Diese Fallstudie soll sich mit der Frage auseinandersetzen, wie schulische Inklusion aus Sicht der Lehrkräfte einer Stadt, in Bezug auf die im Studium erlernten Lehrmethoden und Konzepte, gelingt.
Das Thema der gemeinsamen Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderung beschäftigt die Gesellschaft schon seit vielen Jahren. Spätestens seit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention (BRK) 2008 und ihres Inkrafttretens in Deutschland 2009, ist es aber auch bildungspolitisch zum Thema geworden. Seither dürfen Kinder und Jugendliche mit einer Behinderung nicht mehr vom Regelschulsystem ausgeschlossen werden. Deutschland verpflichtete sich somit dazu, Inklusion im Bildungssystem, aber auch in vielen weiteren Lebensbereichen umzusetzen. Damit einhergehend kommt auch die Verpflichtung, Strukturen und Prozesse im Bildungssystem weiterzuentwickeln, sowie Barrieren offenzulegen und diese aktiv zu beseitigen. Der Unterricht an Schulen muss sich daher so verändern, dass alle Kinder positive Lernverläufe erleben können.
Dadurch entsteht auf der Ebene des Unterrichts die Notwendigkeit, auf die heterogenen Lernvoraussetzungen zu reagieren und auf dieser Basis differenzierte und individualisierte Unterrichtskonzepte zu entwickeln. Diese müssen den Kindern individuelle Lernmöglichkeiten in Bezug auf Unterrichtsinhalte, der Schwierigkeit der Aufgaben oder auch den Lerntempos ermöglichen können. Auch die Stadt mit ihren ca. 500.000 Einwohner*innen hat sich auf diesen Weg begeben. Stetig erhöht sich die Anzahl an Schüler*innen mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf an den rund 75 Grundschulen. Die Anzahl an Schüler*innen, die an Förderschulen unterrichtet werden, konnte so deutlich gesenkt werden. In diesem Zusammenhang berichten viele Lehrkräfte, dass die Kinder mit Behinderung eine beträchtliche Leistungsentwicklung aufweisen. Andere Lehrkräfte dagegen weisen auf die erhöhte Belastung in ihrem Berufsalltag hin, auf welche sie im Rahmen ihres Studiums nicht ausreichend vorbereitet worden waren.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Begriffsbestimmung: Inklusion
1.2 Inklusion im Bildungssystem
1.3 Aktueller Forschungsstand
2. Beschreibung des Forschungsdesigns
2.1 Methodologische Positionierung
2.2 Bestimmung des Forschungsfeldes
2.3 Wahl des Erhebungsverfahrens
2.4 Wahl des Auswahlverfahrens
2.5 Bestimmung des Samplings
3. Erstellung des Erhebungsinstruments
3.1 Mögliches Leitfadeninterview
4. Fazit
5. Reflexion
I. Literaturverzeichnis
II. Abbildungsverzeichnis
Inwiefern gelingt schulische Inklusion aus Sicht der Lehrkräfte der Stadt Beispielhausen, in Bezug auf die im Studium erlernten Lehrmethoden und Konzepte?
1. Einleitung
Das Thema der gemeinsamen Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderung beschäftigt die Gesellschaft schon seit vielen Jahren. Spätestens seit der Ratifizierung der UN - Behindertenrechtskonvention (BRK) 2008 und ihres in Kraft treten in Deutschland 2009, ist es aber auch bildungspolitisch zum Thema geworden. Seither dürfen Kinder und Jugendliche mit einer Behinderung nicht mehr vom Regelschulsystem ausgeschlossen werden. Deutschland verpflichtete sich somit dazu Inklusion im Bildungssystem, aber auch in vielen weiteren Lebensbereichen, umzusetzen. Damit einhergehend kommt auch die Verpflichtung, Strukturen und Prozesse im Bildungssystem weiterzuentwickeln, sowie Barrieren offen zu legen und diese aktiv zu beseitigen. Der Unterricht an Schulen muss sich daher so verändern, dass alle Kinder positive Lernverläufe erleben können. Dadurch entsteht auf der Ebene des Unterrichts die Notwendigkeit auf die heterogenen Lernvoraussetzungen zu reagieren und auf dieser Basis differenzierte und individualisierte Unterrichtskonzepte zu entwickeln (s. Sturm/ Wagner-Willi 2018, S. 191). Diese müssen den Kindern individuelle Lernmöglichkeiten in Bezug auf Unterrichtsinhalte, der Schwierigkeit der Aufgaben oder auch dem Lerntempus ermöglichen können. Auch die Stadt Beispielhausen mit ihren ca. 500.000 Einwohner*innen hat sich auf diesen Weg begeben. Stetig erhöht sich die Anzahl an Schüler*innen mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf an den rund 75 Grundschulen. Die Anzahl an Schüler*innen, die an Förderschulen unterrichtet werden, konnte so deutlich gesenkt werden. In diesem Zusammenhang berichten viele Lehrkräfte, dass die Kinder mit Behinderung eine beträchtliche Leistungsentwicklung aufweisen. Andere Lehrkräfte dagegen weisen auf die erhöhte Belastung in ihrem Berufsalltag hin, auf welche sie im Rahmen ihres Studiums nicht ausreichend vorbereitet worden waren. Dazu passt das Ergebnis einer Studie von Aktion Mensch, welche Befragungen zur Umsetzung von schulischer Inklusion durchführten. Dabei wurde herausgefunden, dass ca. 40 % der Befragten bezweifeln, dass Lehrer*innen den Herausforderungen des Unterrichts an Inklusionsschulen bewältigen können. 57% sind dabei der Meinung, dass die Ursache sich in der Lehrer*innenausbildung findet, in deren Rahmen Lehrer*innen nicht zu Genüge auf die Herausforderungen von Inklusion vorbereitet werden (s. dazu: Aktion Mensch - Untersuchung zu Einstellungen zu schulischer Inklusion und Wirkungen im Bildungsverlauf, S. 14). Diese Fallstudie soll sich daher mit der Frage auseinandersetzen, wie schulische Inklusion aus Sicht der Lehrkräfte der Stadt Beispielhausen, in Bezug auf die im Studium erlernten Lehrmethoden und Konzepte, gelingt.
1.1. Begriffsbestimmung: Inklusion
Um für die genannte Forschungsfrage ein Forschungsdesign erstellen zu können, soll sich im Folgenden zunächst näher mit dem Begriff Inklusion beschäftigt werden. Dabei fällt schnell auf, dass sich die Definitionen voneinander unterscheiden können. Innerhalb der Behindertenrechtskonvention wurde Inklusion als ein Menschenrecht definiert. Nach Kullmann, Lütje-Klose und Textor (2014, S. 90) wird „Unter Inklusion [...] die gleichrangige gesellschaftliche Partizipation aller Menschen einschließlich derjenigen mit Behinderungen unter Gewährung dafür notwendiger Hilfen verstanden“. Eine vereinfachte Darstellung beschreibt Inklusion als die Teilhabe aller Menschen an allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens (s. behinderung.org o.J., o.S.). Nach diesen beiden Definitionen bezieht sich der Begriff nicht nur auf die Teilhabe aller am Bildungssystem, sondern er bezieht sich in einem erweiterten Verständnis zum Beispiel auch auf die Bereiche Arbeit, Freizeit, Wohnen, Familie, Politik und viele mehr. Der erweiterte Begriff schließt dabei alle Formen von Heterogenität mit ein. Das bedeutet, dass alle Menschen unabhängig von einer körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigung, unabhängig von ihrer kulturellen oder sozioökonomischen Herkunft und/ oder unabhängig von ihrer religiösen oder sexuellen Orientierung teilhaben können müssen. Diese Aufzählung stellt dabei nur einen Auszug dar und ließe sich noch beliebig erweitern. Soziale Inklusion ist demnach vollständig erfüllt, „wenn jedes Individuum in der Gesellschaft vollständig akzeptiert wird und dadurch in jedem Bereich seines Lebens teilnehmen bzw. teilhaben kann“ (behinderung.org o.J., o.S.). Jedes Gesellschaftsmitglied soll dabei in seiner Vielfältigkeit akzeptiert und als Bereicherung empfunden werden. Jeder kann von der Vielfalt des anderen profitieren und die Tatsache, dass jeder Mensch anders bzw. einzigartig ist, wird als selbstverständlich wahrgenommen (s. ebd.). Das Recht auf Teilhabe an allen gesellschaftlichen Bereichen, kann also als Leitmotiv von Inklusion bezeichnet werden. Um dies zu ermöglichen, sollen nicht nur physische Barrieren-, sondern auch die Barrieren in den Köpfen der Menschen selbst abgebaut werden (s. ebd.).
1.2. Inklusion im Bildungssystem
Wie eingangs schon erwähnt hat der Begriff Inklusion innerhalb des Bildungsbereichs in den letzten Jahren an Aufmerksamkeit gewonnen. Nach der Ratifizierung der Behindertenrechtskonvention sorgte dabei vor allem der Artikel 24 (,Bildung’) für vielfältige Debatten. Debatten gab es „sowohl in der Bildungspolitik, der Bildungsadministration, der Bildungsforschung als auch bei Erzieherinnen und Erziehern, Lehrkräften, Eltern [und] Kindern und Jugendlichen“ (Köller et al. 2019, S.334). Die Diskussionen um Inklusion fanden dabei auf verschiedenen Ebenen statt, wobei sie sich konkret auf der Ebene von Schule und Bildungsregionen abspielten. Innerhalb dieses Diskurses lässt sich der Inklusionsbegriff „einerseits auf den Aspekt der Förderung von Menschen mit Behinderungen bzw. mit sonderpädagogischem Förderbedarf (sog. enger Inklusionsbegriff) und andererseits - allgemeiner - auf die Entwicklung inklusiver Bildungsinstitutionen und inklusiver Lehr-Lern- Situationen für alle Personen (sog. weiter Inklusionsbegriff)“ (s. Werning 2014, zitiert nach: Köller et al. 2019, S.334) beziehen. Des Weiteren liest oder hört man in Verbindung von Schule und Inklusion häufig den Terminus inklusive Bildung. Damit ist „1. [der] Zugang zu Bildung, 2. die Akzeptanz von allen Menschen [...] in den allgemeinen Bildungseinrichtungen, 3. die Maximierung der sozialen Partizipation in curricularen und außercurricularen Aktivitäten und 4. die Verbesserung der Persönlichkeits-, Lern- und Leistungsentwicklung aller Personen“ (Köller et al. 2019, S.334) gemeint. Näher betrachtet ist mit dem ersten Punkt , Zugang zu Bildung' der „Zugang zu Bildung überhaupt, aber auch der Zugang zu unterschiedlichen Bildungsformen mit unterschiedlich anspruchsvollen Bildungsgängen in [ein] differenzierte[s] Systemen“ (ebd.) gemeint. Dabei muss genauestens analysiert werden, welche Personengruppen einen erschwerten oder sogar keinen Bildungszugang haben und inwieweit dafür direkte oder indirekte Diskriminierungsprozesse verantwortlich sind (s. ebd.). Im zweiten Punkt findet sich der Begriff der , Akzeptanz'. Dieser bezieht sich hier vor allem auf eine akzeptierende und wertschätzende Haltung von Erzieher*innen, von Lehrkräften, von der Schulleitung, den Eltern und Gleichaltrigen gegenüber Personen, die einem erhöhten Marginalisierungsrisiko ausgesetzt sind (s. ebd.). Noch darüber hinaus geht der dritte Punkt, in dem es um die , Soziale Partizipation' geht. Zum einen soll hier untersucht werden, wie viel Zeit die Personen in einem gemeinsamen sozialen Kontext verbringen. Zum anderen sollen die Bedingungen, in denen Bildungssituationen stattfinden, in Frage gestellt werden (s. Köller et al. 2019, S.335). Der letzte Punkt, der sich mit , Leistungsverbesserung' auseinandersetzt, zeigt, dass es bei Inklusion auch um eine „Optimierung der Lern- und Leistungsentwicklung für alle Personen geht“ (ebd.). Zusammenfassend kann daher gesagt werden, dass der Inklusionsbegriff innerhalb des Bildungssystems sehr umfangreich ist. Es ist abzusehen, dass sich das Bildungssystem in Zukunft weiterentwickeln muss, sodass es der Vielschichtigkeit von Inklusion und inklusiver Bildung gerecht werden kann.
1.3. Aktueller Forschungsstand
Da, wie oben dargestellt, Inklusion im Bildungssystem ein sehr weitläufiges Feld ist, ist es nicht verwunderlich, dass auch das Feld der empirischen Forschungen zu diesem Thema weitläufig ist. Es sollen daher im Rahmen dieser Fallstudie nur Teilaspekte vertiefend dargestellt werden, welche im Zuge der Forschungsfrage relevant sind. Der Aspekt von Inklusivem Unterricht und inklusiver Unterrichtsgestaltung hat dabei die größte Relevanz in Bezug auf die gewählte Forschungsfrage. Aber auch die Meinungen der Lehrkräfte spielen eine wichtige Rolle, denn viele Lehrer*innen an Regelschulen beklagen sich darüber überfordert zu sein (s. Speck 2019, S.73). Innerhalb des aktuellen Forschungsstandes finden sich verschiedene Studien, die sich mit der Einstellung der Lehrkräfte zum Thema Inklusion auseinandersetzen. Textor (2015, S. 79) nennt einige Studien, die zu dem Ergebnis kamen, dass die Einstellungen von Lehrkräften zu Inklusion grundsätzlich positiv sind („Abegglen, Streese, Feyerer & Schwab, 2017; Behrensen,
Kiso & Solzbacher 2014; Kullmann, Lütje-Klose, Textor, Berard & Schitow, 2014, 3; Amrhein, 2011, 58ff.“). Durch diese Studien konnte aber auch erkannt werden, dass viele Lehrkräfte trotzdem mit der Umsetzung nicht zufrieden sind. Andere Studien zeigen nach Textor (2015, S. 79) aber auch „eine distanzierte Haltung“ der Lehrkräfte zum Thema Inklusion. Textor (2015, S. 79) nennt auch dazu beispielhafte Studien („Gebhardt, Schwab, Nusser & Hessels, 2015; Kullmann et al., 2014, 4; Trumpa, 2014, 2“).
Bengel (2021, S. 70) stellt eine Studie vor, die auf Basis der Daten des Teaching und Learning International Survey (TALIS) von 2007/2008 erstellt wurde. Dabei wurde ein Zusammenhang von Unterrichtsmethoden und Überzeugungen von Lehrer*innen aus Deutschland untersucht. Ergebnisse der Studie waren unter anderem, dass strukturierte Unterrichtsmethoden von Lehrer*innen am stärksten favorisiert werden. Weiter stellt Bengel (2021, S.70) dar, dass Lehrkräfte die häufiger an Fortbildungen teilnehmen, weniger mit strukturierenden Unterrichtsmethoden arbeiten als Lehrkräfte, die an keinen oder wenigen Fortbildungen teilnehmen. So konnte ein Zusammenhang zwischen den genutzten Unterrichtsmethoden und individuellen Weiterbildungen aufgezeigt werden. An dieser Stelle soll die gewählte Forschungsfrage ansetzen.
2. Beschreibung des Forschungsdesigns
2.1. Methodologische Positionierung
Um auf die Fragestellung („Inwiefern gelingt schulische Inklusion aus Sicht der Lehrkräfte der Stadt Beispielhausen, in Bezug auf die im Studium erlernten Lehrmethoden und Konzepte?“) möglichst genaue und spezifische Antworten zu finden, soll ein qualitatives Vorgehen gewählt werden. Um ein solches Vorgehen zu begründen, folgt eine kurze Vorstellung darüber, worum es sich bei einem Qualitativen bzw. einem Quantitativen Forschungsvorgehen handelt:
Qualitative Forschungen in den Sozialwissenschaften sind „auf eine fallbasierte Erklärung sozialen Handelns [aus]gerichtet“ (Schaffer 2014, S. 64). Das Verstehen eines (Einzel-)Falls steht bei qualitativer Forschung im Vordergrund (s. ebd.). Der qualitative Ansatz zielt in der Regel nicht auf eine Theorieprüfung ab, sondern meist auf das Entwickeln einer neuen oder erweiternden Hypothese. Es wird also induktiv geforscht. (s. ebd.). Die Fallzahlen bzw. Stichprobengrößen sind in der qualitativen Forschung meist gering und die Erhebungsinstrumente sind in der Regel nur wenig oder gar nicht standardisiert (s. ebd.). Im Gegensatz dazu sind die Stichproben bzw. Fallzahlen bei einem quantitativen Vorgehen eher groß und es wird versucht, soziales Handeln anhand von statistikbasierten Erklärungen zu beschreiben (s. ebd.). Damit dies gelingt müssen die Erhebungsinstrumente weitestgehend standardisiert sein. Die Fragestellungen von quantitativen Studien zielen häufig auf die Testung von schon bestehenden Hypothesen. Sie dienen also der Theorieprüfung (s. ebd.). Innerhalb der quantitativen Forschung wird also deduktiv geforscht (s. ebd.).
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