Die Entwicklung der Institution Museum und ihren einzelnen Häusern sowie der aktuelle Forschungsstand lässt die Frage offen, welchen Einfluss die auratische Eigenschaft von musealen Objekten, die eine zentrale Rolle für die Institution Museum darstellt, auf die Vermittlung von historischen Inhalten hat.
Die Vielzahl an historischen Museen, die es in Deutschland gibt, sind wichtige öffentliche Institutionen der deutschen Geschichtskultur und damit ein Bestandteil zur "Anstrengung unserer Gesellschaft, sich über kollektive Erinnerungen ein tragfähiges Selbstverständnis zu sichern" und die historische Identität zu bewahren. Deshalb wird schon in der Schulbildung darauf Wert gelegt, dass alle MitgliederInnen der Gesellschaft während ihrer Sozialisation Strategien zur Aneignung dieses kulturellen Gedächtnisses erlangen. Dieses Gedächtnis kann dann unter dem Motto des lebenslangen Lernens mit der erworbenen Fähigkeit erweitert oder neu bewertet werden. Diese Fähigkeit kann nach Kröll als Museumskompetenz bezeichnet werden oder aber auch als Geschichtsbewusstsein. Letzteres besitzt dieselben Zentralkategorien, Zeit-, Wirklichkeits-, Historizitäts-, und Identitätsbewusstsein, politisches, ökonomisch-soziales und moralisches Bewusstsein, wie die Geschichtskultur einer Gesellschaft.
Die Museen reagieren auch auf den kognitiven Wandel ihrer BesucherInnen bei der Vermittlung von historischen Wissen gestützt von einer konstruktivistischen Lerntheorie. Außerdem bleibt auch neben der vermittlungszentrierten Orientierung die Aura des Objekts als Zentrum im Museum bestehen. Weiterhin ist auch die Entwicklung in den digitalen Raum hin zu Online-Museen, als Erweiterung eines bestehenden traditionellen Museum8 oder auch als reines Online-Museum, welches ganz ohne eigene originale Objekte auskommen zu erkennen.
Inhalt
Einleitung
Das Museum als Lernort
Die Funktion von Museen
Der Wert der Dinge für das Museum
Der aktuelle Trend
Die Aura
Der Begriff Aura und Authentizität
Entstehung und Wirkung der Aura
Geschichtsdidaktische Perspektive
Arbeitsformen und Kompetenzerwerb im Museum
Vorteile beim Lernen am auratischen Objekt
Nachteile beim Lernen am auratischen Objekt
Fazit
Literatur
Einleitung
Die Vielzahl an historischen Museen, die es in Deutschland gibt, sind wichtige öffentliche Institutionen der deutschen Geschichtskultur und damit ein Bestandteil zur „Anstrengung unserer Gesellschaft, sich über kollektive Erinnerungen ein tragfähiges Selbstverständnis zu sichern“1 und die historische Identität zu bewahren.2 Deshalb wird schon in der Schulbildung darauf Wert gelegt, dass alle MitgliederInnen der Gesellschaft während ihrer Sozialisation Strategien zur Aneignung dieses kulturellen Gedächtnisses erlangen. Dieses Gedächtnis kann dann unter dem Motto des lebenslangen Lernens mit der erworbenen Fähigkeit erweitert oder neu bewertet werden.3 Diese Fähigkeit kann nach Kröll als Museumskompetenz bezeichnet werden4 oder aber auch als Geschichtsbewusstsein. Letzteres besitzt dieselben Zentralkategorien, Zeit-, Wirklichkeits-, Historizitäts-, und Identitätsbewusstsein, politisches, ökonomisch-soziales und moralisches Bewusstsein, wie die Geschichtskultur einer Gesellschaft.5
Die Museen reagieren auch auf den kognitiven Wandel ihrer BesucherInnen bei der Vermittlung von historischen Wissen gestützt von einer konstruktivistischen Lerntheorie.6 Außerdem bleibt auch neben der vermittlungszentrierten Orientierung die Aura des Objekts als Zentrum im Museum bestehen.7 Weiterhin ist auch die Entwicklung in den digitalen Raum hin zu Online-Museen, als Erweiterung eines bestehenden traditionellen Museum8 oder auch als reines Online-Museum, welches ganz ohne eigene originale Objekte auskommen zu erkennen.9
Diesem Thema widmen sich auch aktuelle Forschungsbeiträge. Olaf Hartung betrachtet in seinem 2020 erschienen Buch ,Museen und Geschichtsunterricht das Verhältnis zwischen den Institutionen Schule und Museum, wobei er auch auf die Aura der Objekte eingeht und die engere zusammen Arbeit als win-win-Situation beschreibt. Roman Weindl stellte 2019 in dem Werk ,Die „Aura“ des Originals im Museum‘ seine durchgeführte Studie vor bei der Besucherinnen von Museen zur Wirkung der Aura auf ihre Wahrnehmung beim Museumsbesuch befragte und damit das Verhältnis zwischen auratischen Objekten und den Rezipienten auf den Grund gegangen ist. Cornelia Dold betrachtet in ihrer 2020 neu erschienen Monographie ‚Außerschulische Lernorte neu entdeckt Gedenkstätten und wie diese einen Beitrag zu tiefgreifenden Lernprozessen fördern können.
Die Entwicklung der Institution Museum und ihren einzelnen Häusern sowie der aktuelle Forschungsstand lässt die Frage offen, welchen Einfluss die auratische Eigenschaft von musealen Objekten, die eine zentrale Rolle für die Institution Museum darstellt auf die Vermittlung von historischen Inhalten hat. Um dieser Frage nachzugehen werden im Folgenden drei Schwerpunkte gesetzt. Der erste Teil thematisiert die Institution Museum als Lernort, dessen Funktionen für die Gesellschaft, den Wert der Objekte für die Museen und welche Trends sich in der aktuellen Museumslandschaft abzeichnen. Der zweite Schwerpunkt beschäftigt sich mit dem Begriff der Aura, dessen Definition, Eigenschaften und Entstehung. Der dritte Teil soll aus geschichtsdidaktischer Perspektive die Vermittlungsmethoden im Museum, sowie die Vor- und Nachteile der auratischen Wirkung auf die BesucherInnen aufzeigen, die hier einerseits Schülerinnen und Schüler, wie auch andererseits MuseumsbesucherInnen außerhalb vom schulischen Unterricht umfassen. Die Geschichtsdidaktik liefert für die hier benötigte Analyse die passenden Instrumente, weil sie zum einen die Wissenschaft zur Vermittlung von Geschichtsbewusstsein als höchstes Ziel ist und sich zum anderen auch mit der Geschichtskultur der Gesellschaft auseinandersetzt. Zum Schluss soll anhand dieser drei Schwerpunkte im Fazit der Stellenwert der auratischen Wirkung von Objekten auf die Aneignung von historischen Wissen bewertet werden.
Das Museum als Lernort
Die Funktion von Museen
Das erste Museum der Welt, das Britische Museum, entstand 1753 als staatliche Institution. Nach diesem Start ging die Entstehung der musealen Landschaft mit der Entstehung der bürgerlichen Gesellschaft einher. Doch diese war zunächst nur den Gebildeten zugänglich und nicht der gesamten Gesellschaft.10 Im Jahr 2006 gab es allein in Deutschland 6175 Museen, darunter wurden von Volkskunde- und Heimatkundemuseen über Kunstmuseen bis Naturwissenschaftlichen und technischen Museen subsumiert die über 100 Millionen Besuche erhielten.11
Unter den Besuchern können grob drei Typen ausgemacht werden. Die „existential visitors“, die vorwiegend jüngere und ältere Personen aus den unteren Einkommensschichten sind und sich nicht auf akademischen Niveau für die Vergangenheit interessieren. Daneben gibt es die „aesthetic visitors“ aus der gesellschaftlichen Mittelschicht. Hierbei sind es vorrangig Personen mittleren Alters oder Studierende, die sich der Vergangenheit aus ästhetischen Beweggründen annähern und diese auch öfter idealisieren - zum Beispiel in den Bereichen von Kunst und Handwerk. Als dritter Besuchertypus und zahlenmäßig am häufigsten vertretenen Gruppe sind die „social visitors“ zu nennen, die das Museum zu Unterhaltungs- und Bildungszwecken aufsuchen und dabei die vergangene Zeit seltener glorifizieren als die „aesthetic visitors“.12 So unterschiedlich die BesucherInnen und ihre Interessen sind, sind auch die vielen Museen, die meistens die traditionellen Eckpfeiler besitzen. Zu diesen zählt einerseits das Museumsobjekt und andererseits die Autorität des Museums, die es durch die detaillierte Analyse und Kontextualisierung der Objekte erhält.13
Das International Council of Museums definiert 2007 ein Museum als „[a] non-profit, permanent institution in the service of society and its developement, open to the public, which acquires, conserves, researches, communicates and exhibits the tangible and intangible heritage of humanity and its environment for the purposes of education, study and enjoyment.“14 Aus dieser Definition können die fünf Aufgaben von Museen entnommen werden. Das Sammeln und Bewahren von Objekten, die Forschung, die Präsentation und die Vermittlung von Wissen.15 Daraus ergeben sich auch die zwei wesentlichen Funktionen von Museen für die Gesellschaft. Zum einen ist dies die Impulsfunktion, bei der das Museum als eine Art Mentor „bei der Auseinandersetzung mit der Geschichtskultur der Gesellschaft“16 einnimmt, wenn in den Medien, Populärliteratur oder bei Jubiläen bestimmte historische Ereignisse thematisiert werden. Zum anderen resultiert daraus auch die Brückenfunktion bei der Vermittlung von Geschichtskultur17 und den Werten hinter den Deutungen der Geschichtswissenschaft.18
Die Heterogenität von Museen und deren BesucherInnen, sowie die Fülle von thematischen Schwerpunkten und Aufgaben und die fundamentalen Funktion für die Herausbildung der Geschichtskultur unserer Gesellschaft zeigt, wie wichtig die Institution Museum für die Aneignung von historischen Wissen und zur Ausbildung von Geschichtsbewusstsein ist.
Der Wert der Dinge für das Museum
Vor dem Paradigmenwechsel in den 1990er Jahren und bevor ein weitgreifender multimedialer Einsatz in den Museen einzog, wurden Ausstellungen vom musealen Exponat aus gedacht und konzipiert. Dies brachte den BesucherInnen eine kategorisch andere Erfahrung als denselben Inhalten durch Filme, Texte oder ähnlichen Mitteln zu begegnen.19 Diese Präsentationsart wird Musealisierung genannt und bedeutet eine beabsichtigte und bewusste Herstellung eines bedeutungsvollen Gegenstandes, dem Exponat im Museum.
[...]
1 Rüsen, Didaktik historischer Museen, S. 12.
2 Vgl. ebd. S. 11f.
3 Vgl. Kröll, Lernen und erleben, S. 15.
4 Vgl. ebd. S. 18.
5 Vgl. Schönemann, Geschichtsdidaktik, Geschichtskultur, Geschichtswissenschaft, S. 15ff.
6 Vgl. Schweibenz, Vom traditionellen zum virtuellen Museum, S. 60.
7 Vgl. Kößler, Aura und Ordnung, S. 80.
8 Schweibenz, Vom traditionellen zum virtuellen Museum S. 156ff.
9 Vgl. Hartung, Museen und Geschichtsunterricht, S. 15.
10 Vgl. Kröll, Lernen und erleben, S. 68f.
11 Vgl. Ebd. S. 75.
12 Weindl, „Aura“ des Originals, S. 39.
13 Vgl. Schweibenz, Vom traditionellen zum virtuellen Museum S.67.
14 Thiemeyer, Geschichte im Museum, S. 6.
15 Vgl. ebd. S. 7ff.
16 Kröll, Lernen und erleben, S. 15.
17 Vgl. ebd. 15f.
18 Vgl. Kößler, Aura und Ordnung, S. 76.
19 Vgl. Thiermeyer, Geschichte im Museum, S. 122.