Die vorliegende Studienarbeit soll sich mit der Dilemmasituation der aktiven Sterbehilfe auseinandersetzen und den moralischen Blickwinkel einzelner Ärzte und den von anderem medizinischem Fachpersonal zum Thema darzustellen. Ziel ist es herauszufinden, ob jene den „Tötungswunsch“ ihrer Patienten im Falle einer Legalisierung der aktiven Sterbehilfe in Deutschland moralisch vertreten könnten oder ob sie den Prozess als Mord empfinden und keinerlei Rechtfertigung hierfür sehen.
Zu Beginn erfolgt eine Definition der Begriffe Moral und Dilemma. Es wird einen Überblick über die Sterbehilfe und ihre verschiedenen Formen gegeben. Die verschiedenen Einstellungen zur aktiven Sterbehilfe seitens des Staates, der Kirche, des Ethikrats und der Bundesärztekammer sowie entsprechende Gesetzmäßigkeiten, welche das Thema betreffen werden kurz vorgestellt. Der Hauptteil der Studienarbeit beschäftigt sich jedoch mit der moralischen Einstellung von medizinischem Fachpersonal, denn diese müssen die Entscheidung, im Falle einer Legalisierung gegebenenfalls treffen, durchführen und sich möglicherweise auch zwangsweise damit arrangieren können. [...]
Inhalt
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Begriffsbestimmungen
2.1 Ethik und die Relevanz zum Thema
2.2 Moral
2.3 Dilemma
3.Sterbehilfe
3.1 Gesetze gegen die körperliche Unversehrtheit
3.2 Sterbebegleitung
3.3 IndirekteSterbehilfe
3.4 Passive Sterbehilfe
3.5 AktiveSterbehilfe
3.6 Ärztlich assistierter Suizid
4. Allgemeine moralische Positionen
4.1 Die rechtliche Lage in Deutschland
4.2 Die politische Position
4.3 Die kirchliche Position
4.4 Die Position der Bevölkerung
4.5 Die ethische Position
4.5.1 Ethisch-moralische Einschätzung der Problematik
4.6 Die medizinische Position
5. Die moralische Position medizinischen Fachpersonals
5.1 Idee und Methodik
5.2 Diskussion der Ergebnisse
5.3 Versuch eines Lösungsansatzes
6. Zusammenfassung
7. Literaturverzeichnis
8. Anhang
8.1 Interview mit Schwester
8.2 Interview mit Pfleger
8.3 Interview mit Ärztin
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
„ 'I'm not afraid of being dead',she said, 'I'm just afraid of what you might have go though to go there'“ (Fetherstonhaugh/ Street/ Abbey, 2009, S.329). Dieses Zitat stammt ursprünglich von der australischen Journalistin Pamela Bone, welche an Krebs erkrankte. Es vermittelt die Aussage, dass die Frau nicht den Tod oder das Sterben an sich fürchtet, sondern den Weg dorthin und die Schmerzen, die sie möglicherweise durchleben muss. In unserer heutigen Gesellschaft sind Sterben und Tod wichtige Themen. Viele Menschen wünschen sich in Würde und ohne Schmerzen aus dem Leben scheiden zu dürfen, sie wollen ein schnelles Ende ohne leiden zu müssen. Der Wunsch danach, vom Arzt ein todbringendes Mittel zu erhalten, welches einen nahezu schmerzfreien Tod ermöglicht, ist besonders bei schwer kranken oder alten Menschen stark vertreten. Sie haben ihr Leben hinter sich gebracht, beschließen nun, dass es an der Zeit ist diese Welt zu verlassen, doch werden von hiesigen deutschen Gesetzmäßigkeiten in ihre Schranken verwiesen. Der Mensch hat keine Entscheidungsmacht darüber, ob er geboren werden möchte oder nicht, also sollte nicht die Möglichkeit bestehen wenigstens über das Sterben und den Tod selbst entscheiden zu können? Selbstverständlich kann man Suizid begehen, also sich selbst töten, durch Tabletten, den Sprung aus einem hohen Gebäude oder Ähnlichem, doch was ist mit Menschen,die nicht in der Lage sind sich selbst zu töten und dies aus eigener Kraft nicht schaffen können, jedoch den Willen haben zu sterben?
Oder istder Mensch gar nicht in der Lage über so etwas wichtiges entscheidenzu können, da er sich der Konsequenzen nicht bewusst sein kann, die dies mit sich bringt? Und wer kann wirklich sagen das ein Mensch der dies mittels Patientenverfügung mal festgelegt hat und sich nun in einer entsprechenden Lage befindet, in der er sich nicht mehr äußern kann aber seine Meinung womöglich geändert hat?
Auch in der Ethik wird sich mit ähnlichen Fragen beschäftigt, die aktiven Sterbehilfe, ist nach wie vor ein wichtiges Diskussionsthema und stark umstritten. Die Antwortmöglichkeiten nach der Moral und ob Sterbehilfe moralisch vertreten werden kann, werden hierbei bewertet und beurteilt. Eine Einigung gibt es jedoch zum jetzigen Zeitpunkt nicht.
Die vorliegende Studienarbeit soll sich mit der Dilemmasituation der aktiven Sterbehilfe auseinandersetzen und den moralischen Blickwinkel einzelner Ärzte und den von anderem medizinischem Fachpersonal, zum Thema darzustellen. Ziel ist es herauszufinden, ob jene den „Tötungswunsch“ ihrer Patienten im Falle einer Legalisierung der aktiven Sterbehilfe in Deutschland moralisch vertreten könnten, oder ob sie den Prozess als Mord empfinden und keinerlei Rechtfertigung hierfür sehen.
Zu Beginn, erfolgt eine Definition der Begriffe Moral und Dilemma. Es wird einen Überblick, über die Sterbehilfe und ihre verschiedenen Formen gegeben. Die verschiedenen Einstellungen zur aktiven Sterbehilfe, seitens des Staates, der Kirche, des Ethikrats und der Bundesärztekammer, sowie entsprechende Gesetzmäßigkeiten, welche das Thema betreffen werden kurz vorgestellt. Der Hauptteil der Studienarbeit beschäftigt sich jedoch mit der moralischen Einstellung von medizinischem Fachpersonal, denn diese müssen die Entscheidung, im Falle einer Legalisierung gegebenenfalls treffen, durchführen und sich möglicherweise auch zwangsweise damit arrangieren können.
Die Autorin erachtet es als wichtig, beim Thema aktive Sterbehilfe, auch die Sichtweise des Fachpersonals genauer zu untersuchen, da diese die agierenden Personen sind, welche tagtäglich mit kranken und sterbenden Menschen in Kontakt stehen. Sie behandeln und pflegen die Menschen, lachen und weinen mit ihnen und teilen somit deren verbleibende Zeit miteinander. Letztendlich begleiten Schwestern, Pfleger und Ärzte ihre Schützlinge auch beim Sterben, sie stehen ihnen bei, halten ihre Hand, sprechen ihnen Mut zu und sorgen dafür, dass der oder der Betroffene sich geborgen und wohl fühlt. Es wird versucht die Schmerzen so gering wie möglich zu halten und das ganze so angenehm wie möglich zu gestalten. Doch manchmal ist der Leidensweg der Patienten ein sehr langer und steiniger Pfad. Medizinisches Fachpersonal sieht tagtäglich Menschen leiden und auch sterben, es ist so gesehen der klinische Alltag, der Tod gehört zum Leben und stellt somit kaum noch etwas nicht-alltägliches dar. Doch wie würde die Situation nun aussehen, wenn der Patiententod auf Wunsch von einem qualifizierten Mitarbeiter des Krankenhauses durchgeführt werden würde? Würde dieser sich für den Tod verantwortlich fühlen und könnte er damit leben? Würde er sich selbst als eine Art Erlöser sehen? Oder es einfach nur als seine auferlegte Arbeit und als seine Pflicht ansehen?
Es gilt auf all diese Fragen eine Antwort zu bekommen, diese setzt sich jedoch nur aus einem Minimum an qualifizierten Meinungen zusammen und lässt keinesfalls Rückschlüsse auf alle medizinischen Mitarbeiter ziehen. Der Autorin ist es dennoch wichtig, mit der Arbeit, einen kleinen Überblick über das Thema zu geben und ebenfalls das Tabuthema Sterbehilfe näher zu untersuchen und einen kleinen Einblick über die moralische Haltung der befragten Personen zu geben.
2. Begriffsbestimmungen
2.1 Ethik und die Relevanz zum Thema
Zunächst einmal wäre zu klären, was Ethik überhaupt bedeutet und inwiefern sie relevant für die Fragen, bezüglich aktiver Sterbehilfe ist.
Der Begriff „Ethik“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie Gewohnheit oder Brauch. Es gibt viele verschiedene Denker, die einen wichtigen Beitrag zur Ethik geleistet haben. So zum Beispiel die Philosophien Sokrates oder Aristoteles. Beschäftigt wird sich mit verschiedenen Sitten und Bräuchen, der Natur und der Ganzheit des Kosmos. Die zentrale Frage lautet hierbei, worin das Gute im Allgemeinen liegt (vgl. Andersen, 2005, S. 1). Betrachtet man Ethik im Sinne von Gewohnheit, so geht es vorwiegend um die Beurteilung der Handlungen des Menschen, der Frage danach, was der Mensch tun soll und was sich hierbei als gut und richtig erweist. Dies geschieht unter der Berücksichtigung verschiedener Normen, Werte und Prinzipien. Man sollte seine Tätigkeiten und verschiedene Geschehnisse in seiner Umgebung kritisch reflektieren können und sich damit auseinandersetzen (vgl. Andersen, 2005, S.2).
Ethik wägt also in unterschiedlichsten Fragestellungen die Möglichkeiten, Konsequenzen und den Nutzen der Sache ab, versucht Antworten zu geben und Handlungskonzepte zu liefern, welche moralisch vertretbar sind und im Sinne der Menschenwürde erfolgen. Das Gebiet bezieht sich auf viele verschiedene Bereiche praxisbezogener Wissenschaften, so zum Beispiel auf die Soziologie, die Pädagogik, die Psychologie oder auch auf die Rechtswissenschaften (vgl. Großmaß/ Perko, 2011, S. 20).
Für die Frage, ob aktive Sterbehilfe moralisch vertretbar ist, muss also auch die Relevanz der Ethik beachtet werden. Es ist wichtig abzuwägen, ob der Nutzen größer als der eventuelle Schaden ist den man anrichten könnte. Ob es als gut bezeichnet werden kann, das Leben eines Menschen auf dessen Wunsch zu beenden, oder ob es gegen die Moral der Menschenwürde und gegen die Gegebenheiten der Natur so gravierend verstößt, dass eine Rechtfertigung der Legalisierung ausgeschlossen ist.
2.2 Moral
Die Moral lässt sich nicht als Synonym für Ethik beschreiben. Vielmehr ist die Moral ein zentraler Bestandteil der Ethik. Als Moral, lässt sich vielmehr die Gesamtheit von Regeln, Normen und Werten in einer Gemeinschaft bezeichnen. Unter Beachtung von allen Normen einer Gesellschaft und der Frage danach, wie die Handlung normalerweise geschieht, ein Urteil bilden zu können und im besten Maße handlungsfähig zu werden (vgl. Steinfath, 2002, S.71). Die Grundhaltung ist hierbei, das Gut-Sein-Wollen und somit die Verantwortlichkeit einer jeden einzelnen, handlungsfähigen Person. Jene die man gegenüber sich Selbst, Anderen aber auch gegenüber der Natur besitzt (vgl. Großmaß/ Perko, 2005, S. 20). Zudem geht es darum, eigenen und fremden Handlungen einen moralischen Wert zuzuschreiben, diese also als Gut oder Böse einschätzen zu können (vgl. Anzenbacher, 1992, S. 12). Eine moralische Beurteilung ist zum Teil sehr subjektiv und kommt auf das Verständnis der jeweiligen Person an. Wichtig ist nichtsdestotrotz, alle Sichtweisen bei der Einschätzung zu kennen und zu berücksichtigen. Als moralisch richtig, kann man somit eine Handlung oder Denkweise verstehen, die vom Großteil der Gesellschaft anerkannt und als richtig eingeschätzt wird.
2.3 Dilemma
Umgangssprachlich befindet man sich in einem Dilemma, wenn man zwischen zwei Dingen wählen muss, die beide schlagkräftige Argumente für sich selbst liefern und eine Entscheidung somit nur sehr schwer oder auch gar nicht möglich ist. Dilemmasituationen entstehen meist aus Ausgangslagen, die einen Einzelfall betreffen, dieser gestaltet sich sehr komplex, die Entscheidungsmöglichkeiten legen dabei verschiedene moralische Wertvorstellungen nieder. Rechtliche oder ähnliche Normen kommen mit menschlichem Verständnis in Konflikt, wobei sich die verschiedenen Normen und Wertvorstellungen gegenseitig blockieren (vgl. Großmaß/ Perko, 2011, S. 42). Dilemmata entstehen „...wenn rechtliche Vorgaben in der ethischen Reflexion kritisch hinterfragt werden müssen“ (Großmaß/ Perko, 2011, S.43). Eine einfache Lösung gibt es für Dilemmata nicht, dennoch muss bei solchen Normenkonflikten gerade in der Praxis nach akzeptablen Lösungsansätzen gesucht werden oder es müssen Kompromisse eingegangen werden. Zu berücksichtigen ist dabei, welche Norm die höchste Priorität besitzt und keineswegs außer Acht gelassen werden kann (vgl. Großmaß/ Perko, 2011, S.44).
3. Sterbehilfe
Sterbehilfe ist zunächst einmal nur ein Sammelbegriff und wird zumeist als Oberbegriff verwendet, im Allgemeinen geht es um eine medizinische Behandlung in Zusammenhang mit dem bevorstehenden Tod einer Person (vgl. Weber, 2010, S.27). Das Wort wird vorwiegend mit den Begrifflichkeiten der aktiven, passiven und indirekten Sterbehilfe in einen Kontext gebracht (vgl. Woellert/ Schmiedebach, 2008, S. 17).
In vielen wissenschaftlichen Texten und auch in dieser Studienarbeit wird der Begriff jedoch als Verallgemeinerung für alle Unterbegriffe verwendet.
Um Sterbehilfe besser verstehen zu können, ist es wichtig einen Überblick über die verschiedenen Arten zu bekommen. Bedeutend ist auch, die Gesetzmäßigkeiten zur körperlichen Unversehrtheit zu betrachteten, denn um sich selbst eine Meinung bilden zu können, ob etwas moralisch richtig oder falsch ist, benötigt man die Kenntnis über die Gesamtheit der relevanten Gegebenheiten.
Der Patient wird beim Sterben begleitet oder gegebenenfalls mit verschiedensten Maßnahmen unterstützt, diese gehen in den verschiedenen Arten der Sterbehilfe, von Medikationen zur Schmerzlinderung bis hin zu todbringenden Substanzen. Auch deshalb wird das Thema sehr kritisch diskutiert, da sich viele moralische Vorstellungen und rechtliche Prinzipien gegenüberstehen. Auch durch die Verwendung des Verbs „helfen“, rückt die Tätigkeit des medizinischen Personals in das Blickfeld. Und somit auch der Einfluss von anderen auf die letzte Lebenszeit des Patienten (vgl. Woellert/ Schmiedebach, 2008, S. 17). Das Wort „helfen“ beschreibt im Allgemeinen eher etwas positives, für Menschen da zu sein und sie zu unterstützen, jedoch bekommt es im Zusammenhang mit Sterbehilfe einen bitteren Beigeschmack und schürt die Skepsis mancher Menschen.
3.1 Gesetze gegen die körperliche Unversehrtheit
Auch Kenntnisse über verschiedene gesetzliche Regelungen über die körperliche Unversehrtheit eines Menschen tragen zur moralischen Beurteilung bei. Die folgenden Gesetzestexte sollen das Recht des Menschen auf körperliche Unversehrtheit schützen.
§211 StGB Mord - Mörder ist laut Strafgesetzbuch jener, der einen Menschen heimtückisch oder mit grausamen Mitteln, etwa Folterung, ums Leben bringt. Die Tat ist hierbei nach grausamen Methodiken geplant und vorbereitet (vgl. StGB, 2017, §211).
§212 StGB Totschlag - Des Totschlages macht sich schuldig, „Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein“ (StGB, 2017, §212). Wer also nicht heimtückisch, sondern zum Beispiel aus dem Affekt heraus handelt und keine grausame methodische Planung entwickelt hat, macht sich in Form von Totschlag schuldig.
§ 216 StGB Tötung auf Verlangen - um diesen Tatbestand handelt es sich, wenn die Tötung ausdrücklich vom Getöteten verlangt, wurden ist. Die Ausführung dieser Tötung ist jedoch strafbar und führt in Deutschland zur Verurteilung (vgl. StGB, 2017, §216).
§ 323c Unterlassene Hilfeleistung - wer Personen in Notsituationen, trotz zumutbarer Bedingungen und ohne sich selbst oder andere in Gefahr zu bringen, keine Hilfe leistet, macht sich gemäß der unterlassenen Hilfeleistung strafbar (vgl. StGB, 2017, §323c).
3.2 Sterbebegleitung
Die Sterbebegleitung ist ähnlich wie der Oberbegriff Sterbehilfe, eine Begrifflichkeit die weit gefasst ist. Im Großen und Ganzen werden hierbei pflegerische und palliative Maßnahmen in der letzten Lebensphase eines Menschen bezeichnet (vgl. Woellert/ Schmiedebach, 2008, S.17). Der Patient erhält zudem Medikamente, welche seine Schmerzen lindern, diese haben jedoch keine lebensverkürzende Wirkung, somit ist diese Methode juristisch unbedenklich (vgl. Weber, 2010, S. 27f.).
Um Sterbebegleitung besser verstehen zu können, erfolgt nun ein Einblick in die Bedeutung der palliativen Maßnahmen. Abgeleitet wird der Name aus dem lateinischen „Pallium“ und bedeutet so viel wie Mantel. Es handelt sich hierbei um einen sprichwörtlichen Mantel der wie ein Schutz um die betreffende Person gelegt wird (vgl. Burgheim, 2005, S.9). Die palliative Pflege stellt eine besondere Art in der Versorgung von Betroffenen dar, Ziel ist es emotionale, spirituelle, kommunikative und organmedizinische Dimensionen zu bedienen. Hierbei gilt es nicht das Leben zu verlängern oder zu heilen, sondern Symptome zu lindern und für das Wohlbefinden des Patienten zu sorgen, ihre Bedürfnisse stehen im Vordergrund, es sollte nicht um Ansprüche oder Schemata verschiedener Institutionen gehen. Empfänger der Palliativpflege sind Menschen mit unheilbaren Krankheitsdiagnosen oder einem zu erwartenden, bevorstehenden Tod (vgl. Horlemann, 2005, S. 17f.). Die Arbeit kann vollstationär, teilstationär oder auch zu Hause erfolgen, je nachdem in welchem Maße dies möglich ist, versucht wird allerdings die Menschen in ihrem gewohnten, häuslichen Umfeld zu versorgen (vgl. Burgheim, 2005, S.11). Nur wenn dies durch zum Beispiel die Benötigung von Sauerstoff oder der permanenten Überwachung der Vitalfunktionen nicht mehr gewährleistet werden kann, empfiehlt sich auf Patientenwunsch, der stationäre Aufenthalt. Das Team besteht aus Ärzten, Pflegepersonal, Sozialarbeitern, Psychologen und Ähnlichen, diese benötigen viele Weiterbildungen und Schulungen, um kompetent mit den Empfängern ihrer Arbeit umgehen zu können. Des Weiteren steht dem Personal auch ein Psychologe zur Seite und Supervisionen werden regelmäßig abgehalten, um die seelische Last und die täglich miterlebte und persönliche Trauer verarbeiten zu können (vgl. Burgheim, 2005, S. 11f.).
Das Personal in entsprechenden Einrichtungen, ist also darauf geschult den Menschen die Angst zu nehmen, ihnen Mut zu zusprechen und um ihnen zu helfen das Sterben und den Tod akzeptieren zu können. Es wird versucht den Menschen die letzten Wochen, Tage oder Stunden noch so angenehm wie möglich zu gestalten. In der Praxis ist durch persönliche Erfahrungen zu beobachten, dass auf Palliativstationen mehr Pflegepersonal als im Akuthaus zur Verfügung stehen, das Personal versucht eine Eins zu Eins Betreuung zu ermöglichen. Die Zimmer der Patienten sind nicht wie gewöhnliche Klinikzimmer eingerichtet, sondern wohnlich und gemütlich, mit vielen persönlichen Akzenten der jeweiligen Bewohner. Die Patienten schätzen es, jemanden bei sich zu haben der sich Zeit nehmen kann, zum Vorlesen, zum Spielen von Brettspielen oder auch einfach nur zum Zuhören oder zum gemeinsamen Lachen. Sie sind dankbar für die Aufmunterungen, die Ablenkung und die Aufmerksamkeit, die ihnen geschenkt wird.
3.3 Indirekte Sterbehilfe
Diese Form der Sterbehilfe, basiert auf einer Lehre, welche sich auf „die Lehre des Doppeleffekts“ von Thomas von Aquin zurückführen lässt (vgl. Borasio, 2017, S.50). Diese besagt im Grunde, dass eine Handlung, insofern sie einen bestimmten, aber guten Zweck erfüllt, moralisch erlaubt ist, alle Nebeneffekte werden hierbei allerdings billigend in Kauf genommen, sind jedoch nicht direkt für das Erreichen des Zweckes erwünscht.
Bei der indirekten Sterbehilfe werden dem Patienten Medikamente verabreicht, welche darauf zielen die Schmerzen und Symptome zu verringern, als Nebenwirkung kommt es jedoch dazu, dass der Tod bei einer hohen Dosis, zum Beispiel durch Atemstillstand schneller eintreten kann, der Doppeleffekt gilt hierbei als Absicherung der Ärzte, auch diese höheren Dosen verschreiben zu können, insofern es keine andere Möglichkeit gibt, ohne sich strafbar zu machen (vgl. Borasio, 2017, S.50). Zur Strafbarkeit würde es kommen, wenn der behandelnde Arzt bei Notwendigkeit die Gabe solcher Medikamente, aus Furcht vor tödlichen Nebenwirkungen, verweigert. Der Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung oder gar der Körperverletzung, bis hin zur schweren Körperverletzung wäre hierbei möglich (vgl. Geremek, 2009, S.132).
Das Behandlungsziel besteht aus einer Basisversorgung des Patienten und einem möglichen Verzicht bezüglich der Anwendung von Intensivmedizin (vgl. Woellert/ Schmiedebach, 2008, S.19).
Auch die Palliativmedizin spielt bei der indirekten Sterbehilfe eine Rolle. Sollten die palliativen Maßnahmen zur Schmerzlinderung nicht mehr ausreichen, so kommt es vor, dass ein Patient bis hin zum Lebensende sediert wird, man spricht hierbei von terminaler Sedation. Der Betroffene fällt in eine Art Bewusstlosigkeit in Form von Schlaf. Hierbei ist es manchmal umstritten, ob diese Methode nicht zu weit an die aktive Sterbehilfe heranrückt. Manche Ärzte aus den Niederlanden gaben an, dass es durchaus auch zu Missbrauch der Sedierungsart kam, wobei durch Einstellung der künstlichen Ernährung die Absicht das Sterben zu beschleunigen gegeben war (vgl. Holthaus/ Jahnke, 2008, S.133).
Leider kommt es jedoch auch häufig vor, dass Patienten aus Reflex in den letzten Lebensstunden eine Morphininfusion angehängt bekommen, um in manchen Fällen auch unnötig sediert zu werden. Ziel ist hierbei die Beruhigung, fälschlicherweise auch Zugute des Personals und der Angehörigen. Dies nimmt jedoch „den sterbenden Menschen jede Möglichkeit der Kommunikation in der Sterbephase, so dass möglicherweise Wichtiges nicht mehr gesagt werden kann“ (Borasio, 2017, S. 58). Nichtsdestotrotz, zählen Sedierungen zu den angenehmen Arten, die Schmerzen ertragen zu können. Die indirekte Sterbehilfe stellt also einen schmalen Grat der Legalität dar, wobei man nur einen kleinen Schritt von der Strafbarkeit entfernt ist, trotzdem zielt sie darauf dem Menschen das Sterben auf eine humane Arte und Weise erleichtern zu können. Juristisch gesehen, ist die indirekte Sterbehilfe, unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt (vgl. Woellert/ Schmiedebach, 2008, S. 29).
3.4 Passive Sterbehilfe
Als passive Sterbehilfe, wird die Beendigung oder der Verzicht auf lebenserhaltende Maßnahmen bezeichnet. Diese hätten die Wirkung, die Lebensfunktionen des Patienten länger aufrecht zu erhalten. Gemeint ist, den Sterbeverlauf natürlich zu halten und den Betroffenen nicht durch Sauerstoffgabe oder Herz-Kreislauf beeinflussende Maschinen zu unterstützen und somit den Sterbezeitpunkt in weitere Zukunft zu verlegen, ebensolche Maßnahmen werden unterlassen (vgl. Geremek, 2009, S.132). Untergliedern kann man diese Reduktion, in den Verzicht auf eine antibiotische Behandlung und in das Unterlassen sonstiger Therapiemaßnahmen, zum Beispiel die nicht Inanspruchnahme von künstlicher Beatmung oder Sauerstoffgabe (vgl. Maio, 2009a, S.225).
Der Arzt greift durch das Abschalten der Maschinen zwar aktiv in den Vorgang ein, stellt jedoch die biologischen Bedingungen ohne Fremdeinfluss wieder her und lässt somit das natürliche Sterben des Patienten zu (vgl. Woellert/ Schmiedebach, 2008, S. 19).
Die Voraussetzungen, passive Sterbehilfe anwenden zu können, sind das Einverständnis des Patienten und die medizinische Indikation (vgl. Borasio, 2017, S.28). Der Patient muss also eine Weitererhaltung der lebensverlängernden Interventionen explizit ausgeschlossen haben. Dies geschieht meist mittels einer Patientenverfügung oder einem Schriftstück, welches vom Betroffenen selbst verfasst wurde und ein Irrtum in jedem Fall ausgeschlossen ist. In Fällen, in denen der Betroffene selbst nicht mehr in der Lage ist über sein Schicksal zu entscheiden, tritt eine vorher festgelegte Betreuungsperson, ein gesetzlicher Betreuer oder die situative Notentscheidung eines Arztes an dessen Stelle.
Mit medizinischer Indikation, „ist die ärztliche Entscheidung über die Sinnhaftigkeit einer medizinischen Maßnahme gemeint“ (Borasio, 2017, S.29). Es ist die Aufgabe des Arztes den Betroffenen oder dessen Angehörige optimal darüber aufzuklären, ob eine Behandlung notwendig und effektiv ist. Es ist schwer den Familien klarzumachen, das bestimmte Methoden, wie zum Beispiel die künstliche Ernährung mittels einer PEG-Sonde (Perkutane endoskopische Gastronomie; Ernährung durch einen Schlauch welcher durch die Bauchdecke vorwiegend in den Magen führt), keinen Sinn mehr machen. Manche drohen den Medizinern sogar mit Anwälten oder Gerichtsverfahren wird, wegen unterlassener Hilfeleistung (vgl. Borasio, 2017, S. 33f.). Es ist sogar, laut Bundesärztekammer, umstritten künstliche Ernährung zu unterlassen, denn eine Basisbetreuung, welche auch die Nahrungsaufnahme umfasst, sollte prinzipiell in jedem Fall ermöglicht werden (vgl. Woellert/ Schmiedebach, 2008, S. 20). Die meisten Angehörigen können nur schwer akzeptieren das der Tod des Familienmitgliedes bevorsteht und verschiedene Maßnahmen das Leiden eventuell nur verlängern könnten und das Ableben womöglich die für den Betroffenen die beste Wahl wäre, denn für sie, ist es schwer die Hoffnung aufzugeben. Man sollte jedoch den erkrankten Angehörigen, nach dessen Vorstellungen, welche womöglich eine Aufrechterhaltung der Lebensfunktionen durch Maschinen ausschließen, gehen lassen und seinen letzten Wunsch respektieren.
3.5 Aktive Sterbehilfe
Die aktive Sterbehilfe, hat das direkte Ziel, das Leben eines schwer kranken Menschen frühzeitig zu beenden. Es werden medizinische Maßnahmen eingeleitet, zum Beispiel die Verabreichung von Gift, um den Tod herbeizuführen (vgl. Woellert/ Schmiedebach, 2008, S.19). Ein Patient äußert nach der Diagnose einer unheilbaren, schweren Krankheit, den Wunsch zu sterben, da er sein Leben ohne den möglicherweise langen Weg durch Schmerzen und den Verlust der Kontrolle über Körperfunktionen zum Ende bringen möchte.
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