Gefahr, dass Sportler mit einer sportinduzierten Essstörung das Verhaltensmuster einer Anorexia nervosa oder Ess-Brech-Sucht übernehmen, wenn sich ihre Gewichtsabnahme verselbstständigt (siehe Abbildung 1 und 4 im Anhang). Nach Dirk Clasing et al. (1997) ist für die Anorexia athletica kennzeichnend, dass die Athletin im Vergleich zur Magersucht ihr Essverhalten noch steuern kann. „Sie kann selbstbestimmt in Abhängigkeit von der Trainingsphase und nach Beendigung der sportlichen Laufbahn ihre Ernährung umstellen und wieder zunehmen“ (ebd.).
Die Sportler verzeichnen in der Anfangsphase ihrer Gewichtsreduktion meist bessere Leistungen und merken aus diesem Grund nicht ihre körperlichen Grenzen. Der sportliche Erfolg steht dabei über der Gesundheit. Wenn betroffene Sportler allerdings das Verhältnis zwischen ihrer sportlichen Leistungsfähigkeit und ihrem Körpergewicht unterschätzen, kommt es im weiteren Verlauf des Trainings zu einer Leistungsabnahme und zu negativen gesundheitlichen Folgen (vgl. Clasing et al., 1997). Denn für einen längerfristigen sportlichen Erfolg und für eine gesunde körperliche Entwicklung bei Jugendlichen ist es nach Scheer und Tappauf (2007, S. 17) vonnöten, dass die Sportler eine ausgeglichene Energiebilanz aufweisen. Demnach muss die Energie, die im Training verbraucht wurde, durch Nahrung und genügend Flüssigkeit wieder zugeführt werden. Andernfalls folgt bei einer negativen Energiebilanz eine sinkende Erfolgskurve, was konträr zum eigentlichen Ziel der Sportler steht (siehe Abbildung 2 im Anhang).
Die „Sportmagersucht“ ist im Gegensatz zur Anorexia nervosa nur schwer diagnostizierbar, da Rauchensteiner (2013, S. 83) zufolge die Diagnosekriterien zwar 1993 konstatiert, aber nicht in der ICD aufgenommen wurden. Bei Sportanoretikern befindet sich der BMI (Body-Mass-Index) noch im unteren Normalbereich von 18,5 bis 21,0 (siehe Abbildung 3 im Anhang). Zudem ist ein geringer Körperfettanteil in ästhetischen Sportarten charakteristisch, weswegen Mitmenschen die Anorexia athletica nur schwer erkennen können. Viele Athleten weisen allerdings Symptome auf, die bereits einer Magersucht ähneln (vgl. Scheer & Tappauf, 2007, S. 6):
[...]
1 In dieser Arbeit wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit im allgemeinen Teil das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten werden dabei ausdrücklich mitgemeint, soweit es für die Aussage erforderlich ist.