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Hausarbeit, 2015
12 Seiten, Note: 1,7
I. Einleitung
II. Analyse der OLG Entscheidung
1. Erörterung der Rechtsprobleme und systematische Einordnung in den rechtlichen Kontext
a) Erörterung der Rechtsprobleme
b) Einordnung in den rechtlichen Kontext
2. Lösungsansätze unter Berücksichtigung der vertretenen Ansichten
3. Analyse und systematische Einordnung der Entscheidung
a) Analyse
b) Systematische Einordnung
4. Bewertung und Kritik
a) Bewertung
b) Kritik
III. Fazit
30.000 Zweigniederlassungen von private Limited companies (im folgenden Ltd) wurden in Deutschland1 eingetragen.2 Doch wie kommt es zu dieser hohen Anzahl von Eintragungen, einer ausländischen Gesellschaft in Deutschland ? Durch die Entscheidungen Centros, Überseering und Inspire Art bestätigte der EuGH die Bedeutung der Niederlassungsfreiheit für den Zuzug ausländischer Gesellschaften.3 Es kam zu einer Entwicklung des inländischen Gesellschaftsrechts, mit Blick auf ausländische Kapitalgesellschaften. Die Entscheidungen führten dazu, dass zahlreiche kleinere und mittlere Unternehmen eine Ltd wählten. Sie gründeten eine Briefkastengesellschaft in Großbritannien und errichteten anschließend in Deutschland eine Zweigniederlassung. Die Zweigniederlassung muss jedoch dann nach deutschem Recht verpflichtend beim deutschen Handelsregister angemeldet und eingetragen werden gem. § 13d I HGB.4 Diese Pflicht wurde jedoch nicht ganz klar im deutschen Recht geregelt. Aufgrund der flexiblen Möglichkeiten und der fehlenden Kapitalerhaltungsvorschriften der Ltd wurde jedoch ebene jene besonders attraktiv.5 Dies hatte zur Folge, dass die Zahl der Ltd in Deutschland anstieg.6 Maßgeblich für die materiell-rechtlichen Verhältnisse der Ltd ist das englische Recht und für das Registerverfahren das Recht, in dem die Zweigniederlassung eingetragen ist.7 Aufgrund der Nähe der Ltd zur GmbH galten in Deutschland die Vorschriften der §§ 13, 13d, 13g HGB sowie der §§ 8-10 GmbHG für die Handelsregistereintragung.8 Daher sind gem. § 13g V iVm § 39 II GmbHG die Unterlagen über die Bestellung der Geschäftsführer beizufügen. Der director (nachfolgend „Dr") einer englischen Ltd, wird dabei im Handelsregister mit dem Geschäftsführer der GmbH gleichgestellt. Zudem sind nach §§ 13d I, 13g I, V HGB iVm 39 GmbHG sämtliche Änderungen in der Person der Geschäftsführer zur Eintragung in das HR anzumelden. Dabei entwickelt sich jedoch folgende Problematik: Was ist wenn ein Dr eine Einzelvertretungsmacht (nachfolgend Evm), die auf die Zweigniederlassung beschränkt ist, im deutschen Handelsregister eintragen lassen will, jedoch im ausländischen Register eine Gesamtvertretung der Dr vorgesehen ist ? Ist eine Evm eintragungsfähig, wenn eine Abweichung zum ausländischen Register dadurch entsteht ? Und was für eine Art von Vertreter stellt der Dr dar ? Die nachfolgende Entscheidung vom OLG Frankfurt9 befasst sich mit dieser Problematik und nimmt dafür Bezug auf die Mandatstheorie. In der Entscheidung ging es dabei um einen Dr einer Ltd, der seine Bestellung zum „Geschäftsführer" (Dr) der Gesellschaft sowie seine Einzelvertretungsbefugnis in Bezug auf die deutsche Zweigniederlassung der Ltd zur Eintragung im Handelsregister der Zweigniederlassung angemeldet hat. Der Anmeldung war dabei ebenfalls eine schriftliche Erklärung eines englischen Notars beigefügt, der alle Angaben bestätigte. Das Registergericht wies die Anmeldungen insbesondere mit der Begründung zurück, das ausländische Register enthalte keine Eintragung zur Einzelvertretungsberechtigung. Deshalb könne diese auch nicht im deutschen Register eingetragen werden. Die Eintragungen zum deutschen Handelsregister müssten mit den Eintragungen im ausländischen Register übereinstimmen. Der Verfahrensbevollmächtigte des Dr legte anschließend Beschwerde gegen die Verfügungen des Registergerichts ein. Die Beschwerde wurde dann dem OLG vorgelegt, die dort Erfolg hatte.
Die OLG Entscheidung vom 3.02.2015 befasst sich mit verschiedenen Rechtsproblemen. Zunächst erörtert das Gericht die Rechtsproblematik, auf welcher rechtlichen Grundlage die Evm eines Dr eintragungsfähig ist. Zudem wird in der Entscheidung geprüft, ob der Dr der Ltd einen organschaftlichen Vertreter oder einen rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter darstellt. Dazu erläutert der Senat die in der Literatur vertretene Mandatstheorie und setzt sich mit der umstrittenen Frage auseinander, ob die Mandatstheorie der Eintragung im Handelsregister entgegensteht. Des Weiteren erörtert der Senat, ob eine Spiegelgleichheit zwischen dem ausländischen und inländischen Register bestehen muss. Dabei stellt sich die Frage, ob bei einer eingetragenen Gesamtvertretung im ausländischen Register, (hier: companies house), die identische Eintragung im inländischen Handelsregister erfolgen muss oder ist auch eine Abweichung in Form einer Einzelvertretungsbefugnis möglich. In einem obiter dictum nimmt das Gericht noch Bezug darauf ob der Dr, wie auch bisher, als „Geschäftsführer" oder als „Dr" eingetragen werden muss.
Die Entscheidung kann zunächst dem Bereich des internationalen Gesellschaftsrechts zugeordnet werden, wobei versucht wird das internationale Gesellschaftsrecht an das nationale Gesellschaftsrecht anzupassen. Ebenfalls beeinflusst ist der Bereich des Handelsregisterrechts, da nach §§ 13d I, 13g I, V HGB iVm § 39 GmbHG die Pflicht vorgesehen ist für bestimmte Rechtstatsachen die Eintragung beim Handelsregister vorzunehmen.10 Auswirkungen hat die Entscheidung auch für die Publizität des Handelsregisters, bezüglich der Frage ob eine entsprechende Eintragung der Evm vorgenommen werden kann, um sie Gläubigern entgegenzuhalten i.S.d § 15 II HGB.11
Zur Problematik der rechtlichen Grundlage der Eintragung der Evm eines Dr bedient sich der OLG einer Anwendung der §§ 13d I, 13g I, V HGB iVm § 39 GmbHG. Demnach muss jede Zweigniederlassung einer GmbH mit Sitz im Ausland jede Änderung des Geschäftsführers in das Handelsregister der Zweigniederlassung anmelden. Die Vorschriften sollen ebenfalls für die Ltd gelten. Dies wird mit der vergleichbaren Nähe der Ltd zur GmbH begründet, was auch wiederum der EU Zweigniederlassungsrichtlinie entspricht, welche eine Auflistung mit der GmbH vergleichbaren ausländischen Gesellschaftsformen enthält.12 Bei der Frage, ob der Dr einen organschaftlichen Vertreter oder rechtsgeschäftlich bestellten bevollmächtigten darstellt, ist der Dr laut Registergericht ein organschaftlicher Vertreter, weil er nach allgemeiner Auffassung als Organ der Ltd bezeichnet wird und mit dem Geschäftsführer der GmbH verglichen wird. Jedoch ist dies nicht überzeugend, da das maßgebliche englische Recht den Begriff „Gesellschaftsorgan" nicht kennt. Weiterhin wird in der Entscheidung vom OLG Frankfurt erläutert, ob der Dr auch einen ständigen Vertreter i.S.d § 13e II Nr.3 HGB darstellen könnte.13 Gegen diese Ansicht spricht jedoch, dass ein Dr als ständiger Vertreter zu einer erheblichen Verwirrung des Rechtsverkehrs führen würde, weil man nicht weiß in welcher Funktion der Dr auftritt.14 Zudem sind gem. § 13g II S.2 HGB iVm § 8 IV Nr.2 GmbHG Angaben zu Art und Umfang der Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer bei der Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister beizufügen. Hiermit kann aber definitiv nicht der ständige Vertreter gem. § 13e II Nr.3 HGB gemeint sein, sondern nur der Dr welcher mit dem Geschäftsführer am ehesten vergleichbar ist. Nach Ansicht des Senats und der einhellig vertretenen Auffassung soll, für die Frage ob der Dr organschaftlicher oder rechtsgeschäftlicher Vertreter ist, die sog. Mandatstheorie anwendbar sein. Nach der Mandatstheorie stellt der Dr keinen organschaftlicher Vertreter der Gesellschaft dar. Vielmehr ist der Dr ein rechtsgeschäftlich bestellter Bevollmächtigter und damit ein Beauftragter der Gesellschaft, ein sog. Agent.15 Daher bestimmt sich die Vertretungsmacht nicht nach gesetzlichen Befugnissen, sondern nach dem allgemeinen Auftrag der Gesellschaft.16 Problematisch bei der Mandatstheorie ist jedoch, dass bei einer rechtsgeschäftlichen Vertretungsmacht das Vollmachtstatut entscheidend wäre und damit das deutsche Recht. Dies würde jedoch einer Eintragung im Handelsregister entgegenstehen, da der Gesetzgeber nur die Eintragung von bestimmten rechtsgeschäftlichen Vollmachten vorsieht, wie z.B. der Prokura gem. § 54 HGB. Dem Senat zufolge könnte durch Abgrenzung von Personal und Vollmachtstatut die Funktion des Handelsregisters, den Rechtsverkehr über die Vertretungsverhältnisse der Gesellschaft aufzuklären, beeinträchtigt werden. Daher soll die Mandatstheorie nicht anwendbar sein. Hierbei nimmt der Senat aber keinen Bezug mehr darauf, was für eine Art Vertreter der Dr nun darstellt. Hält man hingegen die Mandatstheorie für anwendbar, die besagt, dass die Evm eines Dr eine rechtsgeschäftliche Vertretungsbefugnis darstellt, soll man laut Senatsbeschluss vom 17.06.2010 (20 W 241/09) zu dem Ergebnis einer Eintragung der Evm kommen, weil die Einzelvertretungsbefugnis des Dr mit der Einzelvertretungsbefugnis eines Geschäftsführers einer GmbH im Hinblick auf die rechtliche Wirkung vergleichbar ist.17 Letztlich kann es laut dem Senat für die Anmeldungs- und Eintragungspflicht nach § 10 I S.2 GmbHG jedoch dahingestellt bleiben, ob der Dr organschaftlicher oder rechtsgeschäftlicher Vertreter ist.18 Fraglich ist aber, ob eine Spiegelgleichheit zwischen dem ausländischen und inländischen Register bestehen muss. Dabei wurde in früheren Registergerichten gefordert, das genau der identische Wortlaut des Registers der Hauptniederlassung auch für das Register der Zweigniederlassung übernommen wird. Mit der Einführung von elektronischen Registern war nur noch die inhaltliche Identität erforderlich.19 Der Senat macht jedoch in seiner OLG Entscheidung vom 03.02.2015 deutlich, dass es gar nicht auf eine Spiegelgleichheit zwischen dem inländischen und ausländischen Register in diesem Fall ankommen kann, weil das companies house keine Angaben über die Vertretungsbefugnisse des Dr macht und dementsprechend nur die personenbezogenen Daten aufgenommen werden. In seinem Beschluss vom 17.06.2010 (20 W 241/09) hat der Senat darauf aufmerksam gemacht, dass nicht nur eine Gesamtvertretung im Handelsregister eingetragen werden darf, sondern auch eine Einzelvertretungsbefugnis, wenn die Satzung der Gesellschaft eine solche Erteilung zulässt. Dementsprechend soll dann erst Recht eine Eintragung einer auf die Zweigniederlassung beschränkten Evm möglich sein, da diese eine geringere Vertretungsmacht als eine umfassende Einzelvertretungsbefugnis darstellt. Diese Argumentation ist auch nachvollziehbar. Folgt man dann der Argumentation des Senats, muss keine Spiegelgleichheit zwischen dem inländischen und ausländischen Register in diesem Fall bestehen. Demnach kann eine Evm erteilt und eingetragen werden. Eine entsprechende Erteilung einer Einzelvertretungsbefugnis benötigt nur eine wirksame Beschlussfassung der Dr. Diese liegt laut Senat auch vom 9.01.2015 vor. Folglich ist die Eintragung einer Evm eines Dr eintragungsfähig.
Der Senat hält fest, dass zum Schutz des Rechtsverkehrs die Evm im Handelsregister einzutragen ist, damit Gläubiger auch Einblicke in die Vertretungsverhältnisse der Ltd haben. Der Senat legt als rechtliche Grundlage der Eintragungsfähigkeit die Vorschriften der §§ 13d I, 13g I, V HGB iVm § 39 GmbHG nach dem Wortlaut aus. Demnach muss die GmbH mit Sitz im Ausland jede Änderung in der Person der Geschäftsführer zum Handelsregister anmelden. Dabei soll die Vorschrift aufgrund der Vergleichbarkeit zwischen der GmbH und der Ltd auch für den Dr gelten. Diese Auslegung nimmt der Senat äußert geschickt vor, sie ist auch aufgrund der Nähe zwischen der GmbH und der Ltd plausibel. Zudem verweist der Senat auf den Beschluss vom 17.06.2010, in welchem die Eintragung einer umfassenden Einzelvertretungsbefugnis als zulässig erachtet wurde. Dementsprechend sollte es nach dem argumentum a maiore a minus erst recht für eine weniger umfassende, auf die Zweigniederlassung beschränkte, Einzelvertretungsbefugnis gelten. Dieses Argument ist jedoch schwer nachzuvollziehen, weil der Senat auf einen Beschluss verweist der nicht veröffentlicht wurde. Des weiteren schneidet der Senat den Beschluss nur an und erörtert ihn nicht weiter. Ein weiteres Argument, warum die Eintragung vorgenommen werden soll, war die Funktion des Handelsregisters und den Schutz des Rechtsverkehrs. Der Senat misst dem Schutz des Rechtsverkehrs hohe Bedeutung zu, da er mehrmals das Argument einer Eintragung erwähnt. Bei der Frage, ob der Dr ein organschaftlicher oder rechtsgeschäftlicher Vertreter ist, erläutert der Senat die Mandatstheorie. Das Gericht berücksichtigt bei seiner Argumentation auch das englische Recht, was als anwendbares Recht erforderlich ist. Problematisch ist jedoch, dass es die Theorie zwar erläutert, sie aber nicht komplett ausführt und größtenteils nur auf Lehrmeinungen verweist. Eine wirkliche Auseinandersetzung mit der Theorie findet nicht statt. Auch dass der Senat sich letztlich gegen die Mandatstheorie entscheidet ist eher ungewöhnlich. Der Senat begründet es erneut mit der Funktion des Handelsregisters und dem Schutz des Rechtsverkehrs, was lediglich eine Wiederholung des gleichen Arguments darstellt. Zu kritisieren ist zudem das es unklar bleibt, ob der Dr nun einen organschaftlichen oder rechtsgeschäftlichen Vertreter darstellt, da der Senat dies nicht deutlich macht. Er lässt auch offen ob der Dr letztlich als Dr oder Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen werden soll und überlässt es dem Registergericht, ob eine Fassungsberechtigung vorgenommen werden muss. Das Gericht erkennt aber an, dass der Dr auch befugt ist die auf die Zweigniederlassung beschränkte Evm alleine anzumelden, selbst wenn Gesamtvertretung vorgesehen ist. Somit widerspricht der Senat der Ansicht des Registergerichts im Hinblick auf die Anmeldung und Eintragung der Evm und ebnet dadurch eine Möglichkeit der Anpassung des internationalen Gesellschaftsrechts an das deutsche Gesellschaftsrecht.
[...]
1 Stand 2006.
2 Just/Clemens, Englische Limited in der Praxis, Rn.44.
3 Saenger, Gesellschaftsrecht Rn.846.
4 Wiedemann/Frey, Gesellschaftsrecht, Rn. 474.
5 Just/Clemens Just, Englische Limited in der Praxis Rn. 14, Wiedemann/Frey, Gesellschaftsrecht Rn. 477.
6 Tiedje, Jürgen/ von der Groeben/Schwarze/Hatje zu AEUV Artikel 54 Rn. 54-56, Sänger, Gesellschaftsrecht Rn.848.
7 Just/Clemens, Englische Limited in der Praxis, Rn.45, Reiber/Zimmermann, Petra/Zimmermann, Handels und Gesellschaftsrecht S.315.
8 Clemens/Just, Englische Limited in der Praxis, Rn. 45.
9 OLG Frankfurt, NJW 2015, 873
10 Saenger, Gesellschaftsrecht Rn.870.
11 Georg/Bitter, Ralf/Schuhmacher, Handelsrecht zu § 15 HGB Rn.8.
12 OLG Frankfurt NZG 2006, 515, Münchener Kommentar/Pentz, Zweigniederlassungen § 13e HGB, Rn.14-15, Clemens/Just, englische Limited in der Praxis, Rn.14, http://www.dnoti.de/medien/1d02ea80-0336-4a8f-8d49-cd98bee33bce/keine-eintragung-der-befreiung-des-staendigen-vert.pdf.
13 Preuß/Oetker zu HGB § 13e, Rn. 39-42.
14 EBJS/Pentz, zu HGB § 13e Rn. 20, Just/Clemens, englische Limited in der Praxis, Rn. 56, NJW-Spezial 2012, 81.
15 Triebel/Illmer/Ringe/Vogenauer/Ziegler, Englisches Handels-und Wirtschaftsrecht Rn. V 222., Ulrich Eisenhardt, Gesellschaftsrecht, Rn.781c.
16 Kalss, Klampf/Dause zu EU-Wirtschaftsrecht Rn.246 , Willhelm/Volker G. Heinz, Hartung/Heinz zu COMPANY'S Dr, Rn 6-13.
17 GWR 2015, 206.
18 OLG Frankfurt, NZG 2015, 710.
19 Krafka, Alexander/Kühn, Ulrich zu Zweigniederlassungen Rn 311.