Ziel dieser Arbeit ist es, die Besonderheit des Target Costing darzulegen, dabei die Unterschiede und die daraus resultierenden Vorteile und Nachteile zu klassischen Kostenrechnungssystemen zu erörtern und kritisch einzuschätzen. Dabei soll vor allem die praktische Relevanz des Target Costing anhand eines Beispiels veranschaulicht werden.
Klassische Kostenrechnungssysteme berücksichtigen nur in geringer Weise Kundenwünsche, Konsumentenpräferenzen und Marktsituationen. Ein weiteres Defizit stellen die fehlenden Informationen zur Ermittlung der Produktkosten in der Produktentwicklungsphase dar. Anlage 1 zeigt die Relevanz und Facetten von Kundenwünschen in einer Befragung von 2017. Das Preis-Leistungsverhältnis (48 %) und der Komfort (47%) sind die wichtigsten Aspekte für den Autokauf von Konsumenten. Die Schwierigkeit von Unternehmen liegt hierbei, den PKW so zu gestalten und zu produzieren, dass der Komfort entsprechend der Wünsche des Kunden gestaltet wird. Das Preis-Leistungsverhältnis muss auf der anderen Seite auch beachtet werden. Target Costing ist ein geeignetes Instrument um diese Herausforderungen, besonders in der frühen Entwicklungsphase, zu berücksichtigen und Kundenwünsche optimal zu beachten.
Um die Besonderheiten dieses Instruments herauszustellen, konzentriert sich die folgende Arbeit, auf das Ziel, den Ablauf und eine kritische Einschätzung des Target Costing. Dazu werden als erstes der Ansatz und die Ziele des Target Costing dargestellt. Dabei wird insbesondere auf die zentrale Fragestellung des Target Costing eingegangen, die von der traditionellen Fragestellung abgegrenzt wird. In diesem Punkt wird ausschließlich auf die Reinform des Target Costing, die "Market-Into-Company"-Methode eingegangen, da nur diese Methode eine überzeugende Orientierung am Markt darstellt. Im nächsten Gliederungspunkt werden der Ablauf und die Vorgehensweise des Target Costing in drei Schritten erläutert. Anschließend wird ein Fallbeispiel rechnerisch dargestellt und untersucht. Der darauffolgende Gliederungspunkt beschäftigt sich mit der kritischen Einschätzung. Dabei wird unter anderem die Verursachungsgerechtigkeit und Umsetzbarkeit dieses Instruments untersucht. Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Anlagenverzeichnis
1Einleitung
2Ansatz und Ziele des Target Costing
3Vorgehensweise und Ablauf
3.1 Grundsätzliches Vorgehen
3.2 Zielkostenplanung
3.3 Zielkostenspaltung
3.4 Zielkostenkontrolle
3.5 Fallbeispiel
4Kritische Einschätzung des Target Costing
4.1 Vorteile und Stärken
4.2 Nachteile und Schwächen
5Zusammenfassung
6 Literaturverzeichnis
7 Anlagen
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Anlagenverzeichnis
Anlage 1: Entscheidungskriterien für den Pkw-Kauf in Deutschland 2017
Anlage 2: Retrograde Kalkulation im Target Costing
Anlage 3: Anwendungsbereiche des Target Costing
Anlage 4: Ablauf des Target Costing
Anlage 5: Zielkostenfestlegung in deutschen Unternehmen
Anlage 6: Prozess zur Bestimmung der Zielkosten
Anlage 7: Beispielhaftes Zielkostenkontrolldiagramm
Anlage 8: Ermittlung der Allowable Costs am Fallbeispiel
Anlage 9: Zielkostenspaltung am Fallbeispiel
Anlage 10: Zielkostenkontrolle am Fallbeispiel
1 Einleitung
Klassische Kostenrechnungssysteme berücksichtigen nur in geringer Weise Kundenwünsche, Konsumentenpräferenzen und Marktsituationen. Ein weiteres Defizit stellen die fehlenden Informationen zur Ermittlung der Produktkosten in der Produktentwicklungsphase dar.1 Anlage 1 zeigt die Relevanz und Facetten von Kundenwünschen in einer Befragung von 2017. Das Preis-Leistungsverhältnis (48 %) und der Komfort (47%) sind die wichtigsten Aspekte für den Autokauf von Konsumenten. Die Schwierigkeit von Unternehmen liegt hierbei, den PKW so zu gestalten und zu produzieren, dass der Komfort entsprechend der Wünsche des Kunden gestaltet wird. Das PreisLeistungsverhältnis muss auf der anderen Seite auch beachtet werden. Target Costing ist ein geeignetes Instrument um diese Herausforderungen, besonders in der frühen Entwicklungsphase, zu berücksichtigen und Kundenwünsche optimal zu beachten.2
Um die Besonderheiten dieses Instruments herauszustellen, konzentriert sich die folgende Arbeit, auf das Ziel, den Ablauf und eine kritische Einschätzung des Target Costing. Dazu werden als erstes der Ansatz und die Ziele des Target Costing dargestellt. Dabei wird insbesondere auf die zentrale Fragestellung des Target Costing eingegangen, die von der traditionellen Fragestellung abgegrenzt wird. In diesem Punkt wird ausschließlich auf die Reinform des Target Costing, die „Market-into-company“-Methode eingegangen, da nur diese Methode eine überzeugende Orientierung am Markt darstellt.3 Im nächsten Gliederungspunkt werden der Ablauf und die Vorgehensweise des Target Costing in drei Schritten erläutert. Anschließend wird ein Fallbeispiel rechnerisch dargestellt und untersucht. Der darauffolgende Gliederungspunkt beschäftigt sich mit der kritischen Einschätzung. Dabei wird unter anderem die Verursachungsgerechtigkeit und Umsetzbarkeit dieses Instruments untersucht. Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse.
Ziel dieser Arbeit ist es, die Besonderheit des Target Costing darzulegen, dabei die Unterschiede und die daraus resultierenden Vorteile und Nachteile zu klassischen Kostenrechnungssystemen zu erörtern und kritisch einzuschätzen. Dabei soll vor allem die praktische Relevanz des Target Costing anhand eines Beispiels veranschaulicht werden.
2 Ansatz und Ziele des Target Costing
Seit Beginn 1990 bewährt sich das Target Costing für die Einführung und Entwicklung neuer Güter in Deutschland.4 Das bekannte japanische Unternehmen Toyota hat dieses Verfahren 1965 entwickelt.5 Target Costing beschäftigt sich nicht mit der traditionellen Fragestellung „Was wird das Produkt kosten?“6, sondern konzentriert sich auf die Fragestellung „Was darf das Produkt kosten?“ 7 . Anstelle von der traditionellen Zuschlagskalkulation werden die Zielkosten beim Target Costing retrograd errechnet, wie in Anlage 2 dargestellt ist. Verändert sich das Angebot so, dass es größer ist als die Nachfrage, liegt ein Käufermarkt vor.8 In diesem Fall können die Preise nicht mehr durch einen Gewinnzuschlag auf die Selbstkosten bestimmt werden, sondern es muss geprüft werden, welche Preisbereitschaft vorliegt.9
Target Costing ist nach Joos nicht als Kostenrechnungsverfahren10 anzusehen, sondern ein Prozess, der sich im gesamten Unternehmen an Kunden und Markbedingungen orientiert. Die Qualität oder Funktionalität eines Produktes werden damit explizit in den Fokus gestellt, die erst durch den gewünschten Preis festgelegt werden. Durch die Kundenorientiertheit maximiert sich das Marktbestehen und schützt das Unternehmen folglich vor Fehlentscheidungen durch Produktentwicklungen.11
Anlage 3 zeigt die wichtigsten Ziele des Target Costing. Die Abbildung veranschaulicht Target Costing als ein Verbindungsstück zwischen Marktforschung und dem Produktentwicklungsprozess. Es wirkt sich auf die Produktentwicklung aus, da die Forschung und Entwicklung strategisch und zielgerichtet entsprechend der Marktsituation und den Kundenpräferenzen angepasst wird. Darüber hinaus können Kosten bereits bestehender Produkte gesenkt werden, indem die, für den Kunden wichtigen, Merkmale in den Vordergrund gestellt und andere Merkmale rationalisiert werden.12 Eine weitere Eigenschaft des Target Costing stellt die verbesserte Planungsarbeit dar. Durch eine bereichsübergreifende Zusammenarbeit des Unternehmens und der Mitarbeiter ist die Planungsarbeit bevorteilt. Ein Nebeneffekt bietet die Erhöhung der Mitarbeitermotivation durch die Umsetzung in Teamarbeit.13 Eine weitere Zielsetzung ist die Erhöhung der Effizienz. Es sollten die geringsten Herstellungskosten für ein Produkt festgestellt werden.14
3 Vorgehensweise und Ablauf
3.1 Grundsätzliches Vorgehen
Der Ablauf des Target Costing kann in 3 Phasen (Zielkostenplanung, Zielkostenspaltung, Zielkostenkontrolle) eingeteilt werden. Die folgende Anlage 4 zeigt eine Übersicht über die 3 Phasen des Target Costing. In der Vorphase wird durch das Unternehmen ein erster Produktentwurf erstellt. Dieser orientiert sich an den Strategien des Unternehmens.15 Der Produktentwurf und die weitere Vorgehensweise findet in einem Target Costing Team statt. Dieses Team setzt sich aus unterschiedlichen Abteilungen z.B. Controlling, Einkauf oder Entwicklung eines Unternehmens zusammen und wird einem Projektleiter unterstellt.16 Zuerst werden nach Anlage 4 die gesamten produktbezogenen Zielkosten festgelegt. Anschließend werden diese Zielkosten aufgespalten. Dadurch werden die Zielkostenanteile für die Produktkomponenten und -teile ermittelt. Im letzten Schritt werden die Zielkosten kontrolliert und Beeinflussungen bestimmt, sowie mit laufenden Soll-/Ist-Analysen kontrolliert.
3.2 Zielkostenplanung
Für die Zielkostenbestimmung lassen sich eine Vielzahl von Konzepten finden. Im Folgenden wird sich ausschließlich auf die „Market-into-Company“-Methode konzentriert. Anlage 5 zeigt die Relevanz dieser Methode in deutschen Unternehmen. Fast 50 % der deutschen Unternehmen nutzen diese, da nur hierbei eine konsequente Orientierung am Markt möglich ist.17 Bei dieser Methode wird retrograd der Zielgewinn von dem Zielverkaufspreis abgezogen, so dass sich die Zielkosten ergeben.18 Im ersten Schritt wird der Zielverkaufspreis mit der dazugehörigen Stückzahl ermittelt. Es muss der Wert ermittelt werden, den der Kunde ausgibt, um das Produkt mit den entsprechenden Eigenschaften zu kaufen. Ein bewährtes Verfahren stellt die Conjoint-Analyse dar. Bei dieser Methode werden verschiedene Produktprofile in verschiedenen Ausprägungen von Produktmerkmalen durch die Versuchspersonen präferiert. Durch eine quantitative Nutzwertanalyse werden die einzelnen Nutzwerte der Merkmale berechnet. Anhand dieser Nutzwerte lässt sich die Bedeutsamkeit der Produktmerkmale und deren Preis auswerten. Der anschließend errechnete pauschale Durchschnittspreis zeigt auf, was der Kunde bereit ist, für das Produkt auszugeben, der sogenannte Target Price. Mit dieser Methode kann der Zielverkaufspreis bzw. der erlaubte Preis festgelegt werden.19
Target Price - Target Margin= Allowable Costs20
Um die Zielkosten, die sogenannten Allowable Costs, zu ermittelt, wird vorher die vom Unternehmen geplante Gewinnmarge benötigt, um diese von dem Target Price abzuziehen.21 Die geplante Gewinnmarge bzw. der Target Margin wird z.B. durch die Umsatzrendite oder die Gesamtkapitalrendite festgelegt. Grundsätzlich gibt es dafür keine Empfehlungen. Es finden dabei Ziele des Unternehmens und die Situation des Wettbewerbs Berücksichtigung.22 Die erlaubten Kosten sind meist niedriger als die Kosten, die bei gewöhnlicher Herstellung benötigt werden. Diese Standardkosten sind als Drifting Costs bekannt. Dementsprechend sind es jene Kosten, die zum derzeitigen Zeitpunkt unter Berücksichtigung der technischen und personellen Ausstattung des Unternehmens anfallen.23 Werden die Standardkosten von den erlaubten Kosten abgezogen, ermittelt sich eine Zielkostenlücke, der Target Gap. Die Zielkostenlücke zeigt den
Kostenreduzierungsbedarf des Unternehmens an.24 Diese Lücke kann minimiert werden, indem das Unternehmen durch vor- oder nachgelagerte Abteilungen, Kostensenkungsmaßnahmen einleitet. Anlage 6 zeigt hierfür eine Vielzahl von Abteilungen. Eine Möglichkeit könnte durch die Abteilung Einkauf umgesetzt werden. Die Einkaufsabteilung könnte neue Lieferanten ausfindig machen, die günstigere Preise für die entsprechenden Materialien anbieten. Weitere Ausführungen werden im nächsten Gliederungspunkt dargestellt.25
Allowable Costs-Drifting Costs = Target Gap26
Üblicherweise werden die Zielkosten zunächst zwischen den Allowable und Drifting Costs festgelegt in Abhängigkeit der Situation des Wettbewerbs und der Unternehmensstrategie. Nach diesem Schritt sind pauschale Zielkosten zu ermitteln. Diese Zielkosten müssen jedoch noch weiter definiert und gespalten werden, um weitere Kostensenkungen umzusetzen und die optimalen Zielkosten festzulegen.27
3.3 Zielkostenspaltung
Nach der Zielkostenbestimmung für ein Produkt erfolgt die Zielkostenspaltung. Dabei werden als erstes die vom Markt ermittelten Produktfunktionen in einem Grobentwurf definiert. Anschließend werden diese entsprechenden Produktfunktionen durch Probanden gewichtet.
Diese Erhebungen können wieder z.B. durch die Conjoint-Analyse bestimmt werden.28 Mit Hilfe von Conjoint-Analysen werden die harten oder weichen Faktoren des Produktes analysiert. Harte Faktoren stellen mechanische Faktoren eines Produktes dar, wie z.B. das Gewicht eines Autos. Weiche Faktoren hingegen stellen die Komforteigenschaft dar, wie beispielsweise die Bedienfreundlichkeit einer Einparkhilfe.29
In der Zielkostenspaltung werden komponentenbezogene Einzel- und Gemeinkosten mit einbezogen. Die vom Markt ermittelten Produktfunktionen müssen anhand von Kundenpräferenzen den Produktkomponenten in einer Komponenten-/Funktionsmatrix zugeordnet werden. Dabei sind die Beiträge zur Erfüllung der einzelnen Funktion zu berücksichtigen. Anschließend werden die Bedeutungsanteile mit den Beiträgen gewichtet und über alle Funktionen des Produktes summiert. Aus diesen Berechnungen entsteht der Nutzenanteil der Komponente und die erlaubten Kosten je einzelner Komponente.30
Um den Kostenreduktionsbedarf festzustellen, bieten sich eine Berechnung des Zielkostenindex und die nachfolgende Darstellung in einem Zielkostendiagramm an. Für den Zielkostenindex wird der Nutzenanteil einer Komponente durch den Kostenanteil einer Komponente dividiert.31 Der Kostenanteil einer Komponente ergibt sich aus den voraussichtlichen Komponenten der Vorkalkulation dividiert durch die gesamten Zielkosten des Produktes.32 Der Idealfall des Zielkostenindex ist 1, da in diesem Fall der Nutzenanteil gleich dem Kostenanteil an den Drifting Costs entspricht. Ist der Wert kleiner als 1, könnte die Komponente, verglichen mit anderen Komponenten, „zu aufwendig“ sein. Es besteht ein Kostenreduzierungsbedarf. Dementsprechend ist ein Wert größer 1, als „zu einfach“ zu deuten, da die anfallenden Kosten nicht so hoch sind wie die relative Bedeutung für die Kunden. Es besteht ein Wertsteigerungsbedarf.33
3.4 Zielkostenkontrolle
Durch ein Zielkostenkontrolldiagramm können die Positionen der einzelnen Komponenten im Zielkostenkorridor dargestellt werden. Anlage 7 zeigt beispielhaft ein Zielkostendiagramm. Dieses Diagramm zeigt auf der X-Achse den Bedeutungsgrad bzw. den Nutzenanteil und auf der Y-Achse den Kostenanteil in %. Ist der Kostenanteil gleich dem Bedeutungsgrad, ist der Zielkostenindex 1 und verläuft proportional.34 Diese Linie zeichnet sich als Ideallinie aus, da Kosten und Nutzen ideal sind. Da in der Praxis diese Anforderungen zu streng sind, umgibt diese Linie ein gewisser Toleranzbereich, der mit steigender Bedeutung weniger wird.35 Die folgenden Exponentialfunktionen dienen zur Bestimmung dieses Toleranzbereiches. Der Parameter q stellt die Breite des Toleranzbereiches dar und ist von dem Unternehmen individuell festzulegen.36 Tanaka empfiehlt üblicherweise einen kleineren Wert als 20.37 38
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Oberhalb des Zielkostenkorridors ist das Produkt zu aufwendig und es besteht ein Kostenreduktionsbedarf. Kunden akzeptieren diesen Preis nicht. Unterhalb des Zielkostenkorridors besteht ein Wertsteigerungsbedarf. Das Produkt ist zu einfach und die Funktionen müssen verbessert werden. Innerhalb des Zielkostenkorridors besteht kein Handlungsbedarf. Die Wichtung des Kunden stimmt mit Kostenanteilen überein.39
Um die Kostenlücke zu schließen gibt es 3 Ansätze. Der erste ist ein technologischer Ansatz. Dabei kann auf Datenbanken sogenannte Cost Tables zurückgegriffen werden, um die Kalkulation mit verschiedenen Materialien und Fertigungsverfahren zu unterstützen. Andererseits kann auf sogenannte Wertanalysen zurückgegriffen werden. Wertanalysen werden genutzt, um unnötige Kosten zu ermitteln und Konstruktionsverbesserungen umzusetzen.40
Den zweiten Ansatz zur Schmälerung der Kostenlücke, stellt der produkt- und prozessorientierte Ansatz dar. Dabei werden Hilfsmittel wie das Benchmarking oder die Prozesskostenrechnung genutzt. Das Benchmarking deckt Kostensenkungspotentiale auf, indem es die Funktionen, Prozesse und Produkte mit sogenannten „Best-practice Unternehmen“ vergleicht. Mit Hilfe der Prozesskostenrechnung können die Drifiting Costs ermittelt und Kostenwirkungen von Konstruktionsalternativen im direkten Bereich aufgezeigt werden.41
Der dritte Ansatz ist ein organisatorischer Ansatz. Zum einen können die Lagerkapazitäten verringert werden, indem Lieferungen nach dem Just-in-Time Verfahren abgewickelt werden.42 Just-in-Time bedeutet, dass die Lieferung erst bei Bedarf von dem Zulieferer bereitgestellt und geliefert wird.43 Ein anderes organisatorisches Verfahren ist Kanban. Dabei werden die Lagerkapazitäten auch reduziert und die Fertigung mit einem gleichmäßigen Fluss umgesetzt.44 Organisatorische Maßnahmen wirken nur mittel- bis langfristig.45
3.5 Fallbeispiel
Wie bereits im Eingangsbeispiel dargestellt, besteht die Schwierigkeit der Unternehmen darin, Kundenwünsche unter Preisberücksichtigung zu ermitteln. Da ein Auto in der heutigen Zeit aus bis zu 10.000 einzelnen Teilen besteht46, wird im Folgenden ein stark vereinfachtes Fallbeispiel dargestellt. Der erste Schritt ist die Zielkostenfestlegung wie in Anlage 8. Im Beispiel werden die Standardkosten auf 9.000 € geschätzt. Am Absatzmarkt können 10.000 PKW mit einem Preis von 5.000 € je Stück abgesetzt werden. Bei einer gewünschten Umsatzrendite von 15 % ergeben sich erlaubte Kosten von 42,5 Mio. €. Durch den Gemeinkostenaufschlag ergeben sich 4.310 € Zielkosten pro Auto.
Im nächsten Schritt werden die Produktkomponenten und Merkmale gewichtet und der Nutzenanteil je Komponente ermittelt (vgl. Anlage 9). Der Nutzenanteil für den Motor ist 25,5, für das Gehäuse 29,5 und für die Innenausstattung 45,0. Anschließend wird der Reduzierungsbedarf festgestellt, indem die Zielkosten den Standardkosten gegenüber gestellt werden. Die Innenausstattung weist den größten Reduzierungsbedarf auf. Hier müssten Kostensenkungen von mehr als 2.000 € vorgenommen werden. Durch neue Lieferanten oder verbesserte Produktionsabläufe wäre das umsetzbar. Darauf folgend wird der Zielkostenindex ermittelt. Der Nutzenanteil wird dem Kostenanteil gegenüber gestellt. Der Motor des Autos hat einen Zielkostenindex von 0,77. Der Motor scheint zu einfach zu sein, es besteht Spielraum für Funktionsverbesserung. Das Gehäuse des PKW hingegen scheint zu aufwendig zu sein mit einem Zielkostenindex von 1,33. Die Innenausstattung weist fast den Idealfall auf, mit einem Zielkostenindex von 1,01. Das bedeutet der Nutzenanteil entspricht fast genau dem Kostenanteil.
Im letzten Schritt erfolgt die Kostenkontrolle mit Darstellung eines Zielkostendiagrammes, wie in Anlage 10 dargestellt ist. In diesem Beispiel wurde ein Toleranzbereich von q=3 % festgelegt. Anschließend wurde die Ideallinie dargestellt und mit Hilfstabellen die Ober-und Untergrenze des Zielkorridors festgelegt. Dann werden die drei Komponenten abgetragen.
4 Kritische Einschätzung des Target Costing
4.1. Vorteile und Stärken
Das Target Costing hat eine Vielzahl von Vorteilen, die sich direkt aus dem Ansatz und den Zielen des Target Costing ableiten lassen. Zum einen werden die Präferenzen des Kunden mit einbezogen, der Verkaufspreis direkt durch den Kunden bestimmt und zum anderen erfolgt eine konsequente Marktorientierung.47 Besonders durch die konsequente Marktorientierung gelingt es dem Unternehmen seine Wettbewerbsfähigkeit und Rentabilität zu stärken. Durch die Orientierung am Kunden werden die Eigenschaften nicht überangeboten und der Effekt „Over-Engineering“ reduziert.48 Andererseits werden Fehlentscheidungen des Unternehmens minimiert.
Abgesehen davon hat das Target Costing im Vergleich zu herkömmlichen Kostenrechnungsverfahren den Vorteil, dass bereits in der frühen Produktentwicklung circa 70-90 % der späteren Kosten bestimmt werden können. Dadurch lassen sich frühzeitig Kostengestaltungs- und Kostensenkungsmaßnahmen einleiten.49 In diesem Prozess werden überflüssige Kosten gestrichen. Das erhöht die Effektivität des Unternehmens. Ein Beispiel ist die Entscheidung zwischen Eigen- oder Fremdfertigung. Durch die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit im Unternehmen besteht zudem auch ein Vorteil im Wissensaustausch der Mitarbeiter. Diese Zusammenarbeit erhöht den Teamgeist.50
Ein weiterer Effekt stellt die Einhaltung von Ziel- und Budgetvorhaben dar. Durch die klaren Zielvorgaben sind die Zielkosten als Orientierungsgröße vorgegeben, die durch abteilungsübergreifender Zusammenarbeit umgesetzt werden müssen. Die Zielkosten lassen sich steuern und planen und spiegeln damit den Koordinationsgedanken des Controllings wider.51
4.2 Nachteile und Schwächen
Neben den zahlreichen Stärken hat dieses System auch eine Vielzahl von Schwächen vorzuzeigen, insbesondere in der praktischen Umsetzung. Die Probleme sind schon bei der Erhebung von Marktforschungsdaten erkennbar. Zum einen ist die Erhebung von Daten sehr aufwendig und zum anderen sind diese Daten risikobehaftet. Die Gefahr, bestimmte Produkteigenschaften zu übersehen und nicht in die Kalkulation mit aufzunehmen, ist groß. Darüber hinaus können nur eine bestimmte Anzahl von Eigenschaften abgefragt werden, da sonst der befragte Konsument überfordert wird.52 Davon ab sind Produktinnovationen eine besondere Herausforderung für Unternehmen. Da dafür Informationen nur begrenzt über die Marktforschung ermittelt werden können, weil der Konsument die Vorzüge des Produkts weder qualitativ noch quantitativ beurteilen kann.53 Zusammenfassend steigt die Ungenauigkeit der Produktkalkulation mit zunehmendem Innovationsgrad.54
Eine weitere Schwäche stellt die Annahme der Linearität dar. Es besteht die Annahme, dass der Wert des Produktes linear zu den Kosten steht. Aus Kundensicht ist das nicht realitätsnah. Wird beispielsweise die Leistung des Autos um 10 % erhöht, kann das mehr als 10 % Kostensteigerung bedeuten.55
Ein weiteres Problem stellt die Ermittlung des investierten Kapitals dar. Um den Target Margin festzulegen, wird meistens eine Kapitalrentabilität genutzt. Dazu muss das erforderliche Kapital ermittelt werden. Die Zuordnung von Gebäuden, die gemeinsam genutzt werden, stellt eine besondere Herausforderung an die Unternehmen dar. Diese Zuordnung verläuft nicht verursachungsgerecht, da es schwierig ist, einem Erzeugnis genau das investierte Kapital zuzuordnen.56 Grundsätzlich werden nur Durchschnittsgrößen genutzt. Folglich wird im Target Costing ein statischer Ansatz umgesetzt.57
Durch ständige abteilungsübergreifende Abstimmungen steigen der Koordinationsaufwand und damit auch die Kosten. Auf der einen Seite bietet sich darin zwar ein Vorteil, da alle Mitarbeiter zusammen arbeiten, aber auf der anderen Seite entstehen dadurch sehr hohe Projektkosten, die einen Nachteil darstellen.58
Darüber hinaus stellt der Vollkostenansatz einen weiteren Nachteil dar. Durch die Vollkostenrechnung werden den Produkten bzw. den Produktkomponenten Gemeinkosten zugeordnet. Durch die Zuordnung von Gemeinkosten wird das Verursachungsprinzip nicht beachtet. Es kommt zu Ungenauigkeiten, da dem Kostenträger nicht nur Kosten zugeordnet werden, die dieser verursacht. Götze empfiehlt hier eine Mehrstufige Fixkostendeckungsrechnung oder Prozesskostenrechnung durchzuführen.59
5 Zusammenfassung
Die Besonderheit des Target Costing liegt an der starken Kunden- und Marktorientierung. Es wird nicht die traditionelle Zuschlagskalkulation verwendet, sondern es erfolgt eine retrograde Ermittlung der Zielkosten. Es steht nicht die Frage im Fokus „Was wird das Produkt kosten? “, sondern vielmehr „Was darf das Produkt kosten?“. Die wichtigsten Ziele sind die Steuerung und Planung von Prozessen, die frühzeitige Festlegung der Kosten, die absolute Kunden-und Marktorientierung, die bereichsübergreifende Zusammenarbeit und die hohe Effizienz durch die schnelle Einführung von Kostensenkungsmöglichkeiten.
Der Ablauf des Target Costing ist in Zielkostenplanung, Zielkostenspaltung und Zielkostenkontrolle eingeteilt. Dabei werden durch den Ansatz der „Market-into-Company“ Methode die Zielkosten ermittelt und der Kostenreduktionsbedarf festgestellt und eingeleitet.
Das Target Costing zeigt viele Vorteile auf. Besonders durch die konsequente Marktorientierung wird die Wettbewerbssicherheit des Unternehmens gestärkt und die Rentabilität erhöht. Der Effekt des „Over-Engineering“ wird geschmälert und die Fehlentscheidungen des Unternehmens reduziert. Darüber hinaus wird der Teamgeist gestärkt, da eine abteilungsübergreifende Zusammenarbeit besteht.
Besonders die praktische Umsetzbarkeit und Verursachungsgerechtigkeit weisen enorme Defizite auf. Zum einen bestehen besondere Herausforderungen bei Innovationen, da die Informationen nur begrenzt erhoben werden können. Zum anderen gibt es Herausforderungen für bestehende Produkte, da die Daten meistens risikobehaftet sind. Das Fallbeispiel zeigt, wie schwierig es ist, alle Produktkomponenten mit einzubeziehen. Ein Auto besteht aus vielen Teilen und die Datenerhebung ist somit sehr aufwendig.
Durch die Zurechnung von Gemein- und Einzelkosten auf den Kostenträger wird der Vollkostenansatz verfolgt. Dieses Verfahren entspricht nicht dem Verursachungsprinzip. Es kommt zu Ungenauigkeiten. Auch bei der Zuordnung des investierten Kapitals kommt es zu Ungenauigkeiten, da dort der statische Ansatz verfolgt wird. Der Koordinationsaufwand stellt einen weiteren Nachteil dar, da die Projektkosten steigen.
[...]
1 Vgl. Jung, H.: [Controlling], 2011, S. 85.
2 Vgl. Joos, T.: [Kostenmanagement], 2014, S. 303.
3 Vgl. Eberlein, J.: [Controlling], 2010, S. 349.
4 Vgl. Joos, T.: [Kostenmanagement], 2014, S. 302.
5 Vgl. Horvath, P.: [Target Costing], 1993, S. 3.
6 Ewert, R./ Wagenhofer A.: [Unternehmensrechnung], S.270 f
7 Ewert, R./ Wagenhofer A.: [Unternehmensrechnung], S.270 f.
8 Vgl. Weiskopf, V.: [Käufermarkt], Online, 29.04.2018.
9 Vgl. Hubert, B: [Unternehmenssteuerung], 2013, S. 56.
10Vgl. Joos, T.: [Kostenmanagement], 2014, S. 302.
11Vgl. Eberlein, J.: [Controlling], 2010, S. 348 f.
12Vgl. Horvath, P.: [Target Costing], 1993, S. 4.
13Vgl. Riegler, C.: [Target Costing], 1996, S. 35 f.
14Vgl. Konradin Business GmbH :[Zielpreisgestalter], 2010, S.42 f.
15 Vgl. Götze, U.: [Kostenrechnung], 2010, S. 284.
16 Vgl. Joos, T.: [Kostenmanagement], 2014, S. 303 f.
17 Vgl. Betriebswirtschaft: [Zielkostenfestlegung], Online, 30.04.2018.
18 Vgl. Joos, T.: [Kostenmanagement], 2014, S. 306.
19 Vgl. Götze, U.: [Kostenrechnung], 2010, S. 285.
20 Vgl. Eberlein, J.: [Controlling], 2010, S. 351.
21 Vgl. Eberlein, J.: [Controlling], 2010, S. 351.
22 Vgl. Ewert, R./ Wagenhofer A.: [Unternehmensrechnung], S. 272.
23 Vgl. Eberlein, J.: [Controlling], 2010, S. 351.
24 Vgl. Eberlein, J.: [Controlling], 2010, S. 352.
25 Vgl. Business - Wissen.: [Zielkostenrechnung], Online, 29.04.2018.
26 Vgl. Eberlein, J.: [Controlling], 2010, S. 352.
27 Vgl. Götze, U.: [Kostenrechnung], 2010, S. 285 f.
28 Vgl. Götze, U.: [Kostenrechnung], 2010, S. 284 f.
29 Vgl. Schmaus, P.: [Conjoint-Analysen], 2013, S. 686.
30 Vgl. Götze, U.: [Kostenrechnung], 2010, S. 287.
31 Vgl. Götze, U.: [Kostenrechnung], 2010, S. 287.
32 Vgl. Joos, T.: [Kostenmanagement], 2014, S. 315.
33 Vgl. Eberlein, J.: [Controlling], 2010, S. 352 f.
34 Vgl. Georg S.: [Value Control Chart], Online, 01.05.2018.
35 Vgl. Eberlein, J.: [Controlling], 2010, S. 353.
36 Vgl. Götze, U.: [Kostenrechnung], 2010, S. 289.
37 Vgl. Horvath, P.: [Target Costing], 1993, S. 135.
38 Götze, U.: [Kostenrechnung], 2010, S. 289.
39 Vgl. Georg S.: [Value Control Chart], Online, 01.05.2018.
40 Vgl. Horvath, P.: [Target Costing], 1993, S. 16 ff.
41 Vgl. Horvath, P.: [Target Costing], 1993, S. 19.
42 Vgl. Horvath, P.: [Target Costing], 1993, S. 20.
43 Vgl. Logistik Info: [Just in Time], Online, 01.05.2018.
44 Vgl. Kanban Plakate: [Kanban], Online, 01.05.2018.
45 Vgl. Horvath, P.: [Target Costing], 1993, S. 20.
46 Vgl. Kaufmann, F.: [Auto], Online, 06.05.2018.
47 Vgl. Eberlein, J.: [Controlling], 2010, S. 348.
48 Vgl. Schmaus, P.: [Conjoint-Analysen], 2013, S. 686.
49 Vgl. Reinecke, S./ Jans, S.: [Marketingcontrolling], 2009, S. 97.
50 Vgl. Ewert, R./ Wagenhofer A.: [Unternehmensrechnung], S.273 f.
51 Vgl. Eberlein, J.: [Controlling], 2010, S. 348.
52 Vgl. Seidenschwarz, W.:[Zielkostenmanagement], 1993, S. 206.
53 Vgl. Preissetzung: [Pricing], Online, 05.05.2018.
54 Vgl. Eberlein, J.: [Controlling], 2010, S. 351.
55 Vgl. Preissetzung: [Pricing], Online, 05.05.2018.
56 Vgl. Joos, T.: [Kostenmanagement], 2014, S. 307.
57 Vgl. Götze, U.: [Kostenrechnung], 2010, S. 298.
58 Vgl. Georg S.: [Beurteilung], Online, 06.05.2018.
59 Vgl. Götze, U.: [Kostenrechnung], 2010, S. 297.