Die Arbeit soll einen Überblick über die seit dem 12. Dezember 2011 in Kraft getretenen Regelungen der EU-Verbraucherrechte-Richtlinie über die Informationspflichten eines Unternehmers bei Außergeschäftsraumverträgen, und deren gesetzlichen Umsetzung in Gestalt der neuen, ab dem 13. Juni 2014 geltenden Verbraucherschutzvorschriften, geben.
Die Arbeit geht der Frage nach, ob die heute geltenden Informationspflichten, nach welchen der Unternehmer verpflichtet ist, über zahlreiche Modalitäten des Kaufgegenstandes den Verbraucher vor der Abgabe seiner Willenserklärung aufzuklären, damit dieser beim Treffen seiner Kaufentscheidung über relevante Umstände weiß, und selbstbewusst, sicherer und autonomer handeln kann, das angestrebte Ziel noch fördern, oder ob vielleicht gerade wegen ihrer ausgedehnten Reichweite und Fülle an Informationen und Pflichten eine angemessene Inkenntnissetzung des Verbrauchers über die relevanten Umstände und Ihre Rechte inzwischen nicht mehr möglich ist und ob somit insgesamt ein Reformbedarf auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes, spezifisch bei den Informationspflichten herrscht.
Gliederung
A ZU DEN ZIELSETZUNGEN DIESER ARBEIT
B ALLGEMEINES ZU DEN INFORMATIONSPFLICHTEN BEI AUßERGESCHÄFTSRAUMVERTRÄGEN
I. GESETZGEBERISCHE INTENTION
II. ALLGEMEINES
III. AUßERGESCHÄFTSRAUMVERTRAG
C INFORMATIONSPFLICHTEN
I. ÜBERSICHT DER INFORMATIONSPFLICHTEN
II. INFORMATIONSINHALTE NACH ART. 246A § 1 I EGBGB
1. INFORMATIONEN ZUM PRODUKT
2. INFORMATIONEN ZUM UNTERNEHMER
3. INFORMATIONEN ZUM PREIS UND KOSTEN
4. INFORMATIONEN ZU ZAHLUNGS- UND LIEFERBEDINGUNGEN
5. INFORMATIONEN ZU BESONDEREN VERBRAUCHERRECHTEN
6. INFORMATIONEN ZUM WIDERRUFSRECHT
D MODALITÄTEN DER INFORMATIONSERTEILUNG
I. ALLGEMEINES
II. FORM BEI AGV
III. ZEITPUNKT
IV. TRANSPARENZGEBOT
V. AGB
E RECHTE DES VERBRAUCHERS BEI VERLETZUNG VON INFORMATIONSPFLICHTEN
F TRENDS, AUSSICHTEN, KRITIK
G FAZIT
Literaturverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
A ZU DEN ZIELSETZUNGEN DIESER ARBEIT
Die Arbeit soll einen Überblick über die seit dem 12. Dezember 2011 in Kraft getretenen Regelungen der EU-Verbraucherrechte-Richtlinie über die Informationspflichten eines Unternehmers bei Außergeschäftsraumverträgen, und deren gesetzlichen Umsetzung in Gestalt der neuen, ab dem 13. Juni 2014 geltenden Verbraucherschutzvorschriften, geben.
Die Arbeit geht der Frage nach, ob die heute geltenden Informationspflichten, nach welchen der Unternehmer verpflichtet ist, über zahlreiche Modalitäten des Kaufgegenstandes den Verbraucher vor der Abgabe seiner Willenserklärung aufzuklären, damit dieser beim Treffen seiner Kaufentscheidung über relevante Umstände weiß, und selbstbewusst, sicherer und autonomer handeln kann, das angestrebte Ziel noch fördern, oder ob vielleicht gerade wegen ihrer ausgedehnten Reichweite und Fülle an Informationen und Pflichten eine angemessene Inkenntnissetzung des Verbrauchers über die relevanten Umstände und Ihre Rechte inzwischen nicht mehr möglich ist und ob somit insgesamt ein Reformbedarf auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes, spezifisch bei den Informationspflichten herrscht.
B Allgemeines zu den Informationspflichten bei Außergeschäftsraumverträgen
I. Gesetzgeberische Intention
Die Notwendigkeit der Einführung von Verbraucherschutzvorschriften spezifisch betrachtet von Informationspflichten ergab sich daraus, dass das - zunehmend internationale - Angebot an Waren und Dienstleistungen sich häufig nicht mehr überschauen ließ; dass die Verbraucher meistens oft nicht in der Lage waren, die zahlreichen Angebote bezüglich Qualität, Preis und sonstiger Konditionen zu vergleichen; dass wegen der wachsenden Verbreitung neuer Werkstoffe und Fertigungsmethoden ihre Kenntnisse oft nicht einmal ausreichten, um nur die Zusammensetzung und Herstellungsart eines bestimmten Einzelprodukts sowie etwaige damit verbundene Gefahren für ihre Sicherheit oder Gesundheit zu beurteilen.1
Den Bemühungen, die international überall wurzelnde Unterlegenheit der Verbraucher zurückzudrängen zu versuchen, hat der europäische Gesetzgeber in Form der 2011/83/EU VerbR-RL Rechnung getragen. Diese RL wurde zur Abänderung der bis dahin geltenden RL 1999/44/EG des Europäischen Parlaments erlassen,2 und sieht als wesentliche Inhaltsänderung ein europaweites Vollharmonisierungs-Erfordernis vor. Dieses Erfordernis der Vollharmonisierung, was für jedes EU-Mitglied verbindlich ist, soll den Verbraucherschutz erhöhen und den gemeinsamen Binnenmarkt fördern.3
Die Umsetzung der VerbR-RL 2011/83/EU in das deutsche Vertragsrecht erfolgte am 13. Juni 2014.4 Zweck dieser Verbraucherschutzvorschriften waren zum einen die Balancierung der aus der strukturellen Unterlegenheit des Verbrauchers gegenüber dem Unternehmer folgenden Defizite, und zum anderen, die spezifisch für diese Arbeit zu betrachtende, der in § 312d BGB i.V.m. Art. 246a EGBGB kodifizierten Informationspflichten des Unternehmers, durch die Zusammenführung, und Überarbeitung der Richtlinien, 85/577/EWG über außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge und 97/7/EWG über Fernabsatzverträge gem. Erwägungsgrund 2 VerbR-RL 2011/83/EU5, im Versandhandel und im Direktvertrieb transparenter zu machen,6 also die Klarheit und Übersichtlichkeit des Gesetzestextes, sowie insgesamt die Rechtssicherheit zu fördern und somit zeitgleich sowohl den Verbraucher als auch den Unternehmer von umfangreichen Detailregelungen zu entlasten, und damit im Endeffekt ein europaweit sichereres Wirtschaftsleben zu bewirken.7
II. Allgemeines
Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (im Folgenden AGV) und bei Fernabsatzverträgen (im Folgenden FAV) ist der Unternehmer verpflichtet, den Verbraucher nach Maßgabe des Art. 246 a EGBGB zu informieren, § 312 d BGB.
Die in Erfüllung dieser Pflicht gemachten Angaben des Unternehmers werden Inhalt des Vertrages, es sei denn, die Vertragsparteien haben ausdrücklich etwas anderes vereinbart, § 312 d I 2 BGB. Damit trifft bei AGV und FAV den Unternehmer eine vorvertragliche Informationspflicht, die über das allgemein bei Abschluss von Verbraucherverträgen im stationären Handel gem. § 312 II 1 BGB i. V.m. Art. 246 EGBGB geschuldete Maß weit hinausgeht.8 Dem Unternehmer soll hiermit die Möglichkeit versperrt werden, von diesen Angaben bei Vertragsschluss „im Kleingedruckten“ wieder abzuweichen. Nur eine ausdrückliche Zustimmung des Verbrauchers zu derart abweichenden AGB soll ausreichen, damit die Pflichtinformationen keinen Einfluss auf den Vertragsinhalt haben.9
III. Außergeschäftsraumvertrag
Ein AGV (auch Direktvertrieb gem. Erwägungsgrund 5 der VerbR-RL) ist nach der Legaldefinition des § 312b BGB und des Art. 2 Nr. 8 der VerbR-RL ein solcher Vertrag, der bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen wird, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist.
In Folge der Umsetzung der VerbR-RL 2011/83/EU wurde „Haustürgeschäft“ i.S.d. § 312 a.F. BGB durch den weiter gefassten Begriff des „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrages“, § 312b BGB ersetzt, dessen Anwendungsbereich gegenüber dem alten Recht, das nur bestimmte Vertragsschlusskonstellationen aufzählte, deutlich weiter gefasst wurde.10
Nun wurden die Informationspflichten jenseits der FAV auch für Haustürgeschäfte statuiert. Diese Ausweitung von Informationspflichten auf den Bereich von AGV ist auch begründet, wenn man bedenkt dass eine Informierung für den Verbraucher in einer Haustürsituation teils leichter, (aufgrund der Möglichkeit der unmittelbaren Einsichtnahme des Produkts), aber vor allem hinsichtlich der Vergleichsmöglichkeit sogar schwerer ist als beim Fernabsatz.11 Entscheidendes Abgrenzungskriterium ist der Begriff der Geschäftsräume. Nach der Legaldefinition des § 312b II BGB und des Art. 2 Nr. 9 der VerbR-RL sowie des Erwägungsgrundes 22 2011/83/EU VerbR-RL, umfasst dieser Begriff sowohl unbewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt, als auch bewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt.12 Nach dieser Definition fallen z.B.: Märkte und Messen auch unter Direktvertriebsgeschäfte, und werden als Geschäftsräume i.S.d. §§ 64, 65 GewO nur dann behandelt, wenn sie, gem. des Erwägungsgrundes 22 RL 2011/83/EU, als gewöhnlicher Gewerbeort des Unternehmers gelten. Nicht als Geschäftsräume gelten ferner Orte, die allgemein der Öffentlichkeit zugänglich sind, beispielsweise Restaurants, öffentliche Verkehrsmittel, Einkaufszentren, Sportanlagen etc., die der Unternehmer nur ausnahmsweise für seine Geschäftstätigkeiten nutzt, sowie die Privatwohnung oder der Arbeitsplatz. Auch Ladengeschäfte anderer Unternehmer, in denen der Unternehmer lediglich einmalig oder sporadisch einen Stand aufstellt und Kunden anspricht, sind keine Geschäftsräume.13
Auch liegt ein AGV gem. § 312b I Nr. 2 BGB vor, wenn der Verbraucher ungeachtet des Ortes des Vertragsschlusses dem Unternehmer nach den in § 312b I Nr. 1 BGB genannten Umständen ein bindendes Angebot abgibt. Ferner ist ein AGV gem. § 312b I Nr. 3 BGB gegeben, wenn der Vertrag in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder durch Fernkommunikationsmittel i.S.d. § 312c II BGB geschlossen wurde, allerdings der Verbraucher unmittelbar vor Vertragsschluss außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers von ihm persönlich und individuell angesprochen wurde. Gem. § 312b I Nr. 4 BGB zählen noch zu den Direktverträgen, solche Verträge die auf einem Ausflug geschlossen werden, der von dem Unternehmer oder mit seiner Hilfe organisiert wird, um beim Verbraucher für den Verkauf von Waren oder die Erbringung von Dienstleistung zu werben und mit ihm dann entsprechende Verträge abzuschließen, die sog. Kaffeefahrten.14
Trotz der Modernisierungen, und in Zeiten von E-Commerce ist der Direktvertrieb, als älteste Vertriebsform der Welt nicht zu unterschätzen. Beim Direktvertrieb handelt es sich sogar um eine Wachstumsbranche. Ende 2014 lag der Gesamtumsatz der Direktvertriebsunternehmen in Deutschland bei 15,3 Mrd. Euro,15 und über 823.000 Vertriebspartner waren für Direktvertriebsunternehmen in Deutschland tätig.16 Bis heute wächst der Branchenumsatz kontinuierlich an und die Tendenz ist auch für die kommenden Jahre steigend.17
Sinn und Zweck dieser Vorschriften ist es, den Verbraucher zu schützen, der in einer Haustürsituation möglicherweise einem gesteigerten psychischen Druck ausgesetzt ist, und ein sog. durch die körperliche Anwesenheit des Unternehmers geschaffene Überrumpelungsmoment entstehen kann, welcher Druck beim Vertragsschluss auf die Entscheidung des Verbrauchers auswirken kann.18
C Informationspflichten
In Art. 246 a Abs. 1 EGBGB werden die Informationspflichten aufgezählt. Der Unternehmer ist gem. § 312 d I 1 BGB verpflichtet dem Verbraucher diese Informationen zur Verfügung zu stellen.19 Für die Erfüllung dieser Informationspflichten trägt gem. § 312k II BGB der Unternehmer die Beweislast.20
I. Übersicht der Informationspflichten
Der Wortlaut des § 312d BGB differenziert zwischen Informationspflichten bei AGV bzw. FAV, die Finanzdienstleistungen zum Gegenstand des Vertrages haben, § 312 d II BGB , und Verträge deren sonstige Gegenstände den Vertragsinhalt bilden, auf jeden Fall also keine Finanzdienstleistungen, § 312 d I 1 BGB. Gem. § 312 V 1 BGB handelt es sich bei Finanzdienstleistungen, um Verträge über Bankdienstleistung sowie Dienstleistungen im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung, Versicherung, Altersversorgung von Einzelpersonen, Geldanlage oder Zahlung.21 Aus dieser Differenzierung ergibt sich eine unterschiedliche Reichweite an Informationspflichten für die unterschiedlichen Gebiete. Für AGV/FAV, die keine Finanzdienstleistungen zum Gegenstand des Vertrages haben, gelten die Anforderungen aus Art. 246a EGBGB, und für AGV/FAV über Finanzdienstleistungen die Vorschriften des Art. 246b EGBGB.
Diese Informationspflichten erstrecken sich bei beiden Gruppen im Wesentlichen auf vertragsbezogene Umstände, Art. 246a § 1 I EGBGB und auf das Bestehen, Art. 246a § 1 II EGBGB oder auf das Nichtbestehen, eines etwaigen Widerrufsrechts, Art. 246a § 1 III EGBGB.22 So, dass Informationspflichten bei Verträgen über Finanzdienstleistungen in dieser Arbeit keine Erläuterung gewinnen werden.
II. Informationsinhalte nach Art. 246a § 1 I EGBGB
1. Informationen zum Produkt
Der Unternehmer besitzt gem. Art. 246a § 1 I Nr. 1 EGBGB die Pflicht den Verbraucher über die wesentlichen Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen angemessen zu informieren. Entgegen seinem Wortlaut sind allerdings Waren und Dienstleistungen nicht abschließend zu verstehen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass in Übereinstimmung mit Art. 5 II und Art. 6 II VerbR- RL auch digitale Online-Inhalte und leistungsgebundene Versorgung von der Informationspflicht erfasst sein sollen.23
Fraglich erscheint nun, was als angemessene Aufklärung zu bezeichnen ist. Was der angebotenen Leistung und dem Informationsmedium angemessen ist, kann nur im Einzelfall beurteilt werden.24 Allerdings lässt sich als allgemeiner Maßstab für die Bestimmung des Umfangs der angemessenen Belehrung die 2009 herausgegebenen Leitlinien zur Umsetzung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken aufführen, wonach die, mit Art. 7 IV lit. a der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken identische Informationspflicht aus Art. 246a § 1 I 1 Nr. 1 EGBGB in erster Linie das Ziel hat, dass Verbraucher bei vertraglichen Entscheidung nicht irregeführt werden.25 Ansonsten stellt die EU-Kommission als weiteres Kriterium zur Bestimmung der Ausführlichkeit der bereitzustellenden Informationen die Komplexität des Produktes.26
Bei den wesentlichen Eigenschaften hingegen, wo diese offensichtlich sind oder sich unmittelbar aus den offenkundigen Umständen ergeben, ist die Nennung solcher Eigenschaften nicht Pflicht. Das Selbe gilt für Informationen die in verständlicher und verkehrsüblicher Weise auf der Ware selbst zu finden sind. In solchen Fällen ist es dem Verbraucher zuzumuten, sich diese Informationen selbst zu beschaffen.27 Sonst lassen sich die Tatbestandsmerkmale aus Art. 246 § 1 I 1 Nr. 4 EGBGB aF zur Bestimmung wesentlicher Eigenschaften weitgehend übertragen. Dazu zählen etwa Produktbezeichnung, Produktabbildung, Qualitätsmerkmale, wertmindernde Faktoren, Hersteller, Typenbezeichnung und wichtige technische Daten.28
Ferner ist der Unternehmer gem. Art. 246a § 1 I 1 Nr. 14 und Nr. 15 EGBGB auch verpflichtet die Funktionsweise, sowie Fragen der softwaremäßigen Kompatibilität digitaler Inhalte dem Verbraucher mitzuteilen.
2. Informationen zum Unternehmer
Gem. Art. 246a § 1 I 1 Nr. 2 EGBGB hat der Unternehmer ferner Angaben zu geben über seine Identität, bspw.: seinen Handelsnamen, Niederlassungsanschrift, Telefonnummer und ggf. seine Telefaxnummer und E-Mail Adresse sowie ggf. die Anschrift und die Identität des Unternehmers, in dessen Auftrag er handelt.
Bei Verträgen, welche in Geschäftsräumen des Unternehmers geschlossen werden, werden sich diese Informationen besonders häufig aus den Umständen ergeben.29 Deswegen sind bei AGV hingegen zu allgemeinen Verbraucherverträgen, wo üblicherweise der Vertragsschluss außerhalb von Geschäftsräumen stattfindet, zusätzlich die Telefaxnummer und E-Mail-Adresse anzugeben. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass bei AGV Möglichkeiten der fernkommunikativen Kontaktaufnahme mit dem Unternehmer gesteigerte Bedeutung zukommt. Das Wort „ggf.“ signalisiert im Kontext, dass die Telefaxnummer und E-Mail-Adresse nur insoweit anzugeben sind, als der Unternehmer über solche Adressen tatsächlich verfügt und sie für seine unternehmerische Tätigkeit nutzt.30
Über die Anforderungen von Art. 246 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB hinaus sind gem. Art. 246a § 1 I 1 Nr. 3 EGBGB auch ggf. die Anschrift und die Identität des weiteren Unternehmers anzugeben, in dessen Auftrag der Unternehmer handelt. Sinn dieser Regelung ist es, dass der Verbrauer sich gezielt an die richtige Stelle wenden kann.31 Dem Sinn und Zweck nach ist dabei aber nur auf die Identität eines solchen weiteren Unternehmers hinzuweisen, gegen den der Verbraucher irgendwelche Ansprüche haben könnte.32
Genauso verpflichtet ist noch der Unternehmer zu informieren über das Verfahren zum Umgang mit Beschwerden, gem. Art. 246a § 1 I 1 Nr. 7 EGBGB, sowie im Falle des Vorliegens eines außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren gem. Art. 246a § 1 I 1 Nr. 16 EGBGB über die Möglichkeit eines Zugangs.33
3. Informationen zum Preis und Kosten
Die Informationspflicht nach Art. 246a § 1 I 1 Nr. 4 EGBGB umfasst den Gesamtpreis der Waren oder Dienstleistungen einschließlich aller Steuern und Abgaben, oder in den Fällen, in denen der Preis auf Grund der Beschaffenheit der Waren oder Dienstleistungen vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden kann, ist die Art der Preisberechnung sowie gegebenenfalls alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- oder Versandkosten, oder gleichweise die einschlägige Berechnungsgrundlage anzugeben.34 Als Steuer kommt insbesondere die Mehrwertsteuer in Betracht. Unzulässig ist es daher, lediglich Netto-Preise anzugeben, selbst wenn diese durch einen Zusatz („zzgl. ges. MwSt.“) entsprechend gekennzeichnet sind.35 Liefer- und Versandkosten können dabei entweder gesondert ausgewiesen oder in den Endpreis eingerechnet werden.36 Als Klarstellung konkretisiert Art. 246a § 1 I 1 Nr. 5 EGBGB noch Art. 246 a § 1 I 1 Nr. 4 und ordnet beim Vorliegen eines unbefristeten Vertrags oder eines Abonnement-Vertrages an, die pro Abrechnungszeitraum anfallenden Gesamtkosten anzugeben, und wenn für einen solchen Vertrag Festbeträge in Rechnung gestellt werden, dann ebenfalls die monatlichen Gesamtkosten. Wenn die Gesamtkosten nicht im Voraus berechnet werden können, ist wie bei Nr. 4 die Art der Preisberechnung anzugeben.37
Die Informationspflicht nach Art. 246a § 1 I 1 Nr. 6 EGBGB erstreckt sich auf die Kosten, die für den Einsatz des für den Vertragsabschluss verwendeten Fernkommunikationsmittels anfallen, sofern dem Verbraucher solche Kosten berechnet werden, die über die Kosten für die bloße Nutzung (Grundtarif i.S.v. Art. 6 I 1 f. VerbR-RL) des Fernkommunikationsmittels hinausgehen (KundenHotlines etc.). Diese Information ist abweichend von den allgemeinen Grundsätzen nach Art. 246 § 4 I EGBGB über den Zeitpunkt der Informationserteilung bereits bei Kontaktaufnahme zu geben.38
4. Informationen zu Zahlungs- und Lieferbedingungen Gem.
Art. 246a § 1 I 1 Nr. 7 EGBGB ist der Verbraucher zu informieren über Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen, ferner über den Termin, bis zu dem der Unternehmer die Waren liefern oder die Dienstleistung erbringen muss, wobei hier der Begriff Termin, einen Zeitraum und nicht einen konkreten Lieferungszeitpunkt darstellt.39
Darüber hinaus muss der Unternehmer seine in Art. 246a § 1 I 1 Nr. 11 und Art. 246a § 1 I 1 Nr. 12 EGBGB geregelte Pflicht erfüllen, und den Verbraucher über die Laufzeit des Vertrags oder die Bedingungen der Kündigung unbefristeter Verträge oder sich automatisch verlängernder Verträge behelligen.40
Zu den vom Unternehmer gemäß Art. 246a § 1 I 1 Nr. 13 EGBGB anzugebenden Umständen gehört ggf. auch die Tatsache, dass der Unternehmer vom Verbraucher die Stellung einer Kaution oder die Leistung anderer finanzieller Sicherheiten verlangen kann, sowie deren Bedingungen.41
5. Informationen zu besonderen Verbraucherrechten
Nach Art. 246a § 1 I 1 Nr. 8 EGBGB muss der Unternehmer den Verbraucher bereits vor Vertragsschluss über das Bestehen eines gesetzlichen Mängelhaftungsrechts informieren. Die Hinweispflicht erstreckt sich aber nur auf die Tatsache, dass ein gesetzliches Gewährleistungsrecht besteht, sowie möglichst auch auf die gesetzliche Frist von zwei Jahren.42 Hinzuweisen ist gem. Art. 246a § 1 I 1 Nr. 9 EGBGB auf ggf. bestehende Kundendienstleistungen und Garantien.43
6. Informationen zum Widerrufsrecht
Ein Widerrufsrecht i.S.d. § 355 BGB für AGV ergibt sich nach der Maßgabe des § 312 g I BGB. Dem Unternehmer wird die Pflicht nach Art. 246a § 1 II und III EGBGB auferlegt über dieses Widerrufsrecht zu informieren. Der Gesetzgeber unterscheidet hier deutlich zwischen dem Bestehen oder dem Nicht-Bestehen eines Widerrufsrechts, und ordnet in beiden Fällen unterschiedliche Informationspflichten an. Wenn demnach dem Verbraucher ein Widerrufsrecht nach § 312 g I BGB zusteht, und keiner der Ausschlusstatbestände der §§ 312 g II, III BGB eingreift, ist der Unternehmer verpflichtet, den Verbraucher über die Bedingungen, die Fristen, das Verfahren und das Muster-Widerrufsformular in der Anlage 2 zu informieren.44 Zur Erfüllung der Pflicht zur Information über das Widerrufsrecht kann sich der Unternehmer einer europaweiten einheitlichen Muster-Widerrufsbelehrung bedienen. Die Verwendung dieser Belehrung, wie es auch Art. 246a § 1 II 2 EGBGB klarstellt, ist jedoch nicht zwingend. Allerdings ist eine geringfügige Abweichung von der Muster-Widerrufsbelehrung als schon eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung zu qualifizieren,45 mit der Folge einer um ein Jahr verlängerten Widerrufsfrist gem. § 356 III 2 BGB, auf jeden Fall müssen deswegen zumindest die Anforderung der Art. 6 I h,i und j RL 2011/83/EU berücksichtigt werden.46 Die Bedingungen eines Widerrufsrechts beinhalten nicht nur generelle Informationen zum Bestehen eines Widerrufsrechts, sondern erfordern nähere Angaben des Unternehmers über die Rechtsfolgen eines Widerrufs. Der Unternehmer hat demnach entsprechend Art. 246a § 1 II Nr. 2 EGBGB darauf hinzuweisen, wie die Rücksendung der Waren genau erfolgt, dass sie vom Unternehmer abgeholt werden oder ob der Verbraucher sie unverzüglich, spätestens aber binnen 14 Tagen zurücksenden muss. Ferner ist der Verbraucher über die Art und Größe einer Haftung für mögliche Wertverluste des Kaufgegenstandes in Kenntnis zu setzen.47
Auch ist der Unternehmer verpflichtet zu informieren, dass im Widerrufsfall die Kosten für die Rücksendung der Waren von dem Verbraucher zu tragen sind, sofern er (der Unternehmer) diese nicht gem. § 357 V oder § 357 VI 2 BGB freiwillig übernimmt oder Gesetzes wegen nach § 357 VI 3 BGB bei AGV eine entsprechende Pflicht für ihn besteht, und dass die Rückzahlung des Kaufpreises spätestens binnen 14 Tagen im selben Zahlungsmittel erfolgt, dass ursprünglich für den Kauf eingesetzt worden ist.48 Zu den Fristen gehört vor allem eine klare Information über den Beginn und die Dauer der Widerrufsfrist und darüber, dass zur Fristwahrung die rechtzeitige Absendung des Widerrufs genügt.49
Zwingend informiert werden muss der Verbraucher über das, in der Anlage 2 zum Art. 246a § 1 II 1 Nr. 1 und § 2 II 1 Nr. 2 EGBGB befindende, vom Unternehmer zutreffend ausgefüllte, Muster-Widerrufsformular. Nicht ausreichend ist eine Information über die generelle Existenz eines solchen Musters oder etwa ein Verweis in das Bundesgesetzblatt. Genauso kritisch ist wohl auch ein Verweis auf eine Website, auf der sich das Formular findet, jedenfalls sofern damit ein Medienbruch verbunden ist. Ein Link kann allenfalls dann genügen, wenn der Verbraucher ohnehin online ist und eine einfache Möglichkeit besteht, dass Muster auszudrucken oder abzuspeichern und zu verwenden.50
Schließlich ist gem. Art. 246a § 1 II 1 Nr. 3 EGBGB noch im Falle eines Vertrags über die Erbringung von Dienstleistungen oder leitungsgebundene Versorgung, also über die nicht in einem bestimmten Volumen oder in einer bestimmten Menge vereinbarte Lieferung von Wasser, Gas, Strom oder die Lieferung von Fernwärme, darüber zu belehren, dass der Verbraucher einen angemessenen, anteiligen Betrag nach § 357 VIII BGB für die vom Unternehmer erbrachte Leistung schuldet, wenn der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausübt.51
Aber auch beim Nichtbestehen oder bei einem vorzeitigen Erlöschen eines Widerrufsrechts ist der Verbraucher vom Unternehmer gem. Art. 246a § 1 III 1 Nr. 1 und 2 EGBGB zu unterrichten über dessen Fehlen, damit er seine Entscheidung im Wissen dieses Umstandes treffen kann.52
D Modalitäten der Informationserteilung
I. Allgemeines
Der Unternehmer muss den Verbraucher nach den vorgegebenen Modalitäten aus Art. 246a § 4 I über die Informationspflichten aus § 246a § 1-3 EGBGB vor Abgabe dessen Vertragserklärung in klarer und verständlicher Wiese unterrichten.
Bei AGV ist der Unternehmer nach Maßgabe des Art. 246a § 4 II EGBGB i.V.m. § 312f I Nr. 1 BGB verpflichtet, die Informationen auf Papier oder, wenn der Verbraucher zustimmt auf einem anderen dauerhaften Datenträger i.S.d. § 126b BGB zur Verfügung zu stellen. Die Informationen müssen ferner lesbar sein und die Person des erklärenden Unternehmers muss genannt sein, was gem. den Vorgaben des § 126b S. 2 BGB der vollen Textform entspricht.53
Lesbar ist die Erklärung, wenn der Empfänger der Information diese unmittelbar wahrnehmen und zur Kenntnis nehmen kann. Im Falle einer Zustimmung des Verbrauchers zur Verwendung von dauerhaften Datenträgern, hat der Unternehmer sicherzustellen, dass die Erklärung mit Hilfe von Anzeigeprogrammen lesbar ist, (z.B.: pdf.).54 Allerdings genügt es im Falle der Verwendung von dauerhaften Datenträgern nicht, dass die Informationen lediglich von der Internetseite des Unternehmers über einen Hyperlink abgerufen werden können,55 vielmehr müssen sie auf einen anderen dauerhaften Datenträger gespeichert sein, wie USB, CD etc.56
An sich überfällig erscheint aber der Versuch des seit Art. 5 I der RL 97/7 EG in EU-Rechtsakten im Verbrauchervertragsrecht rekurrierenden Begriffes des “dauerhaften Datenträgers” auf die von dem deutschen Gesetzgeber gewählte und geforderte Definition der “Textform” umzusetzen.57 Die gewählte Definition von „Textform“ wich allerdings gleich in mehrfacher Hinsicht von der Richtlinienvorgabe ab und war daher zur Umsetzung absolut ungeeignet. Nunmehr wurde die Umschreibung der Textform in § 126 b BGB angepasst und zugleich der Begriff des dauerhaften Datenträgers richtlinienkonform legaldefiniert. Jedoch sind „Textform“ und „dauerhafter Datenträger“ immer noch nicht identisch, weil der Begriff der „Textform“ zwei zusätzliche Elemente enthält: Erstens müssen die Informationen „lesbar“ und zweitens muss die Person des Erklärenden genannt sein.58
Die gesetzgeberischen Bemühungen, einen einenden Oberbegriff durch den Begriff der “Textform” i.S.d. § 126b BGB im Verbrauchervertragsrecht zu
[...]
1 vgl. Hippel, Verbraucherschutz, S. 4.
2 vgl. ABl. L 304 S. 64.
3 vgl. BT, Stenografischer Bericht, 228. Sitzung, S.28541 ff.
4 vgl. BGBl I, 2013/58, S. 3642.
5 vgl. Bittner, ZVertriebsR 1/2014 (S. 1)
6 vgl. Bittner/Clausnitzer/Föhlisch, Das Neue Verbrauchervertragsrecht, Rn. 3.
7 vgl. MüKoBGB/Wendehorst, § 312 d Anh. I, Rn. 1.
8 vgl. Kröger, Schuldrecht, Rn. 373.
9 vgl. Kramme, NJW 2015, 279 (279).
10 vgl. Bittner, ZVertriebsR 1/2014 (S. 3 f.)
11 vgl. Grundmann, JZ, 2013, 2 (S. 57).
12 vgl. Schuldrecht-BT, Rn. 896.
13 vgl. BT-Drs. 17/12637, S. 50.
14 vgl. BT-Drs. 17/12637, S. 49.
15 vgl. Kraus, Situation der Direktvertriebsbranche in Deutschland S. 5.
16 vgl. http://www.direktvertrieb.de/Definition-Direktvertrieb.71.0.html.
17 vgl. http://www.direktvertrieb.de/Zahlen-Fakten-Studien.580.0.html.
18 vgl. MüKoBGB/Wendehorst, § 312 b BGB, Rn. 2, Schuldrecht AT, Looschelders, Rn. 895.
19 vgl. Kröger, Schuldrecht, Rn. 373.
20 vgl. Art. 6 IX RL 2011/83/EU.
21 vgl. Alexander, Verbraucherschutzrecht, § 9 Rn. 20 f.
22 vgl. Alexander, Verbraucherschutzrecht, § 9 Rn. 26.
23 vgl. Umsetzungsleitfaden GD Justiz, S. 27.
24 vgl. Erman/R. Koch, § 312 d, Rn. 8, MüKoBGB/Wendehorst BGB § 312a Rn. 17.
25 vgl. http://ec.europa.eu/justice/consumer-marketing/files/ucp_guidance_en.pdf (S.57) f.
26 vgl. Umsetzungsleitfaden GD Justiz S. 27.
27 vgl. LG Magdeburg, NJW-RR 2003, 409 (410), MüKoBGB/Wendehorst BGB § 312a Rn. 19.
28 vgl. Föhlisch, Verbraucherschutzrecht, Rn. 104.
29 vgl. Umsetzungsleitfaden GD Justiz S. 28.
30 vgl. MüKoBGB/Wendehorst EGBGB § 4 Art. 246a Rn. 8.
31 vgl. MüKoBGB/Wendehorst EGBGB § 4 Art. 246a Rn. 11, Erman, R. Koch, § 312 d, Rn. 9.
32 vgl. MüKoBGB/Wendehorst EGBGB § 4 Art. 246a Rn. 9.
33 vgl. Föhlisch, Verbraucherschutzrecht, Rn. 101.
34 vgl. Föhlisch, Verbraucherschutzrecht, Rn. 110.
35 vgl. MüKoBGB/Wendehorst BGB § 312a Rn. 21.
36 vgl. Erman/R. Koch, § 312 d, Rn. 10.
37 vgl. Erman/ R. Koch, § 312 d Rn. 11.
38 vgl. MüKoBGB/Wendehorst EGBGB § 4 Art. 246a Rn. 16.
39 vgl. Föhlisch, Verbraucherschutzrecht, Rn. 113.
40 vgl. MüKoBGB/Wendehorst EGBGB § 4 Art. 246a Rn. 21 f.
41 vgl. MüKoBGB/Wendehorst EGBGB § 4 Art. 246a Rn. 23.
42 vgl. Palandt/Grüneberg EGBGB Art. 246 Rn. 9; Ehmann/Forster, GWR, 2014, 162 (166).
43 vgl. Palandt/Grüneberg EGBGB Art. 246 Rn. 9; Erman/R. Koch Rn. 11.
44 vgl. Koch, Erman, § 312d Rn. 23.
45 vgl. BGH, Urt. v. 22.5.2012 - II ZR 1/11.
46 vgl. Clausnitzer, Verbraucherschutzrecht, Rn. 162.
47 vgl. MüKoBGB/Wendehorst EGBGB § 4 Art. 246a Rn. 29.
48 vgl. Koch, Erman § 312d, Rn. 24 ; MüKoBGB/Wendehorst EGBGB § 4 Art. 246a Rn. 34.
49 vgl. MüKoBGB/Wendehorst EGBGB § 4 Art. 246a Rn. 31.
50 vgl. Spindler/Schuster/Schirmbacher EGBGB § 246a Rn. 124.
51 vgl MüKoBGB/Wendehorst EGBGB § 4 Art. 246a Rn. 36.
52 vgl. Koch/Erman, § 312d Rn. 27.
53 vgl. MüKoBGB/Wendehorst EGBGB § 4 Art. 246a Rn. 61.
54 vgl. BT-Drs. 17/12637,44.
55 vgl. EuGH NJW 2012, 2637.
56 vgl. Alexander, Verbraucherschutzrecht, § 4, Rn. 16; BT-Drs. 17/12637,44.
57 vgl. MüKoBGB/Wendehorst EGBGB § 4 Art. 246a Rn. 61.
58 vgl. Wendehorst, NJW 2014, 577 (577, 578).