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Hausarbeit, 2021
20 Seiten, Note: 1,0
Einleitung
1 Ist die Corona-Pandemie ein kritisches Lebensereignis?
1.1 Begriff „Kritisches Lebensereignis“
1.2 Bezug zur Corona-Pandemie
2 Auswirkungen kritischer Lebensereignisse auf die Kinder
2.1 Bezug zur Corona-Pandemie
2.2 Positive Auswirkungen
2.3 Negative Auswirkungen
3 Bewältigung der Auswirkungen mit der pädagogischen Fachkraft
3.1 Bindungsperson pädagogische Fachkraft
3.2 Kinder in der Kindertagesstätte
3.3 Kinder im familiären Umfeld
3.4 Prävention
4 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
„Am 11. März 2020 erklärte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Ausbruch des Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus 2 (SARS-CoV-2) vor dem Hintergrund der zunehmend globalen Ausbreitung offiziell zur Pandemie.“ (Schlack, 2020). Folgend wurden durch die Bundesregierung und die einzelnen Bundesländer auf der Grundlage des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG weitere Maßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung des Virus festgelegt. Davon betroffen waren auch die Kindertagesstätten in ganz Deutschland. Mit der Schließung der Kindertagesstätten in der 12. Kalenderwoche 2020 brach für die Kinder im System Kindertagesstätte der gewohnte Alltag mit den sozialen Kontakten zusammen. Seitdem durchleben die Kinder die verschiedenen Phasen der Corona-Pandemie.
Welche Auswirkungen dies bei den Kindern ausgelöst haben könnte, soll in dieser Hausarbeit behandelt werden. Da die Corona-Pandemie im aktuellen gesellschaftlichen Leben weiterhin präsent und der weitere Verlauf nicht absehbar ist, existieren aktuell wenig wissenschaftliche Quellen über die Auswirkungen der Corona-Pandemie bei Kindern. Deshalb wird in dieser Arbeit der Frage nachgegangen, inwieweit die Corona-Pandemie als kritisches Lebensereignis zu betrachten ist. Anhand des Ergebnisses dieser Überprüfung soll verglichen werden, welche Auswirkungen kritischer Lebensereignisse auch bei der aktuellen Pandemie zutreffen könnten. Die zentrale Forschungsfrage, die im Rahmen dieser Arbeit behandelt werden soll, ist, wie die pädagogische Fachkraft die Kinder im System Kindertagesstätten bei der Bewältigung der Auswirkungen der Corona-Pandemie unterstützen kann.
Bei der Erforschung der Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Kinder werden Ergebnisse der Corona-KiTa-Studie des Robert-Koch-Institutes (RKI) und des Deutschen Jugendinstitutes (DJI) berücksichtigt. Ebenso werden Erkenntnisse der COPSY-Studie (Corona und Psyche) verwendet. Sie wurde als Gemeinschaftsprojekt unter anderem der Universität Erfurt, des RKI und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in Deutschland im Mai und Juni 2020 durchgeführt. Weitere Beachtung für einige Ausführungen finden die Studien „Familien & Kitas in der Corona-Zeit“ der Universität Bamberg und „Kind sein in Zeiten von Corona“ des DJI. Da die Corona-Pandemie allgegenwärtig ist, wird die Erforschung der Auswirkungen dieser Pandemie auf die Kinder noch lang nicht abgeschlossen sein.
Zur Beantwortung der aufgeworfenen Forschungsfragen erfolgt zunächst im 1. Kapitel die Klärung, inwieweit die Corona-Pandemie als kritisches Lebensereignis einzustufen ist. Im 2. Kapitel werden die Auswirkungen eines kritischen Lebensereignisses und die im Rahmen der Studien erfragten Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Kinder geschildert. Das 3. Kapitel dient der Beantwortung der zentralen Forschungsfrage dieser Arbeit. Darin wird dargelegt, inwieweit die pädagogische Fachkraft die Kinder bei der Bewältigung der im 2. Kapitel benannten Auswirkungen unterstützen und begleiten kann. Den Abschluss der Arbeit bildet eine Zusammenfassung der Ausführungen sowie der Ausblick auf weiterführende Literatur.
„[…] kritische Lebensereignisse sind Problemstellungen, zu denen Kinder Anregungen suchen, denn sie brauchen Orientierung, wie sie damit umgehen können.“ (Fleischer et al., 2014, S. 156) Merkmale kritischer Lebensereignisse sind, dass diese weder normativ noch planbar sind. Sie treffen das Individuum plötzlich und unvorbereitet und können den weiteren Lebenslauf nachhaltig beeinflussen. Das durch das kritische Lebensereignis gestörte Passungsgefüge zwischen Individuum und Umwelt muss wieder hergestellt werden, damit das Individuum das kritische Lebensereignis erfolgreich bewältigen kann (vgl. ebd., S. 158).
Diplom-Psychologe Dr. Klemens Schaupp benennt kritische Lebensereignisse als plötzliche Veränderungen im Leben eines Menschen. Einschulung, Pubertät, Trennung und Scheidung, der Tod eines nahen Verwandten sind einige typische Beispiele für ein kritisches Lebensereignis (vgl. Schaupp, 2014).
Sigrun-Heide Filipp beschreibt, „daß kritische Lebensereignisse als solche im Leben einer Person auftretende Ereignisse verstanden werden, die durch Veränderungen der (sozialen) Lebenssituation der Person gekennzeichnet sind und mit entsprechenden Anpassungsleistungen durch die Person beantwortet werden müssen.“ (1990, S. 23)
Viele, der im Kapitel 1.1 benannten Merkmale eines kritischen Lebensereignisses lassen sich uneingeschränkt auf die Bedingungen in der Corona-Pandemie übertragen.
Die Schließung der Kindertagesstätten als Maßnahme zur Eindämmung einer weiteren Ausbreitung des SARS-CoV-2 traf die Kinder wie ein kritisches Lebensereignis plötzlich und unvorbereitet. Diese neue Lebenssituation mit dem Wegfall des gewohnten Alltags und der sozialen Kontakte sowie das Leben in Quarantänezeiten waren für die Kinder keineswegs normativ noch planbar und verlangte den Kindern enorme Anpassungen an die veränderte und eingeschränkte Lebenssituation ab.
Anhand dieser festgestellten Parallelen kann die Corona-Pandemie als kritisches Lebensereignis im Lebenslauf der Kinder eingestuft werden. Im Bundesgesundheitsblatt mit dem Leitthema „Seelische Gesundheit und psychische Belastungen von Kindern und Jugendlichen in der ersten Welle der COVID-19-Pandemie – Ergebnisse der COPSY-Studie“ wird erwähnt, dass diese abrupten Veränderungen für Kinder und Jugendliche kritische Lebensereignisse sein können (vgl. Ravens-Sieberer et al., 2021).
Im Kapitel 1.2 wurde festgestellt, dass die Eigenschaften eines kritischen Lebensereignisses auf die Corona-Pandemie übertragen werden können. „Aus der Forschungsliteratur ist bekannt, dass kritische Lebensereignisse zu psychischen Problemen bei Kindern […] führen können.“ (Ravens-Sieberer et al., 2021) Diese Aussagen lassen vermuten, dass Kinder aufgrund der Corona-Pandemie als kritisches Lebensereignis von psychischen Problemen betroffen sein können.
Im Gegenzug erhalten Lebensereignisse „ihre spezifische Qualität und damit den Wirkungsgrad für nachfolgende Veränderungen in der Person auch […] durch die Formen der subjektiven Eigenwahrnehmung […].“ (Filipp, 1990, S. 16) Bereits bei Kindern gibt es individuelle Unterschiede in der Wahrnehmung neuer veränderter Situationen. Diese Individualität spiegelt die persönlichen Ressourcen und das Anpassungsgefüge der Kinder wider. Daraus folgend sind die persönlichen Empfindungen der Kinder bezüglich der Auswirkungen der Corona-Pandemie und der Umgang mit der veränderten Lebenssituation individuell verschieden.
Im Folgenden gilt es darzustellen, welche Auswirkungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie bei Kindern aufgetreten sein könnten. Neben negativen Auswirkungen können aber auch einige pandemiebedingte Veränderungen im Leben der Kinder als positiv eingestuft werden.
Parallel zu den Schließungen der Kindertagesstätten wurde auch das gesellschaftliche Leben in Deutschland heruntergefahren. Dies hatte zur Folge, dass Aktivitäten außerhalb der Familie nicht mehr möglich waren und somit dem Zusammenleben in der Familie mehr Zeit zur Verfügung stand. Im Ergebnisbericht der Studie „Kindertagesbetreuung und Familien mit Kita-Kindern in der Corona-Zeit“ empfanden die Eltern trotz höherer Belastungen in der Organisation von Homeoffice, Kinderbetreuung, der Angst vor Ansteckung mit SARS-CoV-2 sowie finanziellen Sorgen die Zunahme der gemeinsamen Zeit mit den Kindern als Bereicherung (Cohen et al., 2020, S. 36).
Sofern es den Familien gelang, Beruf und Kinderbetreuung in Balance zu halten, schenkte die Pandemie den Eltern Zeit, um sich auf ihre Kinder fokussieren zu können. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass die Kinder mehr gemeinsame Zeit mit ihren Eltern genießen konnten. Es ist zu vermuten, dass gemeinsam erlebte Zeit beim Bücher lesen, basteln, kuscheln, spazieren gehen und anderem den Eltern viel über ihr Kind verdeutlichte, was im Alltag vor der Pandemie verloren ging. Des Weiteren liegt nah, dass Bindungen zwischen den Familienmitgliedern vertieft wurden oder neu entstanden. Prof. Dr. Silvia Schneider erklärt in einem Interview der Fachzeitschrift „Kleinstkinder“, dass „eine Krise immer Risiko und Chance zugleich ist. So können Kleinkinder […] bestenfalls erleben, wie sie gemeinsam mit der Familie eine schwierige Situation meistern.“ (Schneider, 2020)
In verschiedenen prä-pandemischen Studien ist festgeschrieben, dass Quarantäne zu Isolationsgefühlen und Angst führen kann (vgl. Ravens-Sieberer et al., 2021). Prä-pandemische Studien sind Studien, die vor Ausbruch der Pandemie durchgeführt wurden. Während der Corona-Pandemie durchgeführte Studien, welche in der Einleitung benannt wurden, berichten in den Ergebnissen der Befragungen von Unruhe, Gereiztheit, Anhänglichkeit, Unaufmerksamkeit und zunehmendem Medienkonsum bei Kindern. Da diese Ergebnisse noch nicht abgeschlossenen Studien zu Grunde liegen, sind diese zum jetzigen Zeitpunkt nicht wissenschaftlich belegt. Ebenso stützt sich die in Deutschland durchgeführte COPSY-Studie auf Befragungen von Eltern und Kindern im Alter von 7 – 17 Jahren (vgl. Ravens-Sieberer, 2021). Inwieweit diese Ergebnisse auf Kinder im System Kindertagesstätte übertragen werden können, ist nur zu vermuten. Viele Kinder kehrten im Frühjahr 2020 nach einem achtwöchigen Kontaktabbruch in die Kindertagesstätten zurück. Vor allem die unter Dreijährigen nahmen den Besuch der Kindertagesstätte mit großen Anpassungsschwierigkeiten auf und mussten behutsam in den Alltag der Kindertagesstätte neu eingewöhnt werden. Das erneute Kennenlernen der pädagogischen Fachkraft als Bindungsperson und der anderen Kinder meisterten die Kinder individuell sehr unterschiedlich. Fremdeln gegenüber der pädagogischen Fachkraft und anderen Kindern, Rückzug in ruhige Ecken der Gruppenräume und geringe Motivation bei der Beteiligung an Alltag und Spiel standen der überschwänglichen Freude auf das Wiedersehen und dem unbeschwerten Start in den Alltag der Kindertagesstätten gegenüber.
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