In dieser Arbeit sollen zunächst allgemeine Aspekte der Krankenversicherung in den USA und Deutschland beleuchtet werden. Dazu gehören zum Beispiel rechtliche Grundlagen und die Kosten der Krankenversicherung für den Versicherten. Außerdem findet anschließend jeweils eine kritische Stellungnahme zu den verschiedenen Systemen der Krankenversicherung in den USA und Deutschland statt. Danach folgt die Rentabilitätsanalyse. Die Rentabilitätsanalyse wird dabei einmal branchenbezogen und einmal auf eine einzelne Krankenkasse/Krankenversicherung bezogen vorgenommen. In einer abschließenden Betrachtung soll genau auf die Frage eingegangen werden, in welchem Land die wirtschaftliche Rentabilität von Krankenversicherungen höher ist bzw. für wen sie sich rentiert.
Insbesondere während der Corona-Krise haben viele Länder erst bemerkt, wie belastbar bzw. wie instabil ihre Gesundheitssysteme sind. Deutschland zählt zu den Ländern, welche die Krise am besten meistern, während die Vereinigten Staaten weltweit als die Nation gelten, welche am stärksten mit dem Virus zu kämpfen hat. Da Krankenversicherungen einen großen Einfluss auf die medizinische Versorgung und somit auch auf die Gesundheitssysteme haben, könnte der Vergleich von Krankenversicherungen in den USA und Deutschland nicht aktueller sein. Die Versicherungswirtschaft in beiden Ländern stellt sich anhand ihrer Komplexität ebenfalls als äußerst interessant dar.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Krankenversicherung in Deutschland
2.1 Allgemeines
2.2 Was kosten GKV und PKV den Versicherten?
2.3 Kritik
3. Krankenversicherung in den USA
3.1 Allgemeines
3.2 Wie viel kostet die Krankenversicherung in den USA?
3.3 Kritik
4. Rentabilitätsanalyse
4.1 Gesetzliche Krankenversicherungen in Deutschland
4.1.1 Branche
4.1.2. Am Beispiel der Techniker Krankenkasse
4.2 Private Krankenversicherungen in Deutschland
4.2.1 Branche
4.2.2 Am Beispiel des Debeka Krankenversicherungsverein auf Gegenseitigkeit
4.3. Krankenversicherungen in den USA
4.3.1 Branche
4.3.2 Am Beispiel der UnitedHealth Group
5. Abschließende Betrachtung
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Insbesondere während der Corona-Krise haben viele Länder erst bemerkt, wie belastbar bzw. wie instabil ihre Gesundheitssysteme sind. Deutschland zählt zu den Ländern, welche die Krise am besten meistern, während die Vereinigten Staaten weltweit als die Nation gelten welche am stärksten mit dem Virus zu kämpfen hat. Da Krankenversicherungen einen großen Einfluss auf die medizinische Versorgung und somit auch auf die Gesundheitssysteme haben, könnte der Vergleich von Krankenversicherungen in den USA und Deutschland nicht aktueller sein. Die Versicherungswirtschaft in beiden Ländern stellt sich anhand ihrer Komplexität ebenfalls als äußerst interessant dar.
Doch was versteht man unter Krankenversicherung in den genannten Ländern? In den USA versteht man darunter eine teure Versicherung ohne Versicherungspflicht und größtenteils ohne staatliche Eingriffe. In Deutschland versteht man darunter die gesetzliche Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung oder die private Krankenversicherung für die Besserverdienenden. Welches System ist fairer? Welches System ist teurer? Welches System ist besser? Diese Fragen sollen beantwortet werden.
Ebenso stellt sich aber auch die Frage nach der Rentabilität. Wie rentabel arbeiten gesetzliche Krankenkassen und private Krankenversicherungen in Deutschland bzw. wie rentabel arbeiten Krankenversicherungen in den USA im Vergleich? Wie sind Rentabilitätskennzahlen im Kontext zu bewerten? Inwiefern unterscheiden sich die Ausgaben der Versicherungen für ihre Versicherten?
In dieser Studienarbeit sollen zunächst allgemeine Aspekte der Krankenversicherung in den beiden Ländern beleuchtet werden. Dazu gehören zum Beispiel rechtliche Grundlagen und die Kosten der Krankenversicherung für den Versicherten. Außerdem findet anschließend jeweils eine kritische Stellungnahme zu den verschiedenen Systemen der Krankenversicherung in den USA und Deutschland statt. Danach folgt die Rentabilitätsanalyse. Die Rentabilitätsanalyse wird dabei einmal branchenbezogen und einmal auf eine einzelne Krankenkasse/Krankenversicherung bezogen vorgenommen. In einer abschließenden Betrachtung soll letztendlich genau auf die Frage eingegangen werden, in welchem Land die wirtschaftliche Rentabilität von Krankenversicherungen höher ist bzw. für wen sie sich rentiert.
2. Krankenversicherung in Deutschland
2.1 Allgemeines
Das System der Krankenversicherung in Deutschland besteht aus zwei Teilen: der gesetzlichen Krankenversicherung und der privaten Krankenversicherung. Rund 90 Prozent der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland, also ca. 73 Millionen Menschen sind in Deutschland gesetzlich krankenversichert.1
Warum ist das so? In Deutschland herrscht nach §5 SGB V eine Versicherungspflicht für die gesetzliche Krankenversicherung. Durch die Versicherungspflicht soll verhindert werden, dass die Betroffenen den Beginn ihres Versicherungsschutzes selbst bestimmen und ihn somit bis zu dem Zeitpunkt hinausschieben können, an dem die anfallenden Kosten zur Behandlung die Beiträge zur GKV übersteigen. Arbeitnehmer und Angestellte müssen deshalb einen Teil ihres Bruttoeinkommens an eine gesetzliche Krankenkasse ihrer Wahl abführen.2 Die Höhe des abzuführenden Beitrags richtet sich nach der Höhe des Einkommens. Außerdem sind in Deutschland rund 16 Millionen Menschen per Familienversicherung mitversichert. Es müssen dabei keine Beiträge gezahlt werden. Das tragende Prinzip der GKV ist der sogenannte Solidarausgleich. Damit ist insbesondere der finanzielle Ausgleich zwischen Gesunden und Kranken, zwischen gut Verdienenden und weniger gut Verdienenden, zwischen Jungen und Alten sowie zwischen Alleinstehenden und Familien bezüglich ihrer Beitragszahlungen und Behandlungskosten gemeint.3 Ausgenommen von der Versicherungsplicht sind Arbeitnehmer deren Bruttoeinkommen unter der Geringfügigkeitsgrenze liegen (Stand 2020: 450 EUR) und Arbeitnehmer deren Bruttoeinkommen über der Jahresarbeitsentgeltgrenze (Stand 2020: 62550 EUR) liegt. Für Letztere und z.B. auch für Selbstständige gilt die Versicherungsfreiheit, d.h. sie können sich frei entscheiden ob sie in der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung versichert sein wollen.4 Ist man einmal in der privaten Krankenversicherung versichert, dann ist ein Wechsel zurück in die gesetzliche Krankenversicherung schwer bzw. unmöglich. Nur wenige Ausnahmen, wie z.B. eine Gehaltsabsenkung unter die JAEG ermöglichen den Wechsel. Generell ist ein Wechsel nach dem 55. Lebensjahr jedoch nicht möglich.5
2.2 Was kosten GKV und PKV den Versicherten?
Wie bereits beschrieben richten sich die Beiträge zur GKV nach dem Bruttoeinkommen. Der Beitragssatz für versicherungspflichtige Arbeitnehmer zur GKV wird deshalb als Prozentsatz angegeben und liegt aktuell bei 14,6 %.6 Außerdem erheben die Krankenkassen einen Zusatzbeitrag um ihren Finanzbedarf weitergehend zu decken. Der zu erhebende Prozentsatz wird dabei von den Krankenkassen individuell bestimmt.7 Der reguläre Beitragssatz und der Zusatzbeitrag werden in der GKV jeweils vom Arbeitnehmer und vom Arbeitsgeber zur Hälfte getragen.8 Die Zusatzbeitragssätze unterscheiden sich zum Teil sehr stark. So werden zum Beispiel von der AOK Sachsen-Anhalt 0 %9, von der Techniker Krankenkasse im Jahr 2020 0,7 %10 und von der DAK 1,5 %11 erhoben. Der vom Bundesministerium für Gesundheit gesetzlich festgelegte durchschnittliche Zusatzbeitragssatz stieg 2020 von 0,9 % auf 1,1 %.12 Der Gesamtbeitragssatz für die gesetzliche Krankenversicherung kann folglich unterschiedlich hoch sein und reicht von 14,6 % (AOK-Sachsen Anhalt) bis 17,3 % (BKK Stadt Augsburg).13 Dabei ist jedoch die Öffnung der Krankenkassen zu beachten, so gibt es zum Beispiel Orts-/Regionalkrankenkassen, Betriebskrankenkassen, Innungskrankenkassen, landwirtschaftliche Krankenkassen und Ersatzkassen.14 Die unterschiedliche Öffnung für bestimmte Personengruppen hat einen historischen Ursprung und ist im SGB V im sechsten Kapitel geregelt. Die AOK Sachsen-Anhalt ist deshalb nur regional für Sachsen-Anhalt geöffnet und die BKK Stadt Augsburg, als sogenannte Betriebskrankenkasse, nur für Betriebsangehörige geöffnet. Bundesweit geöffnete gesetzlich Krankenkassen stehen jedem Versicherungsnehmer offen und die Krankenkasse kann frei gewählt werden. Die freie Krankenkassenwahl haben gesetzlich Versicherte erst seit den späten 1990er Jahren. Mit dem Gesundheitsstrukturgesetz hat man 1992 den Grundstein für den wohl größten Wandel im System der gesetzlichen Krankenkassen gelegt. Man führte mit dem GSG bereits im Januar 1994 den Risikostrukturausgleich ein, welcher für eine risikoadjustierte Zuweisungen der Beiträge der Versicherungsnehmer an die Krankenkassen sorgte.15 Das heißt, dass die Versicherten der Krankenkassen verschiedenen Risikogruppen zugeordnet werden und die Krankenkassen je nach Zugehörigkeit ihrer Versicherten Auf- und Abschläge auf eine Grundpauschale zur Deckung der Ausgaben erhalten.16 Der RSA sollte die unterschiedlichen Ausgangspositionen zwischen den Krankenkassen für die freie Kassenwahl, welche dann im Januar 1996 eingeführt wurde, angleichen.17 Mit der freien Kassenwahl für die Versicherten kam es dann erstmals zum Wettbewerb zwischen den gesetzlichen Krankenkassen. Die Krankenkassen waren aufgrund der neuen Wettbewerbssituation gezwungen ihre Kosten zu senken. Da die Leistungen in der gesetzlichen Krankenkasse bundesweit einheitlich geregelt sind, war damals wie auch heute der Beitragssatz der hauptsächliche Wettbewerbsparameter.18 Das GSG von 1992 war relativ erfolgreich, der Erfolg wurde jedoch durch eine Risikoselektion seitens der Krankenkassen bezüglich des RSA etwas eingedämmt. Deshalb wurden im Jahr 2001 und auch im Jahr 2009 Optimierungen am RSA vorgenommen, welche den Wettbewerb zwischen den Krankenkassen fairer machten, aber auch stärkten.19 Seit Januar 2009 gibt es den neuen Gesundheitsfonds in den alle Beiträge der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber sowie die für die gesetzliche Krankenversicherung zur Verfügung gestellten Steuergelder fließen. Das Gesetz in dessen Rahmen der Gesundheitsfonds aufgelegt wurde heißt GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz. Mit dem GKV-WSG wurde 2009 auch erstmalig ein einheitlicher regulärer Beitragssatz für alle gesetzliche Krankenkassen festgelegt.20
Die Beiträge in der PKV sind im Gegensatz zur GKV nicht einkommensabhängig. Die Höhe des Beitrags richtet sich dabei hauptsächlich nach Umfang der versicherten Leistungen, Alter des Versicherten bei Versicherungsbeginn und Gesundheitszustand des Versicherten bei Versicherungsbeginn.21 Oft fällt der Beitrag zur PKV geringer aus, als der Höchstbeitrag in der GKV. Grund dafür ist die Beitragsbemessungsgrenze, welche 2020 bei einem Bruttoarbeitsentgelt von 56.250 EUR22 pro Jahr und somit unter der JAEG liegt. Die BBG ist die Grenze für die Berechnung des Beitragssatzes zur GKV. Liegt also das Bruttoeinkommen einer Person bei zum Beispiel 60.000 EUR im Jahr, dann erfolgt die Berechnung des KV-Beitrags trotzdem auf Basis der 56.250 EUR. Bei 14,6 % regulärem Beitragssatz und Hinzunahme des gesetzlich festgelegten durchschnittlichen Zusatzbeitrags von 1,1 %, ergibt das einen durchschnittlichen Höchstbeitrag zur GKV von 8831,25 EUR pro Jahr – zu einer Hälfte getragen vom Arbeitnehmer zur anderen Hälfte getragen vom Arbeitgeber. Sollen Kinder ebenfalls privat krankenversichert werden, dann ist unbedingt auf die Besonderheiten bei der Wahl zwischen GKV oder PKV und insbesondere auf die Unterschiede in der Beitragstragung der PKV zu achten. In der PKV muss anders als in der GKV jede versicherte Person - auch Kinder - einen Beitrag zahlen23. Der Beitrag zur PKV kann zum Teil vom Arbeitgeber übernommen werden. Der Zuschuss vom Arbeitgeber beträgt dabei aber nie mehr als die Hälfte des Gesamtbeitrags zur PKV und auch nicht mehr als der Arbeitgeberanteil beim Höchstbeitrag zur GKV beträgt (rd. 4415,63 EUR/Jahr bzw. rd. 368 EUR/Monat).24 So würden bei einer alleinstehenden Person mit einem beispielhaften PKV-Beitrag von 500 EUR pro Monat 250 EUR vom Arbeitnehmer und 250 EUR vom Arbeitgeber getragen werden, wohingegen zum Beispiel eine Person, die auch ihre Kinder privat krankenversichert, mit einem beispielhaften PKV-Beitrag von 750 EUR pro Monat 382 EUR selbst tragen muss, während der Arbeitgeber nur 368 EUR zuzahlt. Anstelle des Zusatzbeitrages zahlen privat Krankenversicherte meist eine Selbstbeteiligung. Je nach Höhe der Selbstbeteiligung fällt der Versicherungsbeitrag geringer oder höher aus.
2.3 Kritik
Das duale System der GKV und der PKV in Deutschland ist sicherlich ein guter Ansatz für eine ausgeprägte medizinische Versorgung des Landes, jedoch wird das System auch oft kritisiert. Ein Grund dafür ist zum Beispiel die strikte Bindung der gesetzlichen Krankenkassen an den Leistungskatalog, der vom „Gemeinsamen Bundesausschuss“ festgelegt wird.25 Das Leistungsspektrum der privaten Krankenkassen ist viel größer, da es individuell mit dem Versicherten vereinbart wird und die Kostenübernahme bei z.B. Brillen oder hochwertigem Zahnersatz wesentlich höher ist.26 Besonders in Kritik steht aber die „Zwei-Klassen-Medizin“ in Deutschland. Bei der Behandlung von gesetzlich versicherten Patienten muss ein Arzt wirtschaftlich im Sinne der Krankenkasse handeln. Es gelten deshalb strenge Budgets für beispielsweise Behandlungen und Rezepte. Dies sind Kostenbremsen der gesetzlichen Krankenversicherung, welche die Einnahmen des Arztes mindern.27 Bei Patienten der PKV können sie wesentlich höhere Honorare ansetzen. Deshalb ziehen Ärzte privatversicherte Patienten den gesetzlich versicherten Patienten vor. Das führt zum Beispiel zu einer Bevorzugung bei der Terminvergabe.28 Eine Tatsache, die definitiv vom Solidarprinzip im System der deutschen Krankenversicherungen abweicht.
3. Krankenversicherung in den USA
3.1 Allgemeines
In den USA gibt es keine gesetzliche Krankenversicherung. Am ehesten könnte man das Gesundheitsführsorgeprogamm „Medicaid“ oder die öffentliche und bundesstaatliche Krankenversicherung „Medicare“ mit der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung vergleichen. Medicaid betrifft jedoch nur Personenkreise mit geringen Einkommen und Kinder.29 Medicare dient nur der Versicherung von älteren Menschen (ab 65) und Behinderten.30
Die medizinische Versorgung in den USA ist aufgrund fehlender regulierender Eingriffe durch den Staat extrem teuer. So kostet zum Beispiel die Behandlung eines gebrochenen Beins in den USA bis zu 7.500 USD (rd. 6680 EUR), ein Krankenhausaufenthalt für 3 Tage kostet durchschnittlich 30.000 USD (rd. 26730 EUR) und die Behandlung von Krebserkrankungen kann mehrere hunderttausend US-Dollar bzw. Euro kosten.31 In Deutschland kostet die Behandlung verschiedener Diagnosen im Krankenhaus mit anschließendem Aufenthalt aufgrund von Fallpauschalen im Durchschnitt rund 4700 EUR.32 In den USA ist es deshalb umso wichtiger eine Krankenversicherung abzuschließen.
Bis zum Inkrafttreten der wesentlichen Bestimmungen des „Patient Protection and Affordable Care Act“, welcher auch unter dem Namen „Obamacare“ bekannt ist, im Jahr 2014, gab es in den USA keine Krankenversicherungspflicht.33 Die mit dem PPACA eingeführte Versicherungspflicht ist definitiv nicht mit der Versicherungspflicht in Deutschland gleichzusetzen, denn es handelt sich dabei um das sogenannte „individual mandate“. Das „individual mandate“ besagt, dass jeder, der nach dem PPACA versicherungspflichtig ist, krankenversichert sein muss. Wer dagegen verstößt, muss einen festen Geldbetrag bzw. einen Teil seines Haushaltsnettoeinkommens als Strafe zahlen.34 Der derzeitige US-Präsident Donald Trump hatte bereits während seines Wahlkampfs angekündigt Obamacare komplett abzuschaffen. Bisher haben verschiedene Urteile des Obersten Gerichtshofes der USA, dem „Supreme Court“, dies immer wieder verhindert.35 Jedoch verabschiedete der US-Kongress im November 2017 ein Gesetz zur Aufhebung des „individual mandate“, wodurch die Strafzahlungen und somit auch die Versicherungspflicht zum 01.01.2019 entfallen.36 Der Affordable Care Act sorgte dafür, dass die Anzahl der US-Amerikaner ohne Krankenversicherung von über 46,5 Millionen im Jahr 2010 auf unter 27 Millionen im Jahr 2016 sank.37 Aus einem Report des United States Census Bureau, welches vergleichbar mit dem Statistischen Bundesamt ist, geht hervor das im Jahr 2018 in den USA schätzungsweise 27,462 Millionen Personen (Fehlerspanne: ± 630.000) nicht krankenversichert waren.38 Man rechnet aufgrund der entfallenen Strafzahlungen ab dem 1.01.2019 mit einem starken Anstieg der Anzahl von US-Amerikanern ohne Krankenversicherung.39 Eine genaue Statistik für 2019 gibt es noch nicht. Viele US-Amerikaner wollen sich nicht krankenversichern. Der Grund dafür sind hauptsächlich die hohen Kosten, die mit einer Krankenversicherung in den USA verbunden sind. Viele können sich die Krankenversicherung nicht leisten.
3.2 Wie viel kostet die Krankenversicherung in den USA?
In den USA gibt es viele verschiedene Möglichkeiten sich krankenversichern zu lassen. Ein Großteil der krankenversicherten US-Amerikaner ist über sogenannte „private health plans“ versichert. In den USA bezeichnet „health plan“, also „Gesundheitsplan“, die Krankenversicherung. Neben den „private health plans“ gibt es auch die „public health plans“. Zwar können die Namen eine Ähnlichkeit zum deutschen dualen System der Krankenversicherung vermuten lassen, dem ist jedoch nicht so. Zu den „private health plans“ gehören die Krankenversicherung über den Arbeitgeber, die Direktversicherung und die Krankenversicherung über TRICARE, dem Krankenversicherungsprogramm des US-Verteidigungsministeriums. Zu den „public health plans“ zählen die Krankenversicherung über Medicare, Medicaid oder VA bzw. CHAMPVA, dem Gesundheitsprogramm des US Department of Veteran Affairs, welches TRICARE sehr ähnlich ist. In Tabelle 1 vom United States Census Bureau ist die entsprechende Aufteilung der Krankenversicherten auf die einzelnen „health plans“ dargestellt.
Tabelle 1: Anzahl und Anteil von US-Amerikanern nach Art der Krankenversicherung: 2017 und 2018
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In Anlehnung an: Barnett, Jessica u.a. (2019), S. 3 „Table 1“
Mehr als die Hälfte der US-Amerikaner sind über sog. „Employment-based health plans“ krankenversichert. Das heißt, dass der Arbeitgeber in Kooperation mit einer Krankenversicherung „health plans“ anbietet und seine Angestellten bzw. deren Angehörige sich darüber krankenversichern lassen können.40 Der durchschnittliche Versicherungsbeitrag pro Person beträgt dabei zwar 6.715 USD pro Jahr41 und wird bei einem Beitrag des Angestellten von durchschnittlich 1.427 USD pro Jahr42 zum Großteil vom Arbeitgeber getragen, jedoch bestimmen die Arbeitgeber die Versicherungsgesellschaft und den Leistungsumfang der Krankenversicherung sowie den Anteil am Beitrag, den sie übernehmen wollen. Der Beitrag der vom Arbeitnehmer zu tragen ist hängt deshalb in den USA stark vom Arbeitgeber ab. Wer nicht von seinem Arbeitgeber abhängig sein will, kann sich auch unproblematisch auf direktem Weg bei einer Krankenversicherung versichern lassen. Somit entfällt zwar die anteilige Kostenübernahme durch den Arbeitgeber, jedoch kann man die Versicherung nach eigenen Bedürfnissen und Preisvorstellungen frei wählen.
[...]
1 Vgl. Bundesministerium für Gesundheit (Hrsg.) (2018), Absatz in Kopfzeile.
2 Vgl. ebenda, Absatz „Versicherungspflicht“.
3 Vgl. ebenda, Absatz „Solidarität aus Prinzip“.
4 Vgl. ebenda, Absatz „Versicherungspflicht“ i.V.m. Absatz „Versicherungsfreiheit“.
5 Vgl. Techniker Krankenkasse (Hrsg.) (2020a), Kopfzeile i.V.m. Absatz 1 unter „Weitere Details“.
6 Vgl. §241 SGB V.
7 Vgl. §242 SGB V.
8 Vgl. §249 SGB V.
9 Vgl. AOK Sachsen-Anhalt – Die Gesundheitskasse (Hrsg.) (2020), Kachel „Besser beim Beitrag“.
10 Vgl. Techniker Krankenkasse (Hrsg.) (2020b), Tabelle „Alle Beitragssätze 2020 auf einen Blick“.
11 Vgl. DAK-Gesundheit (Hrsg.) (2020), Kapitel „Welche Beiträge zahlen Beschäftigte bei der DAK-Gesundheit?“ Absatz 2.
12 Vgl. Techniker Krankenkasse (Hrsg.) (2020b), Absatz 2.
13 Vgl. Kassensuche GmbH (Hrsg.) (2020), Tabelle.
14 Vgl. §143ff SGB V.
15 Vgl. Art. 34 GSG i.V.m. §266 SGB V.
16 Vgl. §266 Abs. 1 SGB V.
17 Vgl. Gerlinger, Thomas / Schönwalder, Thomas (2012), S.1 Absatz 10.
18 Vgl. ebenda, S. 1 Absatz 9.
19 Vgl. ebenda, S. 2 Absatz 1 und 3.
20 Vgl. AOK-Bundesverband GbR (Hrsg.) (2020), Absatz 1 und Absatz 4.
21 Vgl. Verband der Privaten Krankenversicherung e.V. (Hrsg.) (2020a), Absatz 4-6.
22 Vgl. Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (Hrsg. (2019), Absatz 2.
23 Vgl. Vgl. Verband der Privaten Krankenversicherung e.V. (Hrsg.) (2020b), Absatz 1-5.
24 Vgl. §257 SGB V.
25 Vgl. Stiftung Warentest (Hrsg.) (2020a), Absatz 3.
26 Vgl. ebenda (2020b), Tabelle „Unterschiede gesetzliche – private Krankenversicherung“.
27 Vgl. Stiftung Warentest (Hrsg.) (2020b), Absatz 6 „Ärzte lieben Privatpatienten“.
28 Vgl. Pilath, Monika (2013), S. 4 Absatz 1.
29 Vgl. U.S. Centers for Medicare & Medicaid Services (Hrsg.) (2020a), Absatz 2.
30 Vgl. U.S. Social Security Administration (Hrsg.) (2020), Absatz 1.
31 Vgl. U.S. Centers for Medicare & Medicaid Services (Hrsg.) (2020b), Absatz 3.
32 Vgl. Statistisches Bundesamt (2018), Absatz 2.
33 Vgl. 26 U. S. C. §5000A
34 Vgl. U.S. Centers for Medicare & Medicaid Services (Hrsg.) (2020c), Absatz 1.
35 Vgl. Biskupic, Joan / Luhby, Tami (2020), Absatz 1 i.V.m Absatz 6.
36 Vgl. Schmitt-Sausen, Nora (2018), Abs. 1.
37 Vgl. Damico, Anthony u.a. (2019), Abs. 1.
38 Vgl. Barnett, Jessica C. u.a. (2019), S. 3 Tabelle “Table 1”.
39 Vgl. Kliff, Sarah (2019), Absatz 12.
40 Vgl. U.S. Centers for Medicare & Medicaid Services (Hrsg.) (2020d), Absatz 1.
41 Vgl. Agency for Healthcare Research and Quality (Hrsg.) (o.J. a), Zeile 1.
42 Vgl. ebenda (o.J. b), Zeile 1.