Für neue Kunden:
Für bereits registrierte Kunden:
Hausarbeit, 2020
14 Seiten, Note: 1,0
1. Einleitung
2. Der deutsche Bildungsroman
2.1 Herkunft und Definition
2.2 Merkmale undAufbau
2.3 Begriffsabgrenzung
3. Handlunsgmerkmale bei „tschick"
3.1 Protagonist
3.2 Zeitpunkt
3.3 Reise
3.4 Freundschaft
3.5 Liebe undSexualität
3.6Konflikte
3.7 Reifungsprozess
4. Fazit
5. Literaturverzeichnis
„Bildung" wird im Duden zunächst mit „Erziehung" erklärt. Die Assoziation liegt nahe, bei Bildung denkt man häufig erst einmal an die schulische Bildung. Die Bildung kann jedoch auch das Schaffen bedeuten, ein Entstehungsprozess: Die Bildung von Knospen, die Bildung eines Sees. Arno Anzenbacher nennt es „die kulturelle Formung der individuellen Person" (Anzenbacher, 1999, S. 12). Genau dort setzt der moderne Bildungsroman an: Der Held/ die Heldin der Geschichte erlebt durch Selbstreflexion einen Wachstumsprozess; der Charakter wird (weiter)gebildet.
Auch dervierzehnjährige Protagonist aus Wolfgang Herrndorffs Bildungsroman tschick erlebt eine solche Entwicklung als er mit seinem neuen Freund Andrej Tschichatschow - kurz Tschick - ein Auto klaut, damit durch Deutschland fährt, diverse neue Erfahrungen macht und diese reflektiert. Ziel dieser Arbeit ist es, die zentralen Handlungsmerkmale des modernen Bildungsromans zu sammeln und sie am Beispiel des Bildungsromans tschickzu verdeutlichen.
Es wird zunächst kurz auf die Entstehungsgeschichte des Begriffes des Bildungsromans eingegangen. Weiterhin werden die klassischen Merkmale des Bildungsromans sowie der gattungstypische Aufbau erläutert, daraufhin wird die Begrifflichkeit kurz von weiteren Romanarten abgegrenzt. Im nächsten Schritt werden die zuvor aufgeführten Handlungsmerkmale auf tschick übertragen und passende Handlungsstränge und Beispiele werden begründet angeführt.
Zum ersten Mal beschrieben wird der Bildungsroman von Friedrich von Blanckenburg mit seinem Werk „Versuch über den Roman" aus dem Jahr 1774. Blanckenburg schreibt hier über die Bestimmungen des normalen Romans und kommt damit, wenn auch ohne den Begriff des Bildungsromans zu nutzen, sehr nahe an die Beschreibung eines solchen. Die innere, eigene Geschichte eines Helden wird nach Blanckenburg als das „Wesentliche und Eigentümliche eines Romans" (Selbmann, 1994; zitiert nach Blackenburg, 1774, S. 392) gesehen, nicht die äußeren Handlungsabläufe (Vgl. Selbmann, 1994).
Seinen Namen bekommt der Bildungsroman von Karl Morgenstern im Jahr 1803. Morgenstern spricht nicht nur von Bildung im Sinne der Entwicklung des Protagonisten (weibliche Protagonistinnen waren undenkbar für Morgenstern), sondern auch von der Bildung der Leser, die durch das Lesen des Romans gefördert wird (Vgl. Ebd.).
In die literaturwissenschaftliche Diskussion eingeführt wurde der Begriff des Bildungsromans von Wilhelm Dilthey, der sich in diesem Zusammenhang auch mit Goethes 1795 erscheinendem Werk „Wilhelm Meisters Lehrjahre" beschäftigt. Dilthey sieht darin die „menschliche Ausbildung in verschiedenen Stufen, Gestalten, Lebensepochen" (Selbmann, 1994; zitiert nach Dilthey, 1870, S. 282). Bis heute gilt „Wilhelm Meisters Lehrjahre" als Prototyp des Bildungsromans (Vgl. Böhm & Dennerlein, 2016).
Der Gattungsbegriff des Bildungsromans ist historisch wandelbar und stets an die jeweilige Zeit geknüpft (Vgl. Selbmann, 1994). In jedem Fall beinhaltet der moderne Bildungsroman jedoch eine Entwicklung des Protagonisten bzw. der Protagonistin durch selbstkritische Reflexion. Katrin Dennerlein und Elisabeth Böhm beschreiben das so:
„Nach der derzeit gängigen Definition erzählt ein Bildungsroman die Lebensgeschichte eines jungen Protagonisten, in der es durch eine Folge von Irrtümern und Enttäuschungen zu einem Ausgleich mit der Welt kommt." (Böhm & Dennerlein, 2016, S. 2)
Das Ziel der Protagonisten des Bildungsromans ist häufig das Finden der eigenen Rolle in der Gesellschaft. Nach Gutjahr beinhaltet ein Bildungsroman die „Reifung eines Protagonisten, der in spannungsvoller Auseinandersetzung mit sozialen Ordnungen und der natürlichen Umwelt das Ziel verfolgt, eine seinen Wünschen angemessene und zugleich gesellschaftlich kompatible Lebensform zu finden" (Gutjahr, 2007, S. 8).
Weiterhin ist der Protagonist in Bildungsromanen meist männlich (Vgl. Ebd.). In moderneren gattungstypologischen Bestimmungen ist der Hinweis auf das Geschlecht häufig ausdrücklich angegeben. In älteren Werken ist jedoch davon ausgegangen worden, dass der Held eines Bildungsromans nur männlich sein kann (Vgl. Ebd.). In dieser Arbeit wird aus diesem Grund und aus Gründen der Lesbarkeit im Folgenden nun auf die ausdrückliche weibliche Benennung des Helden bzw. des Protagonisten verzichtet.
Durch die „traditionsbedingte Verschwommenheit des Terminus" (Mayer, 1992, S. 16) ist eine genaue, einfache Definition des Gattungsbegriffes bis heute schwer.
Wenngleich eine breite Varianz an Kriterien existiert, die zur Bestimmung des Bildungsromans führen, haben sich einige Merkmale als gattungstypologisch herausgebildet (Vgl. Gutjahr, 2007). Das erste wesentliche Merkmal des modernen Bildungsromans ist der Zeitpunkt, zu dem die Geschichte stattfindet. Jacobs schreibt hierzu: „Die Helden der Bildungsgeschichte haben meist das Privileg, vor dem Eintritt in das Alter der Erwachsenen eine Phase freier Selbsterprobung zu durchlaufen" (Jacobs, 2005, S. 15). Diese Phase der Selbsterprobung kann man auch bei den Protagonisten anderer klassischer Bildungsromane wiederfinden: Wilhelm Meisters Lehrjahre (Goethe), Der grüne Heinrich (Gottfried Keller), Der Zauberberg (Thomas Mann) und Demian (Hermann Hesse) (Vgl. Ebd.). Dieser kurze Zeitraum, in dem die Heranwachsenden von erwachsenen Pflichten noch befreit sind, sich aber schon auf der Suche nach Orientierung befinden, ist der Zeitraum, in dem die Handlung des Bildungsromans stattfindet. Ein weiteres zeitliches Motiv ist die chronologische Abfolge der Geschehnisse, durch die sich die identitäre Entfaltung des Helden deutlich verfolgen lässt (Vgl. Mayer, 1992).
Häufig ist die oben genannte „Phase der freien Selbsterprobung" verbunden mit einem weiteren klassischen Merkmal des Bildungsromans: Dem Reisemotiv. Gutjahr beschreibt dies so: „Nach den Kinder- und Jugendjahren [...] folgen Jahre der Welterkundung, in denen es durch Wanderschaft oder Reisen zur Begegnung mit bisher unbekannten soziokulturellen Kontexten kommt." (Gutjahr, 2007, S 8). Ein häufig wiederkehrendes Merkmal ist auch die Aufteilung der Geschichte in drei Teile: Jugendjahre, Wanderjahre und Meisterjahre (Vgl. Selbmann, 1994). Diese Aufteilung findet ihren Ursprung in Wilhelms Meisters Lehrjahre und findet sich nicht in jedem Bildungsroman. Das wiederkehrende Stichwort der Wanderschaft ist dem Reisemotiv zuzuordnen.
Auch der Protagonist hat einige charakterliche Eigenschaften, die beispielhaft für den Helden eines Bildungsromans sind. Der Held des klassischen Bildungsromans ist stets darum bemüht, seine eigenen Irrtümer kritisch zu hinterfragen und seine Situation zu reflektieren (Vgl. Jacobs, 2005). Ohne dieses Bedürfnis der Protagonisten „kritische Zwischenbilanzen ihrer Existenz zu ziehen" (Vgl. Ebd., S. 67), wären sie nicht die Hauptfiguren eines Bildungsromans. Der Erzähler schildert die Geschichte häufig aus einer ironischen Distanz (Vgl. Gutjahr, 2007; Jacobs & Krause, 1989), obgleich die zu bewältigenden Krisen immer ernst genommen werden (Vgl. Jacobs, 2005). Diese Zwischenbilanzen im Lebensgang des Protagonisten können sich in inneren Monologen, Briefen, Gesprächen oder den allgemeinen Gedanken des lyrischen lchs zeigen. Die Auseinandersetzung mit inneren und äußeren Konflikten ist ein Hauptmerkmal des Bildungsromans (Vgl. Ebd.). In allen Geschichten der Gattung Bildungsroman sind die Helden Außenseiter, die keinen Anschluss in ihrer Umgebung bzw. der Gesellschaft finden (z.B.: Wilhelm Meister in Wilhelm Meisters Lehrjahre oder Hans Castorp in Der Zauberberg). Der Bildungsroman hat außerdem einen meist jungen Protagonisten, so spielen auch erste sexuelle Erfahrungen oder Problematiken mit dem Elternhaus häufiger eine Rolle (Vgl. Gutjahr, 2007).
Krisen und Konflikte sind ebenfalls ein klassisches Merkmal des modernen Bildungsromans, ohne sie wäre die charakterliche Entwicklung des Protagonisten schlicht nicht möglich - und die Entwicklung/Bildsamkeit des Protagonisten ist im Grund der Kern des Bildungsromans. Mayer beschreibt die Suche des Protagonisten nach selbst so: „Diese Suche stellt sich als eine meist nicht krisenfreie innere Progression dar, die in der Regel mit dem Eintritt in die Welt der Erwachsenen, mit der Selbstfindung ihren vorläufigen Abschluss findet." (Mayer, 1992, S. 19)
Eine nicht unwesentliche Rolle nehmen andere Figuren im Bildungsroman ein. Als „komplementäre oder als gegensätzliche Figuren" spiegeln sie die Wesensart des Protagonisten (Vgl. Ebd.). Zu erwähnen ist auch, dass nach Mayer, der Protagonist „weniger durch Handlungen als durch Reaktionen" (Ebd., S. 20) auf seine Mitmenschen an Profil gewinnt.
Beinahe unabdingbar für den Reifungsprozess und die Adoleszenz ist die Behandlung der Thematiken Freundschaft, Liebe und Sexualität. Dilthey fasst die Form des Bildungsromans als die Geschichte eines Jünglings zusammen,
„wie er in glücklicher Dämmerung in das Leben eintritt, nach verwandten Seelen sucht, der Freundschaft begegnet und der Liebe, wie er nun aber mit den harten Realitäten der Welt in Kampf gerät und so unter mannigfachen Lebenserfahrungen heranreift, sich selber findet und seiner Aufgabe in der Welt gewiß wird" (Dilthey, 2005, S. 252)
Die Gattung Bildungsroman ist hauptsächlich auf die deutsche Literatur beschränkt (Vgl. Mayer, 1992), im Folgenden wird der Begriff von der Gattung des Entwicklungsromans, des Erziehungsromans, des Antibildungsromans und des Abenteuerromans differenziert.
Im Entwicklungsroman wird eine ganze Lebensgeschichte erzählt und nicht, wie im Bildungsroman, nur einzelne Lebensabschnitte. Allerdings ähnelt der Bildungsroman dem Entwicklungsroman auch sehr in Bezug auf die innere Progression des Protagonisten - diese endet bei dem Helden des Bildungsromans jedoch spätestens im vierten Lebensjahrzehnt (Vgl. Ebd.). Außerdem wird der Gattungsbegriff Entwicklungsroman wird häufig als Oberbegriff für Romane eingesetzt, in denen eine Lebensgeschichte erzählt wird (Vgl. Gutjahr, 2007).
Die Abgrenzung zum Erziehungsroman erweist sich als noch etwas uneindeutiger, beide Gattungen verfügen über eine „ausgeprägte didaktische Intention" (Mayer, 1992, S. 412). Der Erziehungsroman jedoch legt den Fokus auf den erzieherischen Prozess, die Entwicklung bzw. Erziehung des Individuums wird von außen geleitet durch Mentorenfiguren (Vgl. Ebd.).
Der Antibildungsroman, der keine eigene Romanart darstellt, orientiert sich an der Struktur des Bildungsromans und ist meist satirisch geschrieben. Durch die überspitzte Negation der bildungromantypischen Merkmale wird auf Missstände aufmerksam gemacht und eine indirekte „Normvermittlung" ausgelöst (Vgl. Ebd.).
[...]
Didaktik - Theologie, Religionspädagogik
Hausarbeit (Hauptseminar), 17 Seiten
Hausarbeit, 13 Seiten
Diplomarbeit, 74 Seiten
Germanistik - Neuere Deutsche Literatur
Hausarbeit (Hauptseminar), 26 Seiten
Medien / Kommunikation - Public Relations, Werbung, Marketing, Social Media
Hausarbeit (Hauptseminar), 28 Seiten
Didaktik - Deutsch - Pädagogik, Sprachwissenschaft
Hausarbeit, 14 Seiten
Hausarbeit (Hauptseminar), 28 Seiten
Hausarbeit, 17 Seiten
Didaktik - Theologie, Religionspädagogik
Hausarbeit (Hauptseminar), 17 Seiten
Hausarbeit, 13 Seiten
Diplomarbeit, 74 Seiten
Germanistik - Neuere Deutsche Literatur
Hausarbeit (Hauptseminar), 26 Seiten
Medien / Kommunikation - Public Relations, Werbung, Marketing, Social Media
Hausarbeit (Hauptseminar), 28 Seiten
Didaktik - Deutsch - Pädagogik, Sprachwissenschaft
Hausarbeit, 14 Seiten
Hausarbeit (Hauptseminar), 28 Seiten
Hausarbeit, 17 Seiten
Der GRIN Verlag hat sich seit 1998 auf die Veröffentlichung akademischer eBooks und Bücher spezialisiert. Der GRIN Verlag steht damit als erstes Unternehmen für User Generated Quality Content. Die Verlagsseiten GRIN.com, Hausarbeiten.de und Diplomarbeiten24 bieten für Hochschullehrer, Absolventen und Studenten die ideale Plattform, wissenschaftliche Texte wie Hausarbeiten, Referate, Bachelorarbeiten, Masterarbeiten, Diplomarbeiten, Dissertationen und wissenschaftliche Aufsätze einem breiten Publikum zu präsentieren.
Kostenfreie Veröffentlichung: Hausarbeit, Bachelorarbeit, Diplomarbeit, Dissertation, Masterarbeit, Interpretation oder Referat jetzt veröffentlichen!
Kommentare