Die vorliegende Arbeit setzt ihren Fokus auf die Förderung der Leseflüssigkeit.
Dazu sollen zwei Fördermethoden dargestellt werden, die zu den Lautleseverfahren gezählt werden und durch welche die Leseflüssigkeit trainiert werden soll. Es handelt sich hierbei um die Methoden des Lautlesetandems und des Lesens mit Hörbüchern.
In der vorliegenden Arbeit werden zunächst die grundlegenden Begriffe der Lesekompetenz und der Leseflüssigkeit definiert. Außerdem wird die Leseflüssigkeit als diagnostische Kategorie erläutert. Im Anschluss werden die Grundformen der Lautleseverfahren dargestellt, um schließlich das Lautlesetandem und das Lesen mit Hörbüchern zu thematisieren.
Beide Verfahren werden in Bezug auf eventuelle Voraussetzungen, Bedingungen, Herausforderungen oder Schwierigkeiten sowie Potenziale und Chancen untersucht. Zuletzt folgt ein Fazit, in welchem die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst werden und eine persönliche Evaluation erfolgt mit möglichen Umsetzungsaussichten erfolgt.
Texte lesen und verstehen zu können, ist relevant für den Wissenserwerb und die Kommunikation innerhalb einer literalen Gesellschaft. Wir finden Texte in analoger und digitaler Form vor und nutzen sie täglich, um uns sozial zu vernetzen, uns auszutauschen oder um uns zu informieren und weiterzubilden.
Das Lesen ist in unserer Gesellschaft somit von zentraler Bedeutung und kann nicht weggedacht werden.3 Daher kommt der Leseförderung in der Schule eine elementare Bedeutung zu.
So beteiligen sich über 600 Kindertagesstätten und Schulen aller deutschen Bundesländer an der Initiative BISS, um die Lesekompetenzen innerhalb der Bildungseinrichtungen besonders zu fördern und zu stärken. Die Initiative BISS zählt die Leseflüssigkeit dabei zu den grundlegenden Lesefertigkeiten. Laut IGLU ziele das Leseflüssigkeitstraining besonders auf SuS ab, die sich auf den unteren Kompetenzstufen des Lesens befänden. Nix führt auf, dass die Leseflüssigkeit zu den Voraussetzungen für den Erwerb höherer Lesekompetenzstufen zähle.
Inhaltsverzeichnis
1. Abkürzungsverzeichnis
2. Anmerkungen
3. Einleitung
4. Grundlegende Begrifflichkeiten
4.1. Die Lesekompetenz
4.2. Die Leseflüssigkeit
5. Leseflüssigkeit als diagnostische Kategorie
6. Lautleseverfahren als Fördermaßnahme der Leseflüssigkeit
6.1. Training der Leseflüssigkeit durch das Lautlesetandem
6.2. Bedingungen und Potenziale des Lautlesetandems
6.3. Training der Leseflüssigkeit durch das Lesen mit Hörbüchern
6.4. Bedingungen und Potenziale des Lesens mit Hörbüchern
7. Fazit
8. Quellenverzeichnis
1. Abkürzungsverzeichnis
BISS: Bildung durch Sprache und Schrift
d.h.: das heißt
EU: Europäische Union
ELiS: Evidenzbasierte Leseförderung in Schulen
Filius: Flüssigkeit im Lesen mit unterschiedlichen Sachhörtexten trainieren
IGLU: Internationale-Grundschul-Leseuntersuchung
OECD: Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
SuS: Schülerinnen und Schüler
2. Anmerkungen
In dieser Arbeit wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit im Singular das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten werden dabei ausdrücklich mitgemeint, soweit es für die Aussage erforderlich ist. Im Plural wird die Form SuS verwendet, die beide generischen Geschlechter benennt.
3. Einleitung
„Lesen können - darauf läuft letztendlich alles hinaus.“1
Texte lesen und verstehen zu können, ist relevant für den Wissenserwerb und die Kommunikation innerhalb einer literalen Gesellschaft. Wir finden Texte in analoger und digitaler Form vor und nutzen sie täglich, um uns sozial zu vernetzen, uns auszutauschen oder um uns zu informieren und weiterzubilden.2
Das Lesen ist in unserer Gesellschaft somit von zentraler Bedeutung und kann nicht weggedacht werden. 3 Daher kommt der Leseförderung in der Schule eine elementare Bedeutung zu:
„Leseförderung ist ja eine Investition in die Zukunft [...] und gehört zum Fundament unseres Bildungswesens. Durch das Lesenkönnen entsteht eine Art Kettenreaktion, die in der Schule die Kompetenz sowohl im Fach Deutsch verstärkt als auch in die anderen Fächer hineinwirkt; denn Lesen ist die Grundlage des Wissenserwerbs.“4
So beteiligen sich über 600 Kindertagesstätten und Schulen aller deutschen Bundesländer an der Initiative BISS, um die Lesekompetenzen innerhalb der Bildungseinrichtungen besonders zu fördern und zu stärken.5 Die Initiative BISS zählt die Leseflüssigkeit dabei zu den grundlegenden Lesefertigkeiten.6 Laut IGLU ziele das Leseflüssigkeitstraining besonders auf SuS ab, die sich auf den unteren Kompetenzstufen des Lesens befänden.7 Nix führt auf, dass die Leseflüssigkeit zu den Voraussetzungen für den Erwerb höherer Lesekompetenzstufen zähle.8
Die vorliegende Arbeit setzt daher ihren Fokus auf die Förderung der Leseflüssigkeit. Dazu sollen zwei Fördermethoden dargestellt werden, die zu den Lautleseverfahren gezählt werden und durch welche die Leseflüssigkeit trainiert werden soll. Es handelt sich hierbei um die Methoden des Lautlesetandems und des Lesens mit Hörbüchern. In der vorliegenden Arbeit werden zunächst die grundlegenden Begriffe der Lesekompetenz und der Leseflüssigkeit definiert. Außerdem wird die Leseflüssigkeit als diagnostische Kategorie erläutert. Im Anschluss werden die Grundformen der Lautleseverfahren dargestellt, um schließlich das Lautlesetandem und das Lesen mit Hörbüchern zu thematisieren. Beide Verfahren werden in Bezug auf eventuelle Voraussetzungen, Bedingungen, Herausforderungen oder Schwierigkeiten sowie Potenziale und Chancen untersucht. Zuletzt folgt ein Fazit, in welchem die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst werden und eine persönliche Evaluation erfolgt mit möglichen Umsetzungsaussichten erfolgt.
4. Grundlegende Begrifflichkeiten
Zum generellen Verständnis der vorliegenden Arbeit müssen zunächst fachspezifische Begrifflichkeiten aufgeführt und definiert werden. Im Rahmen dieser Arbeit soll erläutert werden, inwiefern zwei ausgewählte Lautleseverfahren sich auf die Leseflüssigkeit als elementaren Bestandteil der Lesekompetenz auswirken können. Im Folgenden wird daher zunächst der Begriff der Lesekompetenz definiert. Im Anschluss wird erläutert, was unter einer Leseflüssigkeit zu verstehen ist und wieso die Förderung dieser von besonderer Relevanz in der Schule ist.
4.1. Die Lesekompetenz
Laut OECD ergibt sich die Lesekompetenz aus drei verschiedenen Bausteinen. Zum einen beinhaltet die Lesekompetenz „die Fähigkeit, Informationen aus Texten zu entnehmen“9. Darüber hinaus beinhaltet sie die Fähigkeit, Texte zu reflektieren und zu bewerten10 und zuletzt „die Fähigkeit und Motivation, sich auf Texte einzulassen, sie zu nutzen und sich mit deren Inhalten auseinanderzusetzen.“11
Hurrelmann verwendet in Bezug auf eine Definition von Lesekompetenz ebendiese relevanten Bausteine und benennt sie als „kognitives Textverständnis“12, Reflexion und Anschlusskommunikation“13 sowie „Motivation und emotionale Beteiligung“.14
Geht es um die Förderung der Lesekompetenz im Deutschunterricht, so ist es bedeutsam zu wissen, dass die Lesekompetenz keine angeborene Fähigkeit darstellt, sondern erlernt und gefördert werden kann, denn Kompetenzen können erworben werden.15 Daher kommt der Förderung von Lesekompetenz im Deutschunterricht eine wichtige Bedeutung zu.
4.2. Die Leseflüssigkeit
Worte bestehen aus Buchstaben und so könnte man laienhaft und auf den ersten Blick vermuten, die alleinige Aneinanderreihung von Buchstaben führe zu flüssigem Lesen. Doch schon Johann Wolfgang von Goethe warf im Jahr 1830 ein:
„Die guten Leuchten [...] wissen nicht, was es einen für Zeit und Mühe kostet, um lesen zu lernen. Ich habe 80 Jahre dazu gebraucht und kann nicht sagen, dass ich am Ziel wäre.“16
Für ein flüssiges Lesen mit gleichzeitigem inhaltlichem Verständnis reicht eine bloße Aneinanderreihung von Buchstaben lange nicht aus. Beim flüssigen Lesen geht es vielmehr darum, ganze Wörter oder sogar Wortfolgen automatisiert erfassen zu können, ohne sich dabei einer bewussten kognitiven Anstrengung aussetzen zu müssen. Ein Lesender muss bei der Worterfassung in kürzester Zeit drei Wortdimensionen miteinander vereinen können: Gemeint sind erstens das graphische Schriftbild, zweitens die Semantik, also die Wortbedeutung, und drittens die Lautgestalt des Wortes.17
Um diese Dimensionen miteinander in Einklang zu bringen und auf diese Weise flüssig lesen zu können, muss das Abrufen der Worte, die wir für das Lesen benötigen, automatisiert werden. Eine solche Automatisierung von Worten kann durch Übung erlernt werden. Ein Wort muss vom Lernenden mehrfach wahrgenommen werden, bis es in den sogenannten Stichwortschatz übergeht. Als Stichwortschatz bezeichnet man die Anzahl der Wörter, die eine Person kurzfristig und automatisiert abrufen kann, ohne lange geistige Anstrengung dafür aufzubringen zu müssen.18
Für eine Leseflüssigkeit ist demnach der Aufbau eines Stichwortschatzes notwendig, der durch Übung und vielfaches Wahrnehmen von Wörtern ausgebaut werden kann. Neben dem abrufbaren Stichwortschatz sind für die Leseflüssigkeit außerdem ein ausreichendes Sprach- und Weltwissen relevant. Als Grund hierfür kann aufgeführt werden, das mangelnde Sprachkenntnisse oder fehlendes Vorwissen zum Textinhalt den Lesefluss maßgeblich erschweren.19
Eine Leseflüssigkeit gilt in der ersten Sekundarstufe als vorhanden, wenn die SuS sowohl beim Lautlesen als auch beim leisen Lesen, altersgemäße beziehungsweise kompetenzgemäße Texte „geläufig, automatisiert, ohne große Verlesungen und mit der Fähigkeit zum ausdrucksstarken (Vor-)Lesen lesen können“20.21
Die Leseflüssigkeit gilt somit als basale Teilanforderung unter den Leseanforderungen. Wird diese elementare Teilanforderung bei den SuS nicht erreicht, so fehlt die Grundlage, um hierarchisch höhere Teilbereiche der Leseanforderungen weiter ausbilden und fördern zu können. Ein Nichterreichen dieser Teilanforderung könne darüber hinaus auch die Motivation und das Interesse am Lesen negativ beeinflussen oder negative Emotionen beim Lesen verursachen. Dies könne geschehen, wenn ein Schüler nur über schwache Leseflüssigkeitsfertigkeiten verfüge und das Lesen dadurch als beschwerend oder gar quälend empfände.22
Daher sollte, laut Gailberger, die Leseflüssigkeit besonders bei schwächeren SuS trainiert werden. Das Training der Leseflüssigkeit gelte im angelsächsischen Sprachraum bereits als fester Bestandteil der Lesekompetenz, welcher eigenständig gefördert werde. Im deutschen Sprachraum hingegen, werde die Leseflüssigkeit in der Primarstufe bisher „stillschweigend erwartet“23 und in der Sekundarstufe „einfach vorausgesetzt“24.25
Derzeit bestünden in Deutschland im Wesentlichen zwei Fördermethoden zur Leseflüssigkeit in der Schule, die sich in Lautleseverfahren und Vielleseverfahren unterscheiden untergliedern. Die Lautleseverfahren zielten durch die Trainingseinheiten auf eine direkte Verbesserung der Leseflüssigkeit ab, während die Vielleseverfahren den Fokus daraufsetzten, dass die SuS durch fest in den Unterricht integrierte Lesezeiten insgesamt mehr lesen würden und auf diese Weise auch ihre Lesemotivation steigern könnten.26
5. Leseflüssigkeit als diagnostische Kategorie
Die Leseflüssigkeit kann darüber hinaus als diagnostische Kategorie in der Praxis genutzt. In der Wissenschaft wird die Leseflüssigkeit als Konstrukt mit vier Ebenen angesehen, die zu einer Hälfte auf der Wortebene verortet werden und zur anderen Hälfte auf der Satzebene. Die Wortebene wird in die Automatisierung und in die Lesegenauigkeit aufgeteilt. Die Satzebene gliedert sich in die Lesegeschwindigkeit und die Intonation auf. Betrachtet man die einzelnen Ebenen, so können diese sich diagnostisch für eine gezielte Leseförderung nutzen lassen.27 Dies soll im Folgenden beispielhaft erläutert werden.
Als erstes Beispiel dient ein Schüler, der während des Vorlesens bei einzelnen Wörtern ins Stocken gerät und den Lesefluss dadurch ständig unterbrechen muss. In diesem Fall könnte ein Problem auf der Ebene der Wortautomatisierung diagnostiziert werden. Diese Diagnostik gibt Aufschluss über eine passgenaue Förderung für den Schüler, denn ein Problem bei der Automatisierung weist auf einen unzureichenden Stichwortschatz hin. Durch gezielte Übungen zur Erweiterung des Stichwortschatzes könnte man in diesem Fall dem Problem in Bezug auf die Leseflüssigkeit entgegenwirken.28
Als zweites Beispiel dient das fehlerhafte Lesen eines Schülers, welches etwa durch das Auslassen von Wortteilen bis hin zu ganzen Worten deutlich wird. Treten mehr als fünf Fehler dieser Fehlerart im Rahmen von 100 Worten auf, so sollten fördernde Übungen auf der Ebene der Lesegenauigkeit ansetzen, um ein Textverständnis durch das Lesen ermöglichen zu können.29
Das dritte Beispiel zielt auf die Ebene der Lesegeschwindigkeit ab. In diesem Fall würde ein Schüler merkbar langsamer vorlesen als er eigentlich sprechen würde. Als merkbar wird hierbei einen Wert von unter 100 vorgelesenen Worten pro Minute bezeichnet. Im Falle dieser Diagnostik erscheint die Verwendung inhaltlich reduzierter beziehungsweise illustrierter Texte zum Lesen als sinnvolle Übung.30
Das vierte Beispiel deutet auf die Schwierigkeiten eines Schülers in Bezug auf die korrekte Intonation hin. Hierbei würde ein Schüler beispielsweise beim Vorlesen nur sehr kleine Wortgruppen oder gar nur einzelne Worte nach und nach lesen und diese nicht in einen größeren und sinngemäßen Betonungszusammenhang bringen. Eine solche Beobachtung würde bedeuten, dass sowohl die Automatisierung als auch die Genauigkeit sowie die Geschwindigkeit wie zuvor aufgeführt trainiert werden müssten. Nur durch eine umfängliche Ausprägung aller vier Ebenen könnte der Lesefluss letztlich gewährleistet werden.31
[...]
1 Christian Morgenstern (1918)
2 Vgl. Reiss, K. et al. (2019): S. 23
3 Vgl. Reiss, K. et. al. (2016): S.250
4 Blümke, M. (2004)
5 Vgl. Trägerkonsortium BISS (Hrsg.) (2020)
6 Vgl. Trägerkonsortium BISS (Hrsg.) (2016): S. 9
7 Vgl. Hußmann, A. et. al. (2017): S. 283
8 Vgl. Nix, D. (2011): S. 102
9 Reiss, K. et. al. (2016): S. 249
10 Vgl. ebd. S. 249
11 Ebd. 249 f.
12 Hurrelmann, K. et. al. (2008): S.24
13 Ebd.
14 Ebd.
15 Vgl. Gailberger (2011): S. 12
16 Eckermann, J. (1848): S. 280
17 Vgl. Kutzelmann, S./ Rosebrock, C. (2018): S. 8
18 Vgl. Kutzelmann, S./ Rosebrock, C. (2018): S. 9
19 Vgl. Kutzelmann, S./ Rosebrock, C. (2018): S. 10
20 Gailberger, S. (2011): S. 74
21 Vgl. ebd.
22 Vgl. Nix, D. (2011): S. 102.
23 Gailberger (2011): S. 74
24 Ebd.
25 Vgl. ebd.
26 Vgl. Trägerkonsortium BISS (2016): S. 10
27 Vgl. Kutzelmann, S./ Rosebrock, C. (2018): S. 10
28 Vgl. ebd.: S. 12
29 Vgl. ebd.
30 Vgl. ebd.
31 Vgl. ebd.